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Diese ruhige Stellung der hohen Schicksalsgöt-
tin, womit sie auf die weitaussehendeu Plane gleich,
sam lächelnd herabsieht, ist eine vorzüglich schöne
Idee des alten Künstlers, von dem sich diese Bil-
düng herschreibt.— Während daß Götter ihre gan
ze Macht, und Sterbliche alle ihre Kräfte aufbieten
um ihre Entzwecke und Absichten durchzusetzen, hält
die hohe Göttin, spielend den Faden in der Hand,
an welchem sie die Umwälzungen der Dinge, und
die stolzesten Entwürfe der Könige lenkt.—
Die alten Götter.
^»>ic Scheidung zwischen den alten und neuen Göt
tern giebt de» mythologischen Dichtungen einen vor
züglichen Neitz. Die alten Gottheiten sind, wie wir
schon bemerkt haben, gleichsam in Nebel zurück ge
treten , woraus sie nur noch schwach hervorschim
mern, indeß die neuen Götter in dem Gebiete der
Phantasie ihren Platz behaupten, und durch die bil«
dendc Kunst bestimmte Formen erhalten, in welche
sich die verkörperte Macht und Hoheit kleidet, und
ein Gegenstand der Verehrung der Sterblichen in
Tempeln und heiligen Hainen wird.
Durch die alten Gottheiten aber sind die neu
en gleichsam vorgebildet. — Das Erhabene und
Göttliche, was immer schon da war, läßt die
Phantasie in erneuerter und jugendlicher Gestalt.