Full text: Süd- und Mitteldeutsche Bauzeitung (1919/20)

BAUZEITUNG 
Nr. 29/30 
84 
Bestimmungen der Vollzugsverfügung, die der §§ 55, 81 
und 106, mußten eine andere Fassung erhalten, weil die 
Bestimmungen, auf die in ihnen verwiesen ist, geändert 
wurden oder einzelne Behörden andere Bezeichnungen 
erhalten haben. Endlich wurde in den Vorschriften der 
§§ 94 und 95 über die Führung des Baulastenbuchs und 
in dem Musterdruck für das Baulastenbuch, Abteilung 1, 
der Unterschied zwischen einer „Eintragung” und einer 
„Vermerkung” deutlicher gemacht. 
Es zeigt sich jetzt, wie zweckmäßig es ist, wenn nicht 
im Gesetz selbst zu viele Einzelbestimmungen aufgenom 
men, sondern wenn diese in einer leichter wieder zu än 
dernden Ministerialverfügung zusammengestellt sind. Es 
wird dadurch ermöglicht, den veränderten Anschauungen 
der Zeit und den Fortschritten der Technik leichter zu 
folgen. M. B. 
Zwecke, Ziele und Organisation 
der „Bauhütten“. 
In folgendem seien in aller Kürze die Richtlinien ge 
geben, nach welchen sich die Tätigkeit der gegenwärtig 
in verschiedenen Städten des Landes teils schon bestehen 
den, teils erst ins Leben tretenden Bauhütten im großen 
und ganzen bewegen sollte. 
Hiebei ist es zunächst nötig, sich das Wesen und die 
innere Zusammensetzung dieser Vereinigungen vor Augen 
zu halten; 
Erster Zweck der Bauhütten ist es, innerhalb ihres 
engeren Bezirks den kollegialen Geist und den Zusammen 
schluß der ansässigen Angehörigen des Baugewerbes 
aller Gattungen zu fördern und zu pflegen und den enge 
ren Gedankenaustausch über alle wichtigen Tagesfragen 
technischer, künstlerischer und organisaatorischer Natur 
zu ermöglichen. 
Gemäß diesen Zielen sollen die „Bauhütten“, wenn 
dieses Wort als Sammelbegriff für alle Ortsvereinigungen 
dieser Art gebraucht werden darf, in ihren Reihen sämt 
liche Bautechinker der verschiedenen Gattungen, als Pri- 
vatarchitekten, Bauunternehmer, Privatangestellte, Staats-, 
Gemeinde- und Korporationsbeamte vereinigen. Allen 
gemeinsam ist im allgemeinen die berufliche Ausbildung 
der Baugewerkschule. Ihr gemeinsames Ziel ist die He 
bung des Ansehens ihres Standes und im Zusammenhang 
damit die Besserstellung aller Standesgenossen im weitesten 
Sinne. Untergeordnete Interessen gehen teils auseinander. 
Fast jeder dieser Berufszweige nun ist in größeren 
Fachverbänden zusammengeschlossen, wie z. B. der Bau 
werkmeisterverein, der Baubeamtenverein u. a. m., welche 
ihrerseits die besonderen Interessen der Kategorie wahr 
zunehmen bestimmt sind. Es liegt ja ganz im Sinne und 
Zug der Zeit, sich in möglichst umfassender Weise zu 
sammenzuschließen. Es ist nun erfreulich, feststellen zu 
können, daß in diesen Vereinen, nachdem während der 
Kriegsjahre fast jede Vereinsarbeit ruhte, ein neuer, fri 
scher Wind zu blasen beginnt. Den Ausschüssen wurde 
frisches Blut zugeführt, und es macht sich überall ein 
starker Wille zur Arbeit bemerkbar. Es erhebt sich nun 
die Frage; Wie soll gearbeitet werden, und wie werden 
sich die Bauhütten in dieses Vereinsleben einfügen? 
Es ist eine alte Klage, daß bisher von den Vereins 
mitgliedern alle Arbeit dem Ausschuß allein überlassen 
wurde, ohne daß derselbe im Laufe des Vereinsjahres eine 
genügende innige Fühlungnahme mit den Milgliedern hatte. 
Die Folge war: Arbeitsunlust beim Ausschuß, Ver 
drossenheit bei den Mitgliedern und die ewigen Klagen: 
„Man hört und sieht nichts vom Verein.“ Es soll hier 
mit den tüchtigen und tätigen Kollegen jener Ausschüsse 
in keiner Weise nahe getreten werden. Der Fehler lag 
weniger an ihnen, als an der Organisation, und es ist kein 
Wunder, wenn in letzter Zeit die Ausschußmitglieder 
immer wieder mit der Forderung hervortraten: „Gebt 
uns Anregungen, damit wir Kenntnis von Euren Inter 
essen bekommen; dann können wir arbeiten.“ 
Hier nun liegt der springende Punkt. Nicht unsere 
Ausschüsse tragen die Schuld, wenn man vom Verein 
nichts hört, sondern wir, jeder einzelne selbst. Wer da 
sagt; es geschieht nichts, der prüfe sich erst selbst: Habe 
ich meine Vereinspflicht erfüllt ? Mit der Beitragsleistung 
allein ist’s nicht getan: es ist die tätige Mitarbeit, welche 
der Verein als Pflicht fordern muß. 
In dieser Erkenntnis ist in den großen Vereinigungen 
das Bestreben entstanden, Ortsgruppen oder Kreise, Gaue 
zu gründen, welche durch Vertrauensleute die Anregungen 
und Wünsche an die Vereinsleitung übermitteln sollen. 
Wie haben sich nun die Bauhütten hiezu zu stellen? 
Es leuchtet ein, daß es ein Unding ist, wenn von jedem 
größeren Fachverein in unseren Städten neben den Bau 
hütten Ortsgruppen entstehen. Dieselben sind geeignet, 
durch Zersplitterung sich selbst und den Bauhütten das 
Lebenslicht ausszublasen. Andererseits muß zugegeben 
werden, daß die Oroßvereine diese Ortsgruppen brauchen. 
In Anbetracht dieser Umstände liegt der Schluß nahe, daß 
es der nächste und beste Weg ist, wenn die Großvereine 
sich der bestehenden Bauhütten zur Pflege des Zusam 
menhaltes ihrer Mitglieder und zur Kleinarbeit bedienen; 
diese hingegen die Arbeit übernehmen, jene Vereine in 
ihrer Arbeit zu unterstützen. Es ist weiter zu empfehlen, 
daß sich die Bauhütten einiger Nachbarstädte zum Zwecke 
gemeinsamer Arbeit zu kleineren Kreisen zusammen 
schließen. Die Fühlungnahme kann durch auswärtige Aus 
schüsse erfolgen, die in gewissen Zeitabschnitten zur Be 
ratung Zusammenkommen, um die Meinungen und Stim 
mungen innerhalb der Vereine auszutauschen. In diesen 
Sonderausschüssen sollte je ein Mitglied jeder Berufs 
gattung vertreten sein. Die Ausschüsse können unter sich 
Vertrauensleute wählen, welche die Resultate der Bera 
tungen an die Vereinsleitung weitergeben und ihren Bau 
hütten Bericht erstatten. Es ist zweckmäßig, wenn diese 
Ausschüsse, die Vereinsvorstände ausgenommen, mit dem 
eigentlichen Ausschuß nicht identisch sind, weil dadurch 
gleichzeitig eine größere Anzahl Mitglieder gehalten sein 
wird, sich aktiv am Vereinsleben zu betätigen. In dieser 
Form haben sich erst in letzter Zeit die Bauhütten Heiden 
heim und Aalen, der Bauzirkel Gmünd und die Techniker 
vereinigung Ellwangen zusammengeschlossen, um sich 
mit Nachdruck der gemeinsamen Arbeit widmen zu 
können. 
So könnte jedenfalls am besten einer Zersplitterung 
der Mitglieder im Lande begegnet werden, und der Weg 
für eine eventuelle Vereinigung am ehesten geebnet wer 
den. Die Bauhütten würden sich auf diese Weise zweck 
entsprechend und zwanglos ins größere Vereinsleben ein 
fügen und könnten mit der Zeit wertvolle Bindeglieder 
zwischen den größeren Fachvereinen werden. In den 
Ausschüssen dieser Vereine würde es angenehm emp 
funden werden, wenn auch unten gearbeitet und so die 
Arbeit auf natürlichem Wege von unten in den Ausschuß 
getragen wird, wo sie dann weiter verarbeitet werden 
muß. Die „Bauhütten“ sollen die Stätten werden, wo 
jeder Kollege seine Wünsche zwanglos äußern kann und 
soll, und von wo sie auf dem rechten Wege an die rich 
tigen Stellen weiter geleitet werden. Die Mitglieder der 
selben müssen sich verpflichtet fühlen, ihre Kraft jederzeit 
zum Wohl des Ganzen dem Verein zur Verfügung zu 
stellen, denn daß wir arbeiten und uns einigen 
müssen, darüber braucht gegenwärtig kein Wort verloren 
zu werden. W. Sch.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.