Full text: Erste Abtheilung. Eiserne Brücken. Heft II (1,2)

leise von 5,34 Mtr. (7,5' engl.) hohen Gitterwänden getragen 
wird, welche aus je 1,25 Cmtr. O/a" engl.) starken, enge 
Maschen von je 30 Cmtr. (12" engl.) Seite bildenden 
Stäben zusammengesetzt sind und desshalb in der Folge 
eine zu geringe seitliche Steifigkeit zeigten. Die Mängel 
dieser Construction wurden bei der im Jahre 1855 von 
John Macneill und James Barton erbauten Brücke 
über den B oy n e fl u s s bei Drogheda, in der Linie 
der Dublin-Belfastbahn, vermieden, welche mittels con- 
tinuirlicher Träger eine mittlere Oeffnung von 
81,38 Mtr. (267' engl.), und zwei Seitenöffnungen von je 
42,97 Mtr. (140‘Via' engl-) überspannt. Dieselbe besitzt 
für eine zweigeleisige Bahn nur zwei Träger aus dop 
pelten, je 0,76 Mtr. (2Va'engl.) von einander abstehenden 
Gitterwänden mit weiten Maschen, deren gedrückte 
Stäbe zur Vermehrung der Seitensteifigkeit durch aufge 
nietete Winkeleisen verstärkt und überdies durch 
Gitterwerk verbunden wurden. Die Gitterträger wurden, 
den betreffenden Wendepunkten der elastischen Linie ent 
sprechend, construirt und später durch Losschlagen von 
Nieten und Beobachtung der Stossfugen an diesen Stellen 
die Uebereinstimmung der Berechnung mit der Ausführung 
constatirt. Eine verwandte Construction zeigt die in den 
Jahren 1863 und 1864 vonCubitt und Turner erbaute 
London-Chatam und Dover-Eisenbahnbrücke über die 
Themse bei Blackfriars zu London, deren .gedrückte, 
aus einem Stück gewalzte Streben zur Herstellung 
dei nöthigen Steifigkeit einen U-förmigen Querschnitt 
erhalten haben. 
Für Deutschland wurden die Versuche von Bedeutung, 
welche H e n z im Jahre 1846 bei Erbauung einer Brücke 
der Niederschlesisch-Märkischen Bahn über die Neisse 
bei Guben anstellte, indem deren günstiges Ergebniss 
dem System der eisernen Gitterbrücken ausgedehnten Ein 
gang auf preussischen und anderen deutschen Bahnen ver 
schaffte. Die Gitterstäbe dieser Brücke bestanden aus 
geflochtenen, an ihrer Kreuzungsstelle vernieteten, 
schmiedeeisernen Latten, welche oben und unten mit einer 
Gurtung von je zwei umgelegten, breitbasigen, mit den 
Füssen gegeneinander genieteten Fahrschienen umfasst 
wurden, während die Querverbindung aus gusseisernen 
Platten bestand, die Querschwellen aber einfach durch die 
Maschen der Gitterwände gesteckt und hieran durch Winkel 
lappen und Bolzen befestigt waren. Das für die Steifig 
keit der Gitterwände unvorteilhafte Flechten der t 
Stäbe wurde in der Folge aufgegeben und die zu den 
Gurtungen verwendeten breitbasigen Schienen durch guss 
eiserne oder gewalzte, mittels Winkeleisen an die Gitter 
stäbe gebolzte oder genietete Platten, sowie die gusseisernen 
Querträger durch solche aus Blech oder Gitter werk 
ersetzt, wobei man deren Anschlüsse an die Gitterwände 
oft mittels Dreiecksblechen aussteifte. Die hiernach 
im zweiten Geleise der Cöln-Mindener Bahn ausgeführte 
Brücke über die Buhr bei Alt staden erhielt bereits 
ungeflochtene, aber noch flache, durchweg gleich 
starke Gitterstäbe und gleich starke Gurten aus 
wagerechten Platten, wovon diejenigen des Obergurts noch 
aus Gusseisen bestehen, während die im Jahre 1848 in 
der Magdeburg-Leipziger Bahn erbaute Brücke über die 
Saale bei Grizehna bereits continuirliche Gitter 
träger mit schmiedeeisernen Gurtungsplatten und über 
den Pfeilern verbreiterte Stäbe besitzt. Statt der un 
mittelbaren Vernietung der Gitterstäbe mit den Gurtungs 
platten durch Winkeleisen, welche sich in der Folge zu 
schwach erwies, fügte man später den wagerechten Gur 
tungsplatten eine lothrechte Platte hinzu, welche man 
mit den ersteren durch Winkeleisen verband und gegen 
welche man nun die Gitterstäbe nietete. Zur Ver 
hütung seitlicher Ausbiegung der Gitterwände wurden die 
selben später mittels verticaler, gewöhnlich doppelter, zu 
einem T zusammengesetzter Winkeleisen verstärkt, welche 
man, den von der Mitte nach den Enden hin zunehmen 
den Spannungen im Gitterwerk entsprechend, in dieser 
Bichtung vermehrte und verstärkte. Zur Vermeidung seit 
licher Verschiebung der Brückenbahn wurden zwischen 
oder unter den Querträgern Diagonalverstei 
fungen ausBund- oderFlacheisen angebracht. 
Unter die Systeme der eisernen Parallelträger ist fer 
ner das im Jahre 1846 von dem belgischen Ingenieur 
N e v i 11 e zur Ueberbrückung mehrerer Canäle und klei 
nerer Flüsse in der Linie Charleroi-Erquelines vorge 
schlagene zu rechnen, welches zur Verbindung der paral 
lelen Gurte nur geneigte Stäbe verwendet, die unter 
sich und mit den Gurten gleichseitige oder min 
destens gleichschenklige Dreiecke bildeten. Die 
von der belgischen Begierung, zur Prüfung der nach die 
sem Systeme construirten Brücke über die Sambre zwi 
schen Charleroi und Erquelines von 21,6 Mtr. Spannweite, 
niedergesetzte Commission erklärte dasselbe zu Eisenbahn 
brücken zwar für anwendbar, knüpfte jedoch wegen der 
verhältnissmässig grossen, durch die Probelasten bewirkten 
Einsenkungen der Träger an dessen Anwendung Bedin 
gungen, welche seiner Verbreitung nicht günstig waren. 
Trotzdem fand derselbe Eingang in Frankreich und Oester 
reich, in welchem letzteren die in der Kaiser Ferdinand- 
Nordbahn erbaute Brücke über den B e t s c h bei Prerau 
in Mähren, sowie die Strassenbriickeu über die Wien in 
Wien und in Gumpendorf und über die Elbe bei 
Leitmeritz mit 5 Oeffnungen von 40,92 Mtr. (129 72' ö.) 
bis 43,37 Mtr. (137 74'ö.) Spannweite hervorzuheben sind. 
In der That war es nicht die Grundform des Trägers, 
sondern die mangelhafte Zusammensetzung, Dimensionirung 
und Verbindung seiner Theile, welche dessen Tragfähig 
keit beeinträchtigt hatten. Dies bewies der englische Ca- 
pitain W arre n, welcher die einem Druck und einem 
Zug ausgesetzten Theile des Neville’sclien Trägers bezie 
hungsweise aus Guss- und Schmiedeeisen bildete, alle 
Theile richtig dimensionirte, durch starke Bolzen tüchtig 
verband und hierauf ein Patent nahm, nach welchem C u- 
bitt im Jahre 1851 die bekannte, noch betriebene Brücke 
der Great-Northern Bahn über den Trent bei Newark 
mit einer Spannweite von 73,3 Mtr. (24072' engl.) her 
stellte. Vier durchweg schmiedeeiserne, nach dem 
Warren-System ausgeführte Träger zeigt der im Jahre 
1853 nach dem Entwürfe von Liddle und Gordon be 
gonnene Crumlin-Viaduct mit eisernen, auf Stein 
sockeln ruhenden Pfeilern, dessen Trag wände aus einem 
verkehrt U-förmigen Obergurt, einem aus aufrecht ge 
stellten Flachschienen bestehenden Untergurt, und unter 
Winkeln von nahezu 60“ geneigten Stäben bestehen, von 
welchen die einem Zug ausgesetzten aus Flacheisen, die 
einem Druck ausgesetzten aus je vier, in Kreuzesform zu 
sammengenieteten Winkeleisen bestehen, welche mit den 
Gurten durch starke Bolzen verbunden sind. Die 53 Mtr. 
hohen Pfeiler bestehen aus 14 gusseisernen, durch guss 
eiserne Querverbindungen und schmiedeeiserne Diagonalen 
versteiften Köhren, welche^ nach der Grundform eines lang 
gezogenen Sechsecks in 3 Keihen aufgestellt sind, wovon 
jede äussere 4 und die mittlere 6 Böhren enthält. 
2. Die neueren und neuesten Constructionen. 
War durch die vorerwähnten Ausführungen die Con 
struction der Parallelträger mit gegliederten Wandungen 
wesentlich gefördert worden, so wurde doch die genaue 
Bestimmung der Stärken beider Gurtungen und sämmt- 
licher Gitterstäbe, welche bei den vorgenannten Brücken 
trotz der ungleichen Anspruchnahme meist noch durch 
weg gleiche waren, erst im Jahre 1851 durch die theo 
retischen Untersuchungen eingeleitet, welche gleichzeitig 
von J. W. Schw edler und C. C ul mann veröffentlicht 
wurden. Erst von dieser Zeit ab, worin Theorie und Praxis 
Hand in Hand zu gehen anfingen, begann die Ausführung 
rationeller Gitter- und Fachwerk-Constructionen mit 
abgesetzten und fortlaufenden Trägern, unter welchen die 
in den Jahren 1850—1857 erbaute Brücke über die Weich 
sel bei Dir schau, die weitestgespaunte und längste aller 
continuirlichen Gitterbrücken, mit 6 Oeffnungen von je
	        

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