Die Dekoration der Putzfaçade.
Die Dekoration der Putzfacçade.
Von
Albert Hofmann, Architekt.
Forts.)
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zierig aufsaugen. Besonders zu beachten ist, daß das Material
rei von hygroskopischen Salzen ist, welche bei feuchter Witterung
Beranlassung zu den so schädlichen Effloreszenzen, die das Gemälde
vernichten, geben. Gelöschter, lange lagernder Kalk, rein ge—
vaschener scharfkantiger Quarzsand oder Bimssteinsand und reines
Wasser leisten die beste Garantie gegen das Auswittern und Aus—
lühen von Salzen.
Soll nun eine alte, schon verputzte Mauerfläche mit Fresko—
malerei geschmückt werden, so ist der alte Mörtel überall zu ent—
sernen und die Fugen gut auszukratzen. Alsdann wird, wie auch
»ei neuen Mauern, der erste Bewurf auigetragen. Dieser besteht
iach Gottgetreu aus einem groben, mit kleinen Kieselsteinen unter—
nischten Mörtel, welchem, zum besseren Anhaften auf der Mauer—
läche noch lange Schweinsborsten beigemengt sein können, welche
nit siedendem Leinöl übergossen und wieder getrocknet waren, dann
iuseinandergezupft wurden und nun in den Mörtel kamen. Alle
Fugen müssen mit diesem Bewurf sorgfältig ausgefüllt werden,
im das Zurückbleiben von Luftblasen zu verhindern. Nach erfolgter
Trocknung wird dann die Oberfläche, welche schon die Kohlensaure
»er Luft in sich aufgenommen hat, zerstört. wieder angefeuchtet
ind nun der zweite, und auf diesen der letzte Bewurf, der eigent—
iche Malgrund aufgetragen. Dieser, welchem die größte Sorgfalt
uzuwenden ist, muß vollständig geebnet sein: die verwendeten
Vaterialien müssen durchaus ohne alle Beimengungen von fremden
Bestandtheilen sein. Am besten ist reingewaschener, fein- und
charfkörniger Quarzsand oder Bimssteinsand. Es wird uur soviel
Pealgrund aufgetragen, als Fläche in einem Tag bemalt werden
ann und ist dieser Fläche eine möglichst geradlinige Kontur zu
geben. Das Korn des Grundes verändert sich mit der Entfernung,
ius welcher die Malerei betrachtet wird, jedenfalls aber ist ein
auheres Korn der Dauerhaftigkeit günstiger als ein feines, weil
rsteres das Einsaugen von Farbe und Flüssigkeit mehr ermöglicht.
Beglättet wird der Malgrund durch Auflegen von glattem Papier
ind mit der Polirkelle. Erst wenn der Malgrund soviel von
einem Wassergehalt verloren hat, daß er im Stande ist, neue
Flüssigkeit einzusaugen, kann mit dem Malen begonnen werden.
die Malerei ist im eigentlichen Sinne des Wortes Meosaikmalerei,
za die einzelnen Töne in ihren Nüancen unvertrieben aneinander
zesetzt werden, die aufsaugende Eigenschaft des Grundes verhindert
edes Vertreiben. Ein freier, entschlossener und breiter Strich,
roße, wenig detaillirte Zeichnung sind die charakteristischen Eigen—
eten dieser Malerei.
Freskogemälde, welche aus irgend einem Grunde mit dem
Zerfall ihrer Unterlage auch dem Untergange preisgegeben sein
vürden, können abgelöst werden. Schon die Aedilen Murena und
Larro in Sparta ließen, wie Plinius im 35. Buch, Kap. 49,
nerichtet, das Tünchwerk, welches ihnen seiner vortrefflichen Malerei
vegen sehr gefiel, in Rahmen fassen und nach Rom bringen; das
Verfahren jedoch wird von Plinius nicht erwähnt. Nach einer
etzt gebräuchlichen Methode wird die Malerei auf ihrer vorderen
Fläche mittelst eines Leimes von ziemlich dickflüssiger Konsistenz
nit starker Leinwand überzogen und dann unter Anwendung einer
dage eigener Konstruktion von der Wand gelöst, um in einen
stahmen gebracht zu werden. Ist die Malerei an ihrem neuen
Bestimmungsorte augebracht, so wird die Leinwand der Vorder—
läche wieder durch Wasser abgelöst und die beschädigten Stellen
es Bildes einer Retouche unterzogen. Sollen Freskogemälde als
ltelier⸗ und Staffeleibilder hergestellt werden, so wird ihre Mörtel—
interlage in einen durch Eckverbindung gegen Verschieben ge—
chützten eisernen Rahmen gebracht, in welchem sie auf einem engen
vitter von Messingdraht ihre Auflage findet. Der Messingdraht
st gut durchgeglüht. Die erste und unterste Lage des Mörtels
esteht aus Cement und grobem, lehmfreiem Sand, die zweite
Lage aus Kalk und feinem Sand. Ein Auftrag von heißem
Pech auf der Rückseite schützt das Gemälde vor Eindringen von
Feuchtigkeit an etwa feuchten Aufstellungsorten.
Ein auf dem erhaltenden Prinzip der Freskomalerei be—
uhender Façadenanstrich al fresco verdient seiner großen Dauer—
—V gleichfalls
ijaß in Naß und geschieht der Anstrich auf die letzte, feine Putz⸗
nörtelschichte. Bei Imitation von Werksteingefüge kann auch die
nonumentaͤle, natürliche Steinpolychromie in ihrer Nachahmung
azu dienen, die Flächen wirksam zu beleben. Eine größere
dauerhaftigkeit giebt diesem Anstrich den Vorzug nor den aewöhn—
ichen Kalkfarbenanstrichen.
Forts. folgt
Nachdem die Freskomalerei in Pompeji und Herculanum
zleich den scheidenden Strahlen des Abendrothes nochmals auf⸗
euchtete, zerfiel auch sie mit dem Zerfall des großen, einst mäch—
igen, jetzt morschen und moralisch untergrabenen Römerreiches.
Die byzantinische Periode bemächtigte sich ihrer; aus den
Zeiten Konstantins des Großen, also aus dem 4. Jahrhundert
iach Christus sind noch Spuren vorhanden, aber die Auffassung
»er Motive ist eine so kindlich naive, die Dinge und besonders
die menschliche Figur treten in so primärer Auffassung auf, wie
iie die Kulturvölker auf ihrer ersten Entwickelungsstufe zeigen, Erst
im 13. Jahrhundert versuchten sich italienische Meister wieder in
ieser Technik, die denn auch nach Deutschland übertragen wurde.
Ihre eigentliche Wiedergeburt jedoch feierte die Freskomalerei erst
m 16. Jahrhundert, als die Künste und Wissenschaften sich ver—
üngten und Forschungen nach der Antike neues Leben unter die
Jebildeten Stände brachte und das stagnirende Blut der Künstler
sener glorreichen Jahrhunderte schneller rollen machte. Raphael
und Michel-Angelo schufen die herrlichen Schöpfungen im Vatikan
und in der Sixtinischen Kapelle, ein Fest für das Auge und eine
Freude für die Seele. Doch die Flamme, die am heüsten lodert,
derzehrt sich am schnellsten: Schon die künstlerische Nachkom—
nenschaft dieser großen Meister waren der großen Naturauffassung,
vie sie die Freskotechnik fordert, nicht gewächsen, sie vernachlässig—
ten sie, und so lag sie brach, wie ein unbebautes Ackerfeld, das
vohl Unkraut und verkümmerte Gewächse trägt, dem aber die Be—
arbeitung fehlt, um etwas Gutes hervorzubringen. Den Künstlern
des Anfangs des 19. Jahrhunderts war es vorbehalten, die edle
unst des al fresco zum zweiten Male, unterstützt durch gediegene
denntnisse und wahre, große Naturauffassung, zure Blüthe zu
bringen. Cornelius, Overbeck, Schadow, Schlotthauer, Zimmer—
mann, Heß und andere waren die Männer, welche unter dem starken
Beistande des großen Kunstmäcenas Ludwig J. von Bayern, die
öffentlichen Sammlungen und die Kirchen Muünchens mit Szenen
nus der Mythologie, der biblischen Geschichte und dem Kriegsleben
chmückten. Jeder Monumentalbau von einiger Bedeutung wurde
im die Mitte des 19. Jahrhunderts mit Freskogemälden von der
dand großer Künstler geschmückt. Wenn in der neuesten Zeit die
Freskotechnik wieder vereinzelter auftritt, sjo liegt der Grund eben
doch an der in unserem Klima verhältnißmäßig geringen Dauer,
der ewig nagende Zahn der Zeit, der schon die Werke der großen
Tinquecentisten stark angegriffen hat, vernichtet noch schneller die
den Unbilden unseres Klimas ausgesetzten Kunstwerke.
Das erhaltende Prinzip bei der Freskomalerei ist die innige
Verbindung der Farbe mit dem Untergrund, weshalb dieser einen
zeständigen Feuchtigkeitsgehalt besitzen muß. Da die Farbe in den
durch Aufnahme der in der Luft enthaltenen Kohlensäure erhär—
enden Mörtel eindringt und miterhärtet, so ist nur die Malerei
bon Dauer, welche naß in Naß aufgetragen wurde, und welche
zurch den sich bildenden krystallinischen kohlensauren Kalk an dem
Untergrund haftet, also fixirt wird. Die verwendeten Farben sind
Erd- und Mineralfarben, welche so zu wählen sind, daß sie von
»em zersetzenden kaustischen Kalk nicht angegriffen werden; alle
»egetabilischeu und animalischen Farben sind demgemäß ausge—
chlossen. Als auf kaustischen Kalk nicht reagirende, zur Fresko—
nalerei sehr geeignete Farben sind zu beachten: Kalkweiß, Neapel⸗
zelb, Spießglanzocker, Nürnberger gelber Ultramarin, Kadmium—
Jelb, Amberger Erde, sämmtliche Ockerfarben, Terra di Siena,
kisenoxyd, Neapelroth, Englischroth, Morellenroth, Kupferbraun,
Umbra, kölnische Erde, Ultramarinblau, Vitriolblau, Smalte,
Veronesergrün, Chromgrün, Graphit, Beinschwarz, Raben- und
Pfirsichschwarz. (Gottgetreu.) Die Farben werden unter Zusatz
von chemisch möglichst reinem Wasser aufgetragen, am geeignetsten
ind Fluß- oder Regenwasser. Der dem zum Untergrunde dienenden
Heörtel beigemengte Kalk muß längere Zeit, 1 Jahr und länger,
chon gelöscht sein, damit er vollständig todt und seinen auf die
Farben schädlichen Einfluß verloren hat. Der Mörtel selbst muß
hon gutem Mischungsverhältniß sein und darf nach fleißiger Be—
arbeitung keine zusammenhängenden Kalktheile mehr enthalten,
welche, besonders wenn der Kalk noch frisch war, an der Luft
vieder an zu arbeiten fangen und in der Fläche Blasen und
Sprünge erzeugen, in deren Folge größere oder kleinere Putzflächen
ich ablösen und so das Gemälde zerstört wird. Was die Qualität
der zu bemalenden Mauer anbelangt, so ist diese, wenn sonst die
Wahl des Materiales frei steht, am geeignetsten aus Ziegelsteinen
herzuͤstellen, welche gut durchgebrannt find und das Wifser be—