30. April 1919.
BAUZEITUNG
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verdienen jedenfalls alle Beachtung, es sollte nur noch
mehr auf die innere Ausstattung der in Frage kommenden
Wohnhäuser geachtet werden. Sie enthalten zumeist ein
Qder zwei Stuben sowie die Wohnküche im Unterge
schoß und im Obergeschoß die Schlafräume. Zumeist
wird man aber vergebens nach einer Badeeinrichtung
suchen, die doch gerade hier in gesundheitlicher Beziehung
sehr erwünscht wäre. Dieser Mangel wird einerseits
mit dem Hinweis auf die Verteurung durch das Bad, und
andererseits mit dem knappen zur Verfügung stehenden
Raum entschuldigt.
Es ist aber gelungen, Badeeinrichtungen mit einer
auch anderen Zwecken dienlichen Warmwasser-Versor-
gung in kleiner, einfacher und wohlfeiler Form herzu
stellen, so daß diese selbst in kleinste Einfamilienhäuser
so eingebaut werden können, daß alle Bedenken bezügl.
Raumbeschränkung und wesentlichen Mehrkosten hinfällig
werden.
Die Firma Junkers & Co. in Dessau hat einen sol
chen an der Wand hängenden kleinen Badeofen konst
ruiert, der in Verbindung mit einer besonderen wasser-
und gassparenden Wanne ein bequemes Vollbad bereits
mit 80 Liter Inhalt gibt. Infolgedessen sind nicht nur
die Anschaffungskosten-, sondern auch die Betriebskosten
dieser Anlage sehr gering.
Sind die Räume des Kleinwohnhauses an Zahl und
Größe so knapp bemessen, daß sie die Aufstellung einer
Badeeinrichtung nicht gestatten, so wird diese zweckmäßig
in der Waschküche untergebracht. Für diese Fälle kommt
auch an Stelle eines Badeofens ein besonders konstruier
ter Universal-Apparat, Prof. Junkers Bade-Waschkessel,
zur Verwendung. Dieser kleine, leicht transportable Kessel
ist ganz speziell dem Bedürfnis der kleinsten Siedelungs
bauten angepaßt. Er wird deshalb außer für Gasfeuerung
auch für Kohlenfeuerung geliefert. Dieser sinnvoll kon
struierte Kessel mit seinen 70 Litern Wasserinhalt ist
ein billiger, schneller und bequemer Heißwasserbereiter
und zwar für alle möglichen Zwecke, braucht äußerst
wenig Raum, somit für kinderreiche Familien von un
schätzbarem Wert.
Erlaß des Ministeriums des Innern an die Bau
polizeibehörden über Behelfsbauten zu
Wohnzwecken.
Die Not der Zeit zwingt dazu, für die Bereitstellung
von Wohnungen, insbesondere Klein- und Mittelwoh
nungen, auch Bauten zu errichten, die nach der Art ihres
technischen Aufbaues und der Natur der verwendeten
Baustoffe auf eine geringere als die für Wohngebäude
im allgemeinen übliche Lebensdauer berechnet sind, sogen.
Behelfsbauten. Dazu gehören insbesondere Holzbauten,
Baracken und dergleichen.
Solche Behelfsbauten entsprechen in mancher Be
ziehung nicht immer den bau- und feuerpolizeilichen Be
stimmungen der Bauordnung, der Vollzugsverfügung dazu
und der Minist. Verfügung über Feuerungseinrichtungen.
Sie können aber trotzdem auf Grund von Art. 29 Abs. 2
der BauO. in stets widerruflicher Weise zugelassen werden,
wenn und solange Bedenken in gesundheitlicher, in feuer-
und sicherheitspolizeilicher Beziehnng nicht entgegenstehen.
Es sollte aber dann zur Vermeidung späterer Schwierig
keiten gemäß § 95 Abs. 2 der Vollz.Verfügung zur Bau
ordnung eine entsprechende Vormerkung im Baulastenbuch
gemacht werden.
Eine endgültige Genehmigung, die die Bauenden viel
fach vorziehen würden, ist nach den gesetzlichen Vor
schriften nur möglich, wenn für Verstöße gegen unbedingt
erteilte baupolizeiliche Vorschriften zuvor die erforderliche
Befreiung erteilt worden ist. Dabei kommen insbesondere
folgende Vorschriften in Betracht:
1. Für Brettervertäferungen oder Schindelschirme auf
unausgemauerten Fachwerkswänden ist nach Art. 74
Abs. 1 der BO. ein Abstand von wenigstens 6 m von
anderen Gebäuden oder von der Eigentumsgrenze
einzuhalten. Wenn aber die Bretter oder Schindeln
neben dichter Fugendeckung einen gegen leichte
Feuerübertragung schützenden Anstrich oder eine
gleichwertige ähnliche Verwahrung (vergl. § 69 der
Vollz. Verf. zur BO.) erhalten, kann gemäß Art. 74
Abs. 2 der BO, bei einstöckigen Gebäuden mit nicht
mehr als 100 qm Grundfläche und nicht mehr als 7
m Firsthöhe der Abstand von 6 m auf 4 m vermindert
werden. Da für Kleinhäuser, schon um den Bewohnern
den Genuß eines Gartens zu verschaffen, weiträumige
Bauweise ohnedies die Regel sein wird und außer
dem im Wege der Vereinbarung mit den Nachbarn
und bei einheitlich angelegten Kleinhaussiedlungen
schon durch den Plan und Anbauvorschriften die er
forderlichen Abstände gesichert werden können, wer
den sich aus den Vorschriften des Art 74 der BO.
allzugroße Schwierigkeiten nicht ergeben. Für Klein
häuser anderer Bauart kommen die Bestimmungen
des Art. 70 der BO. über die Brandmauerzonen, für
besonders kleine Häuser auch die Bestimmungen
des Art. 81 in Betracht. Den Schutz gegen Feuer
übertragung allzusehr zu vernachlässigen, ist weder
im Interesse der Allgemeinheit noch in dem der Be
wohner und Besitzer der Kleinhäuser gelegen.
2. Nach Art. 91 Abs. 1 der BO, sind in Gelassen mit
Feuerungseinrichtungen die Hohlräume zwischen den
Deckenbalken mit einer gegen Weiterverbreitung des
Feuers schützenden Einlage nach den Vorschriften des
§ 80 der Vollz.Verf. zur BauO. zu versehen. Da die
Kleinhäuser nur wenige Räume mit Feuerungsein
richtungen enthalten, die erlangte Einlage mit erheb
lichen Kosten nicht verbunden und für die Wärmeer
haltung von Vorteil ist, kann auch diese Vorschrift
ohne erhebliche Schwierigkeiten eingehalten werden.
In Ausnahmefällen kann Befreiung in Frage kommen.
3. Oefen und Herde müssen nach § 7 der Minist. Verf.
über Feuerungseinrichtungen vom 22. Januar 1911
(Reg. Bl. S. 7) einen bestimmten Abstand von den
Wänden einhalten oder es sind die Wände auf eine
gewisse Ausdehnung als Feuerwände nach § 5 der
genannten Verfügung auszuführen. Von dieser Be
stimmung abzuweichen, liegt im Interesse der Feuer
sicherheit im allgemeinen kein Grund vor doch können
unter Umständen kleinere Abweichungen im Wege
der Befreiung zugelassen werden.
4. Nach § 10 Abs. 1 Ziffer 2 der Feuerungsverfügung
sind bei der Aufstellung von Kochherden die Decke
des Gelasses in ihrer ganzen Ausdehnung, die Wände
— soweit sie keine Feuerwände sind — und der
Boden bis auf einen Abstand von 1 m vom Herd
nach § 4 der Verfügung zu verwahren. Während
auf die Verwahrung von Boden und Wänden der
Feuersicherheit wegen im allgemeinen nicht verzichtet
werden kann, kann dies bei der Decke, zumal in
einiger Entfernung vom Herde, leichter geschehen.
Um die Erstellung von Kleinhäusern möglichst zu
erleichtern und baupolizeiliche Behandlung zu be
schleunigen, werden auf Grund von Art. 116 Abs. 3
der BO. die Oberämter und die ihnen nach Abs. 2
Satz 1 daselbst gleichgestellten Behörden in stets
widerruflicher Weise ermächtigt für Kleinhäuser, d.
h. Gebäude von nicht mehr als zwei vollen Stock
werken (gemessen nach § 28 der Vollz. Verf. zur Bau
O )mit nur einer oder nur ganz wenigen Kleinwoh
nungen von folgenden Vorschriften die erforderliche
Befreiung in eigener Zuständigkeit nach den Grund
sätzen des Art. 116 Abs. 1 der BauO. zu erteilen:
a) von Art. 91 Abs. 1 der BauO. über die Aus
füllung der Hohlräume zwischenden Deckenbalken;