Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 43, Bd. 2, 1883)

Literaturbericht. — Bautechnische Notizen. 
—37.0 
Behörden, und ist die pünktlichste Erfüllung der diesem Rechte 
entsprechenden Pflicht Aufgabe und besondere Sorge einer guten 
Verwaltung. Der Miinister der öffentlichen Arbeiten. 
Im Auftrage: Schultz. 
Mitteln. Andererseits soll der Verkaufspreis die Kosten der Herstellung 
decken, wenn, die Errichtung von Arbeiterhausern in großem Maßstabe 
stattfinden soll. — So wünschenswerth es ist, bemittelte Lente in den 
interessirten Kreisen der Bevolkerung zum Bau billiger Arbeiterwoh— 
nungen zu veranlassen und die Unterstützung der Bebörden vierbei zu 
rwirken, so ist es doch vor Allem nothwendig, die Hindernisse zu be— 
eitigen, welche solchen Bauten entgegenstehen. In vielen Hauptplätzen 
»er Industrie namlich, deren Entwigelung in hohem Grade von einem 
üchtigen Stamme von Arbeitern abhängig ist, deren Bevölkerung haupt— 
ächlich aus Fabrikarbeitern besteht, wird der Bau kleiner Häuser durch 
Bauordnungen und Ortsstatute erschwert, oder geradezu unmöglich ge⸗ 
nacht. Ein Beispiel der Art bietet die Fabrikstadt M. Gladbäch mit 
iner Bevölkerung von 40000 Seelen. Dort besleht eine Gesellschaft, welche 
n früheren Jahren mit bestem Erfolg 273 Arbeiterhäuser im Cottage— 
Styl mit Gaärtchen und ländlichen, gut regulirten Wegen gebaut hat. 
Nachdem diese Gesellschaft seit längerer Zeit keine Neubauten hat er— 
cichten lassen, wird sie in Folge der Wiederbelebung des Fabribetriebes 
durch die erhöhten Einfuhrzölle bald wieder in der Lage sein — der 
Nachfrage folgend — neue Häuser zu bauen; aber sie wird in der bis— 
herigen zweckmäßigen Weise nicht weiter bauen können, sofern es nicht 
den einsichtsvollen Lenkern der städtischen Angelegenheiten beliebt, zu 
Hunsten der Gesellschaft eine Ausnahme von den gesetzlichen Vestim⸗ 
nungen zu machen. Weshalb sollte aber nicht Jedem als ein Recht 
ingeräumt werden, was als nützlich anerkannt ist? 
Die Bauordnung von M.«Gladbach erhält u. A. folgende Be— 
timmungen: 
1. Alle Treppen eines Gebäudes müssen auf allen Seiten von 
massiven, bis zur Dachfläche aufgeführten Mauern umschlossen sein. 
2. Alle an einer öffentlichen Straße liegenden Gebäude müssen 
mit dem Sockel in minimo 0,75 Meter über dem Bürgersteige liegen 
und dürfen nicht weniger als zwei Stockwerke Höhe haben. 
3. Jedes mit einem Wohnhause bebaute Grundstück muß, sobald 
die Tiefe des Grundwassers nicht über 20 Meter beträgt, an geeigneter 
Stelle einen wenigstens 0,80 Meter im Lichten weiten Brunnen haben. 
4. Alle zum täglichen Aufenthalt von Menschen bestimmten Wohn— 
hme müssen in neuen Gebäuden wenigstens 3,15 Meter lichte Höhe 
haben. 
Nach dem Ortsstatut ist jeder Bauunternehmer verpflichtet, vor 
»em zu errichtenden Hause ein Trottoir von mindestens 3 Meter Breite 
rus Hausteinen, sowie eine Hausteinrinne anzulegen, ferner bei der 
Stadtkasse das Geld zu deponiren für Herstellung der Pflasterung oder 
Thaussirung auf halbe Straßenbreite. Das ergiebt Kosten von ca. 40 
»is 60 Mark für den laufenden Meter. — Diese Bestimmungen gelten 
ür einen Stadtbezirk von etwa 3 Kilometern im Durchmesser. Sie 
nachen es dem einzelnen Arbeiter unmöglich, sich ein kleines, billiges 
daus zu bauen, und treiben ihn entweder über die Grenze des Stadt- 
ezirks, oder zwingen ihn, in schmutzigen Miethskasernen, in Hinter— 
jäusern und Kellern, oder auf Speichern eine Wohnung zu suchen. Es 
ommt vor, daß in größeren Städten ähnliche erschwerende Bedingungen 
in die Bauerlaubniß geknüpft werden; Unter den Linden in — 
vird z. B. verlangt, daß Trottoirs angelegt werden welche einen Pariser 
Boulevard zieren würden. 
Ohne Zweifel sind die Motive, welche zur Feststellung des Orts— 
tatuts und der Bauordnung geführt haben, gut gemeint, indem auf die 
Sicherheit bei Feuersgefahr, auf die Schönheit der Anlage und auf die 
Finanzen der Stadt besondere Rücksicht genommen ist. Es ist aber frag— 
ich, ob nicht diese Vortheile durch die oben entwickelten Nachtheile auf- 
zjehoben werden, ob es nicht wenigstens zweckmäßig sein würde, in Fabrik— 
tädten die Einschränkungen der Baufreiheit auf eine möglichst kleine 
Zone, oder auf einige Hauptverkehrswege zu beschränken? 
„Grundeigenthum.“) 
Anstrich für Fußböden. Ein solcher Anstrich, welcher nicht 
iur von großer Schönheit und Dauerhaftigkeit ist, sondern auch der 
Wirkung des Feuers widersteht, wird aus Wasserglas hergestellt. Der 
Boden wird vor dem Auftragen des Anstrichs gut gereinigt und die 
Zpalten und Risse zwischen und in den Brettern mit einem aus Wasser— 
zlas und pulperisirtem Glase hergestellten Kitt ausgefüllt. Vermittelst 
ines steifen Pinsels wird sodann der Boden mit Wasserglas von der 
Konsistenz des Syrups angestrichen. Darauf wird ein zweiter Anstrich 
oon Wasserglas, vermischt mit einer beliebigen Farbe, gegeben. Man 
»arf hierzu jedoch nur Mineralfarben anwenden, weil die Alkalien des 
Wasserglaͤses vegetabilische Farben zerstören würden. Nachdem der zweite 
Anstrich trocken geworden, kann man noch weitere Anstriche folgen lassen, 
his der Fußboden den gewünschten Glanz erlangt hat. Um den Anstrich 
zu poliren, muß man ihn ein wenig reiben und einölen. Er ersetzt den 
hesten Lack oder Firniß, widersteht der Hitze und ist äußerst dauerhaft. 
Die Hängebrücke zwischen New⸗Nork und Brooklyn 
»ürfte wohl die interessanteste und großartigste der gegenwärtig in Bau 
»egriffenen Brücken sein. Sie besitzt eine Gesammtlänge von 1797 m, 
nit zwei Landöffnungen von je 279 mmund einer Stromöffnung von 
179 in Spannweite; ihre Höhe über dem Wasser beträgt 40,8 m. Die 
26,2 m ebreite Brückenbahn gewährt Raum für den Eisenbahn-, Straßen— 
ind Fußgängerverkehr; im mittleren Theile besitzt die Brücke zwei über— 
»inanderliegende Etagen. Die Tragkonstruktion besteht aus vier Kabeln 
ruus galvanisirtem Stahldraht von 100 wm Durchmesser, welche in Cy—⸗ 
inder eingeschlossen sind und je 12200 Tonnen Tragfäaäbigkeit besitzen. 
Die Tragphlonen für die mittlere Oeffnung sind 83,4 m hoch über Hoch- 
vasser und 47, 7 mm über der Brückenbahn. Die Ausführungskosten be— 
ragen, ansschließlich Landerwerb, ca. 2.8 Millionen Pfund; der baulei— 
ende Ingenieur ist Mr. Röblinga. (.Gipil⸗Techniker.“ 
Literaturbericht. 
Allgemeine Deutsche Ausstellung auf dem Gebiete der Hygiene 
und des Rettungswesens. Berlin 1883. 
Spezial-Katalog für die Ausstellung der Stadt— 
gemeinde Berlin, herausgegeben vom Meagisftrat zu Berlin, 
Berlin 1883; Verlag von Julius Springer. 
Durch ihre Betheiligung an der Ausstellung für Hygiene und 
Rettungswesen beabsichtigt die Stadtverwaltung Berlins, ein über— 
sichtlichss Bild von den Gesammtleistungen der Gemeinde auf allen 
Gebieten der öffentlichen Gesundheitspflege zu geben. Diesem 
Zwecke entsprechend sind die einzelnen Ausstellüngsgegenstände nicht 
in den verschiedenen Gruppen des Programms eingeordnet, sondern 
soweit ihre Natur dieses zuließ, auf einem Punkte in der Mitte 
des Gebäudes, dem Haupteingange gegenüber, aufgestellt, während 
Cehee Obiekte der, Wasserleitung und Kanalisation, theils in 
tadtbahnbögen, theils im Freien und in besonderen Gebäuden, 
untergebracht wurden. 
Das Studium dieser sehr reichhaltigen städtischen Ausstellung 
wird durch den Spezial-Katalog wesentlich gefördert, bezw. erleichtert, 
derselbe enthält in den 10 Abschnitten: J. die öffentliche Gesundheits— 
pflege; II. Irrenanstalt und Anstalt für idiotische Kinder zu Dall⸗ 
dorf; III. die Waisenhäuser in Rummelsburg und das Waisenhaus 
in der Alten Jakobsstraße; Frank'sche Stiftung; IV. das städtische 
Arbeitshaus zu Rummelsburg; V. das Schul- und Turnwesen, inclh. 
Heizung; VI. den Central-Viehmarkt und Schlachthof; VII. die 
oͤffentlichen Gartenanlagen; VIII. den Straßenbau; IX. die städ-— 
tischen Wasserwerke und X. die Kanalisation von Berlin; in den 
von der Stadt ausgestellten Zeichnungen, Photographien, Modellen ꝛc. 
erläuternd besprochen, und liefert mithin für das Verständniß den 
anentbehrlichen Kommentar. 
Die Wasserförderung. Handbuch bei Ausführung und 
Benutzung von Brunnenanlagen, Pumpen, Röhren, Spritzen und 
Wasserleitungen für Stadt und Land. Sechste verbesserte und ver— 
mehrte Auflage des Brunnen- Pumpen und Spritzenmeisters, her— 
ausgegeben von U. Mohr, Ingenieur. Mit einem Altlas, ent— 
haltend 20 Foliotafeln, Weimar 1883. Bernhard Friedr. Voigt. 
Die vorliegende neue Auflage des bewährten und unter 
dem Titel des Brunnen-, Röhren- und Spritzenmeisters bekannten 
Werkes enthält auch eine eingehende Besprechung der zur Wasser— 
förderung dienenden Maschinen und Apparate und verdient daher 
nicht allein als Rathgeber bei praktischen Ausführungen, Anschaffun— 
gen, Betriebsführungen und Reparaturen ganzer Einrichtungen, 
oder einzelner Theile, sondern auch zum Selbstunterricht empfohlen 
zu werden. 
Die erste Abtheilung, 66 Seiten umfassend, enthält die 
Brunnenanlagen; die zweite Abtheilung (42 Seiten) bespricht die 
verschiedenen Pumpenkonstruktionen, und zwar A die Pumpen mit 
hin- und hergehenden Kolben; B Pumpen mit rotirenden Kolben; 
C Pumpen ohne Kolben. Die dritte Abtheilung (27 Seiten) ist 
der Herstellung verschiedener Wasserleitungsröhren gewidmet, wäh— 
rend die vierte Abtheilung (15 Seiten) von den verschiedenen 
Spritzen, und die fünfte Abtheilung (19 Seiten) von den Wasser⸗ 
leitungen für Haus, Hof und Garten handelt. 
Die in einem besonderen Atlas dem Buche beigegebenen 
20 sehr sauber lithographirten Foliotafeln tragen wesentlich zur 
Erläuterung des Textes bei und erhöhen den Werth des Buches 
außerordentlich! —8— 
Bautechnische Notizen. 
Zur Frage der Arbeiterwohnungen.“) 
Zu den Mitteln, die Lage der Arbeiter zu verbessern, gehört 
die Beschaffung geeigneter Wohnungen, welche es ermöglichen, in 
einem trockenen, hellen, für Heizung und Ventilation bequemen Raume 
zu leben. Durch Erwerb solcher Wohnungen wird der Arbeiter an die 
Scholle gebunden und durch den Wunsch, —* Eigenthum von Schulden 
zu befreien, wird der Trieb des Sparens in ihm erweckt; es ist also 
wünschenswerth, den Erwerb solcher Wohnungen in ausgedehntem Maße 
zu befördern. Zu dem Zwecke ist es aber nothwendig, bei der Herstellung 
derartiger Häuser, welche weniger als tausend Thaler kosten sollten, mit 
der groͤßten Oekonomie zu verfahren, auch in Bezug auf die Größenver— 
hältnisse und die Nebenräume; denn je weniger ein Haus kostet, desto 
eher ist der Erwerb möalich für den Arbeiter mit seinen beschränkten 
*x]J Bei der Wichtigkeit dieses Themas und zur Ergänzung unserer im 
vorigen Quartal gebrachten Aufsätze werden wir demnächst einen Bericht mit 
Zeichnungen veröffentlichen, der diese brennende Frage von ihrem Standpunkt 
in den verschiedenen europäischen Ländern aus beleuchtet. Die Red
	        

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