Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 43, Bd. 2, 1883)

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Magdeburg's Bauwesen der neuesten Zeit. 
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Der erforderliche Querschnitt ist, da V, ⸗Ha cos 500 - 
21835 0,64279 - 14035, 
14035 
Daß die bauliche Ausstattung der Häuser und Wohnungen 
WD 
entbehrte, war wohl nicht anders möglich. So weisen die Privat⸗ 
und öffentlichen Bauten jener Zeit von etwa 1850 bis gegen die 
Mitte der sechziger Jahre auch nur die allereinfachsten nüchternsten 
geputzten Façaden fast ohne jeden Schmuck auf; im Innern gab 
es nur kleine, dürftige, niedrige Stuben, winklige, halbdunkle und 
halsbrechende Treppen und enge schornsteinartige Höfe, deren ein— 
ziger Vorzug in der Höhe des sich darüber ausspannenden Himmels 
bestand. Der Mangel einer genügenden Kanalisation und Wasser— 
leitung und die dadurch nothwendige Anlage sehr großer und tiefer 
Düngergruben in den so engen Höfen machten im Zusammenhange 
mit den schlimmen baulichen Verhältnissen Magdeburg zu einer 
der ungesundesten Städte Deutschlands, so daß die Sterblichkeits- 
ziffer hier eine der höchsten war und die Cholera und der Typhus 
oft sehr arg wütheten. Genug, Magdeburg war mit Recht sehr 
verrufen. 
Dem hochverdienten Oberbürgermeister Hasselbach, dem 
späteren langjährigen Vicepräsidenten des Herrenhauses, und als 
olcher nicht ohne Einfluß in maßgebenden Kreisen, war zu Anfang 
der fünfziger Jahre die schwierige Aufgabe zugefallen, unserem 
eit fast dreißig Jahren stagnirenden städtischen Leben und dadurch 
auch seinem Bauwesen zu einer neuen und, wie wir später entwickeln 
verden, ungeahnten kräftigen Blüthe zu verhelfen. Mit dem Be— 
zinn seiner Amtshätigkeit wehte ein frischer Luftzug durch die ganze 
Ztadt. Er begann seine Thätigkeit mit den nothwendigsten Straßen— 
jerbreiterungen, befreite den so malerischen sogenannten „Alten 
Markt“ von den ihn seit langen Jahren fortwährend bedeckenden 
ind verunzierenden Verkaufsbuden, legte trotz des größten Wider— 
pruches der Stadtverordneten-Versammlung eine genügende Kanali— 
irung und eine nene städtische Wasserkunst an und versah die Straßen 
nit vorzüglichem neuen Reihenpflaster, die Trottoire mit Asphalti⸗— 
ung — näch dem Muster der Pariser Straßen.“) Ferner wurde 
das Rathhaus umgebaut und erweitert, eine neue, eiserne, leider, 
vie sich jetzt herausstellt, für den Verkehr viel zu schmal bemessene 
Brücke über den ersten Arm der Elbe gebaut und viele andere 
Verbesserungen eingeführt. 
Daß einem so einsichtsvollen Manne, wie unserem Oberbür— 
germeister, die bedrängte Lage der Stadt in Bezug auf ihre Woh— 
iungen nicht entgehen konnte, war natürlich. Er verhandelte des— 
zalb unablässige mit den betreffenden Militärbehörden, um eine 
Bergrößerung der Stadt zu bewerkstelligen, und petitionirte um eine 
Erweiterung des engen Festungsgürtels, aber lange Jahre ganz 
dergebens. Denn, trotzdem nach dem fast einstimmigen Urtheile 
der militärischen Sachverständigen diealten, noch nach dem Vauban'schen 
System angelegten Werke den neuen militärifchen Anforderungen 
in keiner Weise genügten und schon längst einen Umbau nothwen— 
dig gemacht hätten, von dieser Seite also die Erweiterung der 
Festung ebenfalls gewünscht wurde, zogen sich die Verhandlungen 
Jurch die hohen Anforderungen, welche der Militärfiskus an die 
Stadt für das ihr zu überlassende Terrain machte, über zehn Jahre 
ang hin, und erst im Jahre 1870 wurde es durch den ebenfalls 
uf“ das Dringendste nochwendig gewordenen Neubau des gemein— 
chaftlichen Personenbahnhofes der Magdeburg-Leipziger, Magdeburg— 
Zalberstädter und Berlin-Potsdam-Magdeburger Eisenbahnen, die 
ich bis dahin für ihren riesigen Verkehr fast nur mit einem schmalen 
Streifen laͤngs der Elbe und den kasemattirten Räumen des sogen. 
Fürstenwalles hatten begnügen müssen, jede Möglichkeit, gleichzeitig 
mit jenen Eisenbahn-Gefellschaften ein im Westen der Stadt gelegenes 
Terrain der alten Festung zu erwerben. Dieses Areal, was zwar 
richt für alle Zeiten ausreichen, aber doch, wie man nach der bis⸗ 
Jerigen Entwickelung der Stadt annehmen zu müssen meinte, für 
venigstens hundert Jahre zur Bebauung Platz darbieten sollte, 
on rund 2171,, Morgen Größe, kostete pro Morgen 28 500 Mk. 
»der zusammen 6 118760 Mk. Nach Ahzug der nothwendigen 
Straßen, Plätze und öffentlichen Gebäude sind hiervon 132 Morgen 
der 336 996 Quadratmeter reines Bauterrain übrig geblieben. 
Die Stadt berechnete sich nun für Einebnung der Wälle, Zuschüttung 
der Gräben, Anlegung der Kanalisation, der Gas- und Wasserleitung 
und Pflasterung rund 12,30 Mark für den Quadratmeter, so ang 
die Selbstkosten eines Quadratmeters Bauterrain sich auf rund 
30,00 Mark stellte. 
Von diesem gesammten, so bedeutenden Areal sind nun, was 
für die innere i und Wohlhabenheit, sowie für die nur durch 
die frühere Beschränktheit des Raumes gehemmte Entwickelungs— 
ähigkeit Magdeburgs ein glänzendes Zeugniß giebt, bereits bis 
zum“ Jahre 1881, also etwa zehn Jahre nach der Üebergabe seitens 
— 
oder für jede Seite des Eisens Fy— P —9,5 Dem. 
Das Eisen wird eine Stärke von 4 em und eine Breite 
bon 15 em erhalten, dessen W— 150 und dessen FS6GODem ist. 
Die Hängeisen ergeben jedes 
P 19500 , 
8*570 —13 Dem. 
Verwendet werden 2 Eisen von 2 cm Stärke und 7 cw 
Breite, welche durch einen durch die Hängesäule gehenden Bolzen 
von 3 ew Stärke gehalten werden. Jedes Hängeeisen muß unten 
in einem Schraubenbolzen von 4,6 cm Durchmesser endigen, 
welche durch ein quer über dem Träger resp. dem Balken liegendes 
Eisen von 2 cm Stärke und 10 em Breite gehen. 
Die Dimensionen haben sich also wie folgt ergeben: 
2 Hängesäulen: 28 em stark und mindestens 34 cm 
breit, bei einem Ueberstande über den Spannriegel von 60 cm, 
mit einer Länge von 4,0 m. 
2 Hängestreben: 28 em stark, 42 em hoch, 5,40 m lang. 
l Spaunnriegel: 28 em stark, 38 em hoch, 4,20 m lang. 
l Hängebalken: 28 em breit, 36 em hoch, 12,75 mlang. 
6 Balken: 18 em breit, 24 em hoch oder 
15 em breit, 36 em hoch, 12,75 m lang. 
2 Träger: Verdübelt à 30 em breit u. 42 em hoch oder: 
4 Träger: à 24 em breit und 29 cm hoch, 8,60 mlang. 
4 Zuganker über Spannriegel, Häugesäule und Hänge— 
strebe, von i,5 em starkem, 8 cm breitem Eisen und 3 Bolzen 
dazu mit 3 em Durchmesser. 
2 Korbeisen am Fuße der Streben 4 em stark, 15 cm 
breit, auslanfend in Schraubenbolzen mit 5 cm Durchmesser;: 
hierzu ein Quereisen 4 em stark, 20 em breit. 
4 Hängeisen: 2 em stark, 7 em breit, auslaufend in 
45 em starke Schraubenbolzen; hierzu 2 Schraubenbolzen 3 cm 
stark und 2 Quereisen unter den Unterzügen resp. Balken 2 cm 
stark, 10 em breit 
Magdeburgs Bauwesen der neuesten Seit. 
In dem letzten Decennium hat sich fast in allen größeren 
Städten Deutschlaͤnds ein mächtiger Aufschwung und ein frisches, 
rege pulsirendes Leben in Bezug auf das Bauwesen bemerkbar 
gemacht, dessen Ursachen vor Allem in der beruhigten politischen 
Lage gegenüber unseren alten Erbfeinden zu suchen sind. Es zeig! 
sich, wenn wir von unserer mächtig aufblühenden jungen Kaiserstadt 
Bertlin absehen, dieses regere Aufblühen des Bauwesens namentlich 
in verschiedenen deutschen Festungen, die theils durch das großartige 
Einigungswerk unseres Reichskanzlers im Innern des Vaterlandes 
überflüssig und überhaupt von ihrem engen eisernen Festungsgürtel 
befreit wurden, wie Stettin und Wittenberg, theils durch bedeutende 
Erweiterungen und Umbauten der Festungswerke sich fröhlich aus— 
dehnen und ihrem natürlichen Entwicklungsdrange nunmehr 
frei nachgeben konnten, wie Magdeburg, Mainz, Köln und Straß— 
burg. In fast allen obengenannten Städten, besonders aber in 
unserem Magdeburg waren bis gegen Ende der sechziger Jahre die 
Wohnungszustände fast unerträglich geworden, da die dicht an ein— 
ander gebdrüngten Häuser der sehr engen Straßen eine Vermehrung 
der Woͤhnungen nur noch durch Aufsetzen von Stockwerken zuließen. 
Die Noth nach Unterkunft war gerade in Magdeburg derartig 
groß geworden, daß eine durch Versetzung eines Beamten frei 
gewordene Wohnung sofort und unbesehen aus weiter Ferne von 
seinem Nachfolger gemiethet wurde, daß bei eingetretenen Todes 
fällen ein dadurch srei werdendes Quartier noch im Angesicht der 
Leiche von andern hochbedrängten Wohnungssuchern mit Sturm 
und um jeden Preis in Beschlag genommen wurde. 
Dieser Wohnungsnoth entsprachen natürlich auch die Höhe 
der Miethen und die denkbar dürftigste Ausstattung der Mieths— 
wohnungen. Die Hauswirthe gaben in der Regel Nichts her, als 
die vier Wände der Räumlichkeiten und gestatteten dem Miether 
gnädig, sich seine Wohnung in Bezug auf Oefen, Tapeten, Anstrich 
rc. für seine eigenen Kosten einzurichten, da sie selbst auch nicht die 
eringste Summe anwendeten, um ihre Häuser anständig zu unter— 
ad Nachdem der unglückliche Miether aber seine Wohnung 
in einen einigermaßen anständigen Zustand gebracht hatte, wurde 
ihm oft von seinem Haustyrannen, sobald es möglich war, zum 
Dank der Miethspreis erhöht, weil ia die Wohnung jetzt einen 
höheren Werth hatte. 
*) Das Verdienst, dieses Pflaster hier angelegt zu haben, gebührt 
neben dem Oberbürgermeister besonders dem damaligen stellvertretenden 
tädtischen Baubeamten, dem späteren Regierungs⸗ und Baurath Heidmann, 
her seine in Paris gesammelten Erfahrungen hier zuerst praktisch verwerthete.
	        

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