Full text: Erste Abtheilung. Eiserne Brücken. Heft II (1,2)

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121,13 Mtr. (386' rh.) im Lichten, sowie die zur selben 
Zeit erbaute Brücke über die Nogat bei Marienburg 
mit 2 Oeffnungen von je 97,9 Mtr. (312' rh.), beide in der 
preussischen Ostbahn, voranstehen, deren Gurten und Git 
terstäbe nach der Länge der Brücke verschieden und 
zwar mit nahezu gleichem AViderstande gegen die 
äusseren Kräfte angeordnet wurden. Ihnen folgten in den 
Jahren 1856—1860 die für Eisenbahn- und Strassenver- 
kehr bestimmten Gitterbrücken über den Rhein bei Cöln 
mit 3 Oeffnungen von je 98,22 Mtr. (313' rh.), sowie die 
in den Jahren 1858—1860 für Eisenbahnverkehr erbaute 
Gitterbrücke über den Rhein zwischen Strassburg und 
Kehl mit drei gleichen Oeffnungen von je 66 Mtr. Spann 
weite, an welche sich an beiden Ufern je 26 Mtr. weite 
Oeffnungen mit Drehbrücken anschliessen. Die Gurtungen 
beider Brücken haben die einfache oder zusammengesetzte 
T-Form und einen, der verschiedenen Anspruchnahme 
entsprechenden ab- und zunehm enden Querschnitt, wäh 
rend ihre Gitterstäbe, welche noch enge Maschen bilden, 
zwar von der Mitte nach den Auflagern hin an Stärke 
zunehmen, aber noch aus Flacbeisen construirt und des 
halb durch besondere Yerticale abgesteift sind. Zahlreiche 
Gitterbrücken mit änlichem Constructionssystem entstan 
den um diese Zeit, ausser in Deutschland, auch in der 
Schweiz, unter welchen die beiden von Etzel zwischen 
den Jahren 1853 und 1859 erbauten Brücken über die 
Sitter bei St. Gallen auf eisernen Pfeilern und über die 
Aar bei Bern hervorzuheben sind. 
Die geringe Seitensteifigkeit, welche die flachen 
Gitterstäbe einem Druck entgegensetzen, veranlassten 
v. Ruppert bei den im Jahre 1858 in der Linie der 
südöstlichen Staatsbahn vollendeten Brücken über die 
Eipel beiSzobb und über die Gran in Oberungarn mit 
Oeffnungen bis zu 56,88 Mtr. (180'ö.) Weite zur Besei 
tigung der bisher üblichen, verticalen Abstei 
fungen der Gitterwände und zur Anwendung halb- 
eylinderförmiger Stäbe, für welche behufs grösserer 
Materialersparniss zugleich eine grössere Maschen 
weite zu Grunde gelegt wurde. Die Gurten erhielten 
einen kreuzförmigen, zum Anschluss sowohl der Git 
terstäbe, als der Horizontal verbände sehr geeigneten Quer 
schnitt, die Gitterstäbe an ihren Kreuzungspuukten Zwi 
schenplatten, durch welche sie mittels genau auf die Weite 
der Nietlöcher abgedrehter Niete fest unter einander ver 
bunden wurden. Die Eipel- und Gran-Brücke bilden den 
Uebergang der Gitterbrücken mit engen Maschen und fla 
chen Stäben zu den Gitterbrücken mit weiten Maschen 
und steifprofilirten Stäben, welchen man sich in 
der zweiten Hälfte der 50er Jahre zuwandte. Mit diesen 
Verbesserungen wurde unter anderen der vom Jahre 1857 
—1862 in der Linie Lausanne-Freiburg-Berner Grenze er 
baute zweigeleisige Viaduct über die Saane bei Freiburg 
ausgeführt, indem die Seite seiner rautenförmigen Träger 
maschen bereits über 1 Mtr. beträgt und die gedrückten 
Gitterstäbe einen homogenen, U-förmigen Querschnitt 
erhielten. 
Die Verbiegungen, welchen die unter sich vernie 
teten Stäbe der Gitterbrücken ausgesetzt sind, sowie die 
Schwierigkeit, die hiedurch in den Gitterstäben gleichzeitig 
eintretenden Zug-, Druck-, Biegungs- und Scheer-Span 
nungen theoretisch scharf zu verfolgen, lenkten um die 
gleiche Zeit auf Einführung der Fachwerkträger mit noch 
weiteren Maschen und steifen, unter sich wenig 
oder gar nicht verbundenen Stäben: eine Construc- 
tion, welche sich bei der im Jahre 1857 in der Nieder- 
schlesisch-Märkischen Bahn von Malberg ausgeführten 
Flackenseebrücke bei Erkner mit quadratischen Feldern 
und einfachen gekreuzten Diagonalen, von denen die ge 
drückten, ebenso wie die Gurtungen, einen kreuzförmi 
gen, aus je 4 Winkeleisen zusammengesetzten und die 
gezogenen einen rechteckigen Querschnitt erhalten ha 
ben, angewandt findet. Die Fahrschienen werden der Länge 
nach durch liohle Blechbalken und diese durch eiserne 
Querträger unterstützt. Bei den beiden, während der fol 
genden Jahre 1858—1862 in der Rheinischen Bahn ausge 
führten Brücken über die Mosel bei Coblenz mit über 
je 2 Oeffnungen fortgesetzten und über die Nahe bei 
Bingen mit abgesetzten Trägern mit zweifachem Stab 
system sind sowohl die gedrückten, als die gezogenen Stäbe 
mit T-förmigem Querschnitt von zunehmendem Flächen 
inhalt versehen und aus einem Stück gewalzt worden, 
dagegen wurde bei der letzteren die bei der Moselbrücke 
angewandte Unterstützung der Fahrschienen durch hölzerne 
Langschwellen auf eisernen Querträgern aufgegeben und 
durch ein System von Querschwellen auf eisernen Längs 
und Querträgern ersetzt. Eine ähnliche Fahrbahnconstruc- 
tion erhielten auch die beiden in den Jahren 1860—1862 
erbauten Brücken über den rechten und linken Neckar 
arm bei Heilbronn in der Linie Heilbronn-Halle der 
Wiirttembergischen Staatsbahn, jedoch mit I-förmigen, 
aus einem Stück gewalzten Längsträgern, da 
gegen wurden nur die gedrückten Stäbe mit T-förmigen 
und die gezogenen, wie bei der Flackenseebrücke, wieder 
flach construirt. Ein Beispiel der Anwendung dieses Sy 
stems auch auf continuirliehe Träger bietet der in den 
Jahren 1869—1871 in der österreichischen Nordwestbahn 
erbaute Viaduct über das Thayaflussthal bei Z na im*) 
mit zwei Oeffnungen von je 50 und zwei Mittelöffnungen 
von je 60 Mtr. dar. 
Im Jahre 1858 veröffentlichte Mo nid**) eine verein 
fachte, ihm patentirte Construction der Fachwerkbrücken 
mehrfachen Systems, nach welcher, mit Ausnahme der mitt 
leren Brückenfelder, worin bei den grössten einseitigen Be 
lastungen die Richtung der Verticalscheerkräfte wechselt, 
nur einseitig geneigte, gezogene und lothrechte, 
steifprofilirte gedrückte Stäbe, jedoch noch mit Ver 
nietung derselben unter sich, angewandt werden. Eine der 
ersten und bedeutendsten Anwendungen dieses Systems, die 
in der Linie Cleve-Zevenaar der Rheinischen Eisenbahn 
während der Jahre 1863—1864 erbaute Brücke über den 
Alten Rhein bei Griethausen hat bei einer Spann 
weite von 100,42 Mtr. (320' pr.) und einer Höhe von 7,71Mtr. 
(24'6,7“ pr.) ihrer grössten Träger ein dreifaches System 
nur gezogener Diagonalen und hei Spannweiten von 18,29 
Mtr. (60' pr.) und Höhen von 2,51 Mtr. (8' pr.) ihrer klein 
sten Träger ein einfaches System nur gezogener Dia 
gonalen erhalten, von welchen die ersteren noch mit ihren 
Verticalen vernietet sind. Die hohen Tragwände sind so- 
! wohl durch verticale Querträger aus horizontalen 
Winkeleisen und diagonalen Flachstäben, welche die nö- 
thige Durchfahrtsöffnung freilassen, als auch über den oberen 
Gurtungen durch horizontales Fachwerk aus Winkeleisen, 
welche an ihren Kreuzungen vernietet sind, abgesteift. 
Erst bei der in den Jahren 1865—1867 erbauten Brücke 
über den Rhein zwischen Ludwigshafen und Mann 
heim mit 3 Oeffnungen erscheint dieses System ohne 
Anwendung einer Vernietung der Stäbe unter 
sich in der klarsten und ökonomisch vortheilhaftesten Aus 
bildung. Die gedrückten Verticalständer dieser Brücke sind 
aus je vier Winkeleisen und zwischen dieselben eingeschal 
tetem Gitterwerk, die Zugbänder aus Flacheisen gebildet, 
deren Breite, dem Wachsen der Verticalkräfte entsprechend, 
von der Mitte nach den Auflagern hin zunimmt, während 
die Gurtungen zur Herstellung der nöthigen Querschnitts 
fläche, sowie zum Anschluss der doppelten Zugbänder einen 
U-förmigen, aus mehreren wagerechten und zwei verticalen, 
durch je 4 Winkeleisen mit ihm vernieteten Platten zu 
sammengesetzten Querschnitt erhalten haben. Jeder Träger 
ist unter den Enden seiner unteren Gurtungen mit Kipp 
lagern in Form von Halbwalzen versehen, um welche 
er sich bei Durchbiegungen in entsprechenden Pfannen 
drehen kann, und ruht an dem einen Ende auf einer festen, 
an dem anderen Ende auf einer beweglichen Unterlage, 
wovon die erstere aus einer gusseisernen, mit dem Pfeiler 
mauerwerk verankerten Platte, die zweite aus einer guss 
eisernen Uuterlagplatte besteht, die bei Temperaturwechsel 
und Belastungen des Trägers auf einer mit dem Pfeiler- 
*) Vgl. Allg. Bztg. Wien 1873. S. 108 ff. 
**) Vgl. Ztschr. für Bauwesen. Berlin 1858.
	        

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