1./15. Juli 1919.
BAUZEITUNG
79
Eckhaus: eine Wohnung mit 5 und eine mit 4 Räumen.
Mittelschulen durch eine Schulprüfung erworben, die
möglichst liberal unter Berücksichtigung der Klassen
leistung zu gestalten wäre. Fächer, die in den unteren
Semestern aufhören, sollten nicht noch einmal geprüft, son
dern die Note des letzten Versetzungszeugnisses über
nommen werden. Unbedingt muß darauf hingewirkt
werden, daß den Besitzern des Reifezeugnisses des Staats
technikums auch die in der Gewerbeordnung (z. Beispiel
§§ 129, 133 GO.) mit dem Meistertitel verknüpfte Rechte
(Lehrlingswesen) übertragen werden. Da augenblicklich
die Gewerbeordnung neu verfaßt wird, müßte der bad.
Bevollmächtigte beim Bundesrat sofort entsprechend be
lehrt werden. Der Bund technisch-industrieller Beamter,
der deutsche Techniker-Verband und der deutsche Werk
meister-Bezirksverein hält eine Titelverleihung z. B. Bau
meister, Werkmeister, Dipl.-Techniker) für unzeitgemäß
und überflüssig; dagegen wünschen die übrigen mög
lichst im Reiche einheitliche Berufsbezeichnung für die
Besitzer des Reifezeugnisses des Staatstechnikums.
Bezüglich der Verfassung der Schule wurde es
als notwendig erachtet, daß nicht ein absoluter Direktor
entscheidet, sondern eine Körperschaft unter starker Hin
zuziehung von Persönlichkeiten des technischen prakti
schen Lebens. Auf diese Weise wird eine enge Fühlung
zwischen Schule und Praxis möglich sein; so werden
Wünsche und Ratschläge erfolgreich an die Schulleitung
gelangen, die dort verarbeitet werden müssen. Es gibt
zwei Möglichkeiten diesen Gedanken durchzuführen;
entweder die Schaffung eines Kuratoriums (bestehend aus
Direktor, Abteilungsvorständen, Regierungsvertretern und
6—8 Männer der Praxis) oder eines Beirates aus einer
größeren Zahl von Persönlichkeiten des badischen tech
nischen Erwerbslebens. Die erfolgreiche Durchführung
hängt davon ab, daß diese Körperschaft mit ausreichenden
Rechten ausgestattet wird und die Vertreter der Praxis
das Vertrauen ihrer Berufskameraden besitzen. Das letz
tere wird sicherlich dadurch erreicht, daß die technischen
Vereine des Landes das Präsentationsrecht erhalten und
das Ministerium dann die Ernennung für einige Jahre
ausspricht. Durch die Schaffung einer derartigen Körper
schaft wird die Stellung des Direktors eine andere als die
bisherige. Der Direktor muß eine schaffensfreudige, weit
blickende, mit dem technischen Leben eng verwachsene
Persönlichkeit sein. Der Tüchtigste ist hier gerade gut
genug; erfüllt er diese Forderung nicht mehr, so ist er
zu ersetzen. Man hält deshalb die Ernennung des Direk
tors durch das Ministerium für richtig, jedoch sollte sie
nur für einen beschränkten Zeitraum, etwa 5—10 Jahre,
erfolgen, und zwar auf Vorschlag der obengenannten
Körperschaft. Die Lehrer selbst müssen auf Lebensdauer
ernannt sein. Für unbedingt erforderlich wird es er
achtet, daß der Lehrkörper sich ständig aus hervorragen
den Praktikern der Technik ergänzt und daß auch die
Elementarfächer (Mechanik, darstellende Geometrie, Phy
sik, Mathematik usw.) durch sehr erfahrene Ingenieure
und Techniker gegeben werden.
Die Schüler sollen eine anerkannte Organisation er
halten, deren Vertreter auf Grund eines neuzeitigen Ver
fahrens zu wählen sind und die eine enge Fühlungnahme
zwischen Schulleitung und Schüler ermöglicht. Um den
Aufstieg zu erleichtern, sollte treu dem Grundsatz
„freie Bahn dem Tüchtigen“ gut befähigten — dieser Be
griff wäre in den Zulassungsbedingungen der Hochschule
eindeutig klarzustellen — die weitere Ausbildung an der
Flochschule und die Zulassung für Diplom-Ingenieurprü
fung ermöglicht werden. Man war sich aber darüber
klar, daß es bedenklich wäre, zweierlei Diplom-Ingenieure
zu schaffen, sowie den Wert der Allgemeinbildung für den
Ingenieur als Fachmann und Menschen zu unterschätzen;
es ist deshalb den Besitzern von Reifezeugnissen des
Staatstechnikums die Auflage zu machen, daß sie vor dem
Diplomexamen eine entsprechende Allgemeinbildung in
einer Prüfung vor einer Hochschulkommission nachwei-
sen. Durch Befreiung von den elemntarfachtechnischen
Fächern, deren Kenntnisse die technischen Mittelschüler
bereits besitzen, kann Zeit zum Erwerb der erforderlichen
Kenntnisse in Allgemeinbildung gewonnen werden. Man
hielt es außerdem für erforderlich, daß das Referat für
technisches Schulwesen im Ministerium in die Hand einer
technisch geschulten Persönlichkeit gelegt wird. Man
hatte die Erkenntnis, daß die Landwirtschaft in
unserem technischen Schulwesen nicht genügend berück
sichtigt wird. Das ist ein Nachteil für den Techniker und
für unser gesamtes Wirtschaftsleben, dem sowohl an der
Hochschule, wie auch an den technischen Mittelschulen
und Gewerbeschulen Rechnung getragen werden muß
durch entsprechende Gestaltung des Lehrstoffes. Man
war sich darüber klar, daß gerade die Not des zukünfti
gen Wirtschaftslebens unseres Vaterlandes nur durch enge
Verbindung zwischen Landwirtschaft und Technik ge
mildert werden kann. Es wurde überhaupt für wünschens
wert erachtet, durch Einführung von Wahlfächern die
geistige Basis der technischen Mittelschulen zu verbrei
tern, insbesondere die tiefbautechnische Abteilung sollte
mehr nach der kulturtechnischen Seite ausgebaut werden.
Die badische Wiesenbauschule könnte dann in Wegfall
kommen. (Schluß folgt.)
Eckhaus mit 2 Wohnungen mit je 5 und eine mit 3 Räumen.