Bauprozesse. — Erfindungen. — Brief⸗ und Fragekasten.
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Bauprozesse.
Der Zimmermeister Münster und der Zimmergesell Schling
hatten sich üm 3. April vor der 3. Strafkammer des Landgerichts J.
Berlin wegen fahrlässiger Tödtung zu verantworten. Ersterem
daren umn' vorigen Jahre die Zimmerarbeiten auf dem Neubau
Landeberger Straße 13 übertragen. Am 23. Augnst v. J. sollte
das Balkengerüst daselbst angebracht werden. Münster hatte wegen
Verhinderung seines Poliers den zweiten Angeklagten mit dem
Auͤfziehen der Balken beanftragt und ihm zu diesem Zwecke ein
uͤnfsträhniges, bereits stark abgenutztes Tau übergeben. Während
er Arbeit riß plötzlich dieses Tau und die herabstürzenden Balken
chlugen den auf der Baustelle mit Steintragen beschäftigten Arbeiter
Hiüller auf der Stelle todt. Bei der UÜntersuchung, des Taues
lellte sich heraus, daß dasselbe an der zerrissenen Stelle umwickelt
jewesen war. Da nach dem Gutachten des Bauraths Warsow
iese Umwickelung auf die Schadhaftigkeit des Taues dentlich hin—
vies und beide AÄugeklagte deshalb verpflichtet gewesen wären, das
Tau vor seiner Benutzung auf die Tragfähigkeit zu probiren, ist
denselben von der Anklagebehörde die Verantwortlichkeit für diesen
AUuglückefall aufgelegt worden. Die Angeklagten wiesen jegliche
Schuld um so mehr von sich, als dem Getödteten während des
Balkenaufziehens das Steintragen ausdrücklich untersagt gewesen
ei und derselbe dessenungeachtet seine Akkordarbeit weiter verrichtet
sätte. Außerdem stellte Münster unter Beweis, daß er das frag—
iche Tau wenige Wochen vor dem Unglücksfall einem Seilermeister
zur Reparatur übergeben und dasselbe umwickelt zurückerhalten
sabe. Baurath Profcssor Schwatlo begutachtete, daß das fragliche
Tau ein zwar schoun stark benutztes, zur Tragung von Lasten bis
iber 20 Eentner aber vollständig ausreichend gewesen sei. Die um—
vickelte Stelle des Taues habe zu besonderen Vorsichtsmaßregeln
eine Veranlassung gegeben, weil durch die Umwickelung die Trag
ähigkeit nicht vermindert sei. Das Zerreißen des Taues sei seiner
Ausicht nach durch ein Klemmen oder Queischen beim Ziehen über
die Rolle, wodurch die Umwickelung beseitigt wurde, erfolgt, was
uich bei einem erheblich besseren Tane hätte geschehen können.
Der sicherste Schutz gegen Unglücksfälle ist die Entfernung von
Menschen während des Aufziehens der Balken. Seiler-Obermeister
Beyer weist aus der Art des Risses nach, daß derselbe nicht durch
die schlechte Beschaffenheit des Taues, sondern durch einen plötz—
ichen Ruck erfolgt sein müsse. Beide Sachverständige begutachteten
iuch noch, daß Münster nach der von einem Seilermeister vor—
zenommenen Reparatur des Taues gar keine Veranlassung zu
iner Ausprobirung der Tragfähigkeit desselben gehabt hätte. Staats—
inwalt Thielemanu erachtet aber dennoch beide Augeklagten für
chuldig, und zwar namentlich anch deshalb, weil sie sich mit dem
Veibot' an Müller, während des Balkeuaufziehens Steine zu
rTagen, begnügt und das Ürbeiten nicht gewaltsam verhindert, oder
doch mit dem Balkenaufziehen während des Steinetragens nicht
eingehalten hätten. Er beantragt für Schling 3, für Münster
Monat Gefängniß. Der Gexichtshof folgte aber den Aus—
ührungen des Vertheidigers, Rechtsanwalt Thelen, daß den An—
getlagten nach Erlaß des Verbotes nicht mehr zugemuthet werden
onnte, den Bauplatz jeden Augenblick zu kontroliren, und erkannte
auf Freisprechung derselben.
o der Fortbewegung der Kohle nach dem Roste Einhalt thut.
Diese Heizkästen werden durch einen vorn am Ofen angebrachten
Hdechanismus in Bewegung gesetzt, und wenn sie zurückgezogen
ind, bilden sie mit dem Boden des Kohlenbehälters und den
Stäben des Rostes die Ebene, auf der die Kohle in den Ofen
inabrutscht. Der Ofen ist überwölbt, damit die Flamme und
Zitze mit dem Kessel nicht direkt in Berührung kommen. Die
Füft tritt von vorn in den Ofen ein und wird durch einen
Zümpfer geregelt. Sie geht durch einen in der Backsteinmauer
mngebrachten Zug und dann über das Gewölbe, wo sie die Hitze
es Manerwerkes aufnimmt, passirt daun durch kleine Oeffnungen
n den Heizraum und versieht die frische Füllung mit der erfor—
erlichen“ Luͤft. Diese ist heiß genug, um Gase, die sich ent—
vickeln, in Brand zu setzen; die Verbrennung ist daher direkt, und
z entsteht kein Rauch. Bis die Kohle den Rost erreicht hat, ist
as in ihr enthaltene Bitumen bereits verbranut und bleibt nur
Lokes übrig, welcher die nöthige Luft durch den Rost erhält. An
er Seite des Ofens ist eine kleine Dampfmaschine aufgestellt, mit
velcher eine Stange in Verbindung steht, die an der Vorderseite
ꝛes Ofens vorbeiführt. Diese Stange ist wieder mit Armen ver—
unden, welche den Schnürapparat in Bewegung setzen und die
Stäbe des Rostes schütteln.
Brief⸗ und Fragekasten.
Herrn Maurermeister St. in M. Ihr NMaächbar ist nicht verpflichtet,
Ihnen zu gestatten, daß Sie zum Zwecke der Ausbesserung einer demselben
ugekehrten Wand, zu welcher auf andere Weise ohne unver hältnißmäßig
roöͤße Kosten nicht zuzukommen ist, ein Gerüst auf seinem Grund und Boden
zufftellen. Das Eigenthum ist unverletzlich und kann unter gewissen, im
gesetz vorgesehenen Bedingungen im öffentlichen Interesse ganz oder theil—
veise beansprucht werden, nicht aber von einer einzelnen Person in deren
Interesse. Es wird Ihnen also nichts übrig bleiben, wenn Sie das Gerüst
iuf dem Grundstücke Ihres Nachbars aufstellen wollen, sich dieserhalb mit
»emselben gütlich zu einigen.
Herrn Maurermeister K. X. in Seh. Kalkmilch erhält man, wenn
nan gebrannten Kalk mit viel Wasser übergießt; sie enthält im Wesentlichen
elöschten Kalk, welcher sich allmälig vollständig aus dem Wassesö, absetzt.
die klare Flüssigkeit bildet dann das Kalkwasser, welches an der Luft begierig
dohlensäure anzieht und unlöslichen kohlensauren Kalk abschneidet. Handelt
s sich um die Bereitung eines reinen Kalkwassers, sy löscht man den Kalk
nit Wasser zu Kalkmilch, läßt absetzen und gießt die klare Flüssigkeit, welche
alle im Kalk enthaltenen löslichen Verunreinigungen enthält, fort. Dann
»ührt man den gelöschten Kalk mit reinem Wasser an, läßt wieder absetzen
ind zieht das klare Kaikwasser mit einem Heber ab. Es muß in aut ver—
hlossenen Flaschen aufbewahrt werden.
Herrn Architekt 8. in HU. Unter Hakendeckung versteht man folgendes
Lerfahren: Die zur Verwendung gelangenden Haken sind etwa 8 em lang
ind werden aus Mkeessingdraht hergestellt, welcher die Stärke von Sprung—
ederdraht besitzt. Die Häken werden anstatt der Nägel verwendet, so daß
ie Schieferplatten nicht gelocht und genagelt, sondern mit der unteren Kante
n die Krümmung des Hakens hineingeschoben und somit gehängt werden;
er oben nach der entgegengesetzten Seite gebogene Schenkel des Hakens ist
pitz und wird in die Schaalung hineingeschlagen. Zwischen je 2 Figuren
itzt ein Haken. Die Haken werden nur bei Schaalung verwendet. Bei
laͤchen Daͤchern verdient die Hakendeckung in jedem Fall den Vorzug vor
Nageldeckung, weil bei langsamen Ablauf des Wassers die Nagellöcher das
Wasser leicht durchlassen. Wir halten aber die Hakendeckung überhaupt für
»esser als die Nageldeckung, weil die Nagellöcher gewöhnlich für die Nägel
zu groß geschlagen werden, somit also Veranlassung zu Undichtigkeiten geben
und weil dieselben schon den Anfang zu einem Riß in jeder Schieferplatte
hilden, der sowohl duͤrch die verschiedene Ausdehnung der Dachmaterialien
— Holz, Eisen und Schiefer — als die von Winden erzeugte Bewegung leicht
ergrößert werden kann. Einen weiteren Vorzug dürfte die Hakendeckung
»ei etwaigen Reparaturen haben, insofern die Platte nur aus dem Haken
erausgeschoben und eine neue hineingeschoben wird, ohne die andere zu ver—
etzen. Auf der Wiener Ausstellung war diese Hakendeckung von einem Fran⸗
osen in vorzüglicher Arbeit ausgestellt. In Hannover und Braunschweig
st die Hakendeckung mehrfach ausgeführt.
Herrn Zimmermeister D. in P. Dankend erhalten: wird aufaenommen
verden.
Herrn Bautechniker M. in Pr. E. Die betreffenden Vereinigungen
ind uns ziemlich unbekannt; ihr Wirkungskreis ist jedenfalls ein sehr be—
hränkter. Wir haben gehört, daß der Hauüptzweck, wenu auch nicht der aus⸗
esprochene, der ist, sich gegenseitig zu amüsiren und zwar mitunter in nicht
zanz dezenter Weise. Solite Ihnen viel daran liegen, Genaueres über den
ffiziellen Zweck und Charakter der betreffenden Vereinigung zu erfahren. so
»enden Sie sich wohl am besten direkt an den Vorstand.
Herrn Bauunternehmer A. F. in H. In einer der nächsten Nummern
vird Ihr Wunsch Erfüllung finden; bestimmt können wir niemals ein bin⸗
»endes Versprechen für die nächste Nummer geben, weil die Dispositionen in
er Regel für mehrere Nummern im Voraus getroffen werden müssen.
Die geehrten Leser unseres Blattes bitten wir, den Brief- und Frage—
'asten in ausgedehnter Weise benutzen zu wollen, jedoch können nur solche
Fragen von Abonnenten Beantwortung finden, welche an uns mit An⸗
jabe der vollen Adresse gestellt werden. Die Antwort erfolgt stets unter
Thiffre, im Falle dieselbe aber zu umfangreich ausfallen sollte, auch brieflich.
Die Redaktion.
Erfindungen im Hochbauwesen
und der damit zusammenhängenden Sweige.
Rauchloser Hochofen. Eunglische Fachblätter besprechen
iußerst günstig einen von der Medard Patent Pulley Company
n St. Louis (Missouri, Vereinigte Staaten) errichteten rauch—
losen Hochofen. Nach der diesfälligen Beschreibung befindet sich
nuf jeder Seite des Ofens ein Behälter zur Aufnahme des Brenn—
naterials, welches aus Kleinkohle oder Schlackenkohle besteht. Die
Böden der Behälter sind steil geneigt, in demselben Winkel wie
die Stäbe des Rostes, und außerhalb angebrachte Vorrichtungen
»ewirken, daß dieselben mit den Stäben von Zeit zu Zeit zwei
chiefe Ebenen bilden, auf denen das Feuerungsmaterial durch sein
eigenes Gewicht abwechselnd von den beiden Behältern bis zur
Mitte des Ofens hinabgleitet. Um zu verhindern, daß sich die
Kohle über dem Feuer anhäufe, ist der Boden eines jeden Be—
)älters mit einem umgestürzten Kasten, dem sogenannten Heiz⸗
'asten versehen, der in kegelrechten Zwischenräumen an der Seite
des dem Feuer zunächst befindlichen Behälters angemacht ist und
RKedaktion: H. Diesener in Berlin. — Verlag von Julius Engelmann in Berlin. — Druck von H. S. Hermann in Berlin.
/Udter Berantwortlichkeit des Verlegers.)