Full text: Götterlehre oder mythologische Dichtungen

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zogen, und welchen Venus, da er ein Jüngling 
war, vor allen zu ihrem Lieblinge wählte, und weil 
sie keinen Augenblick ihn verlassen wollte, sogar einen 
Theil ihrer Sanftheit ablegte, und auf der Jagd der 
Hirsche und Rehe ihn begleitete. 
So ofr er aber allein die Spur der reißenden 
und gefährlichen Thiere verfolgte, warncte sie ihn 
jedesmal, wenn er von ihr ging, sein ihr so theu 
res Leben nicht in Gefahr zu fetzen. — Allein bei 
dem jungen Adonis überwand sein kühner Muth die 
Zärtlichkeit, er folgte der Warnung der Göttin 
nicht. 
Schon schwebte sein schwarze« Berbäugniß über 
ihm ; — er stieß auf einen ergrimmte» Eber; — 
schoß vergeben« feinen Jagdspieß ab ; — schon senk 
te des Ebers weißer Zahn sich in des Jünglings 
Hüfte. — Häufiges Blut entströmte der Wunde, 
und Venus, welche schon mit Angst und Zagen ahn- 
dungsvoll ihren Liebling suchte, fand ihn erblaßt in 
seinen. Blute liegend. 
Vergebens suchte sie ihn inS Leben zurückzurufen, 
und klagte zürnend das Schicksal an. Allmäligver 
wandelte ihre Verzweiflung sich in sanfte Traurig 
keit; — sie ließ aus ibrcS Lieblings Asche die Ant» 
mone entsprießen, und gab ihm dadurch eine Art von 
Unsterblichkeit. — 
Dem Adonis wurde ein Fest gefeiert, wo die 
Weiber seinen Tod beklagte», und indem sic die Körbe 
mit Blumen inS Wasser stürzten, des Lebens kurze 
Blü-
	        
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