Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 43, Bd. 2, 1883)

Der Hausbau in Cementbeton. 
Der Hausbau in Cementbeton. 
Von F. Rud. Vogel. 
(Hierzu 7 Fig.) 
In dem Artikel „Gesunde und billige Wohnungen für den 
Arbeiter in verschiedenen Ländern“ in Nr.23 d. J. dieser Zeit— 
schrift ist vom Verfasser das Bedauern ausgesprochen, daß Hänser⸗ 
bauten in Cementbeton, wie solche in Frankreich häufig errichtet 
werden, in Deutschland unbekaunt seien, uͤnd scheint die Redaktion 
sich diesem Bedauern angeschlossen zu haben; daraus geht hervor, 
daß die derartigen ausgesührten Bananlagen, deren es nicht eine 
unerhebliche Anzahl giebt, ganz unbekannt geblieben sind und soll 
im Nachfolgenden eine Besprechung und Angabe der Ausführungs— 
weise, Kosten und Vortheile dieser Bauart gegeben werden. Die 
Kostenersparniß beträgt im Durchschnitt 30 bis 40 pCt. 
Ehe wir zur Besprechung der einzelnen Banwerke gehen, 
müssen wir vorausschicken, daß es sehr verschiedene Methoden der 
Herstellung von Betonhäusern giebt, deren Verschiedenheit sich vor— 
zugsweise auf die Zusammensetzung des Betons und dadurch her— 
vorgerufene Verschiedenheit der Herstellungsweise bezieht. 
Der in Frankreich, der Schweiz und Süddeutschland ange— 
wendete Beton besteht nur aus Portlandcement, Kies und Sand, 
während anderwärts Kalk und Romancement zugesetzt und als 
Zuschlag Kalkstein- und Ziegelbrocken und Schlacken, auch ganze 
versinterte Ziegel genommen werden. Zumal der letztere Zuschlag, 
aus dem AÄbfaäll der Ziegeleien zusammen gesinterte und ver— 
glaste Backsteine finden im Braunschweigschen befonders Anwendung, 
auch sind Gebäude nur aus Sand und Cement ausgeführt worden. 
Da bei jedem Material die Homogenität die Festigkeit des— 
jelben bedingt, so würde hiernach“ der aus Sand“*) und Cement 
gemischte Beton die größte Festigkeit repräsentiren, aber auch der 
theuerste sein, weil es sehr viel Cement erforderte, alle die ein— 
zelnen Sandkörner zusammen zu leimen. Man ersetzt deshalb den 
zusammenzubindenden Sand zum großen Theil durch Kies in 
Stärken von Wallnuß- bis Paseluußgröße und füllt nur die 
Zwischenräume mit scharfkörnigem Sände bis zu Erbsengröße 
wachsendem Korn aus. Auf diesc Weise erhält man die rationellste 
Zusammensetzung: eine möglichst homogene Masse, die verhältniß— 
mäßig wenig Cement braucht. Um das zu dem Kiese nöthige 
Sandquantum festzustellen, gießt man in ein mit Kies gefülltes 
Aornirtes Gefäß, nachdem es gut geschüttelt, so viel Wasser zu, 
bis alle Hohlräume gefüllt sind, die Menge des eingegossenen 
Wassers ergiebt das günstigste Sandquantum. Statt Kies kann 
man natürlich auch Steinschlag nehmen, der scharfkantiger, aber 
sich nicht so gut zusammenstampfen läßt, auch meist theuer ist. 
Was die übrigen Zuschlagsmittel statt Kies änbetrifft: Ziegel, 
Schlacken ꝛc., so sind sie meist hygroskopisch und bedürfen schon 
aus diesem Grunde einer Vollsaugung von Wasser, ehe sie ver— 
arbeitet werden, weil sie sonst dem Eement das zum Abbinden und 
Erhärten nöthige Wasser entziehen würden; dieselben sind meist 
billiger als Kies, sollten aber nur da angewendet werden, wo Kies 
nicht zu haben, oder wo ihre Wasser aufsaugende Eigenschaft dem 
Bauwerk nicht schadet, oder durch Cementputz aufgehoben wird, 
oder aber da, wo Leichtigkeit des Materials durch die Konstruktion 
bedingt wird. Auch den Sand kann man wohl durch feine 
Kohleuschlacke, granulirte Hochofenschlacke oder ähnliche Materialien 
ersetzen; doch bedingt auch hier die hygroskopische Eigenschaft größte 
Vorsicht beim Anmachen der Mischung betreffs des Feuchtigkeits— 
grades und tritt stets ein sehr rasches Abbinden ein, meist schneller, 
als der Fortgang der Arbeiten es wünschenswerth erscheinen läßt. 
Die Bearbeitung des Betous, die von gewöhnlichen Hand— 
arbeitern ausgeführt wird, richtet sich uach den Zuschlägen und ist 
folgende: 
Wird Kies und Cement ohne Sandbeimischung verarbeitet, 
was im höäufigsten Falle geschieht (nämlich wenn man die im 
Mauerkörper vorhandenen Hohlräume nicht ausfüllen will, sodaß 
die durch einen Innen- und Außenputz geschlossene Luft als schlechter 
Wärmeleiter, zumal bei dünneren Wänden, wie bei Hohlziegel— 
mauerwerk ꝛc. wirkt) so mischt man den Kies mit dem zugehörigen 
Cement trocken auf einer Mischbank durch mehrmaliges Umschippen 
des ganzen Haufens, bis jeder Kiesel mit Cement umhüllt ist; 
dann' sprengt' man mit einer Brause, während des weiteren mehr— 
maligen Umschippens, nur soviel Wasser darüber, bis der Cement 
oben angefeuchtet und nirgends ein Fließen bemerkbar ist; diese 
Masse wird in die Formkästen eingebracht und gestampft, bis die 
lose eingeschütteten Kiesel sich zu einem festen Lager an und 
zwischen einander vorbeigeschoben haben. In derselben Weise wird 
derfabren. wenn statt Kies. Steinschlaag, Ziegel. Kalksteinbrocken 
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oder Schlacken substituirt werden. Doch müssen die Ziegelbrocken 
und Schlacken vorher voll Wasser gesogen sein und leichter ein— 
gestampft werden, daß sie nicht zerbrechen. 
Sollen dagegen die Hohlräume im Mauerwerk ausgefüllt 
verden, so wird erst der Cement mit dem auf oben beschriebene 
Weise bestimmten Sandquantum innig gemischt; dann so viel 
Wasser mit Brause, unter fortwährendem Umschippen, zugesetzt, 
aß das Ganze wie eben angeifeuchtete Erde erscheint und nur bei 
ehr festem Zusammenpressen in der Hand ein speckartiger Glanz 
iuf der Oberfläche erscheint; darauf wird der Kies, oder sonstiges 
zröberes Material unter fortwährendem Durcharbeiten eingemischt, 
dis ein gleichmäßiges Gemenge erzielt ist, und der Beton in die 
Formkästen eingebracht und gestampft. Eine von diesen Methoden 
zanz abweichende Art ist die des Grobmörtelmauerwerks, wie es 
m Braunschweigschen angewendet wird, wobei die versinterten 
zZiegel in ganzen Stücken zur Verwendung kommen. Es ist dies 
eigentlich nur ein Mauern mit klaffen Fugen, in dem der Cement— 
nörtel ziemlich trocken, für sich angemacht wird und zwischen die 
Sintersteine, die oft ganz große Blöcke bilden, zwischengebracht 
ind alle Hohlräume zwischen ihnen und den Formkästen damit 
ausgefüllt werden. Die versinterten Steine sind meist nicht hy— 
Jrostopisch und wird bei dieser Methode, bei großen Stücken und 
zwischengebrachten kleineren, Cement gespart; dieselbe ist aber 
nur bei dicken Wänden anwendbar, weil die Sinterstücke meist 
sehr unförmig sind. Die Stücken werden in den Möörtel gebettet 
und brauchen nur leicht gestampft zu werden; doch ist dieses Weaterial 
ungleichmäßig in Härte. 
Da die Güte und Billigkeit des Materials die Wahl des— 
elben bestimmt, so ergiebt sich nach obigem Folgendes: 
Die ideal gleichmäßige Verbindung ist natürlich Kies und 
Lement mit oder ohne Sandzusatz; sie bildet einen durchaus homo— 
zenen Körper, bei dem das Bindemittel (Cement) die gleiche Härte, 
vie die gebundenen Theile (Kiesel) und der Zusammenhalt zwischen 
eiden dieselbe Festigkeitszahl erreicht. (Mechanisches Anhaften kom— 
»inirt mit einer chemischen Verbindung zwischen Cement und 
diesel). 
Anders ist es bei den anderen Zuschlagsmaterialien; Stein— 
chlag und Kalksteinbrocken verhalten sich ähnlich wie Kies. Un— 
zünstiger aber sind Ziegelstücken, Schlacken ꝛc.; in dieser Verbin— 
zung ist meist das Bindemittel (der Cement) härter als die Ziegeln 
ind auch die Adhäsion der Cements an die Ziegel größer, als 
die Härte der letzteren; obwohl hier nur ein mechanisches Anhaften 
eintritt. Demnach hängt hier die Festigkeit des Betons von der 
eweiligen Festigkeit des Ziegel-, Schlacken-?c. Materials ab. Die 
Zerstellung des Betons wird in allen diesen Fällen die gleiche 
Arbeit erfordern, wenn die Mischung ohne Sandzusatz geschieht, 
zwei⸗ bis dreimaliges Umschippen weniger als mit Sand), auch 
vird der Cementverbrauch im Verhältniß zur jeweiligen Festigkeit 
ein gleicher sein. Anders dagegen ist es bei der Herstellung des 
Brobmörtelmauerwerks. Hier ist zwar die Arbeit geringer, weil 
die versinterten Stücke nicht mit umgeschippt, sondern in den 
Mörtel eingelegt werden, auch der Cementverbrauch ein geringerer, 
vegen der größeren Sinterstücke; aber man bedarf geübterer Ar— 
»eiter, die das Einlegen und Auszwicken (um Cementmürtel 
varen) besorgen. 
Aus dem Obigen ergiebt sich, daß Kies- und Steinschlag— 
Beton größere Festigkeit repräsentirt, als der aus Ziegelbrocken, 
Schlacken c., und'muß der Festiakeitsunterschied durch Wandstärke 
iusgeglichen werden. 
Die Wahl des Materials hängt demnach von der Lokalität 
ib. Dem Kiesbeton, aus Flußkies, reinem Grubenkies, Pochkies 
aus Bergwerken zu beziehen) sollte stets der Vorzug gegeben 
werden. In der Nähe éiunes kiesführenden Flusses, und die trifft 
man fast überall an, ist der Kies meist billig zu haben, und kostet 
säufig nicht mehr als eine kleine Abgabe und den Arbeits- und 
Fuhrlohn für Herausholen und Abfahren nach der Baustelle. Bei 
zrößeren Bauten thut der Unternehmer gut den Kies mit Bagger— 
chiff selbst herauszuholen. Der Preis variirt allerdings sehr, 
tellenweis ist er fiür 1,6 Mk. per Kubikmeter, an anderen Stellen 
ür 12 ja 15 Mk. per Kubikmeter loco Bauplatz zu haben. Bei 
andwirthschaftlichen Bauten, zumal in der norddeutschen Ebene 
vird man an den meisten Orten Kiesgruben finden, in denen 
das Material lehmfrei (nur solches darf verwendet werden) zu 
inden ist; das Erkennungszeichen hierfür ist, daß der Kies oder 
Sand angefeuchtet zwischen der Hand gerieben keine braune Farbe 
in den Fingern hinterläßt, doch muß die Probe nicht oben von 
der Kiesgrube weggenommen werden, da der Regen den Lehm an 
der Oberfläche weggespült hat; auch kommen lehmführende Schichten 
vor, über und unter denen häufig reiner Sand in Kies lagert, 
vodurch man sich also nicht irre machen lassen darf. Im 
chlimmsten Falle wasche man den Kies in Bottichen durch Um— 
stehen 
* Unter Sand ist stets Quarz⸗ (Flußk- oder Gruben-) Sand zu ver—
	        
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