205 Erfindungen im Hochbauwesen. — Bauprozesse und Entscheidungen. — Bauberichte aus verschiedenen Städten.
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Personen, darunter viele auswärtige, wie von Leipzig, Halle,
Merseburg, Naumburg, Jena, Apolda, Weimar, Eisenach und
verschiedenen Dörfern haätten sich eingefunden und nahmen die
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heredtes Zeugniß ablgten von dem großem Fleiße der Schüler und
der energischen, tüchtigen Leitung, und kann man bei solchen Lei—
tungen nur einen raschen Aufschwung der der Anstalt erwarten.
Situation befreit war, bereits eine Leiche. Sinde selbst hatte
iur noch den Kopf und einen Arm frei, trug ebenfalls nicht un—
wvesentliche Verletzungen davon, während die Tochter des Befitzers
nur eine unbedentende Kontusion aufzuweisen hatte.
Mit Rücksicht auf die Strafbestimmungen des 8 330 des
R.Str.G. wurde der Angeklagte zu der am Eingang dieses be—
eichneten Strafe perurtheilt. —An.
Erfindungen im Hochbauwesen
und der damit zusammenhängenden Zweige.
Vom Direktor Schönau-Berlin ist eine Schornstein—
kappe erfunden worden, welche den Einflüssen des Windes und
der Sonne auf dem Schornsteine begegnen soll.
Der Aufsatz ist derart konstruirt, daß diejenigen Seiten der
Rauchausströmungsöffnungen, welche den einwirkenden Elementen
entgegenstehen, durch das Element selbst geschaffen werden und aus
der entgegengesetzten Seite der Rauch seinen Abzug finden kann.
Es ist nämlich auf die obere Oeffnung des Schornsteins eine etwa
D,G mn hohe eiserne Kuppe aufgesetzt, deren obere Oeffnung durch
einen drehbaren, die Reinigung des Schornsteines gestattenden
Deckel geschlossen ist.
Nach jeder der 4 Himmelsrichtungen hin ist eine vierkantige,
von oben nach unten gehende Röhre angenietet, die durch ihre
intere Oeffnung ein Ausströmen des Rauches zuläßt. Die Kom—
munikation der 4 Röhren mit dem Haupitheil der Kuppe geschieht
in den Seitenwänden der letzteren. Die unteren Oeffnnugen sind
durch Klappen verschließbar, die sich durch ihre eigenen Gewichte,
in Charniren drehend, öffnen. In der Mitte der 4 Seiten geht von
edem derselben eine Eisenstange hoch und hat iede dieser Stangen
eine eiserne Windfahne.
Nach Aufhören des Windes, der die unteren Klappen schloß,
reten die Eisenstangen in ihre vorige Lage zurück, so daß sich
die Klappen durch ihr eignes Gewicht öffnen können.
Sollten die Strahlen der Sonne 2 oder 3 der erwähnten
Rauchröhren derart erhitzen, daß das Austreten des Rauches er—
schwert wird, so treten die Verbrennungsgase durch die Röhren
uis, die nicht von der Sonne beschienen sind. Schnee, Regen,
ruch jeder Wechsel der Witterung können keinen Eintritt in den
Schornstein erlangen, da der obere Verschluk desselben durch den
Deckel ein Hinderniß bietet.
Nach Prüfung der uns vorliegenden Zeichnungen sind wir
überzeugt, daß nach theoretischen Grundsätzen diese neue Schorn—
teinkappe funktioniren muß, ob sich dieselbe aber in der Praxis
vewährt, muß der späteren Erfahrung überlassen bleiben.
Uns scheint die Kappe in der Konstruktion etwas komplizirt
ind namentlich sind die Hauptbestandtheile gegen das Einrosten
zu wenig oder gar nicht geschützt, so daß die Funktion des ganzen
Apparates wohlüwzeitweiliad in's Styocken gerathen dürfte. — n.
Bauberichte aus verschiedenen Städten.
Berlin. (Zur Lohnbewegung. Die Versammlung
der Zimmerleute Berlins behufs endgültiger Beschluß—
assung über den festzustellenden Minimallohn bei 10stündiger
Arbeitszeit fand unter Vorsitz des Herrn Marzian und Schöppe
ürzlich statt. Herr Marzian referirt über die Bauinteressenten—
Versammlung, in welcher er, in Gemeinschaft mit den übrigen
tommissionsmitgliedern, die Gesellen vertreten hat. Sodann
ritisirt er das Referat über jene Versammlung in der Fach—
zresse, sowie die Berichte, welche über die am 4. März stattge⸗
undene Versammlung der Gesellen durch die große Presse gegangen,
ind betont, daß die Bestrebhungen, welche die Zimmergesellen
gegenwärtig ins Leben gerufen, fern von allen revolutionären
Tendenzen sind und nur darauf hinsteuern, den Gesellen eine den
Lerhältnissen angemessene Existenz zu schaffen, dadurch, daß ein
sleicher Minimalsatz auf allen Bauplätzen von einem bestimmten
Termin an eingeführt wird. Von Seiten der Bundesmeister ist
in Schreiben eingegangen, welches bedauert, daß dieselben nicht
n der Lage wären, über die Lohnerhöhungsfrage endgültig zu
entscheiden, da sie nicht kompetent sind, den übrigen Meistern Vor—
chriften zu machen. Sodann auf die Tagesordnung übergehend,
ezrachtet Redner den 1. Mai für die geeignetste Zeit, mit der For—
derung einer Lohnerhöhung auf 4 Mk. bei 10stündiger Arbeits-
eit vorzugehen, da ein späterer Termin nur die Sache erschweren
vpürde. Nachdem verschiedene Redner eingehend das Vorgehen der
Zimmergesellen besprochen und die Lohnaufbesserung als eine unab—
veisbare Nothweudtgkeit hingestellt haben, liegen drei Auträge
ur Beschlußnahme vor: 1) zum 1. Mai mit der Minimallohn⸗
atz- Forderung von 4 Mk. auf allen Bauten vorzugehen; 2) vom
6. April ab und 3) vom 19. März ab die Forderung aufzustellen.
Bei der Abstimmung wird Antrag 1) angenommen. Der Vor—
itzende verkündet hierauf, daß der Beschluß durch Anschlag an
»en Säulen am 1. Meai öffentlich proklamirt werden wird und
ersucht die Anwesenden, fest zu bleiben und voll und ganz für ihre
Jerechtigten Interessen einzutreten. Ferner kam die Frage zur
Diskussion, wie es gehalten werden soll auf Bauten, wo gegen—
värtig unter 30 Pf. pro Stunde gearbeitet wird. Nach Verlesen
zer aufgestellten Statistik zahlt die überwiegende Mehrheit der
Arbeitgeber den zur Zeit als Norm festaestellten Satz von 35 Pf.,
ind werden die Gesellen ersucht, die weniger erhalten, mit dem Meister
auf gütlichem Wege Einigung zu erzielen. Für diejenigen Gesellen, die
»om 18. März an für die Bewegung auf den Bauten eintreten und
in Folge dessen gemaßregelt resp. arbeitslos werden, wird beschlossen,
»ro Woche 15 Mk. als Unterstützung zu bewilligen. Hierauf ging
von einem Herrn Mentzel eine Resolution ein, welche beide Be—
chlüsse umfaßt; dieselbe fand einstimmige Annahme und lautet wie
olgt: „Die heutige Versammlung beschließt: In Anbetracht 1) der
jeutigen Zeitverhältnisse 2) gegenüber dem Beschluß der Arbeit—
jeber-Versammlung vom 6. März den Minimallohn auf 4Mk.
„om 1. Mai ab mit allen gesetzlich zu Gebote stehenden Mitteln
»urchzusetzen, und ist es moralische Pflicht eines jeden Zimmer—
gesellen, den Beschluß im eigenen Intercsse anzuerkennen und aur
Ausführung zu bringen.“
In der Versammlung der Maurer erörterte Herr
Tonrad den bekannten Standpunkt der Maurer in der diesjährigen
dohnbewegung, empfahl die Wahl einer Siebener-Kommission be—
jufs besserer Organisation und Einsammlung von Unterstützungs—
Feiträgen, die eventuell den Zimmerern zur Verfügung gestellt
verden sollen, und brachte folgende, von der Versammlung nach
urzer Debatte fast einstimmig angeuommene Resolution in Vor—
chlag; „Die heutige Generalversammlung der Maurer Berlins
und Ümgegend erklärt sich mit dem Beschlusse der Meisterversamm—
ung (Antrag Reimarus), betreffend die Festsetzung des Lohns,
nit Punkt J. und I. einverstanden, hingegen zu Punkt III. da—
zin, daß der Termin vom 1. Juli auf den 1. Mai verlegt wird,
ind verpflichtet sich, mit allen ihr zu Gebote stehenden gesetzlichen
Mitteln für die Erlangung eines Minimallohns von 4 Mark
täglich, sowie für strengste Einhaltung der zehnstündiaen Arbeitsrzeit
einzutreten.“
Die Putzer, unter Leitung des Herrn Dietrich, nahmen
nach dem Referat des Herrn Buchholz die folgende Resolution an:
»Die heutige Versammlung erkennt die drückende Nothlage der
Bauprozesse und Entscheidungen.
Der 25 jähr. Handarbeiter Sinde wurde vom Landgericht
uu Dr. wegen fahrlässiger Tödtung eines Menschen, zu
3 — Gefängniß' verurtheilt. Der Hergang war fol—
gender:
Am 31. Dez. vor. Jahres brannte eine Ziegelscheune nieder
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haus zu erbauen. Es mußte deshalb das 1,0 m starke, aus
Bruchsteinen gefertigte, spitzbogenförmige Gewölbe, welches über
dem ehemaligen Brennofen errichtet war, abgebrochen werden.
Dieser Arbeit unterzog sich der Angeklagte, nachdem er vorher
dem Gruundstücksbesitzer erzaͤhlt hatte, daß er bereits früher beim
Niederreißen von Häusern di⸗ erforderlichen Erfahrungen ae—
sammelt habe.
Zuerst brach der Arbeiter S. die beiden Stirnmauern ab,
und dann wurde unterhalb des 2,0 m hohen Gewölbes aus starken
Balken mit einer Doppellage von Brettern eine sogenannte Bühne
errichtet, worauf das Einarbeiten einer Art Rinne in den Ge—
wölbescheitel erfolgte.
Der Angeklagte wich jedoch von der vernunftgemäßen Form
ab, so daß der schließlich erfolgte Zusammenbruch des Gewölbes
ediglich eine Folge der fahrlässigen Handlungsweise des S. ist.
Eine Frau M., welche vom Besitzer die Erlaubniß erhalten
hatte, die zerbrochenen Mauersteine forttragen zu dürfen, sowie
die Tochter des Besitzers auf der unter dem Gewölbe errichteten
Bühne sammt dem Angeklagten stürzten mit den, das Holz durch—
chlagenden Ziegelstein⸗ und Schuttmassen bis auf den Boden des
einstigen Brennofens herab.
Frau M. verschwand unter den Trümmern und war, nach⸗
dem e nach Verlauf einer halben Stunde aus der entsetzlichen