Umtliche Erlasse.
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nannten Anordnung und enthält auch in Richtung der Avenue
einen besonders hervorgehobenen Gebäudetheil; jedoch ist letzterer
nicht als Mittelbau, sondern mehr als Abschluß des Hauptgebäudes
»ehandelt, woran sich sodann in nicht glücklicher Weise die niedrigen,
offenen Hallen anschließen. Daß diese Anordnung des Haupt—
zebäudes der Eigenthümlichkeit des gegebenen Terrains nicht voll
ind ganz Rechnung trägt, liegt auf der Hand.
Es ist dies umsomehr zu bedauern, als das Projekt B nicht
uur weit erschöpfender behandelt ist, als das Projekt A, sondern
auch hinsichtlich der architektonischen Formen, insbesondere Façaden-
entwickelung, vor dem Projekt A den Vorzug verdient. Im
letzteren Projekte zeigen die durch Kuppeln ausgezeichneten Mittel—
»auten im Erdgeschoß eine Blockwandkonstruktion, die in auffälligem
Widerspruche zu der, trotz des angenommenen Holzmaterials, in
den Formen des Steinbaues gehaltenen Architektur des Oberbaues
und der Seitenpavillons steht. Da hingegen zeichnet sich wieder
das Projekt A durch Berücksichtigung der Ventilation und durch
»essere Beleuchtungsverhältnisse der großen Hallen vor dem Pro—
sekt B aus. Die zur Herstellung des Ueberganges über die Leip—
zigerstraße angeordneten Treppen sind in beiden Projekten geschickt
disponirt; doch ist hinsichtliches dieses Punktes dem Projekte B
insofern der Vorzug einzuräumen, als sich hier in gleicher Höhe
nit dem oberen Austritte der Treppe Gallerien anschließen, die
owohl einen sehr guten Ueberblick über die Maschinenhalle ge—
tatten, als wesentlich dazu beitragen würden, die Treppe, nicht,
vie im Projekt A, lediglich als ein Mittéèl zur Passage über die
Leipzigerstraße, gewissermaßen als ein „nothwendiges Uebel“ er—
scheinen zu lassen. Wenn es nach der vorstehenden Darlegung
ngielleicht den Anschein gewinnen könnte, als ob das Projekt B im
Allgemeinen den Vorzug vor dem Projekt A verdiene, insbesondere
auch im Hinblick auf die bessere Berücksichtigung aller Nebenanlagen,
'o sieht sich doch das Preisgericht nicht in der Lage, die Auszeichnung
des Projektes B mit dem ersten Preise ebensowenig wie seine unmittel—
bare Ausführung zu befürworten; vielmehr ist dasselbe der Ansicht,
)aß beide Projekte gleichwerthig sind, insofern sich ihre Vorzüge
und Mängel ausgleichen, dabei aber beide gleichmäßig höchst
chätzbares Material für eine definitive Projektirung bieten, daß
es daher auch wohl motivirt erscheinen dürfte, zwar beide Projekte
zu prämiiren, aber der vorhandenen Gleichwerthigkeit, durch gleich—
mäßige Vertheilung der für beide Preise zusammen ausgesetzten
Summe, also durch Zuerkennung von je 750 Mark, Ausdruck zu
erleihen.
Im Uebrigen gestattet sich das Preisgericht noch anzuem—
ofehlen, in einem definitiven Projekte die ziemlich lange Avenue
durch Annahme eines großen Rundtheiles, welcher seinen Mittel—
hunkt in dem Durchschnitt der beiden Hauptachsen des Haupt—
zebäudes haben und durch eine monumentale Fontaine ausgezeich—
set sein müßte, zu unterbrechen und auch sonst noch auf thun—
lichste Belebung der langen Linien und Seitentheile der Avenue
Bedacht zu nehmen.
Ebenso dürfte sich die Anlage eines großen, reich ausgestatte⸗
ten Portales an der Krölstraße empfehlen.
Wie die gestellten Aufgaben seitens der Erzeuger der beiden
zrämiirten Projekte individuell aufgefaßt worden sind, geht aus
'olgenden Erläuterungsberichten anschaulich hervor.
Die Verfasser des Projekts:
Die Kunst sich richtet allemal
Nach dem Zweck und Mat'rial
chreiben: Wir sind von der Auffassung ausgegangen, die vom Er—
»auungs-Komitee angegebene Grundriß-Disposition im Wesent⸗—
lichen festzuhalten. Die gebotene Situation, die Umgebung des
Platzes, sowie die Beschaffung möglichst luftiger Gartenanlagen
würde auch kaum eine andere Anlage gestatten.
le Das Proiekt „Landeskrone“ ist von folgendem Bericht be—
zdleitet:
Durch den Beschluß des Ausstellungs-Komitees, die Pläne
uu der Ausstellungsdisposition durch öffentliche Konkurrenz zu be—
chaffen, wurde der Architektenschaft eine Aufgabe unterbreitet, die
in Anbetracht des wirklich wüundervoll koupirten Terrains als
»ine der dankbarsten sich zeigte, die für diese Spezialität nur vor—
ommen kann. Sämmtliche bisher durchgeführten Ausstellungen
entwickelten sich auf möglichst regulärem flachen Terrain, so daß
dem entwerfenden Künstler nicht“ die Schwierigkeit entgegenstand,
nit ausgedehnten Terrainerhebungen disponiren zu müssen —
Schwierigkeiten, die gerade der vorliegenden Aufgabe die Möglich—
keit der reizvollsten Lösung geben mußten. Seibstverständlich ge—
hörte eine detaillirte Kenntniß der ganzen örtlichen Verhältnisse
dazu, um mit völliger Sicherheit disponiren zu können.
Um die Disposition auch noch für den Laien leicht anschau—
'ich zu machen, diene folgender Rundgang durch die projektirte An⸗
aqe: Der Besucher betritt das Ausstellüngsterrain entweder von
der Krölstraße oder von der Leipzigerstraße und wird naturgemäß
ich bestreben, das Hauptportal zu erreichen. Dieses geschieht von
der Krölstraße durch die großartige Avenue, die durch die natür—
liche Anlage des Dresdenerplatzes schon geschaffen ist.
Von der Bautzenerstraße aus vermittelt ein 7 m breiter
Straßenzug — der abweichend von der an dieser Stelle noch nicht
vollendeten Straße Nr. 3 dem landschaftlichen Gefüge der Anlage
entsprechend disponirt wurde — diesen Zugang.
Man betritt das Hauptgebäude durch das in der Mittelachse
der Avenue angeordnete Hauptportal und wendet sich links durch
die 20 m breite Halle bis zum zweiten Vestibül, welches in der
Achse der breiten Haupthalle und Uebergangstreppe sich entwickelt.
Hier bleibt es dem Besucher unbenommen, entweder weiter
diese Richtung zu verfolgen, oder sich links zu wenden und den
31/2 m hohen Uebergang über die Leipzigerstraße zu passiren. Hier
st es angemessen, auf die würdevolle Perspektive der großen Ma—
chinenhalle aufmerksam zu machen. Der Anblick in dieses Getriebe
vird packend auf jeden Besucher einwirken, und hält Verfasser
rotz der Erschwerung des Besuches durch das Treppensteigen doch
diese Anordnung für eine glückliche. Es bleibt dem Besucher fernet
iberlassen, entweder mittels der großen Treppe in die Maschinen—
jalle, zu gelangen, oder über die Seitengänge das ganze Getriebe
»er überaus groß angelegten Halle noch weiter zu beschauen und
im Ende derselben herunter zu steigen und sich im Gedränge
veiter zu helfen. Verfasser hat, der praktischen Erforderniß ent—
prechend, große freie Hallen disponirt und bemerkt noch, daß, als
»ie Normalspannung der Mittelhalle 14 m angenommen, an
velche sich beiderseitig je ein Kommunikationsweg von 3 m und
ine Seitenhalle von 9,75 mm Breite anschließen. An den beiden
rängswänden liegen 18 Kojen von 5 meim Quadrat, die für die
zimmereinrichtungen event. zu reserviren sind. Bei den verschiede—
ien vorhergegangenen Ausstellungen hat sich gezeigt, daß die 5 m
tiefe Koje für die praktische Ausnützung des Raumes sowohl, wie
iuch für die bequeme Zugänglichkeit sich in keiner Weise bewährt
jat, und suchte deshalb Verfasser im vorliegenden Projekte durch eine
zrößere Anzahl von 3 mm tiefen und 5 mm breiten Kojen dem praktischen
Erforderniß entgegen zu kommen und nur so viel 5 mm tiefe Kojen
anzuorduen, wie für die Zimmereinrichtungen voraussichtlich er—
'orderlich sind“.
Nach gethaner Arbeit wurde auch der Erholung ihr Tribut
Jezollt. Zu Ehren des Preisrichter-Kollegiums fand'am Sonntag
Nächmittag in den prächtig ausgestatteten Räumen des Landwehr?
Offizier-Kasinos ein Diner statt, an welchem sich der Gesammt—
Vorstand betheiligte.
Ernste und heitere Toaste begleiteten das einfache, aber treff—
lich zubereitete Mahl in anregender Weise.
Die hohen, luft- und lichtreichen, äußerst elegant eingerichteten
Räume des vorerwähnten Kasinos trugen nicht wenig dazu bei,
die Fest-Theilnehmer in die behaglichste Stimmung zu versetzen,
welcher zum Schluß durch gemeinschaftliche Besichtigung der Landes—
krone bei Abendbeleuchtung Ausdruck gegeben wurde.
Die Entscheidung des Preisgerichts bringen wir in nächster
Nummer.
Amtliche Erlasse.
Zirkular-Erlaß, betreffend den zu Lieferungs- und Werkver—
dingungs-Verträgen zu verwendenden Stempel.
Berlin, den 17. Juli 1884.
Im Verfolg meines Erlasses vom 16. Dezember v. J. über—
ende ich Ew. Hochwohlgeboren hierneben Abschrift der Seitens
des Herrn Finanz-Ministers an die Provinzial-Steuer-Behörden
interm 28. Juni d. J. erlassenen Verfügung, betreffend den
ZStempel zu Lieferungsverträgen zwischen Staatsbehörden und Ge—
werbetreibenden zur Kenntnißnahme und mit dem Ersuchen, letzt—
zedachte Verfügung auch im Bereiche der Bauverwaltung in Au—
wendung zu bringen.
Der Mirnister der öffentlichen Arbeiten.
Im Auftrage:
gez. Schönfelder.
An sämmtliche Herren Regierungs-Präsidenten, bezw.
Königliche Regierungen, die Königlichen Landdrosteien
und die Königliche Meinisterial-Baukommission hier, so—
wie an die Herren Chefs der Rhein-, Elbe-, Oder—
und Weichsel- Strombau-Verwaltung (je besonders).
III. 11997
Berlin, den 17. Jnli 1884.
Der nachstehend abgedruckte Erlaß des Herrn Finanzministers
hom 28. Juni d. J. über die Anwendung des Gesetzes, betreffend
die Stempelsteuer für Kauf- und Lieferungsverträge im kauf—
mänuischen Verkehr und für Werkverdingüngs-Verträge vom