321
Gewölbe aus Cementbeton. — Zum Submissionswesen.
522
Ost und das neuere zweite Schiff noch über 3 Grad wieder gegen
das ältere, also im Ganzen zwischen 9 und 10 Grad abweicht.
Bei Erbauung von Kirchen waren unsere Vorfahren ängst—
lich bemüht, der Axe des Grundrisses eine solche Richtung zu geben,
daß dieselbe mit Ost zusammenfällt, so daß der Altar im Osten
des Bauwerkes errichtet wurde und die Gläubigen ihr Antlitz nach
Ost, der Quelle alles Lichtes, zu richten gezwungen waren. Nur
in wenigen Ausnahmen, meist in größeren Städten, wo der Bau—⸗
platz es absolut nicht gestattete, ist man von dieser Regel abge
wichen. Daß man sich bei Feststellung dieser Richtung der Magnet—
nadel bedient haben sollte, ist, wo sie bekannt und vorhanden war,
sehr wahrscheinlich, wir würden, wenn uns die Aufgabe der An—
lage einer Kirche gestellt wird, voraussichtlich die geforderte östliche
Richtung auch der Bequemlichkeit halber durch die Magnetnadel
feststellen, und wenn uns die Deklination derselben nicht bekannt
wäre, voraussetzen, daß die Alten die östliche Richtung früher falsch
fixirt hatten. Dieser Meinung sind wahrscheinlich auch die Er—
bauer des zweiten Schiffs der Kirche von Müncheberg gewesen und
haben geglanbt, es nunmehr richtig machen zu müssen, wodurch
die schiefe Stellung der Axe des neueren Bauwerks gegen das
alte erklärlich wird.
Es soll uns freuen, wenn durch obige Mittheilung veran—
laßt, die geehrten Herren Fachgenossen ähnliche Abweichungen der
Axenstellung eines und desselben Bauwerks, konstatiren würden und
uns davon Kenntniß geben, es würde dann wohl noch mehr Klar—
heit in diese höchst interessante Erscheinung gelangen. Scherzhafter—
weise können wir nicht unerwähnt lassen, daß man auch eine sym—
bolische Erklärung für die schiefe Stellung der Axen gefunden
haben will und zwar in der Neigung des Hauptes Christi am
kKreuze. Ernst.
Die banpolizeiliche Abnahme erfolgte am 23. Februar 1883,
ilso ca. 3Z Wochen nach Fertigstellung der letzten Gewölbe, in
Hegenwart des Herrn Stadtbauinspektor Lindemann und des Herrn
Donath durch den Herrn Regierungs-Baumeister Peters als Stell—
hertreter des fünften Polizei⸗-Baubezirks und die Herren Raths—
naurermeister Salge und Rathszimmermeister Koppe. Aui ein
Bewölbe von 3,0. 2,63 7,89 qm Fläche wurden 63 Stück mit
Sand gefüllte Säcke gebracht, deren jeder 70 k wog. Die Be⸗
astung betrug demnach 63. 70 - 4410 k, was eine Belastung pro
Im mit —3 — rot. 550 k ergiebt. Es ergab sich demnach eine
Besammtbelastung inkl. Eigengewicht von rot. 875 k pro qu.,
wenn das Eigengewicht des Gewölbes inkl. Fußboden mit 325 k
pro qm angenommen wird. Es zeigte sich bei dieser Belastung
der Gewölbe durchaus kein Mangel irgend welcher Art und nicht
die geringste Deformation, und ebensowenig bei der gleichen Be—
lastung der 10 em starken Theile der Gewölbe unmittelbar an
den Oeffnungen im Scheitel.
Herr Donath proponirte noch eine stärkere Belastung der
Gewölde, dieselbe wurde von den Herren jedoch abgelehnt. Es
war nämlich ungefähr 8 Tage früher eine Belastung durch volle
Tementsäcke derart hergestellt, daß der Quadratmeter mit 40 Säcken
60 K2400 k einige Tage lang belastet war. Außer einigen
Windrissen, die sich bereits vor der Ausführung der Belastung im
Fußboden, besonders direkt über den eisernen Trägern befanden,
seigten auch bei dieser Belastung die Gewölbe nicht die geringste
Veränderung.
Am besten dürften sich derartige Gewölbe aus Cementheton
für solche Gebäude empfehlen, bei denen Oberkante Scheitel des
Bewölbes gleichzeitig Oberkante Fußboden sein soll, da sich in
diesem Falle dieselben mit Fußboden billiger stellen, als Gewölbe
aus anderen Materialien, auch kaun das Verputzen der Leibungs⸗
fläche bei gewöhnlichen Bauten fortfallen. Zu empfehlen sind
diese Gewölbe auch für Fabriken, Stallgebände, Waschküchen, Bade⸗
anstalten, Arbeitsräume ꝛc. Außer den oben augegebenen Bauten
ind solche Gewölbe in Berlin, Holzmarktstraße 2(als Hof- und
Beschoß Gewölbe), Holzminden, Vorwohle, Braunschweig, Han—
rover, Offenbach a. M, Höchst a. M., Frankfurt a. M., Stutt—
gart ꝛc. ausgeführt.
Da die Ausichten über diese Gewölbe noch sehr getheilt sind,
einige Baugewerksmeister auch die Haltbarkeit derselben durchaus
in Frage stellen, so sind wir gern bereit, die Urtheile unserer Leser
entgegen zu nehmen und später zu veröffentlichen, um damit nach
Moͤglichkeit dazu beizutragen, die Ansichten über die Cementbeton⸗
Bewölbe zu klären.
In Berlin führt die Firma Schmidt K Co. Berlin NW.,
Scharnhorststraße 3, deren Geschäftssührer Herr Donath ist, der—
Jeichen Arbeiten aus und giebt auf Anfragen bereitwillig jegliche
Auskunft, auch über ihre anderweitigen Arbeiten, wie Beläge inkl.
Unterlage für Höfe, Einfahrten, Waschküchen, Badeanstalten, Keller,
wasserdichte Räume, Trottoir⸗Platten, Maschinenfundamente ꝛc. und
——
Mittheilungen aus der Praris.
Gewölbe aus Cementbeton.
Nach Angabe des Herrn Maurermeister Donath zu Berlin
wurden im September 1882 in einem Reubau des Herrn Maurer—
meister Vogeler, Metzerstraße 19, im Kellergeschoß, Erdgeschoß,
I. II., DI“ und IV. Stockwerk Gewölbe aus Cementbeton aus—
geführt, welche bei einer Spannweite von 251 m. Scheitelstärken
von 6,8 em und 10 em erhielten.
Ferner wurden in der Zeit von Ende November 1882 bis
Ende Januar 1883, ebenfalls nach Angabe und unter Leitung des
Herrn Donath, bei starkem Frostwetter auf dem Central⸗Viehhofe,
n Rindviehstall B. III. m, ca. 1700 qm Gewölbe aus gleichem
Material angefertigt. Bei einer Länge der einzelnen Gewölbe von
7,76 m betrug die Spannweite 2,76 m resp. 2,63 meuund die
Stärke im Scheitel 10 em und 122ew, letztere inkl. Fußboden
die Pfeilhöhe von 30 cm war bedingt durch die 40 em hohen
Träger.
Für diese zuletzt ausgeführten Gewölhe war das Mischungs—
verhältniß 1 Theil Cement und 7. Theile grober Kies. Die
Mischung erfolgte zuerst trocken und dann unter Zusatz von etwas
Wasser, sodaß die ganze Masse des Materials leicht angefeuchtet
war. An den Widerlagern resp. den Trägern anfangend, wurde
— ED Schichten
auf die Gewölbe-Schaalung gebracht, mit besonders dazu gefer
tigten Geräthschaften sehr sorgfältig festgestampft, und zwar in der
Weise, daß die Richtung des Stoßes stets gegen die Widerlager
gerichtet war. Es wurde dadurch erzielt, daß die Betonmasse in
der Bogenrichtung vollkommen dicht und ohne jegliche Poren fest—
zusammengepreßt war, wobei noch ganz besondere Sorgfalt auf
das Einbringen und Feststampfen der Beltonmasse im Scheitel ver⸗
wendet wurde. Bei dieser Art der Herstellung glauben wir daher
die Bezeichnung „Cementbeton-Gewölbe“ für richtiger halten zu
müssen, als die Bezeichnung „Guß-Gewölbe“.
In der Mitte einzelner Gewölbe wurden kreisrunde Oeffnungen
von 79 c Durchmesser angelegt, und zwar in der Art, daß auf
die Schaalung eine der Oeffnung entsprechende hölzerne Form be⸗
festigt und um diese Form die Betonmasse' mit einem Mischungs⸗
berhältniß von 1:6 in sorgfältigster Weise eingestampft wurde.
5 bis 6 Tage nach Fertigstellung der Gewölbe entfernte man die
Lehrbögen nebst Schaalung und putzte die untere Ansicht in ge—
wöhnlicher einsacher Art. Lehrbögen und Schaalung waren kon—
struirt wie bei Gewölben aus Mauersteinen, nur war die Schaalung
etwas dichter. Der Fußboden wurde dann, direkt auf dem Scheitel
der Gewoͤlbe beginnend, in einer Stärke von 2 cm und einem
Mischungsverhältniß von 1 Theil Cement auf 2 Theile scharfen
Sandes aufgebracht. Auf demselben lagern Erbsen, Korn, Heu
und Stroh.
Zum Submissionswesen.
Die Konferenz der deutschen Gewerbekammern, welche zu
Anfang dieses Monats in Dresden tagte, hat einstimmig (nach
dem „Civil-Techniker“) folgende Resolution angenommen:
Unter Hinweis auf die notorischen Uebelstände, welche mit
der Art des Submissions-Verfahrens für die Gewerbetreibenden,
wie für die Behörden verknüpft sind, bitten wir, das Reichskanzler⸗
amt, die Einzelregierungen bezw. Gemeindeverwaltungen:
1. durch eine aus Mitgliedern sämmtlicher Departements und
aus Industriellen bestehende Kommission einheitliche, sämmtliche
Verwaltungszweige gleichmäßig behandelnde, Grundsätze für die
Zandhabung der verschiedenerlei Beschaffungsarten und für die
RKeuregulirung technischer sowie der allgenieinen Submissions—
Bedingungen entwerfen zu lassen;
2.die beschaffenden Behörden durch eine zweckmäßige Or—
zanisation zu einer selbstständigeren Berücksichtigung des Beschaffungs—
weckes und planmäßiger Abwechselung in der Vergebungsmethode
u befähigen, insbesondere durch periodische oder stäͤndige Berufung
iner gemischten Kommission für regelmäßige Revision des Ver—
ührens nud der Submissionsschemate Sorge zu tragen und die
Akkordirung der Arbeit direkt zu erleichtern durch Niedersetzung
bon Schiedsgerichten und gemischten Uebernahme-Kommissionen,
Finrichtüͤng von Materialprüfungs-Anstalten, regelmäßige Auf⸗
stellung von Preistabellen und Konzentration des Informirungs—
vefens über Leistungsfähiakeit und Vertrauenswürdiakeit der Sub⸗
mittenten.