1./I5. Dez. 1980.
BAUZEITüNO
tll
Badischer Städtetag. In Offenburg tagte der Badische
Städtetag, die Organisation der größeren Städte Badens.
Als Regierungsvertreter waren dazu erschienen: Landes
kommissär Dr. Schneider-Freiburg und Oberamtmann
Schwörer-Offenburg. Für den Landtag war anwesend
Präsident Dr. Kopf, als außerbadische Stadt hatte sich
Darmstadt durch ihren Oberbürgermeister Dr. Glässing
vertreten lassen. Den Vors'tz der Versammlung führte
Oberbürgermeister Dr. Walz-Heidelberg. Ueber die Woh
nungsfrage berichtete Bürgermeister Schneider-Karlsruhe.
Der Redner trat für die Durchführung der Mietsteuer ein,
Oberbürgermeister Dr. Glässing sprach die Befürchtung
aus, daß aus der mehrfachen Belastung eine Ueberlastung
der Mieter eintreten könnte. Er sprach sich für eine gleich
mäßige Regelung der Mietsteuer für das Reich aus. Stadt
rat Reidel-Mannheim gab der Ansicht Ausdruck, daß das
durch die Wohnungsabgabe eingehende Geld nicht aus-
reichen werde, um genügend neue Wohnungen zu bauen,
ln der Niedrighaltung der Mieten unter allen Umständen
liege ein schwerer Fehler. Man müsse bedenken, daß die
Häuser mit Goldmark gebaut worden seien, daß die Haus
besitzer jetzt aber nur noch Papiermark bekämen. Redner
schlägt vor, die Mieten so zu erhöhen, daß sie dem jetzi
gen Gestehungswert der Häuser entsprechen, dafür aber
aus öffentlichen Mitteln einen Mietzuschuß zu gewähren.
Stadtrat Engler-Freiburg hob auf eine einheitliche Rege
lung der Wohnungsfrage durch das Reich ab. Redner
wandte sich gegen eine zu große Steigerung der Mieten.
Im weiteren Verlauf der Aussprache führte Oberbürger
meister Dr. Finter-Karlsruhe aus, der Mittelpunkt der
ganzen Frage sei die Niederhaltung der Mieten. Die Be
freiung des Bau- und Wohnungswesens von der Zwangs
regelung sei aus sozialpolitischen Gründen absolut un
möglich. Die Mieten in der beabsichtigten Weise in die
Höhe zu treiben, würde eine erneute Ueberteuerung der
Lebenshaltung, neue unerhörte Lohnkämpfe, wahrschein
lich eine neue Revolution bedeuten. Die aus den Woh
nungsabgaben in den großen Städten hervorgegangenen
Mitte! zu Bauzwecken dürfen n cht außerhalb der Städte
verwendet werden. Ein Vertreter des Arbeitsministeriums
betonte die Unmöglichkeit der Freigabe des Wohnungs
wesens. Nach Abschluß der Aussprache werden acht
Leitsätze über die Erhebungen einer Wohnungsabgabe
angenommen. In diesen Leitsätzen wird betont, daß die
Förderung des Wohnungsbaues Aufgabe der Allgemein
heit ist und daß den einzelnen Gemeinden ein bestimmter
Anteil der Wohnungsabgabe zu belassen ist. Von der
Regierung wird erwartet, daß sie zur sofortigen Ermög
lichung der Inangriffnahme der Neubauten dem Badischen
Landtag unverzüglich einen Gesetzentwurf vorlegt, der
die Gemeinden ermächtigt, die Erhebung einer solchen
Abgabe anzuordnen. Schließlich soll die Regierung eine
Notverordnung erlassen, wonach alle Gemeinden ver
pflichtet sind, Wert- und Mietkataster aufzustellen, und
zwar für alle Wohnungen.
Unfall beim Ausheben eines Straßenbahnmastes durch
Sturz einer Passantin in die unbewahrte Grube. Haftung
der Gesellschaft.
Die Ehefrau K. erlitt an einem Winterabend gegen
6 Uhr auf einer der Barmer Bergbahn gehörigen Straßen
bahnstrecke dadurch einen Unfall, daß sie in der Dunkel
heit in ein unverwahrtes tiefes Loch stürzte, aus dem ein
Leitungsmast der Bahn herausgenommen worden war.
K. klagte namens seiner Erau gegen die Gesellschaft auf
Schadenersatz. Das Landgericht Elberfeld wies die Klage
ab, während das Oberlandesgericht Düsseldorf sie in
vollem Umfange als gerechtfertigt anerkannte, 'und zwar
mit folgender Begründung:
Der Beklagten, welche auf einer öffentlichen Straße eine
den Verkehr hindernde Arbeit verrichten ließ, lag es ob,
die erfordeilieben. Vorkehrungen für die Sicherheit des
Verkehrs zu treffen. Falls eine Umwehrung der Unfall
stelle nicht möglich war, mußte die Grube beleuchtet oder
ein Arbeiter zur Bewachung derselben und zur Warnung
der Vorübergehenden aufgestellt werden. Dies ist nicht
geschehen. Das aus einem in der Nähe befindlichen Milch
häuschen auf die Grube fallende Licht genügte bei der
durch Regen und Nebel erhöhten Dunkelheit keineswegs,
es hätten eine oder mehrere Laternen aufgestellt werden
müssen, die gleichzeitig als Warnungszeichen gedient
hätten. Der Arbeiter Z. war, ebenso wie die übrigen Ar
beiter mit dem Transport des Mastes beschäftigt und
wendete der Grube den Rücken zu. Nur zufällig sah er
den Schatten der Frau aus dem Nebel auftauchen und rief
aus eigenem Antrieb „Vorsicht!“. Aber da war es bereits
zu spät, denn in demselben Augenblick fiel die Frau in die
Grube hinein. Mag auch richtig sein, daß die Leitung
der Arbeit einem Vorarbeiter übertragen worden war,
so hatte die Direktion doch die Pflicht, die Ausführung zu
überwachen. Dieser Pflicht hat sie nicht genügt. Daß
sie dem Vorarbeiter Absperrungs- und Beleuchtungsmittel
bereit hielt, genügte nicht, ebenso wenig die allgemeine
Anordnung, daß die Baustelle nach Bedarf abzusperren
und zu beleuchten sei. Das war eine viel zu allgemein
gehaltene Anweisung. Darüber zu befinden, überläßt man
nicht dem Vorarbeiter. — Das oberlandesgerichtliche Ur
teil ist rechtskräftig geworden. Wenn die Sache noch
das Reichsgericht als Revisionsinstanz beschäftigt hat, so
geschah es lediglich, um über die Höhe des zu zahlenden
Schadenersatzes zu befinden. (Nachdr. verb.)
Wann haftet der Hauseigentümer nicht für den anläßlich
des Verputzens seines Hauses erfolgten Unfall eines
Straßenpassanten ?
Der Kläger hatte, als er das vor dem Hause des Be
klagten angebrachte Schutzgerüst durchschritt, einen Un
fall dadurch erlitten, daß er von einem herabfallenden Ge
genstand getroffen und verletzt wurde.
Von dem Verletzten auf Schadenersatz in Anspruch ge
nommen, wandte der beklagte Hauseigentümer ein, er
habe alle erdenkliche Sorgfalt angewendet, um Unfälle zu
verhüten, indem er die Herstellung des Schutzgerüstes
einer geeigneten Firma übertrug und darüber wachte,
daß die von den Beamten der Bauaufsicht angeordneten
Sicherungsmabnahmen ausgeführt wurden. Mit dem Ver
putzen des Hauses sei erst nach ausdrücklicher Freigabe
des Gerüstes begonnen worden.
Das Reichsgericht hat, ebenso wie die Vorinstanz, ein
eigenes Verschulden des Beklagten an dem Unfall verneint.
Allerdings kann es den Beklagten nicht nach § 831 BGB.
entlasten, wenn er die Herstellung des Gerüstes einer dazu
geeigneten Firma übertrug, denn diese Firma hatte das
Gerüst selbständig nach eigener Sachkunde herzustellen
und war keine Angestellte im Sinne des § 831 BGB., der
hier nicht Anwendung finden kann. Mit Recht aber be
ruft der Beklagte sich darauf, daß die Baupolizei nach ge
nauer Prüfung des Gerüstes dieses zur Benutzung Frei-
gegeben und das Verputzen des Hauses gestattet hat. Der
Beklagte, als laie, durfte darauf vertrauen, daß das von
einer geeigneter. Firma hergestellte und polizeilich als gut
und sicher geprüfte Gerüst den verkehrserforderlichen
Schutz gegen Baugefahren gewähren werde. Man kann
von dem Beklagten nicht mehr Sorgfalt verlangen als von
den Beamten der Bauaufsicht. Nach alledem haftet der
Beklagte nicht für den Unfall des Klägers.
Rundschau.
Wohnungsfürsorge in Osnabrück. Die Stadtverwal
tung von Osnabrück bewilligte zur Errichtung von Fach-
werksbauten 750 000 Mark. In den Bauten sollen 30 Woh
nungen entstehen, von denen jede einen Betrag von 25 000
Mark erfordert. Der Oberbürgermeister bemerkte dazu,