Full text: Erste Abtheilung. Eiserne Brücken. Heft I (1,1)

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angebrachte Rahmen versteifte. Infolge der unvorteilhaften 
Uebertragung der äusseren Kräfte durch geschlossene Wan 
dungen mit lotrechten Aussteifungen von so bedeutender 
Höhe, der Schwierigkeit der Herstellung und Unterhaltung 
solcher Röhren, insbesondere der engen, die Gurtungen 
bildenden Zellen, sowie der Schwierigkeit der Aufstellung 
so colossaler, fertig montirter Röhren riefen nur vereinzelte 
Nachbildungen hervor, worunter die über den S t. L o r e n z- 
strom bei Montreal in Canada erbaute Victoria 
brücke die bedeutendste ist. Sie besitzt die geringeren 
Spannweiten von 100,58 Mtr. (320' engl.) ihrer Mittel- 
Öffnung und von je 72,86 Mtr. f242' engl.) ihrer übrigen 
24 Seitenöffnungen, die verminderte Wandungshöhe von 
5,79 Mtr. (19' engl.) an den Enden und von 6,86 Mtr. 
(22'6" engl.) in der Mitte sowie plattenförmige Gur 
tungen, deren obere durch T-Eisen und nur über der 
grossen Mittelöffnung durch 7 Zellen versteift ist. 
Die späteren Röhrenbrücken Englands, wozu die von 
F o w 1 e r erbaute Brücke über den T r e n t bei T o r k s e y 
mit zwei Oeffnungen von je 39,62 Mtr. (130'engl.) gehört, 
zeigen wieder zwei, zu beiden Seiten der Fahrbahn liegende, 
kastenförmige 3,05 Mtr. (10' engl.) hohe Träger, deren 
untere Gurtung gleich jeder der beiden Seitenwände aus 
Platten und deren obere Gurtung aus je zwei durchlaufenden, 
rechteckigen Zellen besteht. Auch die zweigeleisige Brücke 
über den S p e y in der Eisenbahnlinie von Inverness 
nach Aberdeen, welche die grössere, jedoch einzige Oeff- 
nung von 70,1 Mtr. (230' engl.) besitzt, während die bei 
den Röhrenträger 4,88 Mtr. (16' engl.) hoch, 1,57 Mtr. 
(3' 6" engl.) breit und 74,67 Mtr. (245' engl.) lang sind, 
zeigt eine durchaus ähnliche Construction. Die Nachbil 
dungen dieser Röhrenträger-Brücken in Frankreich und 
Belgien, worunter die im Jahre 1852 von Flachat con- 
struirte, schiefe viergeleisige Brücke über die Seine bei 
Asnieres in der Eisenbahnlinie Paris - St. Germain mit 
fünf Oeffnungen von je 31,4 Mtr., sowie die im Jahre 1861 
vollendete Brücke über die Sa mb re in der Linie der 
belgischen Staatseisenbahn zwischen Oharleroi und Na- 
mur mit einer Oeffnung von 33,92 Mtr. (108' engl.) Spann 
weite gehört, erhielten Röhrenträger mit je zwei plat 
tenförmigen Gurtungen, während die fünf Röhrenträger 
der ersteren zugleich über alle 5 Oeffnungen continuir- 
lich sind. Die Wandungen dieser Träger wurden, ab 
weichend von denjenigen der Britannia- und Victoriabrücke, 
aus je drei übereinander befindlichen, w a g r e c h t laufen 
den, mittels Blechstreifen untereinander vernieteter Reihen 
von Blechtafeln hergestellt und durch Winkeleisen mit 
den Gurtungsplatten verbunden. 
Um dieselbe Zeit, als man die Röhrenträger mit recht 
eckigem Querschnitt ganz aus Walzeisen herzustellen an 
fing, wandte man in England auch der Ausbildung der 
obenerwähnten zweiten, durch Versuche bereits bewährten 
Form der I-förmigen Träger seine Aufmerksamkeit zu. 
Der bedeutendste Anhänger dieser Form, J. K. Brunei, 
hatte bereits gegen das Ende der 50er Jahre auf der 
Süd-Wales-Bahn Oeffnungen bis zu 30 Mtr. mittels 
durchweg walzeiserner Träger überbrückt, deren Vertical- 
platte durch Winkeleisen mit den, zur Beförderung des 
Wasserabzugs etwas abwärts gebogenen Gurtungsplatten 
verbunden war, wobei deren obere, zur Herstellung einer 
grösseren Knickfestigkeit, überdies durch zwei besondere, 
dreieckige, fortlaufende Zellen bildende Winkelbleche ver 
steift wurde. 
Selbst bei Brücken mit grösseren Hauptöffnungen, 
wozu die im Jahre 1849 erbaute, schiefe V ictoriab rücke 
über die Themse bei Windsor mit einer Hauptöffnung 
von 60,96 Mtr. (200' engl.) Spannweite, die von 1850 bis 
1852 erbaute, zweigeleisige Brücke über den Wye bei 
Chepstow mit einer Hauptöffnung von 91,44 Mtr. (300' 
engl.) und die um dieselbe Zeit erbaute, eingeleisige Brücke 
über den Tamar bei Saltash mit zwei Hauptöffnungen 
von je 138,68 Mtr. (455' engl.) Spannweite gehören, behielt 
Brunei seine I-förmigen Träger bei und hing dieselben nur 
in einer hinreichenden Anzahl von Punkten an grossen, selbst 
ständigen Balkenträgern auf, welche bei den genannten 
j Brücken beziehungsweise nach dem Principe des paraboli 
schen Trägers mit gerader unterer Gurtung, des umgekehrten 
doppelten Hängbocks und des parabolischen Trägers mit 
zwei gekrümmten Gurtungen construirt waren. Während 
die I-förmigen Träger über den grossen Oeffnungen zum 
Theil nur als Fahrbahnträger fungiren, setzen sich die 
selben über die 3 angrenzenden kleineren, je 30,48 Mtr. 
(100' engl.) weiten Oeffnungen der Chepstowbriicke und 
über die 17 angrenzenden kleineren, von 21,18 bis 28,35 
Mtr. (70' bis 93' engl.) weiten Oeffnungen der Saltash- 
brücke als selbstständige Träger continuirlich fort, 
deren Fussplatten die niedrigen Querträger mit geschlosse 
nem I-förmigem Querschnitt unmittelbar aufnehmen. Als eine 
Nachbildung dieser kleinen Brunel’schen Balkenbrücken in 
Frankreich erscheint die im Jahre 1851, unter der Lei 
tung Flachat’s ,von Gouin und Cie. construirte, vierge 
leisige, schiefe Ueberführung der französischen Westbahn 
über die Strasse vonParis nachArgenteuil mit einer, 
zu den Geleisen parallelen Spannweite von 21,65 Mtr. und 
mit zwei Brunel’schen Balken als Hauptträgern zu beiden 
Seiten der Eisenbahn, zwischen welchen drei, zur Strassen- 
axe parallele Querträger mit rechtwinklig zu ihnen ange 
ordneten Zwischenträgern, beide mit I-förmigem Querschnitt 
die Langschwellen jener 4 Geleise aufnahmen. 
Die einfache Verticalrippe der Brunel’schen Träger 
gewährte eine Materialersparniss und eine grössere Sicher 
heit vor allmäliger Zerstörung durch. Oxydation gegen 
die doppelten Wände der hohlen Röhrenträger, wozu 
noch der Vortheil einer breiteren Auflagerung der Quer 
träger, zumal bei beschränkter Constructionshöhe, sowie 
einer allseitigen Zugänglichkeit zum Zweck einer sicher 
stellenden Beaufsichtigung und Unterhaltung trat. Es lag 
daher nahe, statt der hohlen Träger, mit Beseitigung aller, 
auch jener oberen, durch die Versteifungsbleche der Kopf 
platte gebildeten, dreieckigen, zellenförmigen Hohlräume 
der BruneFschen Träger, solche mit T-förmigem Quer 
schnitt zu verwenden, wobei eine Kopf- und eine Fussplatte 
durch eine Stehrippe mittels vier angenieteter Winkeleisen 
oder, bei kleinen Spannweiten, eine Stehrippe mit nur vier, 
die Gurtungen bildenden Winkeleisen zu einem Ganzen 
dicht verbunden war: eine Anordnung, welche fast 
gleichzeitig in England und Hannover auf kam und 
bald eine allgemeine Verbreitung zu Eisenbahn- und Strassen- 
brücken, auch in F r a n k r e i c h, fand. Mit den Fortschritten, 
die man später, insbesondere bei Herstellung der Eisen 
bahnschienen, im Walzen machte, wurden solche T-Träger 
mit allmälig zunehmenden Höhen auch aus einem Stück 
gewalzt, welche die Arbeitszeit und die Kosten einer Zu 
sammensetzung der Blechträger mittels Winkeleisen durch 
I Nietung ganz ersparten. 
Mittlerweile waren in Europa die seit den dreissiger 
Jahren in den Vereinigten Staaten von Nordamerika von 
Town aus Latten hergestellten Gitter brücken (lattice 
bridges), sowie die von Long und Howe ausgeführten 
Fachwerkbrücken, also die Parallelträger mit geglie 
derten Wandungen bekannt geworden, welche, besonders 
bei grösseren Spannweiten und Wandhöhen, eine weit vor- 
theilhaftere Uebertragung der äusseren Kräfte gestatteten, 
als die bisher betrachteten Träger mit vollen Wandungen, 
da man den in denselben angebrachten, gedrückten und 
gezogenen Stäben die, ihren verschiedenen Anspruchnahmen 
entsprechenden, Abmessungen geben und dadurch eine 
ökonomischere Vertheilung des Materials erzielen konnte. 
Die im Jahre 1845 zur Uebersetzung des Royal-Kanals 
bei Dublin mit 42,67 (140' engl.) Spannweite und 5,34 
Mtr. (17,5' engl.) hohen Tragwänden erbaute Brücke der 
Dublin Drogheda-Bahn, die erste Nachahmung der Town’- 
schen Gitterbrücken in Eisen, führte, nebst der im Jahre 
1855 von James Barton in der Linie Dublin-Belfast 
erbauten continuirlichen, schmiedeeisernen Gitterbrücke 
über den Boynefluss bei Drogheda mit einer mitt 
leren Oeffnung von 81,38 Mtr. (267' engl.), zwei Seiten- 
öffnungen von je 43,97 Mtr. (140 1 V12' engl.) Spannweite 
und 6,78 Mtr. (22,25' engl.) hohen Gitterwänden zur spä 
teren ausschliesslichen Anwendung der gegliederten Systeme 
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