Die Prüfung der Konkurrenzpläne zur Görlitzer Gewerbe- und Industrie-Ausstellung.
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sich betheiligenden Vertretern ein Revers zur Unterschrift vorgelegt,—
in welchem sie ihr Einverständniß mit den Prinzipien des zu kon—
stituirenden Verbandes zu erklären hatten, damit bei den Be—⸗
rathungen nur noch Abänderungsvorschläge gemacht zu werden
brauchten. Es ergab die Praͤsenzliste eine Betheiligung von
22 Telegirten. J
Hierauf wurde die Versammlung durch Herrn J. F. Rühne,
Vorsitzenden der Berliner Kommission, für eröffnet erklärt, und er—⸗
hielt zunächst Herr Thieme-Veipzig zur Begrüßung der Erschienenen
has Wort.“ Medner hieß die aus fernen Städten herbeigeeilten
Vertreter, welche mitarbeiten wollten an dem großen und schönen
Werke, der Einigung von Deutschlands Technikern, willkommen.
Darauf betrat Herr Baurath Dr. O. Mothes die Rednertribüne
und sprach mit warmen Worten fur die Vereinigung. Vielfach
sei Uneinigkeit die Ursache des Scheiterns guter Werke, zum
Schaden des Ganzen, zum Schaden des Einzelnen, und sei es zu
wünschen, daß es endlich den Technikern gelingen möge, das vor—
gesteckte Ziel zu erreichen.
Durch lauten Beifall und Erheben von den Sitzen dankte
die Versammlung Herrn Baurath hr. Mothes für seine warmen
Sympathien.
Pierauf wurde zur Berathung der Statuten des deutschen
Techniker-Verbandes übergegangen und in Anberacht der vielen,
zur Erledigung zu bringenden Vorlagen von dem Vorsitzenden,
—DD empfohlen, was die Ver—
sammlung genehmigite.
Miän' schritt statutengemäß darnach zur Wahl des aus
5. Miügliedern bestehenden Zentralvorstandes mit dem Sitz in
Berlin.
Eiustimmig wurden die Herren Rühne, Topp, Donath,
Schultze und Graichen gewählt. Für den Aufsichtsrath, bestehend
aus 3 Mitgliedern, aber wurden die Herren Höhne, Plötze und Reben—
trost, sämmtlich in Leipzig, vorgeschlagen und einstimmig ernannt
Nachdem man zur Spezialberathung der Verbandsstatuten
übergegangen war, wurden die wenigen gemachten Abänderungen
letzteren Herren zur Redaktion übergeben mit der Befugniß, sich
kooptiren zu können. Die Statuten in der neuen Form sind jedoch
den einzelnen Delegirten später zur Erklärung des Einverständ—
nisses vorzulegen.
Bei der hierauf sich anschließenden Tafel wurden begeisterte
Tnaste auf den Verband und die deutsche Einheit ausgebracht.
Nachmittag 134 Uhr begann die zweite Sitzung und war
nur dem Statutenentwurf für die Krankenkasse gewidmet. Wesent—
lich neue Gesichtspunkte entwickelten zu Gunsten des Statuts die
Herren Hülse und Möhle-Dresden, sowie Wilsky-Halle und Steffeu—
Grabow b. Stettin ꝛc. Nach der abgeänderten Annahme dieses
Statuts wurde die zweite Sitzung 7 Uhr geschlossen und wurde
ein gemeinsamer Spaziergang um die Stadt unternommen, um
sich 139 Uhr wieder im Kaisersaale der Konzerthalle zu festlicher
Vereinigung zu treffen.
Es waren von den Leipziger Lokalvereinen für diesen Abend
besondere Vorbereitungen getroffen und wurden von den vertheilten
Festliedern das von Herrn Referendar H. Pilz besonders dazu ver—
faßte jubelnd aufgenommen. Herr Engau-Cassel übernahm das
Ehren-Präsidium.
Begeisterte Reden, humoristische Vorträge und Toaste würzten
den Abend und trugen zu einer Feststimmung bei, welche bis in
die frühesten Morgenstunden auhielt und so recht ein Zeugniß davon
abgab, welch' echter, rechier kollegialischer Geist in den Reihen
der Technikerschaft lebt.
Durch ihren Humor in Reden und Vorträgen glänzten an
diesem Abend unter Anderen die Herren Seidler-Dresden, Rühne—
Berlin, Deedt-Berlin, Beil, Thieme, Höhne und Heinke-Leipziq,
Wilsky-Halle, Schumacher-Cöln ꝛc. ꝛ⁊c.
Die Versammlung war von ca. 140 Personen besucht.
In der am Montag 6 Stunden anhaltenden Sitzung gelang—
ten die Organisation des deutschen Techniker-Verbandes, das Nor—
malstatut und die Ordnung für die Stellenvermittelung zur Ver—
handlung und wenn auch in etwas veränderter Form zur Annahme,
und ist auch hier der Redaktions-Kommission die Arbeit üherträgen
worden, sämmtliche Aenderungen nachzutragen.
Als letzter Punkt staud die Wahl des Ortes für die im
Januar statifindende 2. Delegirten-Versammlung auf der Tages—
ordnung. Es ging Dresden aus der Wahl mit Majorität hervor.
Den Lokalvereinen daselbst wurde auch übertragen, bis zu diesem
Zeitpunkt eine Vorlage für die Unterstützungskasse auszuarbeiten.
Nachdem noch Herr Hülse-Dresden den Herren Rühne uͤnd Topp—
Berlin für die vorzügliche Leitung der Versammlung event. Be—
schaffung der Vorlagen gedankt hatte, wurde offiziell“ die 1. Dele—
girtenversammlung geschlossen.
Es wäre somit wiederum ein Verband in's Leben getreten
der, getragen von deutscher Einigkeit und Kollegialität, sich bemüht,
für die Interessen seiner Mitglieder einzutreten. Möge derselbe
blühen und wachsen zu einem mächtigen Verband!
Interessenten erhalten speziellere Auskunft durch die Herren
C. P. Topp-⸗Berlin, Paulstr. 8, und Felix Höhne-Leipzig, Hain—
straße 25. x. v.7
Die Prüfung der Konkurrenz Pläne zur Görlitzer Gewerbe
und Industrie-Ausstelluug und Resultat derselben.
Als Endtermin für Einlieferung der Konkurrenzpläne, die
Baulichkeiten des Ausstellungs-Terrains betreffend, war der 31. Juli
vrogrammmäßig festgesetzt.
Die bis zu diesem Termine eingegangenen Projekte wurden
bergangenen Freitag, als am 1. Angust, in dem neu und schön
dekorirten großen Gewerbehaussaale, welchen der hiesige Gewerbe—
Verein zu dem gedachten Zwecke in zuvorkommender Weise zur
Verfügnng gestellt hat, geöffnet und in vortheilhaftem Lichte plazirt.
Bereits am zeitigen Vormittag des folgenden Tages war der
erste Preisrichter, Herr Baurath Professor R. Heyn aus Dresden,
zur Stelle, um die vorhandenen Pläne einer grüudlichen Prüfung
zu unterwerfen.
Ihm folgten im Laufe der nächsten Stunden die anderen
auswärtigen Herren, so daß um 4 Uhr Nachmittags, wie vorher
vestimmt, das Preisgericht konstituirt werden konnte, nachdem die
Versammlung durch den Präsidenten der Ausstellung, Herrn Ober—
Bürgermeister Reichert, in Gemeinschaft des Geschäftsführers,
Herrn Hauptmann Richard Lüders, und des Vorsitzenden der
Bau-Kommission, Herrr Direktor Mager, auf's Herzlichste bewill—
fommnet worden war.
Es nahmen an der Versammlung theil:
Herr Bankdirektor Justizrath Bethe, Görlitz,
Baurath Professor R. Heyn, Dresden,
Stadtbaurath Mende, Breslau,
Kreis-Baumeister Starke, Görlitz,
Architekt Wagler, Reichenberg,
„Kommerzienrath Dr. Websky, Wüste-Waltersdorf,
von denen der erste als Vorsitzender, der zweite als Referent ein—
stimmig gewählt wurden.
Nach mehrstündiger, eingehendster Musterung der gedachten
Projekte wurde seitens der genannten Herren das Ausstellungs—
Terrain in corpore besichtigt, um darüber ein sicheres Urtheil
zu gewinnen, auf welche Weise die durch das Programm gegebenen
Dispositionen seitens der Herren Architekten zur Ausführung ge⸗—
ftommen sind.
Schon in der Frühe des zweiten Tages, am Sonntag, wurde
die Berathung fortgesetzt. Ihr Resultat gipfelte in folgendem
Gutachten:
„Zunächst wurde sehr bald erkannt, daß das eine der 3 Pro—
jekte, welches das Motto „Neiße“ trägt, nicht sowohl wegen der
wenig ansprechenden Auffassung der Aufgabe, sondern ganz beson—
ders wegen erheblicher Abweichungen vom Programm unbedingt
don weiterer Berücksichtigung auszuschließen sei.
Das Programm schrieb ausdrücklich vor, daß die mit Bäumen
hesetzte Apenue beizubehalten und ein Flügel des Hauptgebäudes
entlang der nördlichen Grenze des Bauterrains anzuordnen sei.
Statt dessen hat der Verfasser des Projekts das Hauptgebäude
mitten auf den Dresdener Platz gestellt.
Das Preisgericht würde gern auch eine andere, als die durch
has Programm angedeutete Lösung in weiteren Betracht gezogen
hjaben, wenn eine solche entschiedene Vortheile dargeboten hätte,
vas aber im vorliegenden Projekte durchaus nicht der Fall ist.
Was nun die beiden anderen Projekte anbelangt, so ist er—
reulicher Weise zu konstatiren, daß beide nicht allein im Wesent—⸗
ichen — einige geringfügige Abweichungen abgerechnet — den
Bedingungen des Programms entsprechen, sondern auch, theils
zufolge geschickter Dispositionen und sachgemäßer Konstruktionen,
cheils zufolge trefflicher Durchführung und gewandter Darstellung
einen sehr günstigen Eindruck hervorbringen. Das eine der
beiden Projekte trägt das Motto:
Die Kunst sich richtet allemal
Nach dem Zweck und Mat'rial,
das andere Projekt ist mit dem Worte „Landeskrone“ überschrieben.
Der Kürze wegen möge in der nachstehenden Erörterung das
erstere Projekt mit A, das letztere mit Bbezeichnet werden.
Das Projekt A schließt sich hinsichtlich der Hauptdisposition
treng au die im Programm skizzirte Anordnung an, wonach in
Richtung der Avenue ein bedeiltsamer Mittelbau mit links und
rechts gleichmäßig anstoßenden Flügeln und nach der Leipziger—
straße hin ein ähnlicher Mittelbau mit Seitenflügeln gedacht ist.
Das Projekt B dagegen entspricht zwar! auch der letztge—