Patentirte Kachelöfen mit Steinkohlenfeuerung. — Mittheilungen aus der Praxis.
Patentirte Kachelöfen mit Steinkohlen—
feuerung.
Das Haupterforderniß, welches an eine Heizungs-Anlage
gestellt werden muß, ist, dieselbe so zu konstruiren, daß die Aus—
nutzung des Brennmaterials für den Heizungszweck in möglichst
vollkommenem Maaße erfolgt. Stubenöfen müssen deshalb der—
artig eingerichte werden, daß die in ihnen erzeugte Wärme mit
dem möglichst geringsten Verlust an die Stubenluft abgegeben
wird.
Dieser Aufgabe entsprechen die Kachelöfen, besonders im
Vergleich mit eisernen Oefen, insofern besser, als die Verbren—
nungsgase ihre Wärme auf dem zweckmäßig verlängerten Wege
oon der Heizkammer bis zum Schornstein derartig an die Wände
der Züge und die Kachelbekleidungen abgeben, daß verhältnißmäßig
wenig davon als Verlust in den Schornstein gelangt.
Die eisernen Oefen, welche in vielen Gegenden Deutschlands
noch im Gebrauche sind, haben in neuerer Zeit vielfache Ver—
besserungen erfahren, sodaß sehr zweckmäßige Konstruktionen erreicht
sind. Trotzdem ist nicht daran zu denken, daß sie die Kachelöfen
semals verdrängen werden; im Gegentheil werden letztere ein immer
größeres Terrain ihres Gebrauches erobern, zumal die eisernen
Defen sich mit ihnen sowohl in Bezug auf Schönheit, geruchlose
Wärmeausstrahlung ꝛc. durchaus nicht messen können.
Worin die gewöhnlichen Kachelöfen den gut konstruirten
eisernen Oefen nachstehen, das ist die Schnelligkeit der Wärme—
entwickelung und die Haltbarkeit während des Gebrauches bei
Steinkohlenfeuerung. Der erstere Uebelstand ist nur dadurch zu
beseitigen, daß der Ofen so viel früher geheizt wird, um die
Möglichkeit der Erwärmung bis zum Gebrauche des betreffenden
Raumes zu erreichen, während der zweite Uebelstand, d. h. das
Auseinandergehen der einzelnen Kacheln, besonders bei Stein—
kohlenfeuerung, bei der bisherigen Konstruktion der Kachelöfen nicht
qut vermieden werden konnte.
Diesen Uebelständen hilft jedoch der „Patentirte Kachelofen
für Steinkohlen-Feuerung — Deutsches Reichs-Patent 11862 (System
Schmidt) — von G. Seldis, Berlin W, Potsdamerstraße 1074,
in wirksamster Weise ab. Wir geben im Folgenden eine Beschrei—
bung des Ofens und bemerken, daß die Firma Prospekte mit über—
sichtlicher und genauer Zeichnung franko versendet und in ihrem
Geschäftslokal 2 derartige Oefen in Betrieb hat.
Die Heizkammer, welche das Brennmaterial aufnimmt, be—⸗
steht aus einem Chamottekasten, welcher auf dem Mauerwerk des
Aschenfalles ruht, das auf einer starken Eisenplatte errichtet ist,
und wird aus 2 Seitenwänden, der Hinterwand, der Vorderwand
und dem Deckel zusammengesetzt; ein oberes und ein unteres ihn
umfassendes Eisenband hält ihn zusammen. Das Zusammenhalten
des Kastens ist außerdem dadurch gesichert, daß der Deckel über
die nach oben vortretenden Ränder der Wände greift.
Die Heizkammer ist von den Kachelwänden isolirt und von
der Zimmerlust vollständig umgeben. Es ist Vorsorge getroffen,
daß die Luft unterhalb des Aschenfalles in den Ofen tritt, und
nach ihrer Erhitzung an den Wänden der Heizkammer über dem
Sockelgesims wieder in's Zimmer zurückkehrt.
Durch diese fortgesetzte Cirkulation der Luft wird eine sehr
schnelle Durchwärmung des Zimmers erreicht. Außerdem werden
dadurch die dem Feuer zunächst liegenden Theile des Kachelofens
vor der zerstörenden Wirkung der Erhitzung oder Ueberhitzung in
wirksamster Weise geschützt.
Aus der Heizkammer treten die Feuergase in die Züge des
Ofens, deren Lage und Einrichtung zwar in nichts von der ge—
wöhnlichen abweicht, denen aber eine wesentlich dauerhaftere Kon—
struktion gegeben wurde, weil sie nicht aus Ziegeln und Dach—
steinen, sondern aus starken Chamotteplatten gebildet sind. Um
den Zusammenhang der Kachelfugen zu wahren, sind über die
vertikalen Fugen Eisenklammern gelegt.
Da die Klammern sich in heißem Zustande nur in meßbar
geringer Weise ausdehnen und nach ihrem Erkalten stets wieder
die ursprüngliche Form annehmen, so zwingen sie die Kacheln,
welche sie ümfassen, in der ihnen vom Töpfer gegebenen Lage
dauernd zu verharren, und machen es unmöglich, daß die einzelnen
Schichten durch Ueberheizung des neuen Ofens oder durch längeren
Gebrauch eines Brennmaͤterials von der Intensität der Steinkohle
gelockert werden.
Es scheint uns durch diese Konstruktion die Aufgabe gelöst
zu sein, den Kachelofen so einzurichten, daß das alljährliche Zu—
schmieren der geöffneten Kachelfugen nicht mehr nöthig ist, ja daß
die Kachelwände überhaupt keine Zerstörung zeigen, so lange auch
der Ofen bestehen mag. Die Konstruktion dürfte daher auch be—
sonders für theures Kachelmaterial, wie z. B. bei den altdeutschen
Defen, zu empfehlen sein.
Das bei den Oefen alter Konstruktion meist zuerst eintretende
Zerspringen der Kacheln und Sockelgesimse über den Thüren wird
durch eine neue und eigenthümliche Verbindung der Aschfall- und
Heizthür verhindert.
In demselben Maaße sind die berecchtigten Klagen über zu
angsame Erwärmung der Zimmer bei den Palentkachelöfen für
Steinkohlenfeuerung gehoben, denn die Luftzirkulation ist wie bei
den besten eisernen Mantelöfen in einfachster Weise erreicht, da
chon einige Minuten nach Entzündung des Brennmalerials warme
Luft durch den oberen Luftauslaß in das Zimmer tritt.
In leichter Weise können diese Oesen in Schulzimmern,
Lazarethen, Restaurationen ꝛc. zur Ventilation eingerichtet werden.
Die Reinigung erfolgt wie bei den Kachelöfen alter Kon—
jtruktion; auch kann das Material eines alten Ofens bei Einrich⸗
ung desselben in einen Patentkachelofen vollständig benutzt werden.
Die Kosten des neuen Ofens sind wenig höher als die eines
alten, weil besonders die äußere Ausstattung keine kostspieligere
vird. Die Arbeit des Aufstellens ist erleichtert, weil fie verein—
acht ist, sodaß Fehler des Setzers weniger leicht vorkommen können,
als bisher, zumal es dem Arbeiter nicht mehr überlassen ist, gerade
das Wichtigste des ganzen Ofens, die Heizkammer, nach Gutdünken
mordnen zu können.
Bei Oefen dieser neuen Konstruktion ist man vor Allem nicht
nehr genöthigt, auf die Wahl des Brennmateriales besondere
Rücksicht zu nehmen, sondern man kann in denselben ebenso gut
Steinkohlen, als Holz und jedes andere Heizmaterial brennen, ohne
inen Schaden für den Ofen, wie bei der alten Konstruktion, be—
ürchten zu müssen.
Außer in vielen Privatgebäuden in Berlin und in der Pro—
dinz hat die Firma ihre Oefen ausgeführt:
Vor 4 Jahren in der Kavallerie-Kaserne zu Brandenburg a. / H.,
bor 3 Jahren in der Infanterie-Kaserne ebendaselbst und vor
2 Jahren in der Reichsdruckerei zu Berlin. Ueberall ist man,
wie uns vielfach versichert wird, mit der Konstruktion der Oefen,
hrer Dauerhaftigkeit und dem guten Heizungs-Effekt durchaus
zufrieden, sodaß diese „Patentirten Kachelöfen für Steinkohlen—
Feuernng“ nach unserer Ansicht sehr wohl geeignet erscheinen,
dem Kachelofen — dem für Wohnräume geeignetsten Heizuugs—
apparat — den Vorzug vor anderen Heizungs-Methoden, besonders
vor den eisernen Oefen, und immer mehr Verbreitung zu ver—
chaffen. — 8 —
Mittheilungen aus der Prarxis.
Zum Kapitel „Bauprozesse“.
In Nr. 47 v. J. Seite 751 ist von einem Zufriedenheits—
Sendschreiben die Rede, das der Münchener Maͤgistrat an die
Beneralunternehmung der dortigen neuen Wasserleitung, Herren
Phil. Holzmann & Cie. aus Frankfurt a / M., zu richten die „Ge—
vogenheit“ hatte.
Es ist in dem betreffenden Artikel gesagt, wie der genannte
Magistrat nicht „umhin“ konnte, dem Unternehmer wie dessen An—
zestellten die „ganz besondere“ Anerkennung für ihre Leistungen
zu zollen und dabei aber kein einziges Woͤrtchen für die arnien
Arbeiter übrig hatte. Im Anschlusse an jene magistratliche Ge—
vogenheit dürfte es vielleicht nicht ohne Interesse sein, etwas
„Prozeßliches“ von der Münchener Wasserversorgungs-Baute nach⸗
zutragen.
„Der bekannte Bauunternehmer Aird baute einen Theil der
Münchener Wasserleitung, den er jedoch (nachgewiesener Maßen)
nur mit einem Verluste von rund 700 000 Mark zu Ende führen
tonnte und worauf er die Gant anzumelden genöthigt wurde.
Vielleicht darf hier eingefügt werden, daß wahrscheinlich
ene, in erwähntem Schreiben vom Magistrate so hervorgehobene
„absolute Dichtigkeit“, „hervorragende Sachkenntniß“, „sorgsamste
Aufsicht“, „tresflichste Arbeit“, „Einhaltung des vertraglichen
Termins“ und wie all die mehr oder minder folgereichen Klauseln
heißen, einen Hauptfaktor des bedeutenden Defizits von Aird in
ich schließen. Jedenfalls harmonirt es gewiß nicht, wenn der
Beneralunternehmer für seine „Leistung“ mit Lob überschüttet,
der Subunternehmer dagegen für seine Leistung nicht nur keines
Wortes gewürdigt, sondern sein Kapital noch einzuschießen ge—
aöthigt wird. Wrängt sich da nicht selbst dem Laien unwillkürlich
die Frage auf, warum denn iun den augenblicklichen Beweguugen
in der Submissions-Angelegenheit nie die Rede davon ist, daß es
hon vornherein ein verwerflicher Schacher ist, wenn der General—
internehmer (wie dies ja meist der Fall) die ganze, oder doch
immer größere Theile der Arbeit an Subunternehmer vergeben
darf? Merkwürdig, aber sehr einfach! Als Beispiel möge hier
nur kurz eines ähnlichen Eisenbahnbaues gedacht werden, wo der