Full text: Süd- und Mitteldeutsche Bauzeitung (1919/20)

16/31. Dez. 192U. 
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Zur Herstellung der Schlackensteine sind nicht grund 
sätzlich alle Hochofenschlacken geeignet. Zu bevorzugen 
sind die garen Schlacken, die bei Gießerei-, Bessemer- und 
Thomasroheisen fallen. Bei Schlacke mit starkem Man- 
gangehalt kann gelegentlich die Färbung hinderlich wir 
ken. Im übrigen steht aber der Färbung der Schlacken 
steine nichts im Wege. Die Verwendung der Schlacke ist 
keineswegs auf Ziegel beschränkt, vielmehr ist man schon 
seit längerer Zeit dazu übergegangen, auch Belagplatten 
für Bürgersteige, Bordsteine usw. herzustellen, was durch 
besondere Pressen geschieht. Ebenso ist die Herstellung 
von Formsteinen für Gesimse aus Schlackenmaterial mit 
Erfolg betrieben worden. 
Zu erwähnen sind hier auch die Hochofenschwemm 
steine, die dem alten, aus dem Neuwieder Becken stam 
menden ,,rheinischen Schwemmstein“ erheblichen Wettbe 
werb bereiten. Der alte, außerordentlich leichte rheinische 
Schwemmstein, aus Bimssand und Kalk bestehend, stützt 
sich hauptsächlich auf den vulkanischen, stark kieselsäure 
haltigen Bimssand. Die sehr leichten Hochofenschwemm 
steine werden vornehmlich mit dem Scholschen Patent 
verfahren aus Hochofenschlacke und Kalk hergestellt. Das 
erwähnte Verfahren sucht die Vorgänge des Naturprozes 
ses nachzuahmen. Es gilt also, ein künstliches Bimskorn 
zu erzeugen, das durch ein geeignetes Bindemittel zu 
einem Schwemmstein zu verarbeiten ist. Beim bekannten 
Körnen der Hochofenschlacke bildet sich die feinkörnige 
Schlackengranulose, daneben ergeben sich die lockeren, 
voluminösen Schlackenklümpchen. Für die Schwemra- 
steinherstellung ist es von großer Wichtigkeit, die lockeren 
Schlackenklümpchen in großer Zahl zu gewinnen. Zu die 
sem Zweck wird die flüssige Hochofenschlacke in einen 
mit heißem Wasser gefüllten Behälter geleitet, dem man 
von unten Druckluft zuführt. Die Stärke des Luftdrucks 
muß so gewählt werden, daß das Wasser nicht durch den 
Bodenraum dringen kann, auch bleibt das Wasser hier 
durch ständig in sprudelnder Bewegung. Durch die feinen 
Strahlen werden in der großklumpig schwimmenden 
Schlacke zahlreiche große und kleinere Hohlräume ge 
bildet. Nach einiger Zeit beginnen die Schlackengebilde 
langsam im Wasser zu sinken, um zu erstarren. Ein 
Becherwerk hebt sie dann aus dem Behälter. Nach E. 
Eiwitz kommt für die Schwcmmsteinherstellung fast nur 
die Schlacke von Gießereiroheisen in Betracht; bei Be 
nutzung anderer Schlackensorten muß erst eine gewisse 
Vorbereitung vorangehen. 
Die in dieser Weise gewonnene gekörnte Hochofen 
schlacke wird nunmehr in grobe und feinkörnige Schlacke 
getrennt. Die feinkörnige Schlacke wird nach dem Trock 
nen unter einem Zusatz von Kalk, und zwar etwa 15 Ge 
wichtsteilen Kalk auf 85 Gewichtsteile Schlacke auf Ze 
mentfeinheit vermahlen. Der so gewonnene Schlacken 
zement stellt das eigentliche Bindemittel dar, das mit dem 
noch feuchten, grobkörnigen Schlackenklümpchen ver 
mischt wird. Das Mischungsverhältnis lautet 1 Binde 
mittel zu 10 Raumteilen Schlacke. Der Schlackenzement 
kapselt die leichten, sehr porösen, noch weichen Klümp 
chen ein, die bis zur Erhärtung der Schutzhülle noch 
etwa drei Tage liegen bleiben. Das so gewonnene Pro 
dukt hat mit dem vulkanischen natürlichen Korn große 
Aehnlichkeit. Um ein Zusammenbacken der Klümpchen 
zu verhindern, wird das Bindemittel mit heißem Wasser 
dampf den Schlackenklümpchen zugeleitet. Andererseits 
hält der Mischer die Masse in Bewegung. Nach etwa 
dreitägigem Lagern ist das Bindemittel zu einer harten 
Schutzhülle um das Klümpchen geworden. Die so er 
haltene Mischung bekommt nun etwa 12,5 Prozent frisches 
gleichartiges Bindemittel zugesetzt, worauf die Masse 
nach genügender Anfeuchtung zu Steinen gepreßt werden 
kann. Je nach dem Anteil des Bindemittels ändert sich 
auch die Druckfestigkeit. Die frischen Formlinge ver 
bleiben zunächst etwa drei Tage auf den Unterlagen, 
worauf sie nach dem Lagerplatz befördert werden, um 
nach vier bis sechs Wochen Erhärtungszeit versandfertig 
zu werden. 
Die Pressen für die Hochofenschwemmsteine arbeiten 
sowohl mit Ober- wie mit Unterdrück. Nach E. Eiwitz 
stellt sich das Gewicht eines Kubikmeters Hochofen 
schwemmstein Mauerwerks auf etwa 850 kg, während 
1 ebrn Backsteiumauerwerk etwa 1600 bis 1800 kg wiegt. 
Der Schwemmstein eignet sich daher sehr gul für Erker, 
Gewölbe, Zwischenwände, Fachwerksausmauerung. Das 
leichte Gewicht ist auch für Gebirgsbauten von Vorteil, 
da die Beförderung der leichten Steine weniger Schwierig 
keiten macht. Die große Porosität verleiht den Steinen 
eine besondere Isolierfähigkeit gegen Schall und Schutz 
gegen Wärme und Kälte. Für manche Bauten, besonders 
für Krankenhäuser, Kühlhäuser, Schlachthäuser, Molke 
reien und Decken erscheint der Schwemmstein sehr geeig 
net. Dasselbe gilt auch von Dampfkessel-Einmauerungen. 
Durch die Porosität wird auch die Schwammbildung und 
Schwitzwasserbildung an den Wänden und Decken sehr 
erschwert. Die Schwemmsteine nehmen den Putz sehr 
gut an. Ein preußischer Ministerialerlaß gestattet, daß 
Schwemmsteine in zweiVolleeschossen und dem ausge 
bauten Dachgeschoß ermauert werden dürfen. Für Klein 
wohnhäuser wurde es als zulässig erklärt, daß die Stärke 
für Außen- oder Innenwände mit einem Stein genügt, wäh 
rend bei Backstein \ x / t Stein als Mindeststärke gefordert 
wird. Die Formate der Steine können verschieden groß 
gewählt werden, was beim Bauen eine Ersparnis an Mör 
tel bedeutet. Die Druckfestigkeit der künstlichen Schwemm 
steine ist höher als bei den alten rheinischen Schwemm 
steinen; sie beträgt bei ersteren etwa 28 bis 30 kg/qcm und 
bei letzteren 20 bis 25 kg, qcm. Im allgemeinen wird die 
Flerstellung von Hochofenschwemmsteinen ähnlich wie 
die der Schlackensteine auf die Gebiete der Hüttenindu 
strie beschränkt bleiben, da die Schwemmsteinfabriken mit 
den Hochöfen aus fabrikationstechnischen Gründen in 
möglichst naher örtlicher Verbindung bleiben müssen. 
Neben den üblichen Vollsteinen, Normalformat, 12X25X
	        
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