713 Das Wohnhaus der Renaissance und Gegenwart. — Zum Preisausschreiben betr. die Bebauung der Museumsinsel in Berlin 714
soll, werden nur die, einzelnen Innungen zugelassen, denn die be—
Jutachtenden Gewerbe-Kommissionen sollen selbstredend aus den
Innungen gebildet werden. Diese prüfen ja auch die Qualität
der Submittenten und werden natürlich alle Nicht-Innungsmit—
glieder für nicht qualifizirt erachten; sie stellen außerdem den
niedrigsten Preis fest für die zu vergebenden Arbeiten und unter—
stützen event. den Baubeamten bei der Zuschlagsertheilung.
(Schluß folgt.)
Das Wohnhaus der Renaissance und
Gegenwart.
Skizze von Albert Hofmann.
(Fortsetzung.)
Der 30jährige Krieg in seinem Alles vernichtenden Wüthen
trug eine Zeit zu Grabe, welche das entzückte, von jedem Bauͤne
befreite Volk als eine goldene, selige feierte. Und welch' grauen—
volle Periode fremdherrlicher Knechtung und widerstandslosen Ein.
flusses sollte ihr folgen! Der blutgetränkten Erde, welche die langen
Wirren dieses schrecklichen Krieges hinterlassen hatten, entstieg
gegen Ende des 17. Jahrh. eine Epoche, welche in ihrer Ver—
wilderung und zügellosen Willkür die Nachwehen der rohen, krie
gerisch unbändigen, ruhelosen Zeit bildet. Die Herrschaft der un—
gezügelten Willkür erstreckt sich über das ganze Kultur- und Kunst—
leben dieser Epoche, deren Erzeugnisse in der schädlichsten Weise
beeinflussend. Der Autor des: „IEtat c'est moi!“, dessen frev
lerisch autokratische Bestrebungen den langen Krieg mit Eifersucht,
Neid und Haß schürten, der in selbstlügnerischem, scheinlebigem
Prunke seine Tage verinnen sah, dessen uͤnbeschränkter Egoismus
in den großen Bananlagen von Versailles seine Verkörperung
fjand und so in egoistischem Wohlgefühle der Welt ein unnachahm
bares Zeichen seiner Allgewalt und seines Reichthums gab, dieser
Mann, für dessen Wohlleben und Ueppigkeit in späterer Zei—
Ströme Blutes flossen, er erhielt an seinem Hofe eine Brutstaͤtte,
wo französische und italienische Künstler sich beeiferten, die schönen
und edlen Formen des Renaissancezeitalters ihrer Bearbeitung zu
unterziehen und eine Neugeburt zu schaffen, deren verkrüppältes
und verzertes Wesen fast ein ganzes Jahrhundert lang die ganze
gebildete Welt beherrschen sollte. Doch verhältnißmäßig frühe,
schon im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts entstand, aufangs
klein und bedeutungslos, doch mehr und mehr anwachsend, wie
das Samenkorn, welches sich zu einem mächtigen Baum ausdehnt,
eine Reaktion gegen diese verkümmerte Stylrichtung, welche in der
Folge der Zeit dem Barockstyle als größere Macht entgegentrat
und ihn zeitweise zu verdräugen vermochte. Mit dem im 18. Jahrh.
begonnenen Ausgrabungen Pompejis und Herkulanums wurde das
Bild der griechischen Formenwelt nach dem Norden getragen, um
mit der vorhandenen Stylrichtung den Kampf aufzunehmen. Das
Edle und die Hoheit der klassischen Formen blieben aber, trotz dem
fieberhaften Eifer, nur unerreichbares Ideal für eine Welt, welche
in hastigem Drang nach Wiederbelebung antiker Formen und nach
Wiedererlangung klassischer Einfachheit und Hoheit in klassische
Steifheit und Lächerlichkeit ausartete. Die Zeit war zu wenig
vorbereitet, die Grundlage eine viel zu wankende und luftige,
der Sinn ein viel zu flatkerhafter, unbeständiger, um die strengen,
geistesschweren Formen des klassischen Alterthums mit gründlichem
Studium aufzunehmen und sie in der gedankenvollen, überkom—
menen Reinheit zu reproduziren. Das unheimlich steife, kalte und
nüchterne Wesen dieser Bestrebung läßt den Gedanken immer mehr
Herrschaft gewinnen, daß der Schrecken der Guillotine seinen be—
üngstigenden Einfluß nicht verfehlt hat.
Als daun die Revolution mit all' ihren Schrecken und
Gräueln ausgetobt hatte und die blutige Spur einer fürchterlichen
Zeit langsam verwischte, als der siegreiche Korse den neu ge—
schaffenen französischen Kaiserthron bestieg, da ließen der anhaltende
Schrecken und die angstvoolle Spaltung näch, die verzweifelte Furcht
wich aus dem Antlitz der gemäßigt Denkenden und Seele und
Gemüth, von einer schweren, athemraubenden Last befreit, athmeten
frisch auf. Unter der Künstlerschaft der Neige des 18. Jahrh.
regte sich wieder die schöpferische Kraft und das abgestorbene, durch
maßlose Schrecken getödtete Interesse des Volkes für die Kunst
wuchs wieder und auf diesen beiden schwachen Momenten baute
sich die Kunst des ersten Kaiserreichs wieder auf. .
Diesem ganzen Entwickelungsgang, wie ihn Frankreich in
allen Phasen durchlief, schloß sich Deutschland stlavisch an, War
doch Frankreich seit Ludwig XIV. die tonangebende Macht in
Europa geworden und eine Macht Deutschland gegenüber um so
mehr, als sich dies von der Zerrüttung durch den 30jährigen
Krieg noch nicht erholt hatte und durch die französische Revolution
und die napoleonische Kriegführung auf's Neue ohnmächtia dar—
nieder lag. Als jedoch das Waffengeklirr der Freiheitskriege, der
Zeiten der Erhebung verklungen war, als die Schlachtrosse nicht
nehr das Feld des Landmanus zerstampften, als der hochmüthige
Korse gestuͤrzt war und allenthalben die Ruhe wieder einkehrte,
da schritt das deutsche Volk mit junger Kraft und neuen Ideen,
nit frischem Willen und rastlosem Eifer einer neuen Aera ent—
gegen.
(Forts. folgt.)
Sum Preisausschreiben betreffend die
Bebauung der Museums-Insel in Berlin.
Schluß.)
8. Soll die Museums-Insel dem öffentlichen Verkehr auch
außer den Besuchsstunden zugänglich sein?
Die Frage wird dahin beantwortet, daß die Entscheidung
hdierüber eben von der Art der Bebauung der Museums-Insel ab—
sjängen werde, und somit nicht von der Konkurrenz HJetroffen
verden könne.
9. Dürfen die Kabinette für Gemälde mit reinem Nordlicht
in mehreren Stockwerken übereinander angeordnet werden⸗
Es wird geantwortet, daß eine solche Anordnung durch das
brogramm nicht ausgeschlossen sei, die Entscheidung über die
I enhigeent derselben jedoch der Jury vorbehalten bleiben
nüsse.
10. Ist die Ueberbauung der Stadtbahn von Haus aus zu⸗
ässig, beziehnngsweise wird dieselbe in ihrer jetzigen Konstrnuktion
»erbleiben, und welche Lichthöhen müssen etwaige Ueberbauungen
mm mindesten Maß haben?
An diese Frage knüpften sich weitere mündliche Anfragen aus
der Mitte der Versammlung, dahingehend:
a) ob der Stadtbahn-Viadukt bezüglich seiner architektonischen
Ausbildung Abänderungen unterworfen werden darf;
b) ob die Höhe der Durchfahrten unter dem Viadukt durch
Wahl einer anderen, weniger Höhe erfordernden Trägerkonstruktion
»ergrößert werden darf;
c) ob die Ueberbauung nach Art des Orth'schen Projektes un
annehmbar ist?
Im Verlaufe der stich über diese Fragen erhebenden Diskus⸗
ion wurde Folgendes festgestellt:
Wie unter A 4 des Programms vermerkt, kann gegenwärtig
ioch nicht entschieden werden, bb im Interesse des Schutzes der
Peuseumsbauten gegen Feuersgefahr oder Belästigung durch Rauch,
Ruß u. s. w. eine Ueberdachung der Stadtbahn gefordert werden
muß. Eine Ueberbauung auf einer kurzen Strecke erscheint vom
Standpunkt der Museums-Verwaltung jedenfalls zulässig. Für
die bei der Ueberbanung inne zu haltenden Lichthöhen duͤrften die
geltenden Normalprofile für Eisenbahn-Oberbau' aͤls maßgebend
zu betrachten sein; indeß sei hierüber eine Verhandlung mit der
Eisenbahn-Verwaltung noch nicht gepflogen.
Zu à und b wurde bemerkt, daß eine Veränderung der
Außenarchitektur des Viadukts jedoch ohne Veränderung der Tkäger—
'onstruktion zulässig sei.
Bezüglich der Unterfrage zu c bemerkt der Vorsitzeude, daß
nicht klar sei, was nach den inzwischen wesentlich veränderten
Verhältnissen unter einer Ueberbauung nach Art des Orth'schen Pro—
jektes verstanden werde; ob eine solche Ueberbauung sich im Ein—
klang mit dem Programm befinde und an sich als zweckmäßig an—
zuerkennen sei, darüber könne nur seinerzeit die Jury entscheiden.
11. Soll die National-Galerie mit den Neubauten, insbe—
sondere mit den unter BV des Programms aufgeführten Räumen.
in unmittelbare Verbindung gebracht werden?
Es wird geantwortet, daß das Programm eine solche For—
derung nicht stellt.
12. Ist die vorhandene Säulenhalle um die National-Galerie
inbedingt zu belassen?
In Beantwortung dieser Frage wird ausgeführt, daß die
Erhaltung der Säulenhalle bei Aufstellung des Programms vor—
ausgesetzt sei; ob der Ausfall der Konkurrenz erhebliche Gründe
dafür ergeben werde, diese Voraussetzung in Frage zu stellen.
bleibe abzuwarten.
13. Darf das nordwestliche Ende des neuen Museums be—
hufs Anschlusses neuer Räume für die Gipsabgüsse in schonender
Weise umgebaut werden? ——
Die Frage wird bejaht, unter der Voraussetzung möalichster
Schonung des Vorhandenen.
14. Steht die Freilegung des linken Kupfergraben-Ufers,
usbesondere die Beseitigung der kleineren Bauten unmittelbar am
Wasser zu beiden Seiten der Stadtbahn, in Aussicht? J
In Beantwortung dieser Frage wird darauf hingewiesen.