Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 44, Bd. 3, 1884)

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Berichte aus verschiedenen Städten. 
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reuen uns, daß man in neuerer Zeit auch von anderer Seite auf 
diesen Schaden mit Nachdruck hinweist. Vor uns liegt ein sehr 
heherzigenswerthes Mahnwort aus einem Vortrage des Fachschul⸗ 
direktors D. Romberg in Köln, welches die weiteste Verbreitung in 
den Kreisen verdiente, an die es gerichtet ist. Herr Romberg sagt 
1. a. „Das Handwerk wird gewissermaßen als drohendes Ge— 
penst jedem Schüler, der nichts lernen will oder lernt, vorgehalten. 
„Wenn Du nicht besser arbeitest, so wirst Du Handwerker!“ ist 
seider eine sehr gewöhnliche Redensart. Dieses Streben, das Hand— 
werk gewissermaßen zu erniedrigen, ist ein sehr verkehrtes! Gerade 
dem Handwerk sind zur Zeit weit mehr gescheidte Köpfe noth— 
vendig, als einem anderen Beruf. Es giebt sich hentigen Tages 
ein nicht genug zu verurtheilendes Bestreben kund, daß selbst die 
in den beschränktesten Verhältnissen lebenden Eltern ihre Söhne 
ruf höhere Schulen (Miittelschulen) schicken, ohne überhaupt von 
der Fähigkeit ihrer Söhne nur in etwas überzeugt zu sein. Die 
Folge hiervon ist eine Ueberfüllung der unteren Klassen der höheren 
Lehranstalten in erster und dann die Schaffnng eines geistigen 
Bettlerthums in zweiter Linie, denn Handwerker zu werden, wird 
geradezu als eine Schande angesehen. Dieses ganz verkehrte Stre— 
hen nach oben ist ein großes Uebel! Solche Jnngen aber, die ein 
wenig in die höheren Schulen gerochen haben, taugen in der Regel 
nicht zum Handwerk; sie werden „Herren“ im Haudwerke, aber 
eine Handwerker! Diese Sorte von jungen Leuten ist von vorn— 
herein mit einem Vorurtheil gegen ihren Stand erfüllt, so daß sie 
riemals ihren Stand so hoch halten, wie es durchaus noihwendig 
ist. Man klagt heute, daß das Standesbewußtsein gesunken sei und 
daß nur die Zwangsinnungen dies zu heben im Stande wären. 
Pit nichten! In der verkehrten Vorbildung liegt das Uebel. Hier 
st anzusangen, wenn der Stand wieder zu Ehren kommen soll! 
Die Volksschule ist im Großen und Ganzen die Vorschule für das 
Handwerk. Dies sollten alle betheiligten Kreise recht oft beherzigen, 
sann würde die Ueberfüllung des sogenannten Kaufmannsstandes ꝛc. 
»ald aufhören, denn überall herrscht Ueberfüllung, nur nicht im 
dandwerk. Dem Handwerk müssen vor allen Dingen Kreise er— 
chlossen werden, die demselben bisher fremd, ja sogar feindselig 
zesinnt waren.“ — Möchten ähnliche Worte noch recht oft gesprochen 
verden, denn es handelt sich hier in der That um die Bekämpfung 
ind Beseitigung eines tief eingewurzelten Uebels. 
Eine Arbeiterkolonie. Die neueste Nummer des 
„Nordwest“ bringt nähere Meiittheilungen über die Arbeiterkolonie 
zer Gebrüder Howaldt bei Kiel. Die, Firma beschäftigt in ihrer 
Schiffswerft, Eisengießerei und Maschinenfabrik gegen 1800 Ar— 
seiter. Sie begann im vorigen Jahre Wohnhäuser für einen 
Theil ihrer Arbeiter, sowie ihrer Meister in unmittelbarer Nähe 
hrer an der Kieler Föhrde belegenen Fabrikanlagen herzustellen. 
Im Jahre 1883 sind 46 Häuser fertig, geworden. In diesen, so— 
vie in fünf daselbst angekausten Häüsern wohnten am Jahres— 
chlusse 408 Personen. Die Arbeiterhäuser, massiv und unter harter 
Dachung, enthalten je 2 Familienwohnungen von je 3 Zimmern 
iebsi Küche, Keller, Stall. Jedes Haus hat einen kleinen Garten. 
Jedes Doͤppelhaus kommt — ohne den Baugrund zu rechnen — 
duf 6400 Mek. zu stehen. Die Meisterhäuser kosten das Stück 
13.000 Mk. Naͤch Fertigstellung der ganzen Kolonie sollen die 
Haͤuser zum Selbstkostenpreis in das Eigenthum der bei den Herren 
Howaldt Beschäftigten übergehen. Im laufenden Jahre werden 
Jegen 50 Häuser neu errichtet. Die Arbeiter bezahlen 18 Mk., 
die Meister 30 Mk. monatliche Miethe. Die Wohnungen finden 
hereitwillig Miether. Nach dem Plane der Anlage soll die Ko— 
'onie auch eine Kirche, eine Schule, ein Krankenhaus, freie Plätze, 
Spielplätze, öffeutliche Gärten ⁊c. erhalten. 
Torfstreu-Aborte. Die Torfstreu, ein aus Torf ge— 
bildeter, leichter, pulveriger Stoff von geringem Vreise besitzt die 
Figenschaft des Aufsaugungs-Vermögens vom Neunfachen seines 
eigenen Gewichtes. Diese Eigenschaft hat den Ingenieur H. Kleucker 
bon der Firma Bischleb und Kleucker zu Braunschweig veranlaßt, 
diesen Sioff als Streupulver bei Aborten zu verwenden. Dieselben 
iind älteren Streustühlen ähnlich, mit einer selbstthätigen Streu— 
vorrichtung versehen und haben unter Anderem auf braunschweigi— 
schen Bahnhöfen, sowie in den Irrenanstalten Hildesheims Ver— 
vendung gefunden. 
gehörten, im Lauf dieses Jahres von den betreffenden Banunter— 
iehmern bebaut werden. Die bezüglichen Baupläne sind bereits 
ingereicht. Der Käufer des zweiten Grundstücks, der gegenüber 
nuf der westlichen Seite der Straße mit einem stattlichen Neubau 
zie neue Ufer- und Ladestraße eröffnet, hat schon mit der Aus— 
chachtung begonnen. Große stilvolle Wohnhäuser, in ihrer Höhe 
er erweiterten Straßenbreite entsprechend, werden daselbst errichtet 
verden. — Der Neubau des Wolff'schen Telegraphenbureaus an 
»er Ecke der Zimmer- und Charlottenstraße wird ein Prachtbau 
ersten Ranges. Der Bauplatz kostet 210000 Mek. und eine eben— 
olche Summe ist für den Neubau ausgeworfen. Die Postver— 
valtung hat für das Postamt Nr. 12 die Lokalitäten des Erd— 
zeschosses des neuen Gebäudes auf 20 Jahre gepachtet. 
Berlin. Die Bockbrauerei ist die erste Berliner 
Brauerei, die ihre Räume mit elektrischem Licht erleuchtet, 
zu dessen Erzeugung zwei mächtige Dynamo-Elektromotoren auf— 
jestellt sind, die getrennt funktioniren, so daß einer für den andern 
ingeschaltet werden kann und eine Lichtstörung absolut ausge— 
chlossen erscheint. Seit einiger Zeit strahlen 20 Bogenlichtlampen 
nit einer Lichtstärke von je 200 Normalkerzen ihren Glanz über 
die Brauereiräume, den Garten, die Restaurationssäle, den Haupt— 
eingang und die Bellealliancestraße bis zur Bergmannstraße aus. 
womit die diesjährige Bockbiersaison würdig eingeleitet ist. 
Homburg v. d. H. Der Bauplan zu einer neuen katho⸗— 
lischen Kirche an hiesigem Orte hat durch alle Instanzen hindurch 
die Genehmigung erhalten. Der Entwurf rührt von dem bischöf— 
lichen Dombaumeister Herrn J. H. A. Lucas in Mainz her und 
und setzt die Baukosten, ohne innere Ausstattung, auf er. 122000 M. 
fest. Die Kirche wird in altgothischem Stil ausgeführt und ver— 
pricht eine Zierde unserer Stadt zu werden. — en 
Frankfurt a. M. Der größte und umfangreichste städ— 
tische Neubau, welchen die Stadt in neuerer Zeit ausgeführt hat, 
st das am 1. April eröffnete neue allgemeine Krankenhaus 
nit besonderem Hospital für Blattern unweit des Sandhofes an 
der Königsbach. Das großartige Etablissement, in welchem allen 
yygienischen Ansprüchen der Neuzeit vollste Rechnung getragen ist, 
vurde vor seiner Eröffnung durch die städtischen Behörden in 
Augenschein genommen, und derartig befunden, daß seiner Eröff— 
iung zum 1. April nichts entgegenstand. 
Die neue Anlage besteht aus verschiedenen Bauten. Erstens 
»em Hospital für Hautkranke, im Renaissancestyl erbaut. nebst 
„wei zweistöckigen Pavillons, für 140 Patienten berechnet. Im 
Souterrain sind die nöthigen Badezimmer und Desinfektionsräume 
nit dem Wasserluftheizapparate, welcher zur Erwärmung der 
drankensäle in den Pavillons dient. Zur Heilung Gefaugener 
ind 6 Zimmer vorhanden. Zum schnellen Trausport von Speisen 
ind Waͤsche sind Aufzüge angeordnet, zur Entfernung der unreinen 
Wäsche Einwurfsschachte, die bis in den Keller gehen. Die Hei— 
ung der einzelnen Zimmer erfolgt durch sogenannte Sanitätsösen. 
dorridore und Treppen sind feuersicher. Der zweite Bau ist das 
Wirthschaftsgebäude, welches von einem 22 m hohen Thurme mit 
3 Stockwerken überragt wird. In diesem Bau befinden sich die 
die Wirthschaftsräume, Waschküche für infizirte und nicht infizirte 
Väsche, Dampfkochküche, Spülküche und Bügel- und Rollzimmer. 
Im ersten Stockwerk befinden sich die Zimmer für das Dienst— 
dersonal, Badezimmer ꝛc. Das Dachgeschoß ist als Trockenboden 
ꝛingerichtet. Im 4. Stockwerk des Thurmes ist eine weithin sicht⸗ 
»are Uhr mit Schlagwerk angebracht; im 6. Stockwerk sind die 
Reservoirs zur Wasserversorgung der ganzen Aulage aufgestellt. 
Das Wasser wird mittelst einer Maschine hinaufgepumpt und kann 
im Winter nicht gefrieren, da der Raum, in welchem sich die 
Reservoirs befinden, stets durchwärmt, ist. Aus diesen Behältern 
gelaugt das Wasser durch ein Fallrohr von 22 m Höhe in das 
zie ganze Anlage durchziehende Röhrennetz. Als Heizmaterial 
ungirt in den verschiedenen Küchen, Waschräumen ꝛc. der Dampf. 
Die in deun Wirthschaftsräumen, Krankenzimmern ꝛc. sich an— 
ammelnden Dünste werden durch die Ventilation in Sammel—⸗ 
anäle geführt und von da in den Rauchfang des Waschinenhauses 
geleitet, der sie hoch über die Dächer der ganzen Anlage abführt. 
Zur Erholung der Kranken ist auch eine Gartenaulage vorhanden. 
Has Blatternhaus ist getrennt von den übeigen Etablissements 
und wird nach dem zustimmenden Beschluß der Stadtverordneten— 
Bersammlung noch kin großes Gebäude zur Reserve aufgefuhrt, 
velches bei irgend einer ausbrechenden Epidemie beuntzt werden 
roll. Außerdem ist noch ein Beobachtungspavillon für Blattern— 
Verdächtige am Eingange zu dem Blattern-Hospital vorhanden. 
Der Haupteingang zum Krankenhause befindet sich an der ver— 
ängerten Gartenstraße. — ß — 
Berlin. Die Anlage eines Südparkes auf dem Kreuzberge 
cheint sich der Verwirklichung zu nähern, denn es sind mit den 
Berichte aus verschiedenen Städten. 
Berlin. Beachtenswerthe Neubauten. Eine sehr 
lebhafte Bauthätigkeit wird sich in nächster Zeit in der Brücken— 
straße, auf der Ostseite zwischen Wassergasse uͤnd Jannowitzbrücke 
entwickeln. Es werden daselbst die meisten Grundstücke, welche 
bis vor Kurzem zu dem Terrain dieses letzten, unlängst durch 
freihändige Terrainverkäufe aufgelöften kronfiskalischen Holzplatzes
	        

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