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Berichte aus verschiedenen Städten. — Mittheilungen über Ausstellungen.
Während dieser Zeit, und zwar zwei Monate nach dem Brande,
vurde der Frau P., als sie um Auszahlung der auf 1880 M.
rmittelten Brandentschädigungssumme nächsuchte, von der Ver—
icherungsgesellschaft die Antwort zu Theil: „daß die Gesellschaft
einen Zahlungstermin nicht bestimmen könne, so lange die noch
chwebende Untersuchung nicht geschlossen sei, worüber die Be—
schädigte die amtliche Bescheinigung beizubringen habe“. Frau P.
vendete sich nun am 31. Dezember 1880 an die königl. Staats—
anwaltschaft in Verden um Ausstellung der von der Versicherungs—
gesellschaft geforderten Bescheinigung, worauf ihr unterm 10. Januar
1881 eröffnet wurde, daß das Attest über die Einstellung des Ver—
'ahrens nicht ausgestellt werden könne, da die Untersuchung noch
aicht geschlossen sei. Ein weiteres ausführlich begründetes Gesuch
»er Frau P. vom 19. April 1881 blieb gleichfalls ohne Erfolg,
ind erst unterm 7. Juni 1881 wurde ihr die amtliche Bescheini—
zung über Einstellung des Vorverfahrens zugefertigt. Als Frau P.
iunmehr bei der Versicherungsgesellschast Auszahlung der Ent—
chädigungssumme beantragte, wurde ihr nach einer Verzögerung
yon weiteren 6 Wochen von der Versicherungsgesellschaft der Be—
cheid zu Theil, daß die Gesellschaft jede Entschädigungspflicht von
der Hand weise, weil der Euntschädigungsanspruch der P. in Folge
des Ablaufs von mehr als 6 Monaten nach dem Brande (ohne
mnerhalb dieses Zeitraums von der Gesellschaft anerkannt oder
bon den Versicherten eingeklagt zu sein) nach 8 12 Abs. 2 der
Versicherungsbedingungen verjährt sei. Die von der P. erhobene
stlage gegen die Versicherungsgesellschaft wurde in beiden Instanzen
wegen Verjährung abgewiesen. Auf die Revision der P. aber hob
das Reichsgericht III. C.S. durch Urtheil v. 6. 13. November 1883
das vorinstanzliche Urtheil auf, indem es aussprach, daß der Ver—
sicherungsgesellschaft ein Dolus im Prozeß zur Last falle, weil sie
ich auf die Verjährung der Klagefrist berusen habe. „Es kann“,
führt das Reichsgericht aus, „dahin gestellt bleiben, ob nach 8 12
Abs. 2 der Versicherungsbedingungen, inhaltlich dessen: „alle nicht
innerhalb 6 Wionaten nach dem Brande entweder rechtsgültig von
her Gesellschaft anerkannten oder vermittelst Klage geltend gemach—
ten Ansprüche auf Entschädigung mit dem Ablaufe jener Frist er—
löschen“ — schon die nackte Thätsache des Ablaufs jener Frist den
Verlust des Entschädigungsanspruches für den Versicherten nach
sich zieht, oder ob nicht vielmehr nach den Grundsätzen von Treu
und Glauben, von denen des Versicherungsvertrag vorzugsweise
»eherrscht wird, sowie mit Rücksicht auf den präsumtiven Willen
heider Kontrahenten, davon ausgegangen werden muß, daß nur eine
verschuldete Versäumniß des Versicherten, insbesondere ein Verstoß
)esselben gegen die ihm vertragsmäßig obliegende Sorgfalt die er—
wahnte Rechtsfolge herbeiführte; denn die Revision der P. erscheint
scchon aus dem Gesichtspunkte der replica doli generalis als ge—
rechtfertigt. Der Generalagent M., weicher für die beklagte Aktien—
zesellschaft die der P. unterm 27. Dezember 1879 ausgestellte
Polize unterzeichnet hat, und der seiner ganzen Stellung nach zur
Abgabe derartiger, die Gesellschaft bindenden Erklärungen ohne
Weiteres für befugt anzusehen ist, hat der Versicherten gegenüber
die Auszahlung der Entschädigungssumme so lange abgelehnt, bis
ein amtliches Ättest über die Einstellung der eingeleiteten Vorunter—
uchuug beigebracht werde. Der hierin liegenden Aufforderung ist
die P., wie aus dem vorstehend mitgetheilten Sachverhalt erhellt,
iachgekommen. Damit war der Lauf der in 8 12 der Versiche⸗
rungsbedingungen vereinbarten Frist zur Klagestellung bis zur Be—
eudigung der Untersuchung unterbrochen. Eine etwaige Klage—
anstellung von Seiten der P. vor Einstelluug des staatsanwalt—
ichen Vorverfahreus würde erfolglos geblieben sein, da die Bekl.
nach 8 2 der Versicherungsbedingungen zum Schadenersatze nicht
»erpflichtet war, wenn der Brand durch grobes Verschulden des
Versicherten veranlaßt wurde, die Beklagte mithin durch Vorschützung
der Einrede, daß zunächst das Ergebniß der Untersuchung ange—
wartet werden müsse, jede Entschädigungspflicht vorläufig hätte ab—
lehnen können, und voraussichtlich — eutsprechend ihrer außergericht—
lichen Erklärung — auch abgelehnt hätte. Insofern würde die
techtzeitige Klageerhebung sogar gegen das eigene, rechtlich begründete
Interesse der Beklagten verstoßen haben. Bei solcher Sachlage
ällt, wie der Vertreter der Revisionsklägerin mit Recht betont,
der Beklagten ein Dolus im Prozesse zur Last, wenn sie nunmehr,
unter Beiseitesetzung der sie verpflichtenden Handlungen ihres Ver—
treters auf den Ablauf der in 8 21 4. a. O. stipulirten Klagefrist
sich beruft. Und diese Replik des Dolus wird durch die thätsäch—
ichen Erwägungen des Vorrichters nicht getroffen. Die Ein—
rede des Verlustes des Klagerechts aus 8 124. a. O. war dar—
nach um so gewisser zu verwerfen, als zwischen der Ablehnung des
Entschädigungsanspruchs durch die Beklagte und der Kiaaezustel—
lung nur eine Frist von drei Monaten laan.“
Berichte aus verschiedenen Städten.
Aus Hannover wird uns geschrieben: Uns steht ein Strike
er Tischlergesellen nahe bevor. Der Tischler⸗Fachverein
Hannover-Linden mit mehr als 40) Mitgliedern, hat ein Schreiben
in die Meister gerichtet, in welchem erstens die Fordernngen der
Besellen zur Keunntniß gebracht, zweitens die Meister aufgesorderl
verden, in einer Kommissionssitzung des Gesellenvereins zu erscheinen,
im ihrer Stellung zu den Forderungen Mund zu geben. Gefor—
ert wird eine Lohnerhöhnng um 25 pCt., als Minimum aber
inter allen Umständen die Zahlung von wöchentlich 15 Wek.
velcher Betrag auch als niedrigste Abschlagszahlung bei Akkord⸗
irbeiten entrichtet werden soll. Die Arbeitszeit soll beschränkt
verden auf 10 Stunden, Ueberarbeit und Sonntagsarbeit soll nur
nn den dringendsten Fällen stattfinden, dann aber um 331, pCt.
zöher bezahlt werden. Nach angestellten Ermittelungen steht zu
erwarten, daß sämmtliche Meister das Schreiben unbeantwortet
assen und die Arbeitseinstellung abwarten werden. Sie vermuthen,
aß ein allgemeines deutsches Arbeiter-Komité dieses Vorgehen der
Besellen geleitet hat, und schon darnm wollen sie es auf das
Aeußerste ankommen lassen. Von mehreren Seiten ist mitgetheilt
vorden, den strikenden Gesellen habe das deutsche Arbeiterkomité
eine tägliche Unterstützung von 2 Mark zugesagt. Wenn der Strike
in Hannover durchgeführt sei, solle in gleicher Weise in Berlin,
damburg und Leipzig und anderen großen Städten vorgegangen
werden. Die Fachgenossen in Berlin ünd Hamburg sind allerdings
n Vorbereitung begriffen. In gleicher, jedoch etwas ansprechenderer
Weise sind jüngst die Maunrer hier vorgegangen. Diese wurden
„war von der Baugewerker-Innung zurückgewiesen, aber bei den
uicht zur Innung gehörigen Meistern, und diese sind doppelt so
ahlreich, hat ihr maßvolles Auftreten Anklang gefunden, und es
st zu gemeinsamen Verhandlungen gekommen, welche eine Eini—
nung erwarten lassen.
Wien. Elektrisch beleuchtete Wohnungen. Wien
zesitzt bereits ein ganzes Haus, in welchem sämmtliche Woh—
nungen mit elektrischem Glühlichte beleuchtet sind. Es ist dies das
ogenannte Arkadenhaus neben dem neuen Rathhause, welches
iberhanpt mit allen Komfortmitteln der modernen Technik einge—
richtet ist. Falls die Unternehmer ihre Forderungen nicht zu hoch
pannen dürfte sich das neue Syystem racich perbreiten
Zürich. Neubau eines physikalischen Institutes
ür das eidg. Polytechnikum. Da die oben erwähnte Reform
er mechanisch-technischen Abtheilung, nach welcher alle Studirenden
n den letzten Semestern ihrer Studienzeit einen Kursus im phy
ikalischen Laboratorinum zu absolviren hätten, erst nach der Schaffung
er absolut nothwendigen Räumlichkeiten durchführbar wird, so be—
ürwortet der eidg. Schulrath, wie die „Schweiz. Bauztg.“ meldet,
ijachdrücklich und dringend den Neubau eines zeitgemäß ausge—
tatteten physikalischen Institutes, welches in gleicher Weise der
hysikalischen Forschung wie der Technik gewidmet sein soll. Er
yezeichnet diesen Neubau geradezu als eine Lebensfrage für das
idg. Polytechnikum, die, wenn sie nicht ihre baldige Lösung finden
vürde, bleibende Nachtheile für die Schule im Gefolge hätte, in—
em die jetzigen in nothdürftiger Weise hergerichteten physikalischen
Lokalitäten so ungenügend seien, daß jeder Beobachter sofort zu—
geben müsse, ein solcher Zustand könne und dürfe auf die Dauer
ticht bestehen. Möge daher dem chemischen Laboratorium bald
der Bau eines auf der Höhe der Wissenschaft stehenden physi—
alischen Institutes folgen, wodurch der augestrebten und nun bald
urchgeführten Reorganisation des Polytechnikums ein würdiges
Ddenkmal gesetzt würde
Mittheilungen über Ausstellungen.
Internationale Ausstellung von Motoren und
Werkzeugmaschinen für das Kleingewerbe in Wien
IS8MA.“ Nach den bisher aus dem Auslande vorliegenden An—
neldungen beiheiligen sich mit einer Serie von Holzbearbeitungs-
Maschinen die Firmen: Sächsische Stickmaschinenfabrik in Kappel
zei Chemnitz, Ernst Kirchner u Co. in Leipzig, Berliner Werk—
engmaschinenfabrik, vormals L. Sentker in Berlin, Wilh. Ferd
Zipperling in Hamburg und W. Ritter in Altona. Ferner haben
inter Andereu' ihre Betheiligung au der Ausstellung zugesagt:
Baurath Salbach in Dresden (rauchfreier Verbrennungsapparat),
Fohannes Spiel in Berlin (2 Petroleummotoren), R. Wolf.in
Buckau (3pferd. Lokomobile), Buß, Sombarth u. Co. in Buckau
i und u/, pferd. Gasmotoren), Vogel u. Co. in Leipzig Gpferd.
Dampfmaschine), K. Dambacher in Leipzig (3pferd. Dampf—
naschine), Herm. Ulbricht in Chemnitz ime J. E
Reinecket in Chemnitz (diverse Werkzeuͤge für die Metallbearbei