Bautechnische Notizen.
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Bautechnische Notizen.
Zur Berliner Nieselfrage. Der Bescheid des Ministers des
Innern über die Verwendung des von der Stadtgemeinde erworbenen
sittergutes Falkenberg zu Verieselungszwecken steht noch aus. Die
Freunde der Rieselei erwarten sehnsuchtsvoll, daß dieser Bescheid recht
FRit ein einem fuͤr sie günstigen Sinne erfolgen werde. Das von dem
Reichsgesundheitsamt über die Beschaffenheit des in Falkenberg geschöpften
Rieseimassers erstattete Gutachten soll ein günstiges sein. Die Unter—
uchung dieses Wassers, so wird erzählt, fand unter der speziellen Leitung
es Gcheimen Raths Struck ‚statt, und die Analyse ergab, daß dieses
Wasser in seinem Geschmack dem Berliner Brunnenwasser jedenfalls
zleichkommt und keine gesundheitsschädlichen Substanzen enthält. Dem
us der Spree bei Köpeuick und also auch dem aus den Wasserwerken
Slialduer Thor entnommenen Wasser ist nach dem Ausspruch dieser
Reichsbehörde das Rieselwasser in jeder Hinsicht vorzuziehen. Die von
er OEtsbehörde zu Pankew ausgesprochene Befurchtung, daß durch die
in Gut Falkenberg in den Pankefluß fließenden Rieselwässer dieser
Fluß verunreinigt und sein Wasser ungenießbar werden würde, ist dem—
nach gegenstandlos
lo genialen Mann seine Kräfte an eine so aussichtslose Idee verschwenden
u fehen, so verdient doch die Thatsache an und für sich kurze Erwähnung.
Fin Zeitgenosse, der englische Oberst H. Bruce, der mit Schlüter im
ersönlichen Verkehr stand, beschreibt in seinen hinterlassenen Papieren
das Perpetuum folgendermaßen: „Das Modell bestand in einem runden
Rahmen“ aus Messing, 18 englische Zoll breit und 2Ellen im Durch⸗
neffer, mit Hohlplatten auf der Innenseite in 4 Zoll Entfernung. Darin
vurde eine Kugel gelegt, und die Platten, welche durch Federn bewegt
durden, zwangen die Kugel zu fortwährendem Rundlauf, indem die
Tafeln mehrere Räder trieben, welche wieder ganz verschiedene Bewegungen
Jerporriefen.“ Wie dann weiter berichtet wird, brachen die Federn und
Raͤder sehr oft, so daß sehr viel Zeit mit Reparaturen verloren ging.
Zclüter, der vor seinem Tode die Maschine wirklich zum Gehen brachte,
chloß sich bei diesen Versuchen mit Peter dem Großen ein, welcher der
kinzige war, der — außer Bruce — hbei ihm,Zutritt hatte. Auch Letzterer
sat die Maschine nur zweimal flüchtig gesehen, daher ist seine Kenntniß
ud Veschreibung derselben auch nur eine ganz, oberflächliche. Daß
Schlüter von selbst auf dieses Problem verfallen sei, ist im Ganzen etwas
nwährscheinlich; eher wäre anzunehmen, daß Peter der Große, der an
olchen mechanischen Arbeiten eine große Freude hatte, den ersten und
uernden Impuls dazu gegeben.
Gefährlichkeit von Bleirohr-Wasserleitungen. Der
dofbesitzer Harms, in Siecke bei Dahlenburg ließ vor etwa2 Jahren
ine Leitung von einem etwa 1000 Fuß von seinem Hause entfernten
Krunnen anlegen und benutzte dazu auf den Rath von Fach männern Blei
hre. Im Sommer 1881 erkrankten mehrere seiner Dienstboten, so das
ieselben für längere Zeit arbeitsunfähig waren. Jiu Sommer 1882 er⸗
rankten abermals 1 Dienstmädchen, 2 Knechte, der älteste Sohn sowie
ruch der Besitzer selbst. Der behandelnde Arzt, Herr I. med. Dierking—
Zahlenburg, glaubte in der Krankheit Bleivergiftung zu erkennen. Herr
Apeiheker Halle Dahlenburg untersuchte das Wasser, wie solches aus
zem Brunnen geschöpft und auch, wie es aus der im Hause befindlichen
Pumpe genommen war, nachdem es also durch 1000 Fuß Bleirohre ge⸗
Fuüfen. Ersteres zeigte sich als ganz gutes Trinkwasser, in letzterem fand
ih Vlei. Aber auch schon der bloße AÄugenschein giebt Zeugniß. Während
mnlich das gus dem Brunnen geschöpfte Wasser längere Zeit aufbewahrt
werden kann, ohne daß eine sichtbare Veränderung damit vorgeht, über—
ieht sich das aus der Pumpe geschöpfte Wasser bald mit einer blaͤulichen
Zaut. Nachdem die Krankheitsursache erkannt war, wird das für den
Zausgebrauch nöthige Wasser nicht mehr aus der Pumpe genommen, und
ie Leute versichern saämmtlich, daß sie sich seitdem viel besser befinden.
Bei dem Vieh hat sich bislang das aus der Pumpe genemmene Wasser
doch nicht als schädlich gezeigt. Ob es auf die Dauer dienlich ist? —
Herr Harms wird sich nun währscheinlich genöthigt sehen, die kostspielige
inlage wieder zu entfernen, obgleich von Fachmaͤnnern behauptet wird
aß die Rohre gänzlich unschädlich sind. Die Erfahrung lehrt das
Kedentheil.
Ueber die innere Einrichtung des projektirten Reichs—
tagsgebäudes, wie es sich nach dem mehrerwähnten Modell darstellt,
ei noch folgendes mitgetheilt: Im Hauptgeschoß befinden sich in dem
»orspringenden Mittelbau an der Ostfront und in der Rähe des Sitzungs—
gales die Zimmer des Reichskanzlers und die des Präfidenten des Reichs—
ages, je ein Arbeits- Sprech- und Vorzimmer, daneben einerseits Zimmer
uͤr die Chefs der Reichsämter, andererseits solche für die Schriftführer
Der Sitzungssaal des Bundesraths liegt in dem Eckthurm, an der Süd—
stseite (Sieges-Allee), daneben die Zimmer für dessen Ausschüsse. In
der Nähe des Präsidiums hat der Bureau-Direktor sein Amtszimmer.
Den Eckthurm an der Nordostecke (Spree) nebst den daranstoßendeu
Zimmern nehmen die Amtsräume der Bibliothek ein. Ueber den Vestibülen
in der Nord- und Südseite befindet sich je ein größerer Fraktionssaal.
Die Restauration ist in dem Eckthurm an der Südwestseite und dem
daranstoßenden größeren Saale nach dem Königsplatze zu gelegen. Im
llebrigen findet sich hier eine Anzahl Lese-, Schreib- und Sprechzimmer.
Das erhöhte Erdgeschoß enthält im Mittelbau nach der Ostseite wesent—
ich die Stenographenzimmer, an der Nordostseite unter den Bibliotheks—
äumen der Hauptetage die Zimmer der Registratur und daranstoßend
im Lichthof die Kanzlei; zugleich sind hier im Innern nach den Lichthöfen
zu Post, Telegraphie und Telephone untergebracht, die übrigen Räume
in dem Geschoß sind meist Sitzungssäle für Abtheilungen und Fraktionen.
Im oberen Geschoß ist die ganze Nordfacade (Spree) zu Bücherräumen
der Bibliothek betimmt. Die Ostfront nehmen fast ausschließlich die
Arbeitszimmer (11) für die Vertreter der Presse ein. In dem durch
dieses Geschoß hindurchgehenden Sitzungssaale und in der Höhe desselben
hefinden sich auch die Zubörertribünen. Die Tribünen enthalten im
Banzen, 449 Plätze; da die Journalistentribüne in Uebereinstimmung mit
hrer bisherigen Ausdehnung 60 Plätze erhält, so bleiben für“ Hof,
Diplomatie, Bundesrath, Abgeordneie und das Bureau des Hauses 389
e verfügbar. während das jetzige Parlamentshaus nur 270 Plätze
enthält.
Ein perneluuungß mohile von Andreas Schlüter.
Nach, dem Einsturz des Münzthurmes im Jahre 1706 verlor zwar
Schlüter — für welchen demnächst am Hause Bruͤderstraße 33 eine Gedenk—
afel angebracht werden soll — seine Stelle als Schloßbaudirektor, als
dofbildhauer aber und Rektor der Kunstakademie blieb er in Thaͤtigkeit,
is Friedrich Wilhelm J. bei seinem Regierungsantritt diese Aemter einfach
trich und so den ehedem gefeierten Künstler subsistenzlos machte. Er
zing im Herbst 1713 nach Pelentnh wo er schon Mai 1114 starb
iachdem er sich durch Arbeiten und Entwürfe aufgerieben hatte.Die
etzte Beschäftigung während seiner Krankheit war die Herstellung eines
Perpetuum mobile, welches ihm, wie es scheint, die Zuͤneigung Peters
des Großen in hohem Grade sicherte. Wenngleich es traurig ist, einen
Projekt der Wiederherstellung des Heidelberger
ZSchlofsses. Der Bildhauer A. Scholl aus Mainz hat die Erhaltung
ind theilweise Wiederherstellung der künnslerisch bedeutenden Theile des
deidelberger Schlosses, des Otto-, Heinrich- und Friedrich-Baues, ange—
egt. Herr Scholl hatte bereits im Monate April 1881 dem Großherzog
»on Bäden die Bitte vorgetragen, unter seinem Protektorate ein Kon—
ortium von Fachautoritäten zusammenzuberufen, um den Zustand der
Ruine zu untersuchen und zu berathen, in welcher Weise dem immer
veiter uͤm sich greifenden Verfalle vorzubeugen wäre. Zum Zwecke ein—
zehender Verhandlung trat Scholl sodann mit dem Finanzministerium
n Beziehung, welches ihn durch, die Bauinspektion zu Heidelberg auf—
ordern ließ, eine weitere Entwickelung seiner Ideen zu geben. Der
Heidelberger Schloßverein stellte zugleich zum Zwecke der, Vorarbeiten
ine nicht unerhebliche Summe zur Verfugung. Im Frühjahre 1882
prach sich die Ober-Baudirektion zu Karlsruͤhe ebenfalls für die Noth—
vendigkeit und Dringlichkeit einer umfassenden Widerherstellung aus.
Scholl beantragte auch auf der Generalversammlung des Verbandes
deutscher Architekten: uud Ingenieurvereine in Hannover im August
1882 die Wiederherstellung des Heidelberger Schlosses und in der Haupt—
itzung faßte derselbe einstimmig den Beschluß, dem deutschen Volke die
Lrhaltung des Schlosses als eine Ehrenpflicht an's Herz zu legen.“
Diesem Veschlusse schlossen sich inzwischen die Generalversammlung
deutscher Geschichts. und Alterthumsvereine, sowie der Hauptvorstand der
aillgemeinen deutschen Kunstgenossensbaft an. Es liegt nicht in der
Absicht, das Schloß in seinem ganzen Umfange zu erneuern, sondern
es in seinem jetzigen Zustand daüernd zu erhalten, und zum Zwecke
dieser Erhaltuͤng ist eine Ueberdachung des Otto-Heinrich-Baues unum—
zänglich nothwendig. (Civil⸗-Techniker.)
Ueber Zimmerböden. Durch Untersuchungen und Forschungen
der jüngsten Zeit wurde dargethan, daß das gegenwärtig allgemein ver—
vendete Material zur Ausfüllung der Zimmerböden vom sanitären
Standpunkte aus verwerflich ist, da dasselbe gesundheitsschädliche Sub—
tanzen enthält, deren Beseitigung durch Anwendung von bisher gekannten
Desinfektionsmitteln nicht gelungen ist. Diese hochwichtige Angelegenheit
vird nunmehr in einer ihrer großen Bedeutung und Tragweite ent—
prechenden Weise sowohl von der Tagespresse, wie insbesondere in wissen—
chaftlichen Journalen eingehend diskutirt, und bildet den Gegenstand
orgfältiger Studien in ärztlichen und, technischen Vereinen. Ruch der
Verein der Zivil-Techniker Niederösterreichs hat sich dieser Frage bemäch—
igt, und zum Studium derselben ein besonderes Komité eingesetzt,
velches über geeignete Mittel zur Verbesserung der üblichen Decken—
onstruktionen, sowie über Maßregeln zur Beseitigung der im Füllmateriale
»orhandenen gefährlichen Substänzen berathen und diesbezügliche Vor—
chlaͤge erstatten soll. Mag nun immerhin das Bessere des Guten Feind
ein — in dem Sinne nämlich, daß mit der Zeit das gegenwärtig ver—⸗
wendete Füllmaterial etwa durch ein anderes von Fäulnißstoffen freies
ersetzt wird, oder daß eine andere, von der bisherigen abweichende Decken—
onstruktion zur Anwendung kommt — so ist doch zunächst das allge—
neine Streben dahin gerichtet, die dem Bauschutt anhaftenden faulen
Irganismen und die in demselben befindliche Brut von Ungeziefer auf
einfache und radikale Weise zu vernichten. Es handelt sich somit in
erster Linie darum, den wegen seiner Billigkeit und leichten Beschaffung
mit Vorliebe verwendeten Bauschutt derart herzurichten, daß er ohne
Nachtheil für die Dauerhaftigkeit des Baues, und was noch mehr gilt,
ür die Gesundheit der Bewohner verwendet werden kann. Dahin
zielende Versuche sind auch bereits vielfach mit mehr oder minder günstigem
Erfolge gemacht worden. Ein dem Wiener Bautechniker Adolf Keßler
vor ca. 2 Jahren patentirtes Röstverfahren soll sich in der Praxis be—
reits vielfach bewährt haben. Es wird hiebei der Bauschutt in einem
»esonders konstruirten Röstofen, der sich ohne besondere Vorkehrungen an
edem beliebigen Platze des Baues aufstellen läßt, einer hohen Temperatur
ausgesetzt, wodurch die in demselben enthaltenen thierischen und pflanz—
ichen Organismen vollends zerstört und so die schädlichen Beimengungen
»eseitigt werden. Es dürfte sich nun wohl der Mühe lohnen, der Sache
räher“ auf den Grund zu sehen, und zu prüfen, in wie weit die von
—J Keßler angegebene Methode den gestellten Anforderungen entspricht.
Is würe hierdürch ein weiterer Schritt zur Lösung dieser brennenden,
alle Kreise der Gesellschaft in gleichem Maße interessirenden Frage ge
tha Bautechniker.)