61
Bauberichte aus verschiedenen Städten. — Konkurrenzwesen. — Mittheilungen über Aussiellungen.
1
als eine große Errungenschaft zu begrüßen. Seitdem Schritte
zum Ankauf der, Berlin-Hamburger Eisenbahn durch den Staat
erfolgt sind, dürfte ja auͤch die Aussicht näher gerückt sein, ent—
weder, das Empiangsgebäude oder den Güterbahnhof der
Berlin-Lehrter Bahn zu Ausstellungszwecken künftig mit ver—
wenden zu können. An einer kräftigen Unterstützung der bezüg—
lichen Bestrebungen durch den Staat ist nicht zu zweifeln.
Leipzig. (Ein Thurmhelm vom Gewittersturm
umgerissen.) Ein schreckliches Unglück ereignete sich am 9. er.
in dem Vororte Lindenau. Ein gegen 7 Uhr mit enormer Kraft
und größter Schnelligkeit hereinbrechendes Unwetter traf mit ver—
nichtender Gewalt, wie sie einer Windhose eigen ist, den im Bau
bald seiner Vollendung entgegengehenden Thurm der neuen Kirche
und binnen zwei Minuten waren der Thurmhelm und das 35 in
hohe Baugerüst aus ihren festen Lagen gerissen und in die Tiefe
geschmettert. Diese Katastrophe forderte ein großes Opfer an
Menschenleben. In der Höhe des Thurmes arbeiteten 14 Mann,
12 Zimmerleute und 2 Handlanger, inbegtiffen den Werkführer.
Von diesen 14 Arbeitern konnten sich auf den Zuruf des Werk—
führers, der beim Herannahen des Unwetters seinen Leuten zurief,
sie möchten schleunigst ihren Arbeitsplatz verlassen, neun retten.
Fünf brave Zimmerleute, darunter der Werkführer, wurden in—
mitten der Balken, Bretter und Leitern mit herabgeschleudert und
vier davon fanden sofort ihren Tod; der fünfte ist mit einer leichten
Verletzung davon gekommen. Der Bau des Thurmes war der
Firma Fink aus Meeißen bei der seiner Zeit ausgeschriebenen Sub—
mission übertragen worden. Man muß die wie Zündhölzer zer—
brochenen großen starken Balken gesehen haben, um sich einen Be—
griff machen zu können, mit welcher Gewalt der Wirbelwind in
das Holzwerk des Thurmes und das denselben umgebende Bau—
gerüst eingesetzt und die grauenvolle Zerstörung hervorgerufen hat.
Ueber den vorstehenden Unglücksfall wird dem Tagbl. von
befreundeter Seite noch geschrieben: Der kompakte Holzbau, welcher
aus einer Höhe von 40 mm von unserer Kirche durch einen orkan—
artigen Wirbelwind niedergeworfen wurde, bestand aus einem
35 m hohen Baugerüst und dem Thurmhelm. Das Baugerüst
war 6 m tief in den unteren Thurm eingelassen; als der Wirbel—
wind den Thurmhelm packte, hob er auch diesen Theil des Thurmes
nebst dem Kranze, in dem er ruhte, heraus und legte das Ganze
um, so daß die Thurmspitze unten an der Kirche zu liegen kam,
während das Balkenwerk nach der Roßstraße hin geschleudert
wurde. Es stimmt diese Darstellung mit der Aussage der Zimmer—
leute, welche behaupten, daß der Thurm sich zunächst gedreht habe
und dann herausgehoben worden sei. Unten auf dem Kirchplatz
zersplitterten die Streben und Theile davon flogen weit hinweg.
Die mächtigen starken Balken, welche die Pfeiler des Ganzen bil⸗
deten, waren an ihrem untersten Ende wie Streichhölzer geknickt.
In der Höhe des Gerüstes arbeiteten 14 Mann, inkl. des Werk—
führers, eines Bruders des Unternehmers. Letzterer ordnete bei Aus—
bruch des Gewitters an, daß die Arbeit eingestellt werden sollte,
und rief im letzten Moment den Arbeitern: „Rettet Euch!“ zu.
Leider aber erfolgte der Unglücksfall so rasch, daß nur 9 Mann
demselben noch Folge leisten konnten. Einer von letzteren wagte
den unheimlichen Sprung in die Tiefe, ca. 60 m hoch, fiel auf
einen Sandhaufen und kam unbeschädigt davon. Der Werkführer
— ein Herr König aus Meißen — hätte als Erster sich retten
können, blieb aber freiwillig auf seinem Posten als Letzter zurück.
Er und vier Zimmerleute waren außer Stande, das Gerüst zu
verlassen und mußten mit ihm, die Balken umklammernd, die
schauerliche Reise in die Tiefe antreten. Langsam, unter der
Wucht des orkanartigen Stoßes, als ein Ganzes und ohne in sich
selbst den Halt zu verlieren, neigte sich der luftige, schlanke, ca.
1500 Centner schwere Bau mit der Spitze der Erde zu. In
gleichem Maße, wie die Drehung um das noch aufliegende Fuß—
ende zunahm, wuchs noch die Schnelligkeit derselben. Plötzlich
löste fich das Ganze vom Thurme los und schoß wie ein Pfeil,
mit dem Thurmknopf voran, nach unten in die Tiefe. Unten an—
gelangt, überschlug sich dasselbe, so daß die Fußenden des Thurm—
gerüstes für einen Moment sich hoch oben befanden und die um—
herstiebenden schweren Balkentheile das Dach und die Bodendeckt
eines dem Thuͤrme gegenüberstehenden dreistöckigen Hauses theil—
weise durchschlugen. Einer von den fünf Leuten, welche am Ge—
rüst während seines Herunterschlagens hingen, kam mit einer
leichten Verwundung davon. Der Werkmeister König — der eine
Fraͤu und sechs Kinder hinterläßt — und drei Zimmerleute wurden
unter den zusammenstürzenden und berstenden Balken begraben
und zerdrückt. Schwarze Blutlachen bezeichnen heute die Stellen,
wo sie — rasch — ausgelitten haben.
Konkurrenzwesen.
Konkurrenz, betr. Erweiterungsbauten der Königl.
Museen zu Berlin. Die Sammlungen der Königlichen
Puseen bedürfen sämmtlich der Erweiterung ihrer Rauume. Für
einige Abtheilungen ist das Bedürfniß ein so umfangreiches, daß
hmenur durch selbstständige Neubauten genügt werden kann: für
indere wird sich die Abhülfe ergeben, wenn jene Neubauten be—
„ogen und dadurch Räume frei geworden sind, welche bis jetzt
)esetzt waren. Für die Ausführung dieser Bauten sind die jetzt
chon freien und die nach Verlegung des Packhofs frei werdenden
xlächen in Aussicht genommen. Auf Grund königlicher Ermäch—
igung schreibt der Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medi—
zinalangelegenheiten zur Gewinnung von generellen Entwürfen für
zine würdige und zweckmäßige Bebauung dieses Terrains eine
jffentliche Konkurrenz aus, zu welcher alle deutschen Architeklen
eingeladen werden. Ein ausführliches Bauprogramm über das zu
erfüllende Raumbedürfniß ꝛc. wird nebst den erforderlichen Zeich⸗
nungen auf schriftlichen, an die Generalverwaltung der Königlichen
Museen zu richtenden Antrag unfrankirt übersandt. Diejenigen
Architekten, welche nähere mündliche Auskunft über die Beduürf—
nisse der königlichen Sammlungen und die jetzt von denselben ein—
jenommenen Räumlichkeiten wünschen, müssen sich unter Angabe
der Punkte, deren Erörterung sie begehren, schriftlich bis zum
31. August d. J. bei der Generalberwaltung der königlichen
Yinseen melden. Dieselben werden alsdann zu einer Konferenz
ingeladen werden, in welcher die von ihnen zu stellenden Fragen
bdon den Beamten der königlichen Muscen thunlichst beantwortet
verden sollen. Es werden gefordert: 1) Ein Lagenplan i. M.
: 1000, in welchem die einzelnen Bauwerke nur in Umrissen an—
udeuten, außerdem aber ihre Beziehungen zu den die Baustelle
uimgebenden Straßen, Plätzen, Wasserläufen, Brücken ꝛc. klar zu
egen und die etwa vorzuschlagenden Aenderungen an den Um—
sebungen darzustellen sind. 2) Zwei Uebersichtspläne i. M. 1: 500,
n welchen die Grundrisse je eines der beiden Haupigeschosse der
zrojektirten Neubauten im Anschlusse an die bezüglichen Hanpt—
jeschosse der bestehenden Bauanlagen darzustellen sind. 3) Die
brigen Grundrisse der Neubauten i. M. 1: 300. 4) Die nöthigen
Ansichten und Durchschnitte dieser Gebäude i. M. 1: 200. In
immiliche Zeichnungen sind die Hauptmaaße einzuschreiben.
)) Schriftliche Erläuterungen, welche die aus den Zeichnungen
ticht unmittelbar ersichtlichen Anordnungen klarlegen und die
gewählten Dispositionen begründen. Farbige Darstellungen werden
richt verlangt. Die Konkurrenzbewerbungen sind bis zum 1. Fe—
»ruar 1884, Mittags 12 Uhr, im Bureau der Generalverwaltung
der Königlichen Museen, Berlin C., abzugeben. Später eingehende
Bewerbungen oder solche, welche gegen die übrigen Konkurrenz—
»edingungen verstoßen, bleiben unberücksichtigt. Die Bewerbungen
ind mit Namensunterschrift oder mit einem Motto zu versehen.
Im letzteren Falle ist ihnen ein mit dem gleichen Motto bezeich—
ieter versiegelter Briefumschlag beizugeben, welcher Nameu, Stand
ind Wohnort des Verfassers enthält. Für die besten Lösungen
verden 4 Preise im Betrage von je Fünftausend Mark ausgesetzt.
Es bleibt vorbehalten, weitere Konkurrenzentwürfe zum Preise
»on je Eintausend fünfhundert Mark auf Vorschlag der Preis—
richter anzukaufen. Die mit dem Preise gekrönten oder ange—
rauften Entwürfe gehen gegen Auszahlung obiger Summen in das
Figenthum und die freie Benutzung der Königlich preußischen
Staatsregierung über
Mittheilungen über Ausstellungen.
Internationale elektrische Ausstellung, Wien 1883.
(Das Theater der internationalen ehektrischen Aus
stellung.)
Das Theater, in welchem während der Dauer der Ausstellung
illabendlich alle Effekte der elektrischen Beleuchtung sowohl im
Zuschanerraum als auf der Bühne einem internationalen Publikum
vorgeführt werden sollen, schreitet rüstig seiner Vollendung ent—
jegen; dem Justallationsplane desselben entnehmen wir nachfol—
jende, in mehrfacher Hinsicht interessante Daten: Die ganze 103 m
ange und 145 m breite Südostgallerie für sich in Anspruch neh—
nend, wird es durch ein in reichem Renaissance-Stile ausgeführtes
Portal gegen das Osttransept zu abgeschlossen. Durch einen 4 im
»reiten Haäupteingang gelaugt man in ein Entree mit den Kassen—
—XX0 —
donditorei. Von hier aus führen zwei Treppenaufgänge in das
jegen die Bühne zu abhängig gebaute, 23 m lange Parterre des
Zuschauerraumes, der bei den populär-wissenschaftlichen Vorlesungen
und Demonstrationen gleichzeitig als Hörersaal dienen wird
und ca. 300 Personen sassen dürfte. Hinter den Sitzreihen erhebt