Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 43, Bd. 2, 1883)

Miittheilungen aus der Praxis. — Erfindungen im Hochbauwesen. 
Es ist das soziale Ideal der Neuzeit, dessen Prototyp im Mittel— 
alter und in der Renaissance uns unter den Einflüsfen der Jahr— 
hunderte entfremdet wurde. 
Die ästhetischen Bestrebungen bei den Wohnsitzen unserer 
Tage, bei welchen das angestrebte Ideal anheimelnde und zufrieden— 
stimmende Wohnlichkeit ist, vereinigen sich dahin, aus den Vorzügen 
des italienischen Palastes und des altdeutschen Hauses ein Ge— 
— imponirende 
Schönheit des Aeußeren und die wohlige, trauliche innere Aus— 
stattung des letzteren in befriedigender Weise vereinigt und so auf 
deutschem Boden ein Bürgerhaus entstehen läßt, wie es das Mittel 
alter nicht anders kannte. Dem auf gewinnsüchtigen Motiven und 
habgieriger Ausbeutung aufgebauten Miethhause muß in dem 
deutschen Bürgerhause ein Gegner erstehen, welcher in unablässigem, 
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des sorglosen Familienlebens, die Noth hineinsät und seine Junig— 
keit untergräbt. „Mein Haus ist meine Burg!“ sei der Wahr— 
spruch des Familienhauptes. Im stillen Frieden des Hauses klaͤrt 
sich der Geist, entsprießen edle Sitten. Herz und Gemüth thun 
sich auf und verleihen dem Leben die feierliche Weihe, welche es 
gegen die vielen Täuschungen und zahllosen Anfechtungen, die der 
tägliche Kampf um's Dasein mit sich führt, stärken und das in 
Wehmuth und Gram sich auflösende Herz aufrichten und ermannen, 
damit es den Lebensstürmen festen Widerstand ohne Wanken und 
Neigen entgegensetze. Das Haus werde der Familie zu einer 
kleinen Welt, abgeschlossen und ausgeschieden von den brändenden 
Wogen des wirren Lebens der Straße. 
„Dentsches Haus, deutsches Land, 
Schirm es Gott mit starker Hand!“ 
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Jene, welche Gerüste erbauen wollen, also namentlich Poliere für 
größere Bauten, einer einschlägigen theoretischen ebentuell auch 
praktischen Prüfung zu unlerziehen hätten. 
Das setzt nun freilich voraus, daß den Betreffenden Gelegen— 
heit geboten wird, den an sich gewiß nicht uninteressanten Gegen⸗ 
tand der Gerüstungslehre an bautechnischen Schulen in entsprechend 
ausgedehnter Weise pflegen zu können. An Gewerbeschulen und 
dautechnischen Lehranstalten müßte deshalb der Gerüstungslehre 
mehr Zeit gewidmet werden, als dies bis jetzt der Fall ist; es 
nmüßten die einfachsten Gerüste und Bolzungen bis zu den kom— 
plizirteren in der Theorie sowohl gelehrt, als namentlich anch in 
draktischen Beispielen vorgeführt werden. 
Leider sind bis nuͤn wenige wirklich mustergiltige Gerüste 
ausgeführt und, noch weniger publizirt worden; doch lassen sich 
diesbezügliche Publikationen hie und da nachweisen; wir erinnern 
an Breymann's Baukoustruktionslehre, II. Theil (Holz). an die in 
der Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- nd Architekten⸗ 
Vereines abgebildeten Gerüste, welche beim Bau der Wiener Weli— 
ausstellung (französische Abtheilung) Verwendung fanden. 
Wir glauben daher aussprechen zu dürfen, daß die Pflege 
eines eingehenderen Unterrichtes in der Gerüstungslehre und 
eventuell eine aus diesem Gegenstande abzulegende Prüfung für 
Jene, welche sich mit der Aufstellung von Gerüsten beschäftigen 
müssen, in hohem Grade zur Verhuütung von Unglücksfällen 'an 
Bauten beitragen würde, abgesehen davon, daß dies auch in bau— 
ökonomischer Beziehung von einer nicht zu uuterschätßenden Be— 
deutung wäre. OC. A. R. 
Erfindungen im Hochbauwesen 
und der damit zusammenhängenden Zweige. 
Arbeitsgleise für größere Bauten. 
(Hierzu 1 Fig.) 
Im Laufe des Jahres 1882 ist, nach einer Notiz in der 
„Zeitschrift für das Berge, Hütten- und Salinenwesen“ zunächst 
iuf verschiedenen Fabriken und Ziegeleien bei Cassel, daun auf 
dem Eisenerz-Bergwerke Grubenseld VI. bei Hohenkirchen eine 
neue Eisenbahnschiene mit dazu gehörigen Rädern für kleinere 
Transportbahnen zur Förderung der Eisenerze von den Schächten 
nach den Sortirplätzen und den Abfuhrhalden zur Anwendung ge— 
kommen. Dieses neue, Herrn Fr. Done ahe zu Siegers— 
dorf in Schlesien patentirte Oberbausystem dürfte sich auch 
Mittheilungen aus der Praris. 
Ueber die Gerüstung bei Bauten. 
Wenngleich Unglücksfälle an Bauten nicht besonders häufig 
mehr vorkommen, und zumeist der Unvorsichtigkeit der Arbeiter 
zuzuschreiben sind, so liest man doch ab und zu von solchen, welche 
Mangels einer guten Gerüstung entstehen. 
Allerdings bleibt, wie dem „Bautechniker“ in dieser Be— 
ziehung geschrieben wird, in derlei Fällen der betreffende Bau— 
— 
schreibt diesbezüglich vor, daß ein Bau von keiner dazu nicht be— 
rechtigten Person geführt werden dürfe, und daß der Bauführer 
die volle Verantwortlichkeit für die Verwendung von vollkommen 
qualitätsmäßigen Banmaterialien zu tragen habe, sowie für die 
solide fachmännische Ausführung des Baues haftbar bleibt; daß 
aber ebenso auch andere an der Banausführung betheiligte Per— 
sonen, soweit dieselben ein Verschulden trifft, verantwortlich gemacht 
werden; daß bei neuen Bauten und Reparaturen an einer gegen 
einen öffentlichen Weg gekehrten Seite des Gebäudes jedesmal die 
vorgeschriebenen Warnungszeichen, und in allen Fällen, wo über 
Nacht Baumaterialien oder Requisiten im Freien gelassen werden 
müssen, nach Bedarf beleuchtete Laternen unter Aufsicht aufzustellen 
sind; daß bei Grabungen an einem öffentlichen Wege für eine 
vollkommene Versicherung der Gruben Sorge zu tragen sei; daß 
hei Einplankung über die Baulinie hinaus ein gewisses Maaß ohne 
besondere Bewilligung nicht überschritten werden dürfe; daß ferner 
die Gemeinde aus sicherheitspolizeilichen Rücksichten über die Be— 
seitigung etwaiger Baugebrechen, erforderlichen Falles über die 
Räumung und Demolirung von Gebäuden oder Gebäudetheilen 
zu verfügen hat, u. s. w.; über die Beschaffenheit, bezw. Prüfung 
der Geruͤste oder der Bolzungen finden wir in den Baugesetzen 
keine Erwähnung gethan. 
Die Herstellung der nöthigen Gerüstungen in entsprechender 
Weise ist nun nicht die einfachste Aufgabe bei einer Bauausführung, 
und der Polier, der selten eine statische Berechnung aufzustellen 
versteht, muß eine ziemlich ausgedehnte eigene Erfahrung besitzen, 
um ein einigermaßen komplizirtes Gerüste richtig anordnen zu 
können. Man findet daher oft Gerüstungen, welche bei sehr be— 
deutendem Malerialauf wande ihren Zweck nicht erfüllen, und des— 
halb Ursache von Unglücksfällen werden können. Eine Prüfung 
der Gerüste von Seiten der Gemeinde durch einen sachverständigen 
Baubeamten wäre hier wohl am Platze, wie dies in ähnlicher 
Weise in Berlin durch die Reviervorsteher zu erfolgen hat, und es 
müßten diesfalls eigene, für diesen Zweck approbirte Baubeamte 
in Verwendung genommen werden. 
In dieser nicht ganz bedeutungslosen Frage möchten wir je— 
doch als besonders wünschenswerth, ja, als nothwendig ein ein⸗ 
zehendes Studium der Gerüstungslehre hinstellen, vornehmlich für 
Jene, welche die Konstruktion von Gerüsten anzugeben haben. Wir 
glauben sogar dem Wunsche Ausdruck geben zu sollen, daß sich alle 
wegen seiner Einfachheit und Billigkeit der Herstellung ganz be— 
sonders für die kleineren Transportbahnen eignen, welche auf allen 
neueren Bauten von einigermaßen bedeutender räumlicher Aus—⸗
	        

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