Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 44, Bd. 3, 1884)

Pdittheilungen aus der Praxis. — Berichte aus verschiedenen Städten. 
Mittheilungen aus der Praxis. 
Das Flusiseisen als Brückenmaterial. Die in der 
Harkort'schen Austalt im Auftrage der holländischen Regierung vor— 
genommenen Versuche über die Festigkeit zusammengesetzter Träger 
aus Stahl, Flußeisen und Schweißeisen mit der neuen Träger— 
probirmaschine von Harkort zeigten, daß die Tragfähigkeit solcher 
zusammengesetzter Konstruktion nur einen gewissen Prozeutsatz der 
absoluten Festigkeitszahlen, wie sie an kurzen Probestäben ermittelt 
wurden, beträgt, nämlich; 
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angestellt worden, die einige bisherige Anschaunungen über jenen 
bon Nehring noch begonnenen Bau (1695) richtig stellen. Vor 
Allem ist es auffällig, daß die Hauptkuppel, die vermuthlich einem 
talienischen Werke nachgebildet werden sollte, nicht zum Abschlusse 
kam, da, wie sich jetzt herausstellt, die vier Absicke ganz überwölbt 
sind, auch hervorragende Sachverständige die Tüchtigkeit und Güte 
des gesammten Unterbaues bestätigt haben. Das starke von 
Spundwänden eingeschlossene Fundament hat eine so große Aus— 
dehnung, daß scheinbar von Anfang an ein größerer Bau hier 
gjeplant gewesen sein mag. Nach Nicolai wäre die Kuppel während 
des Banes eingestürzt; es ist das bei der beträchtlichen, damals 
zanz ungewöhnlichen Weite nicht gerade ausgeschlossen; doch hat 
das Glockenspiel wahrscheinlich mehr noch wie dieser Umstand zur 
Aufgabe der Kuppel und zur Errichtung eines Westthurmes Anlaß 
gegeben. Die Kirche ist nicht nur in den angewandten Formen 
außerordentlich nüchtern, sie ist auch ein so seltsames Gemisch von 
Motiven der Gothik und der Renaissance, daß wir in der jetzigen 
Erscheinung den ersten Entwurf Nelying's sicherlich nicht mehr 
vor uns haben. 
Eharlottenburg. Am Schlosse erfährt gegenwärtig die 
reiche Vergoldung des Gitterwerks, welches den Vorhof von 
dem Vorplatz au der Berliner Straße abschneidet, eine völlige 
Ernenerung. Es ist dies ein hervorragendes Werk schmiedeeiserner 
Arbeit früherer Zeit, besonders auch mit seiner schwungvollen 
fünstlerischen Ornamentik, die dem Stile des schönen Schlüter'schen 
Mittelbaues des Schlosses entspricht. In der Ornamentik tritt 
uis der Scheitelhöhe des Gitterwerks eine Reihe ausstrahlender 
Sonnenscheiben hervor, deren Mittelfelder den preußischen Adler 
zeigen, umgeben von der Inschrift des Suum cuique des Hohen— 
zollernhanses, während unterhalb eine friesartige Horizontalfläche 
in blattreichem Arabeskenschmuck die von den Krallen des Zeus— 
pogels gehaltenen Blitz- und Donnerkeilbündel zeigt. Die Ver— 
qoldung an Ort und Stelle ist eine langwierige muͤhsame Arbeit. 
Karlsruhe. Unser dortiger Korrespondent schreibt uns: 
Am Pfingstmontag dieses Jahres wurden in Karlsruhe neue Lo— 
kalitäten im Charakter der malerischen deutschen Renaissance er— 
öffnet, zu deren Besuch folgende höchst originelle Einladung erging: 
„Zum Krokodil.“ 
Altteutsche, fürtreffliche bier- und weinstuben. 
Allen dapffern und hochedeln insaßen unserer lieben, wohl— 
zezirkelten residenz und pyramidenstadt Karlsruhe, nicht weniger 
allen werthen leutten im umbkreiß und ehrsamben mannen des 
ganzen landes hiemit folgend eine freudsame und einladende bott— 
chaft. 
Uff dem Ludwigsplatz allhie, da wo die Wald- und Blumen— 
straß einen Ecken machen, hab ich H. Renz, bürger und baumeister 
hie, eine neiie herberg sambt vielen speiß⸗ und trinkgemachen er— 
»auet und selbige mit sunderlichem fleiß und bedacht wohl einge— 
richt auch gar lieblich ausgezieret mit schönen gemählen und 
sprüchen gantz wie altteutsche Mann' gepfleget han und habe solche 
wirtschaft nach dem altertuͤmblichen, feuchtlebigen und verehrten 
Seschöpf lacerta crocodilus (gehört zur Sippe' der Saurier) be— 
namset und getaufft: „Zum Krokodil“. — Und sind vorgemeldte 
räum und stuben allerwegen gut disponieret und abgeteilet und 
jar weit und lufftig angelegt ünd ganz unter Obhut und Führung 
»es Herren, Josef Battiany gestellet. Auch ist für trank und 
aitzung das feinst und best hergezogen, also daß man mit kurtz— 
veil hier mag bleiben, mit allem mannsleutt, sundern auch ehr⸗— 
ambe frauen und jungfräulein. Item, wir han eine schankwirth— 
chafft gestifftet, wie züvor keine zu sehen ware und wöilen solche 
aufftun auf das fest der Ausgießung und soll erstmal uff sein am 
Pfingstmontag zu einem ersten Zech- und Trinkturnier nach der 
ehrbaren Weis unserer Väter. 
Willt trinken Du im alten styl 
kumm morgen in das Krokodil! 
Karlsruehe. in der letzten Manwochen anno 1884. 
Der innehaber. 
Die Räumlichkeiten, welche im Erdgeschoß liegen, reihen sich 
in Form eines 8 aneinander an und bestehen aus einem großen 
Biersaal mit Büffet, einem Zwischentheil mit Treppe und 'einer 
reichen und einer weniger reichen Weinstube. 
Der Biersaal besteht aus einem oblougen Hauptraum und 
zus einem rechtwinklig auf diesen stoßenden kürzeren Arm mit 
Büffet. Fünf paar Träger mit hölzernen Stützen, 4seitig ausge— 
bildet, tragen das Gebälk und theilen den Saal gewissermaßen 
in drei Schiffe. Die Decke ist eine Holzdecke mit der fichtbaren 
Struktur des Holzes, dessen Färbung nur durch Firniß oder 
Beizen erreicht ist.. Die Gliederung in großen Zügen geschieht 
durch die Unterzüge; die Detailbildung ist“ eine zemich schlichte 
und verändert sich nur in den drei quadratischen Feldern, welche 
Harter Stahl 
Weicher Stahl 
Flußeisen . 
Schweißeisen . 
Die Träger aus weichem Stahl wurden in zwei Gruppen 
geprüfst. Die erste Gruppe bestand aus genieteten Trägern, bei 
der zweiten Gruppe waren die einzelnen Stäbe durch konische 
Bolzen mit einander verbunden; letztere Verbindung erscheint daher 
für Stahlträger viel vortheilhafter. Ferner ist festgestellt worden, 
daß trotz der größeren absoluten Festigkeit einzelner Probestäbe 
das Flußeisen für zusammengesetzte Konstruktionen keine größere 
Festigkeit zeigt als Schweißeisen und daher vorläufig noch mit 
Vorsicht anzuwenden ist, obgleich ihm wegen seiner sonstigen Vor— 
theile eine große Zukunft in Aussicht steht. In gleichem Sinne 
sprechen sich auch die österreichische und holländische Regierung 
aus, ferner der vom sächsischen Ingenieur- und Architekten— 
verein ausgearbeitete Entwurf zu Normalbestimmungen für 
die Lieferung von Eisenkonstruktionen für Brücken- und Hochban, 
welcher gegenwärtig bei dem Verband deutscher Architekten- und 
Ingenicurvereine geprüft wird und demnächst publizirt werden 
dürfte. Die russische ministerielle Kommission vom Jahre 1883 
anerkennt, nach einer ausführlichen Diskussion von theoretischer 
und praktischer Seite, das Flußeisen als ein für Brückenkonstruktion 
geeignetes Material an und fordert nur verschiedene Sicherheitsmaß— 
regeln betreffs der Vernietung und mechanischen Bearbeitung des 
Flußeisens, wie d. Wiener „Meetall-Ind. Zta.“ von fachmänuischer 
Seite geschrieben wird. 
Material 
Absolute Festigkeit 
der Probestäbe ir. 
Kilogramr pro 
Cuadratmillimeter 
Wirkliche Tragfähigkeit der 
Träger 
Panent in Kilogramm pro 
ve Quadratmillimeter 
à be 
*2 
4 
3 
*8 
33 
Der finnische Anstrich. Der sogenannte finnische An— 
strich, welcher sich vorzüglich für Holzwerk eignet, welches dem 
Wetter stark ausgesetzt ist, ist nicht theuer und hat sich stets aus— 
gezeichnet gegen Wind und Wetter bewährt. Bisher litt dieser 
Anstrich daran, daß er sehr leicht den Wurm bekam, was in 
neuerer Zeit durch einen Zusatz von Zinkvitriol vermieden wird. 
Die Herstellung erfolgt aus 3 verschiedenen Mischungen. 
welche einzeln für sich bereitet und dann zu einem Ganzen bver— 
einigt werden. Die erste Mischung erhält man, wenn man 
5 Theile gewöhnliches Roggenmehl in 15 Theile kaltes Brunnen— 
wasser einrührt; die zweite Mischung ergiebt sich durch Auflösen 
von 2 Theilen Zinkvitriol in 45 Theile siedendes Wasser; die 
dritte Mischung entsteht, weun man 11,, Theile Kolophonium in 
10 Theile Thran in der Hitze vollständig auflöst. 
Sind diese 3 Mischungen hergestellt, dann wird die erste in 
die heiße Zinkvitriollösung sehr sorgfältig eingerührt, die dritte 
Mischung hinzugefügt und das Ganze recht gleichmäßig durch 
gerührt. Dem nunmehr fertigen Anstriche kann iede beliebige Erd— 
jarbe beigemischt werden. 
Dieser finnische Anstrich ist dadurch, daß er in seiner jetzigen 
Gestalt, auch den Wurm fernhält, für Anstrich von Holz sehr zu 
empfehlen, da er bedeutend billiger ist als Oeliarbenanstrich und 
hier dasselbe leistet wie dieser. 253 
Berichte aus perschiedenen Städten. 
Berlin. Zur Errichtung der Markthalle auf dem Magde— 
burger Platz hat das Königl. Polizei-Präsidiium auf's Neue seine 
Zustimmung versagt, weil es im sanitären Interesse die Erhaltung 
dieses Platzes in seinem gegenwärtigen räumlichen Umfang für den 
öffentlichen Verkehr nothwendig erachtet. Der Magistrat, der diesen 
Grund nicht für zureichend erachtet, wird nunmehr behufs Ver— 
wirklichung des Projekts den gesetzlich vorgeschrieheiien Instamen— 
zug beschreiten. 
Berlin. Bei dem Umbau der Parochialkirche, welcher 
durch die Baumeister Knoblauch und Wex geleitet wird, sind ein— 
gehende Untersuchungen über die Beschaffenheit des alten Zustandes
	        

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