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Sinsturz des Barmer Rathhauses. — Amerikanische Arbeiterwohnungen.
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Ueber den gefahrdrohenden Zustand des
Rathhauses in Barmen.
Wenn man bedenkt, daß das im Jahre 1875 ausgeführte
Rathhausgebäude 800000 Mk. Kosten verursacht hat, von denen
allein 200000 Mk. auf die jetzt in Frage stehenden Hallen ent—
allen (wozu sind dieselben überhaupt erbaut, wenn sie nur 1800
»is 2000 Mtk. einbringen und den dahinterliegenden Räumen nur
ndirektes Licht geben?) und jetzt bereits wieder 61000 Wäk. ver—
angt werden, um den gefahrdrohenden Zustand des betr. Gebäude—
heiles zu beseitigen, dann kann man sich lebhaft vorstellen, daß
. Bewilligung dieser Gelder mit einem gewissen Widerwillen er—
olgt ist.
Wenn sich bei dem Beschlusse auch noch Stimmen gegen die
Nojektirte Ausführung fanden, so war es doch schon im öffentlichen
Interesse und der Sicherheit wegen allein erforderlich, rechtzeitig
einem Unglücksfalle, der durch Einsturz des Hallentheiles nach dem
Irtheile der Sachverständigen nicht ausgeschlöfsen war, vorzubeugen.
Zo unliebsam dies Vorkommniß ist, das von der Stadt erneute
Opfer fordert, so konnte in anderer Hinsicht die Gemeindevertre—
uung mit allem Recht nicht die Verantwortung für die Folgen
einer Gefahr, die wie hier klar zu Tage liegt, auf sich nehmen,
Mit dem Ausbau der Hallen, wird demnächst unter Leitung des
*tadel nmeisters Winchenbach begonnen werden. —.
Wie wir in Nr. 9 unseres Blattes berichtet hatten, droht
das erst vor 8 Jahren mit einem Kostenaufwande von 800000 Mk.
erbaute Rathhaus einzustürzen.
Wir haben uns von authentischer Seite eingehenden Bericht
iber die eigentliche Sachlage erstatten lassen, den wir nachstehend
hringen:
Der gefahrdrohende Zustand einiger Pfeiler der Rathhaus—
hallen (Kolonnaden) wurde zuerst in der Stadtverordnetensitzung
vom 17. Januar 1882 zur Sprache gebracht und die Prüfung
der Angelegenheit der Baukommission übergeben. Die letztere hatte
hre Aufmerksamkeit schon längere Zeit der Erweiterung der Risse
in den Pfeilern und Gewölben der Halle zugewandt.
Da in den Kommissionen verschiedene Meinungen über den
BFrad der Gefahr der beobachteten Risse herrschten, so wurde die
Finholung von Gutachten auswärtiger namhafter Sachverständiger
beschlossen. Wir bemerken vorher, das Seitens des Stadtbhauamtes
die Last, welche jeder der einzelnen Pfeiler zu tragen hat, auf
127000 Kilo oder auf 28,5 Kilo pro Quadrateentimeter berechnet
var, welche Belastung sich jedoch bei einzelnen Pfeilern, welche
um ein geringes aus der lothrechten Linie gewichen sind, infolge
des schiefen Druckes auf 37 Kilo pro Quadratcentimeter erhöht.
Die erwählten Sachverständigen, die Herren Professor und
Baurath Raschdorff aus Berlin und Architekt Wiethase aus Köln,
erstatteten ihr Gutachten gemeinschaftlich, während der dritte Sach—
verständige, Herr Reg. und Baurath Denninghoff aus Düsseldorf
sein Gutachten besonders abgab.
Beide Gutachten stimmten darin überein, daß das Auftreten
der Risse der mangelhaften Fundirung der Pfeiler und der fehler—
haften Ausführung des Werksteinmauerwerks zuzuschreiben sei, ins—
besondere der verkehrten Bearbeitung der Werkstücke, welche meist
auf den Kopf gestellt sind (allerdings ein grober Verstoß gegen die
Regeln der Baukunst, welcher der Bauleitung entschieden nicht ent—
gehen durfte) und in dem mangelhaften Versetzen derselben unter
Anwendung eiserner Keile. (Wozu sind solche erforderlich?)
Auch stimmten beide Gutachten darin überein, daß eine
augenblickliche Gefahr für den Bestand der betreffenden Gebäude—
theile nicht vorhanden sei, daß es aber doch geboten erscheine,
Maaßregeln zur Sicherung derselben zu ergreifen.
Namentlich Herr Denninghoff bezeichnet dieselben als drin—
gend erforderlich, da nach seiner Aussage kein Techniker der Sache
nmit Ruhe zusehen, oder Garantie übernehmen könne.
In Bezug auf die Mittel zur Anwendung der Gefahr gehen
die Gutachten etwas auseinander.
Die von den Herren Raschdorff und Wiethase für den Fall,
daß die Hallen erhalten bleiben sollen, vorgeschlagene Auswechselung
und Erneuerung der Pfeiler verwirft Herr Denninghoff durchaus,
weil die Sicherstellung der Pfeiler einfacher durch eine Eisenkon—
ttruktion hergestellt werden könne (wir theilen diese Ansicht) und
die Erneuerung der Pfeiler eine sehr gefährliche Arbeit sei (ganz
cichtigl) und für den Bestand des Gebäudes doch nicht absolute
Sicherheit biete, indem diese nur durch Herstellung einer besseren
Verbindung der Fundamentmauern, welche jetzt äan der Vorder—
wie Hinterfront nur aus einzelnen Pfeilern bestehen, sowie durch
Aufführung einer Anzahl von Quermauern zwischen den beiden
Frontwänden, um dieselbe in feste Verspannung und Verbindung
zu setzen, gewährleistet werden könne.
Zur dauernden Sicherheit des Gebäudes wird der vom Stadt-—
bauamte mit 62500 Mk. Kosten projektirte Umbau der au. Hallen
zu Büreauräumen vorgeschlagen.
Nachdem die beiden Stadtbaumeister in allen Punkten
den im Denninghoff'schen Gutachten entwickelten Anschanungen bei⸗
getreten waren, wurde am 9. Juni 1882 die Ausführung des
Projektes mit allen gegen 2 Stimmen beschlossen. Man war in
der weiteren Instanz allerdings mit dieser Ausführung noch nicht
recht einverstanden, sondern verlangte die Aufstellung eines Pro—
jektes, in welchem nur die nöthigen Sicherungen der Hallen durch
Verstärkung der Pfeiler und Bögen vorgesehen waren und welche
Ausführung 35000 Mk. Kosten verursachen sollte. Stadtbhauamts-
seitig wurde darauf hingewiesen, daß dies Projekt nicht zu em⸗
pfehlen sei, weil hierdurch die architektonische Erscheinung des
Rathhauses beeinträchtigt werde und die Hallen für Marktzwecke
doch nur geringen Werth behielten.
Das letztere Projekt wirde mit Recht abgelehnt, der Ausbau
der Hallen aufrecht erhalten, außerdem der Bau einer neuen Markt⸗
halle beantragt und die Summen von 61000 resp. 18000 Mk.
hierzu mit 19 gegen 7 resp 24 gegen 2 Stimmen in der Stadt⸗
herordnetensitzung vom 13. Februar 1883 bewilligt.
Amerikanische Arbeiterwohnungen.
Es wird unsere Leser sicher interessiren, zu erfahren, wie
das praktische Amerika über Arbeiterwohnungen deukt, nachdem
wir vor Kurzem vom deutschen Standpunkte aus dieses Thema
ausführlich behandelt haben. Dem „New-Norker Trechniker“ ent—
nehmen wir hierüber Folgendes:
Während die Tendenz unseres indnstriellen Zeitalters im
Allgemeinen für die Lage der arbeitenden Klassen nicht besonders
zünstig ist, so zeigt sich doch deutlich das Bestreben, die sozialen
lebelstände, welche durch den Industrialismus entstehen, zu ver—
»essern. Obgleich viele dieser Bestrebungen wegen der Unkenntniß
»er Verhältnisse Seitens der Urheber und der Schwierigkeit der
Aufgabe mißglücken, so verdienen dieselben doch allgemeines Inter—
sse und Ermunterung. Das rapide Wachsen der Stadtbevölke—
ungen, sowie die Gründung von speziellen Fabrikorten hat die
Frage gesunder, guter und billiger Arbeiterwohnungen zu einer
von großer Wichtigkeit gemacht. Auch die Sanitäts-Behörden
saben sich derselben bemächtigt und suchen durch ihre Anordnungen
venigstens die Uebelstände der ungesunden Wohnungen möglichst
u beschränken. Dagegen können dieselben zur Errichtung besserer
Wohnungen wenig oder gar nichts thun, und so bleibt denn diese
vichtige Frage der Selbsthülfe der Arbeiter., oder meitsichtiger
Fabrikbesitzer überlassen.
In sanitärischer Beziehung geht diese Frage den Millionär
»benso viel an wie den Bettler, denn die ungesunden Wohnungen
ind die Brutstätten von ansteckenden Krankheiten, die von dort
aus sich weiter verpflanzen. Um die Wohnungsfrage einer Lösung
näher zu bringen, sind in den letzten Jahren zahlreiche Anstren—
zungen gemacht worden, die indessen nicht etwa in einem senti—
mentalen Sozialismus begründet sind, sondern auf rein geschäft—
icher Basis fußen.
Im Allgemeinen liegen diesen Bestrebungen drei verschiedene
Ideen zu Grunde:
Erstens die kooperative Selbsthülfe der Arbeiter zur Erwer—
huug eines eigenen Heim, wie wir sie in den sogenannten Bau—
gesellschaften vorfinden.
Zweitens, wenn die Urheber oder Besitzer einer Fabrik und
dergleichen sich einen ansässigen, zuverlässigen Arbeiterstamm her—
inbilden und durch gewisse Vergünstigungen an sich zu fesseln
uchen, und drittens die Beschaffung gesünderer und billigerer
Wohnungen, Genuß- und Nahrungsmittel durch die Mithülfe hu—
naner und besser situirter Männer.
Bei der guten Geschäftszeit der letzten Jahre haben diese
Bestrebungen in den Vereinigten Staaten die schönsten Früchte her—
vorgebracht. Besonders hervorzuheben ist die Entwickelung des Asso—
ziatious-Systems, welches es den Arbeitern ermöglicht, sich aus
hren individuellen Ersparnissen eigene. gesunde Wohnungen zu
eschaffen.
Man erwirbt zuerst ein passendes Grundstück, und baut mit
der Anleihe der Assoziation, die hypothekarisch mit dem Antheil—
cheiu des Betreffenden gesichert wird. Augenblicklich steht der
Staat Pensylvania an der Spitze dieses Systems. In der Stadt
Philadelphia allein befinden sich jetzt über 3500 solcher Bau- und
Lehn-Assoziationen mit einem Gesammt-Kapital von 19 bis 20
Millionen Dollars, während in den andern Fabrikstädten desselben
Staates außerdem noch etwa 175 ähnliche Gesellschaften mit einem
entsprechenden Kapital bestehen. Bei einer gesunden Entwickelung
zieser Bewequng wird nicht nur eine augenscheinliche Besserung