Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 44, Bd. 3, 1884)

Erfindungen im Hochbauwesen. — Literaturbericht. 
In einer Längenausdehnung von 180 m und einer Breite von 
170 m ist das Bauwerk mäͤchtig hingelagert. Poelaert hat sich 
zIn keinen bestimmten Styl gehalten, sondern sich griechischer, rö— 
mischer, alägyptischer und vor Allem, namentlich auch in dem 
Janzen Aufbau assyrischer Motive bewußt bedient, die er in mo— 
dernem Geiste auszugestalten versuchte, und hauptsächlich wohl 
unch Mafsenwirkung einen überwältigenden Eindruck erzielen wollte. 
Aus dem nahezu quadratischen Gebäudekomplex, der mit ge— 
waltigen Säulenstellungen versehen ist, steigt in mehrfacher Ver— 
jüngung, von Säulen umgeben, mit vergoldeter Krone abschließend, 
die Kuppel bis zu einer Höhe von 122 m empor. Unter dieser 
Zuppel liegt der große Wartesaal (Salle des Pas Perdus), der 
allein 3000 qm mißt, und in dessen Mitte man in die Wölbung 
der Kuppel bis in eine Höhe von 97,5 mm hinaufschaut. Der 
Palast enthält außerdem 27 große und 245 kleinere Säle für die 
erschiedenen Dienstzweige, alle auf's Reichste ausgeschmückt, sowie 
acht Höse. Die zum Bau und zur Dekoration verwendeten Ma— 
—000— 
beschaffen konnten. Der Bau ist gewissermaßen unzerstörbar und 
wird den Namen Poelaert's bis in die spätesten Zeiten tragen. 
Das Riesenwerk hat aber auch bereits jetzt die ungeheure 
Summe von 45 Miillionen Franks verschlungen, womit indeß die 
Rechnungen noch nicht abgeschlossen sind, da es sich jetzt darum 
handeln wird, durch massenhafte Expropriationen eine des Baues 
bürdige Umgebung zu schaffen. Von welcher Seite man sich aber 
auch bereits jetzt schon der Hauptstadt Belgiens nähert, sieht man 
das kolossale Gebäude Stadt und Land beherrschen,. An einem 
so großartigen Unternehmen muß natürlich die Kritik hie und da 
Verschiedenes auszusetzen haben, aber daß im Großen und Ganzen 
die Durchführung der dem Gebäude wohl hauptsächlich zu Grunde 
liegenden Idee — dem zwar räumlich kleinen, aber thatsächlich be— 
deutsamen belgischen Staatswwesen einen kraftvollen Ausdruck zu 
zeben — gelungen ist, dazu kann man die Belgier beglückwünschen. 
P 
Erfindungen im Hochbauwesen 
und der damit zusammenhängenden Sweige. 
Ueber eine Vorrichtung, um Thüren, Fenster, 
Läden ete. in verschiedenen Stellungen festzustellen. 
Dem Herrn Carl Julius Wolff in Groß-Gerau ist eine 
Vorrichtung patentirt (De R.P. Nr. 18189), welche den Zweck 
hat, Fenster, Thüren ꝛc. in jeder beliebigen Stellung feststellen zu 
können. Dieselbe besteht aus einem kreisförmig gebogenen Winkeleisen 
welches einen Kreisausschnitt von 1800, 900 oder einen kleineren 
umfaßt. Der Radius desselben kann nach Gutdünken ein 
zrößerer oder kleinerer sein. Anstatt des Winkeleisens kann 
auch hochkantiges Flacheisen oder sonstiges Façoneisen verwendet 
werden. 
An einem Ende hat das Winkeleisen durchlochte Lappen, 
welche bei Fenstern durch Schrauben an dem Fensterrahmen oder 
in der Holzbekleidung der Fensternische, bei Thüren an der oberen 
Thürbekleidung oder einem dazu geeigneten Theil der Wand be— 
festigt werden. Bei der Anwendung der Vorrichtung an Thüren 
fann auch das Eisen ganz in den Fußboden eingelassen werden, 
sodaß die Oberfläche desselben mit der Oberfläche des Fußbodens 
in einer Ebene liegt. 
Bei Fenstern empfiehlt es sich, das Eisen an dem Loosholze 
desselben zu befestigen. Sind Rouleaux innerhalb der Fenster— 
nische angebracht, so ist es durch das Anbringen einer einfachen 
Fübrung leicht zu ermöglichen, daß das Herablassen ersterer nicht 
durch die Eisen gehindert wird. 
Bei Fensterläden ist es zweckmäßig, halbkreisförmig gebogenes 
Eisen an der Außenseite des Gebäudes anzubringen. 
Die nach oben hin gerichtete Seite des Eisens ist an mehre— 
ren Stellen durchlocht. Die Anzahl der konisch zulaufenden oder 
mit einem scharfen Rande versehenen Oeffnungen bezw. Löcher zu 
bestimmen, ist dem Ermessen jedes Einzelnen überlassen. Der 
Kugel- oder Kegelverschluß, welcher in diese Löcher eingreifen soll, 
wird in den Fensterrahmen resp. die Thür ꝛc. eingelassen. Dieser 
Verschluß besteht aus einer Metallhülse, in welcher sich eine Spi— 
ralfeder befindet, an der am unteren resp. oberen Ende ein kugel— 
oder kegelförmiger Knopf befestigt ist, der durch die den Verschluß 
haltende viereckige resp. halbkreisförmige Platte zum Theil hin— 
durchgeht. An dem dem Knopf entgegengesetzten Ende hat die 
Spiralfeder Widerhalt. Die Spiralfeder drückt den Knopf fest 
gegen die Platte, so daß, wenn man durch Druck von außen 
diesen eindrückt, derselbe durch die Spiralfeder stets wieder in die 
ursprüngliche Lage zurückgejührt wird 
Der Verschluß ist in den Fensterrahmen so eingelassen, daß, 
wenn man das Fenster öffnet, der Knopf über die Oberseite des 
kreisförmigen Eisens hingleitet und, sobald er an einem Loche des 
letzteren ankommt, durch die Spiralfeder in dieses eingeschnellt 
wird. Soll das Feunster noch weiter geöffnet werden, so hat man 
mit etwas Kraftaujwand den Fensterflügel weiter voranzudrücken; 
der sich frei um sich selbst drehende Knopf tritt durch das Weiter— 
drücken über den Rand des Loches und verläßt dieses bei noch 
veiterem Vorandrücken ganz, indem er die in der Hülse befind— 
iche Spiralfeder zusammendrückt. Bei dem nächsten Loche wird 
der Knopf wieder durch die Feder in dieses eingedrückt, und er— 
zält so der Fensterflügel neuen Halt. 
Für den gewöhnlichen Gebrauch wird sich der in eine Kugel 
endende Verschluß am besten empfehlen, da derselbe bei leichter 
dandhabung unter gewöhnlichen Umständen vollkommen seinem 
Zweck entspricht. Will man dagegen für alle Fälle, also auch 
beim stärksten Sturme gegen das Zuschlagen von Fenstern, 
Thüren ꝛc. gesichert sein, so ist wohl der Kegelverschluß geeigneter. 
Sollen Fenster oder Thüren nun voll geöffnet werden, so 
fällt das zuerst beschriebene Eisen ganz fort. Der Kugel- oder 
Kegelverschluß befindet sich dann in einem Ansatze eingelassen und 
hefestigt, der von Holz oder Metall angefertigt sein kann. Dieser 
Ansatz wird an die Holzbekleidung der Fensternische so angeschraubt, 
daß der Knopf sich auf der oberen Seite befindet und der Fenster— 
lügel ꝛc. beim Vollöffnen leicht über diesen Ansatz hingleitet, in— 
)em zugleich der Knopf hierbei in die Hülse zurückgedruͤckt wird. 
Bei der Anwendung an Thüren wird der Ansatz mit dem Knopfe 
am besten seitlich an der Füllung befestigt. 
Um zu verhüten, daß die Thür beim zu weiten Oeffnen 
Tapete oder Anstrich verletze, ist an dem Ansatze ein kleiner 
knaggen angebracht, der die Thür feststellt. Bei dieser Art des 
Verschlusses kann anstatt der Kugel oder des Kegels auch ein 
kleines Rad oder eine Rolle angewendet werden. 
Dieser Kugel, Kegel- oder Radverschluß kann auch zum 
Schließen von Fenstern und Thüren unter Wegfall des Schlosses 
angewendet werden, wo es nicht auf einen diebessicheren Verschluß 
ankommt. Bei Thüren wird er an der Stelle eingelassen und 
hefestigt, wo sich der Schloßriegel befindet. An der Stelle der 
Thürbekleidung, wo sich die Oessnung für den Riegel befindet, ist 
nine Platte, versehen mit der betreffenden Oeffnung für den Knopf— 
verschluß, angebracht. Bei dem Schließen der Thür tritt der 
Knopf in die betreffende Oeffnung und hält hierdurch die Thür 
zu. Durch mäßig starken Druck kann dieselbe indeß wieder ge— 
oͤffnet werden, und empfiehlt sich aus diesem Grunde ein solcher 
Verschluß namentlich für öffentliche Lokale ꝛzc, da man die Thür 
mit vollen Händen durch einfaches Drücken mit dem Knie gegen 
dieselbe leicht öffnen kann. 
Fenster kann man auf gleiche Weise verschließen, besonders 
penn sich noch zu größerer Sicherheit Vorlegehaken an diesen be— 
iinden. 
Mit Hülfe dieser Stellvorrichtung ist es auch möglich, den 
Luftzutritt zu reguliren, da man, dem augenblicklichen Bedürfniß 
entsprechend, das Fenster resp. die Thür wenig oder weit öffnen 
kann, ohne befürchten zu müssen, daß dieselben bei dem geringsten 
Luftzug ganz aufgerissen oder zugeschlagen werden können. 
Literaturbericht. 
(Fortsetzung aus Nr. 1.1 
In der Einleitung wird das Auftauchen der ersten Keime 
eiiner neuen Kunst im Verfall des römischen Stils einer Be— 
prechung unterzogen und hierbei auf den Einfluß des Christenthums 
auf Bildung neuer Formen, auf den Einfluß der Nationalitäten 
ind der technischen Fortschritte speziell eingegangen und schließlich 
ine geschichtliche Darstellung gegeben. Wir fügen aus der Ein— 
eitung eine Figur bei, welche einen Sänlenfuß in Sa. Prassede 
zu Rom zeigt, bei dem der Säulenschaftanfang mit herabhängenden 
Blättern umgeben ist. 
Das J. Kapitel enthält die Entwickelung der mittelalterlichen 
Formen aus den altchristlichen, und zwar zunächst im Abschnitt J 
die Langbauten basilikaler Anlage, deren erste Periode die vor— 
constantinische, deren zweite Periode die konstantinische Zeit im 
engeren Sinne ist und deren dritte Periode mit der Zeit abschließt, 
vo die Benutzung der Tempel den Heiden definitiv verboten wurde 
und Innocenz 1sich selbstständig von Byzanz machte (um 400). 
In der vierten Periode wurden heidnische Tempel theils behufs 
Neubaues von Kirchen eingerissen, theils zu solchen eingerichtet; 
in der um 420 beginnenden fünften Periode befindet sich der
	        

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