Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 43, Bd. 2, 1883)

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Die Entstehung und Baugeschichte der Frauenkirche zu Dresden. 
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durch den Vorstand aufgestellten Prograwm die vorliegende Skizze 
entstanden. 
Durch den Bebauungsplan für die Umgebungen der Stadt 
vird nicht allein ein Theil des schönen Gartens der Gesellschaft 
ir die Verbreiterung der Straße bestimmt, auch die eine Ecke des 
uiten Prinzessinnen-Schlößchens muß später bei einem eventuellen 
Ambau weichen, und der alte Bau stellt sich höchst unharmonisch 
zu dem neuen Straßennetz und natürlich auch zu dem Neubau, 
velcher sich selbstverstäudlich den Baufluchtlinien anschließen muß. 
Der Schwerpunkt des Neubaues sollte, wie es sich von selbst 
nersteht, in dem Concertsaale mit seinen Nebenräumlichkeiten liegen. 
Fur diesen Saalbau war der jetzige Wirthschaftshof bestimmt und 
Zilten die neuen Lokalitäten mit den alten in gute Verbindung ge— 
racht werden. Ferner sollte auf Anlage einiger Miethswohnungen, 
bie mehrerer Dienstwohnungen für Beamie der Gesellschaft ge— 
ehen werden und endlich war die Herstellung geräumiger Kellereien 
Bedingung, woran es, wie schon oben gesagt, den alten Gebäulich— 
keiten gebricht, und welche sich, soweit sie nicht zu Zwecken der 
‚esellschaft dienen sollen, sehr vortheilhaft als Weinkeller würden 
Hermiethen lassen. 
Von den Bedingungen dieses Programms war die lästigste 
zie Herstellung von Miethswohnungen, weil für diese ein ge— 
renmer Zugaug geschaffen werden muß. Sehr ängstlich braucht 
iese Trennuͤng' von den Gesellschaftsräumen aber zum Glück nicht 
urchgeführt zu werden, indem die Gesellschaft ihre Wohnungen 
nur an Meitglieder zu vermiethen beabsichtigt; auch über die in dem 
ilteren Gebäude im oberen Geschoß befindlichen Miethswohnungen 
ind bis jetzt Klagen über Störungen irgend welcher Art nicht 
aut geworden. 
Der neue Saal bildet ein Rechteck, das nicht sehr viel vom 
Quadrat abweicht, das Orchester ist deshalb in einen halbrunden 
Ausbau verlegt, um eine vortheilhaftere Schallwirkung zu erzielen. 
Der Saal ist, um eine größere Zahl von Zuhörern aufnehmen zu 
önnen, im Erdgeschoß mit zwei Vor- resp. Nebensälen versehen, 
und im oberen Geschoß mit entsprechenden geräumigen Logen. 
(Schluß folgt.) 
Die Entstehung und Baugeschichte der Frauen— 
kirche zu Dresden. 
Fortsetzung.) 
Am 3. Juli 1726 begann man zunächst mit der Grabung 
des Grundes, zu welcher Arbeit 44 Handlanger, von denen jeder 
des Tages 33 Pfennige erhielt, verwendet wurden. Später wurde 
edoch Line bedeutende Auͤzahl mehr dazu genommen, welche alle 
inter der Aufsicht eines gewissen George Fabricius standen. Nach 
Verlauf von 13, Monaten konnte zur Grundsteinlegung geschritten 
werden. Der von vielen Tausenden gewünschte Tag, (so sagen 
die Nachrichten über d. Erb. d. Kirche) brach an. Der Himmel 
var heiter, nachdem es die ganze Woche vorher geregnet hatte; 
die ganze Stadt war voller Freude, ein Fest zu feiern, welches 
chon seit Jahrhunderten nicht dagewesen war. 
Die Chronisten berichten über diesen feierlichen Akt in Kürze 
olgendes: „Am 213. August 1726, früh 6 Uhr, zogen 100 Bürger 
nit Ober- und Untergewehr von dem Altmarkt nach dem Platz 
des alten Frauenkirchhofes und schlossen um den neugegrabenen 
Hrund einen Kreis. Halb 8 Uhr läutete man mit den Glocken 
»er Kreuzkirche und denen des Interinaisglockenstuhles der alten 
Frauenkirche, und der Stadtmagistrat, 12 Viertelsmeister, 30 Kirchen— 
zäter, 2 Aelteste aller Innungen und Zünfte ꝛc., begaben sich nach 
»em Frauenfriedhof. Dann führte der Bürgermeister Vogler die 
dönigl. Minister und Räthe ꝛc. in die alte, bereits gestützte Frauen— 
kirche, worin der Superintendent Dr. Valentin Löscher eine Pre— 
zigt hielt. Nach beendigtem Gottesdienst begaben sich die Geist— 
lichen, der Rath ꝛc. nach dem Ort, wo der Grundstein gelegt 
werden sollte, nämlich da, wo jetzt der Altar der neuen Frauen— 
irche steht. Der Syndikus Schröder hielt alsdann eine Ansprache 
an den Geheimrath von Leipziger, worauf dieser zur Zeremonie 
des Grundsteinlegens vorschritt. Während dieses Aktes sang der 
TFhor das „Te deum landamus“. In den Grundstein selbst 
fam noch eine Schrift, welche mit den Worten schließt: „daß Gott 
diesen bei vielen anderen Ausgaben und denen ietzig schweren 
Zeiten angefangenen Bau glücklich und ohne Schaden zu Ende 
zringen wolle.“ 
Der Grundstein war gelegt, zum Weiterbau gehört aber viel 
BHeld. Schon 1722 bat der Rath um Unterstützung des Baues, 
welche, soweit es thunlich, auch gewährt wurde. Ebenso bewilligte 
die Königin Eberhardine, die Gemahlin August d. St. 3000 Thlr. 
Sie zog sich, da sie streng protestantisch blieb, nach der Konver⸗— 
irung ihres Gemahles vom Hofe zurück. Die Bürger gaben 
ebenfalls nach Kräften. Desgleichen gehört hierzu auch eine Lot— 
erie, die aus 4 Klassen mit 48000 Loosen, zu 4 Thlr. jedes Loos, 
»estand und einen Hauptgewinn von 4000 Thlr. bot. Ferner 
vurden durch die Brückenzolleinnahme, sowie durch die Steuer 
der eingepfarrten Dörser namhafte Beiträge geliefert. Der König 
chenkte das von den aufgehobenen Brautkassen rückständige Geld 
»em Bau, natürlich konnte da Wackerbarth nicht nachstehen und 
jab aus seinen Mitteln gleichsalls 1000 Thlr. 
Einige Jahre später ward dem Bau noch eine hülfreiche 
laterstützung zu Theil, indem Fr. August II., wie die Nach— 
aichten ꝛc. sagen, „laut Befehls vom 3. Juni 1733 die in hiesigen 
Landen für die Salzburgischen Emigranten kolligirten Geider an 
usammen 28366 Thlr. im Betracht, daß diese Emigranten von 
)»en Mächten, von welchen sie angenommen worden, bereits mit 
enöthigtem Unterhalte versehen worden, dem Rath zu desto besserer 
—Rꝛ und Vollführung des Frauenkirchenbaues gnädigst ver— 
Inzwischen wurde es die höchste Zeit, daß die alte Kirche 
niedergerissen wurde, und am 9. Februar des Jahres 1727 wurde 
in der alten Kirche zum letzten Mal Gottesdienst gehalten. Bald 
darauf wurde zur Abtragung der alten Kirche geschritten. Um 
»en Altar der alten Kirche, der noch gut erhalten war (berichten 
die Nachrichten 2c.) bewarben sich die Gemeinden zu Stolpen und 
Neustadt Ostre (der jetzigen Friedrichsstadt). Jedoch die Ansicht 
»es Rathes ging dahin, daß, weil in den Kirchen zu St. Annen 
ind zu Plauen sich schlechte Altüre befänden, der Frauenkirchen— 
iltar in die Annenkirche und der in dieser befindliche nach Plauen 
zu transportiren sei. 
Der Altar der alten Frauenkirche ging 1760 zu Grunde 
und der, welchen wir jetzt in der Annenkirche sehen, gehörte der 
ilten Kreuzkirche an. Der Bau machte unterdessen gute Fort— 
chritte, und im Februar des Jahres 1728, also 13,, Jahre später 
nach der Grundsteinlegung, schlägt Bähr, da ein weiterer Anschlag 
ezüglich der künftig muthmaßlichen Kosten verlangt wurde, zugleich 
vor, daß, weil das umfangreiche Dach von Kupfer ziemlich theuer 
verden würde, die 4 Thürme auf den Treppen und das ganze 
Anterdach bis zum Gurtgesims, welches sich um die große Kuppel 
»ewegt, von durchaus massivem Steinwerk auszufühen. Ferner 
agt Bähr, es würde dadurch ein guter Theil an Bauholz als 
nich an Kupfer und außerdem noch ein Sechstheil der Kosten er— 
part werden. Der Schluß von diesem Vorschlag geht darauf 
sinaus, daß das Ganze hierdurch viel beständiger und der Feuers— 
zefahr nicht so sehr unterworfen sei. Fuͤr den weiteren Ausbau 
‚eanspruchte er aber 120700 Thlr. Jetzt fängt Bähr an, seine 
Summen zu steigern und ward darin immer muthiger. Bis 
I1. April 1729 waren wieder 68000 Thlr. verausgabt. Wenn 
Bähr nun seine Idee, die Kuppel ganz in Stein auszuführen, 
durchführen wollte, so mußte er alle Raffinements anwenden; er 
war gezwungen, durch den Bauriß zu täuschen, denn wenn er 
nit dem Gedanken, die ganze Kuppel in Stein zu fertigen, gleich 
zu Anfang öffentlich aufgetreten wäre, so hätte es ihm leicht wie 
dem Brunellesko gehen können, man hätte ihn einfach für wahn— 
innig gehalten. Niemand konnte es sich denken, wozu er die ge— 
valtigen Steinmassen brauchte, da man nach den eingegebenen Plänen 
der Meinung war, er baue eine Holzkuppel. Es entstand die 
Frage: wozu braucht Bähr zu seiner Kuppel ungeheure Funda— 
mente? Bähr hatte sich auf alle möglichen Fragen vorbereitet, 
ein Vorgehen konnte Niemand kontrolliren; er sagte, er habe große 
datakomben zu bauen, deshalb verstärke er die Mauermassen der 
verlangten Haltbarkeit willen. Man mußte ihn eben ruhig ge— 
vähren lassen, er hatte alles so klug angeordnet, daß man ihm 
nicht entgegen treten konnte. Bezüglich seines vorhin erwähnten 
Vorschlags erhielt er Ende Oktober 1729 die Erlaubniß, den un—⸗ 
eren Theil, aber nur den unteren Theil der Kuppel in massiven 
Steinen auszuführen. Bähr begann nun sofort die schöne An— 
chwungslinie seiner Kuppel mit bedeutenden Steinmassen. Wer 
emals einen Rundgang durch die Kuppel gemacht, und es ist dies 
virklich lohnenswerth, kann sich davon einen Begriff machen. 
Abermals nach 5 Monaten, am 11. März 1730, sprach Bähr den 
längst gehegten Wunsch aus: die ganze Kuppel in Stein auszuführen 
uind zwar mit der Versicherung, daß er dieselbe tüchtig und be— 
tändig von mitternächtischen Steinen aus den eer (d. h. 
derrnskretzschener) Steinbrüchen, welche mehr nach Norden lagen 
ind in Folge ihrer Konsistenz am besten zu verwenden waren, an⸗ 
ertigen werde. Auch solle die Verwahrung“ (wie die Nachrichten ꝛc. 
agen), ohne gewöhnliche Kitte und ohne Blei auf eine besondere 
Art geschehen, worüber er Proben liefern wolle. Kurz nach Ver— 
iffentlichung dieses Bähr'schen Beschlusses machten sich unter den 
Bauverständigen Dresdens darüber großes Erstaunen und nicht 
geringe Zweifel geltend.
	        

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