Zur Nothlage der Techniker. — Das Heidelberger Tonnen-System.
SZur Nothlage der Techniker.“
In Nr. 26 Ihres geschätzten Blattes brachten Sie einen
Artikel über die Nothlage der geprüften Techniker in Bayern zur
öffentlichen Kenntniß. Ein jeder Techniker muß Ihnen zu Daͤnk
verpflichtet sein, wenn er sieht, daß Artikel, die zur Verbesserung
seiner Lage dienen, in Fachblättern Aufnahme finden.
Gestatten Sie mir gütigst, daß ich Sie auf einige weitere
Mißstände unseres Standes aufmerksam mache.
Es sind nicht nur die staatsgeprüften Techniker Bayerns
allein, welche über Mangel an Anftellung klagen, sondern auch
in jedem anderen Bundesstaate Deutschlands bekommt man die
Klage der Nichtanstellung immer und immer wieder zu hören.
Fragen wir uns aber, wie ergeht es den Technikern, die auf An—
stellung bei Privatarchitekten zu rechnen haben? Stehen diese viel—
leicht besser da? Wie viele Techniker sind stellenlos, wie viele be—
finden sich in unsicherer Anstellung?
Nicht selten kommt es vor, daß ausgeschriebene Stellen 100
und noch mehr Bewerber finden, darunter akademisch gebildete,
welche sich mit 60 Mark und weniger Gehalt pro Monat anbieten
und zufrieden stellen. Ist dies eines Technikers würdig?
Kein Wunder braucht es daher zu nehmen, wenn wie in
den letzten Jahren verantwortliche Bauführerstellungen mit 100 M.
Gehalt pro Monat ausgeschrieben und hierfür außer der Zu—
muthung Nachtwächterdienste zu verrichten, auch noch Nebenarbenen
während der freien Zeit näch Feierabend und Sonntags gratis
verlangt werden.
Oder — wenn es sich jetzt einzelne Arbeitsgeber anderer
Geschäftszweige angelegen sein lassen die Sonntagsarbeit, was
sehr anzuerkennen ist, von selbst abzuschaffen — so ist man in
unserem Fache bestrebt diese kontraktlich einzuführen.
Ein Passus eines mir vorgelegten Kontraktes lautete: Der
Techniker hat, sofern es der Chef verlangt, ohne Entschädigung
Sonntags Vormittags von 8212 Uhr ihn bei seiner Arbeit zu
unterstützen, während beim Ausbleiben pro Tag 3 M. bei 90 M.
monatlichen Gehaltes abgezogen werden.
Außerdem hatte der Arbeitgeber nur 14 Tage, der Techniker
aber 4 Wochen vorher zu kündigen. Kann dies Gebahren eines
Architekten gerechtfertigt werden?
Dies sind kaum glaubliche Fälle, die sich aber in Wirklich—
teit so verhalten und dabei ist nicht etwa mit zu starken Farben
aufgetragen, eher ist die Lage schlechter als besser.
Woher kommen aber diese Uebelstände? Durch die Ueber—
produktion der Techniker im letzten Jahrzehnt und durch den ge—
ringen Zusammenhalt, durch die Uneinigkeit der Techniker unter
sich. Es wäre wohl an der Zeit, und ich spreche dabei gewiß im
Interesse vieler Kollegen, wenn derartigen laxen Zuständen ein
Ende gemacht würde und wenn die Techniker zur Wahrung ihrer
Interessen sich endlich einmal vereinigen und zusammenhalten
wollten. G. —
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bei dem Tranusport Mißstände, zu deren Beseitigung unnöthig
iinanzielle Opfer gebracht werden müssen.
Um über die Ausführung einer solchen Abortanlage nach
dem Heidelberger Tonnensystem ein klares Bild zu geben, fügen
wir in den Figuren 1 bis 4 Tonnenabtritte vor, sowohl für pri—
oate als für öfsentliche Bauten geeignet.
Fig. 1 zeigt eine Abortanlage nach dem
Tonnensystem mit Syphonabschluüß und Ven—
ilationsrohr. Anstatt der eisernen Tonnen
nit Rädern werden auch in neuerer Zeit höl—
erne gekuppelte Tragtonnen angewendet. Die
Tonnen stehen im Söuterrain. Der Anschluß
vird durch eine weite Schieberohroerbindung
»ewerkstelligt. Das Abortrohr ist als Ven—
ilationsrohr über Dach hinaus verlängert.
Derartige Kuppeltonnen werden in Wohnhäu—
ern angewendet, welche von 30 und mehr
Personen bewohnt werden und ist dann event.
eine zweimalige Auswechselung der Tonnen
oro Woche erforderlich.
Fig. 2 zeigt eine Abortanlage nach dem
Tonnensystem mit Pissoireinrichtung und Auf—
zug für die Tonne. Die Tonnen stehen im Souterrain und werden
»urch einen Schacht außerhalb des Gebäudes unter Anwendung
eines Flaschenzuges beseitigt. Die Verbindung zwischen Tonne
ind Rohrleitung ist durch
einen Geruchabschluß —
—A
heil hergestellt. Die Ven—
Ailation der Abtrittsräume
indet durch einen neben
dem Küchenkamine aufge—
ührten event. auch heiz—
‚aren gemauerten Schacht
tatt. Das Abtrittrohr ist
ilso nicht wie bei Fig. 1
iber das Dach zu führen,
ondern oben abzuschließen.
kine solche Einrichtung
epräsentirt eine Normal—
Ibortanlage nach dem
System „Mittermaier“ und
ollte, wenn irgend möglich
nach diesem Prinzipbei
Neubauten verfahren wer—
den. Die Tonne kann auf
ꝛiner in Schienen laufen—
den Rollvorrichtung stehen, z;
mittelst welcher die Tonne Fig. 2.
leicht unter den Aufzugskrahn gebracht werden kann.
Der Gebrauch des Heidelberger Tonnen-Systems verbietet
keineswegs das Zuschütten von Spülwasser aus den Nachttöpfen
»der die Einrichtung von sogenannten Wasser-Klosets, aber selbst—
oerständlich dürfen keine Ströme von Wasser durch die Abtritte
geleitet werden, da sonst natürlich die Tonnen zu rasch überfüllt
werden und überlaufen würden. Durch momentanes Emporheben
des betreffenden Schieberohres oder durch Beklopfen der Tonne
äßt sich erkennen, wie weit letztere gefüllt ist. Für den Fall, daß
inverhältnißmäßig viel Spülwasser in die Abtritte gegossen würde
ind die Tonne überlaufen könnte, besitzt jede Tonne oben ein
ein kleines Röhrchen, welches von außen anzuschrauben ist. Unter
dem Röhrchen steht ein Blecheimer, O,80 m hoch, 0,20 m Durch—
messer, 3 kguschwer und 20 1J fassend, welcher den Ueberlauf auf—
rimmt. Siehe Fig. 1 und,2. Im Innern der Tonne befindet
ich, im Anschluß an das Röhrchen, ein gelochter eiserner Seiher,
velcher eine Verstopfung des Röhrchens verhindert. Die kleine
Deffnung bei abgeschraübtem Röhrchen wird durch eine eiserne
Deckelmutter zugeschraubt, also geschlossen.
Zur Aufstellung einer Tonne mit Ueberlaufeimer bedarf es
eines Raumes von höchstens 1,00 qm und einer Höhe vom Boden
des Tonnenraumes bis unter däs Sitzbrett des Abtrittes von
2,835 m, sodaß im eigentlichen Tonnenraum eine Höhe, von 180 m
»esteht, damit ein Mann zur Ausübung der nöthigen kleinen Vor—
richtungen bei der Umwechselung der Tonnen stehen kann. In
den Häusern steht die Tonne bezüglich der leichteren Wegschaffung
im besten im Erdgeschosse — oder im Souterrain wie in Fig. 2
— entweder in einem eigenen kleinen Tonnenraum — einer Nische
»der einem Vorbau — an der Stelle der früheren Abtrittsgrube
»der auch frei im Gange oder Hofe. Ist bei der Anlage im
Souterrain kein Aufzug für die Tonne, wie in Fig. 2, angeordnet,
ann wird die Tonne an Stangen die Kellertreppe heraufgetragen.
Zuweilen läßt sich auch die Einrichtung treffen, daß der unterste
Äbtritt einige Stusen erhöht, der Tonnenraum ein oder zwei Tritte
Fig. 1.
Das Heidelberger Tonnen⸗System.
Hierzu 4 Fig.) — Echluß.)
Sollte der Fall eintreten, daß eine bedeutende Vermehrung
der Exkremente stattfindet, wodurch die umwohnenden Landwirthe
nicht mehr in der Lage sein würden, das ganze Quantum ab—
nehmen zu können, so müßte man dazu übergehen, die Fäkalien
per Bahn bei geeigneter Anlage auf weitere Entfernungen zu ver—
schicken, wie dies in den Staͤdten, Stuttgart, Leipzig und neuer—
dings auch in Dresden mit dem besten Erfolge durchgeführt ist.
Zweckmäßiger dürfte es noch sein, die Stoffe in den festen Zustand
überzuführen, wodurch Tränsportkosten erspart und dieselben ein
Handelsartikel werden würden. Bis jetzt arbeiten die hierauf
eingerichteten Fabriken noch ohne Nutzen, da an den Apparaten
und Maschinen stets noch geändert werden muß, um deren Lei—
stungsfähigkeit zu erhöhen. Es unterliegt jedoch keinem Zweifel,
daß diese technischen Schwierigkeiten bald gehoben sein werden,
wodurch dann ein vereinfachter dentabler Betrieb ermöglicht wird.
Der Vorstand des Heidelberger Tonnenvereins ist gern be—
reit, seine Satzungen und sonstigen Schriststücke auf Wunsch mit—
Itheien, wenn irgendwo ähnliche Einrichtungen beabsichtigt
werden.
Bei der Einführung des Tonnensystems in Städten ist noch
darauf zu achten, daß sämmtliche Tonnen und deren Bestandtheile
genau nach Normalien gearbeitet werden können, ferner müssen
die einzelnen Theile unter sich auswechselbar sein. Die Höhe der
Tonnen muß ebenfalls genau übereinsimmen. Es entstehen sonst
) Wir verweisen unsere Leser noch ganz besonders auf den in heutiger
Nummer enthaltenen Aufruf zur Bildung eines allgemeinen Deutschen Tech⸗
niker-Verbandes. Die auf den 3. u. 4. Aug. d. J. ein berufene Versammlung
werden die betheiligten Kreise hoffentlich in ihrem eigenen Interesse nichi
perabsäumen, da Fragen von einschneidender Wichtigkent zur Verhandlung
kommen. Die Redaäktion.