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Berichte aus verschiedenen Städten. — Literaturbericht.
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wurde, ließ man Gesellen aus Wien kommen, welche unsere Stein—
setzer anlernen mußten. Jetzt haben, wie uns von sachkundiger
und unbetheiligter Seite versichert wird, die Lehrlinge ihre Meister
überflügelt; überhaupt soll nirgends so gut gepflastert werden, wie
in Berlin. Die prismatisch geformten Granitsteine kommen aus
den Brüchen von Karlskrona in Schweden, wo sie von Zuchthaus—
zefangenen gebrochen werden; diese Arbeit ist bei der großen Härte
des Materials eine so mühevolle, daß der geübteste Sträfling nur
acht Stück solcher Prismen fertig ftellt, von denen das Stück circa
40 Pfennige kostet. Der Inselperron, welcher der größte in
Berlin ist — er mißt 76 Meter in der Länge und 6,25 Meter
in der Breite — hat erst im kaiserlichen Kabinet seine jetzige
Gestalt durch einen, in der Originalzeichnung noch jetzt sichtbaren
rothen Strich erhalten. Nach dem Projekt sollte er eine keilförmige
Gestalt und Grenzen erhalten, die parallel mit den Fahrstraßen
liefen; jetzt bildet er ein Rechteck mit abgestumpften Ecken. — Die
schnelle und vorzügliche Ausführung der ganzen Pflasterung ist
Herrn Siadtbaninspektor Siebenlicher und Herrn Baumeister
Weiß zu verdanken.
Berlin. Am O9. August fand das Richtfest des Neubaues
Schützenstraße 31 statt, zu dessen Façade, die ganz aus Stein aus—
zeführt wird, außer schlesischem Material zum ersten Mal in Berlin
Schweizer (Berner) Sandstein verwendet wird. Das Dach wird
mit einem stattlichen Frontispiz und zwei Thürmen geschmückt sein.
Besondere Sorgfalt ist dem monumentalen Portal zugewendet
worden. Die Pfeiler des Thores sind rechts und links mit den
Kolossal-Masken der lyrischen und tragischen Muse geschmückt,
während die Wölbung von einem Wappenschild gekrönt wird,
welches die Schutzmarke des Besitzers des Hauses, des Parfümerie—
fabrikanten Leichner, eine Lyra mit Lorbeerkranz trägt.
Frankfurt a. M. Die Klärbecken-Anlage für die
Kanalisation zu Frankfurt a. M. Bei der Aussführung der
Kanalisation von Frankfurt a. M. war die Einführung der Ab—
wässer in den Main nur unter der Bedingung gestattet, daß nicht
nur eine mechanische, sondern auch eine chemische Reinigung der
ielben vor der Einführung erfolgen müsse.
Die Verhältnisse des Mains sind für die Aufnahme von
Zanalwasser die denkbar günstigsten, da der Main bei geringer
Tiefe ein felsiges Bett mit starkem Gefälle und demnach eine
große Geschwindigkeit hat. Durch die rasche Strömung werden
bie Schmutzstoffe schnell sortgeführt, auigelöst und durch Oxydation
unschädlich gemacht.
Die 140000 Einwohner der Stadt produziren täglich 108000 kg
Urin und Fäkalien, welche im Maine eine 40000 bis 90000 fache
Verdünnung erleiden, nachdem sie ohnehin schon im Kanal bedeu—
tend verdüint worden sind. Nach dem Einströmen in den Fluß
stellt sich das Verhältniß derartig, daß auf 1 Theil Kanalwasser
1000 Theile Flußwasser kommen. Gestüuͤtzt hierauf konnte die
städtische Vertretung nachweisen, daß hier keine Mißstände, wie
in anderen Städten, vorhanden seien, und so gelang es, daß die
kostspieligen Rieselfelderanlagen erlassen wurden und die Regierung
sich mit' der Anlage von Klärbecken unter den oben angegebenen
Bedingungen einverstanden erklärte.
Die gesammten Abwässer von Frankfurt und Sachsenhausen
gelangen an der unteren Eisenbahnbrücke, nachdem sie den Main
in 2 schmiedeeisernen Röhren von 0,75 mm Weite passirt haben,
in die tief in der Erde angelegten Klärbecken am rothen Hamm.
Die Ueberschreituung des Flusses geschieht in der Weise, daß die
Röhren mittelst Flaschenzügen in den Main versenkt werden.
Bei der Einführung des Stromes in die Becken wird der
selbe sehr verlangsamt, damit sich die festen Theile setzen können
um diese oder wenigstens die größeren zu fangen, sind Eintauch—
platten und Siebe, welche ausgewechselt werden können, vorhanden.
Durch Zuigß von schwefelsaurem Thon und Kalk werden die fei—
neren Stoffe ausgeschieden, die sich flockenartig zu Boden sctzen.
Die Bewegung des Stromes wird allmälig so reduzirt, daß sie
zuletzt nur noch 325 mm pro Sekunde beträgt, um auch den
sesteren Substanzen Zeit zu gewähren, daß sie sich zu Boden setzen
können. Die oben geklärte Schicht läuft durch einen Ueberlaus
in den Main. Der Schlamm wird durch Hebevorrichtungen aus—
zehoben, abgelagert und landwirthschaftlichen Zwecken dienstbar
gemacht.
Die Becken sind 82,4 melang, 6 mm breit und am Einströ—
mungsende 2 m, am Ausströmungsende 3 mm tief, sodaß die Sohle
geneigt liegt. Sie sind der Witterungsverhältnisse wegen über—
wölbt; in der Decke befinden sich zahlreiche Lüftungs- und Licht—
öffnungen. Ihre Leistungsfähigkeit beträgt pro Tag 80000 kbm,
während die normale Zuführung der —* ca. 40000 kbm
betragen wird. Für eintretendes Hochwasser sind Nothauslässe
vorgesehen.
Am unteren Ende der Becken ist eine Pumpstation angelegt,
welche die Entleerung und Reinigung der Klärbecken besorgt. Soll
ein Becken entleert werden, so wird der Zufluß abgestellt und die
Verbindung zwischen Klärbecken und Ableitungsgalerie hergestellt.
Der Spiegel senkt sich in Folge dessen und die geklärte Schicht
geht in den Main. Nun trift ein Etagenablaß in Funktion, der
in einen unteren Kanal mündet; die Fiüssigkeit geht hier bis an
die Saugeröhren der Pumpen. Das Wasser zieht nur langsam
ab, der Schlamm setzt sich, die letzte Schicht Wasser führt bereits
Schlamm und wird durch Umschalten der Röhren wieder in die
Zuleitungsgalerie gepumpt, während das geklärte Wasser durch die
Entleerungspumpe in den Main getrieben wird und die Schlamm—
umpe den Schlamm hinauspumpt. Für die Reinigung eines
Beckens sind insgesammt 12 Stunden ersorderlich. — ö —
Wiesbaden. Hochbehälter für eine Wasserleitung
rus Beton. Für die Wasserleitung der Stadt Wiesbaden hai
Herr Oberingenieur Winter in Wiesbaden Hochbehälter vollständig
aus Beton hergestellt, die sich durchaus bewährt haben. Der Be—
hälter enthält 5 überwölbte Kammern, welche bei einem Wasser—
tande von 4,7 m zusammen 4300 kbm Wasser aufnehmen können.
Das Mischungsverhältniß des Beton ist so angenommen, daß auf
Theil Cement, 6 Theile Kies und 8 Theile Steinschoötter
ommen, wozu uoch etwas Kalk hinzugefügt wurde, und zwar auf
8 Theile Cement 1 Theil Sand. Die Herstellung der Mauern
erfolgte zwischen Bohlenwänden durch Feststampfen, während für
die Gewölbe ein dichtes Lehrgerüst aufgestellt wurde. Zum Fest—
tampfen des Beton wurden eiserne Stampfer von 20 cm unterem
Durchmesser und 8 kg8 Gewicht verwendet. Die Fertigstellung des
ganzen Baues erfolgte in verhältnißmäßig kurzer Zeit, nämlich
n 3 Monaten; beschäftigt waren hierbei 35 Mann, deren durch—
chnittliche Tagesleistung pro Mann 0,6 kbm Beton, vollständig
'ertiggestellt und mit Verputz versehen, betrug. — r.
Literaturbericht.
Plafond⸗ und Wanddekorationen des XVI. bis
XIX. Jahrbunderts. Herausgegeben von Eduard Hölzel's
Kunstanstalt und Bildhauer Reinhold Völkel in Wien. Chromo—
ithographien nach Entwürfen und Aufnahmen von Architekt
Heinrich Adam in Wien, Architekt Johann Deininger,
Direktor der ka k. Gewerbeschule in Innsbruck, Architekt Rudolf
Feldschareck, Prof. an der k. k. Staatsgewerbeschule in Wien,
Architek Hermann Giesel in Wien, Oberbaurath Theophil
Ritter v. Hansen in Wien, Oberbaurath Karl Freiherr
o. Hasenauer in Wien, Architekt Hermann Herdtle, Prof.
an der Kunstgewerbeschule des k. k. österr. Museums in Wien,
Architekt Friedrich König, Prof. an der k. k. Staatsgewerbe—
chule in Graz, Architekt Max Kropf in Wien, Historienmaler
Franz Lefler in Wien, Architekt Franz Ritter v. Neumann
un. in Wien, Architekt Friedrich Schachner in Wien, Ober—⸗
daurath Friedrich Schmidt in Wien, Architekt Franz Segen-
schmidt in Wien, Architekt Kamillo Sitte, Direktor der k. k.
Staatsgewerbeschule in Salzburg, Regierungsrath Joseph Storck,
Professor an der Kunstgewerbeschule des kak. österr. Museums in
Wien, Dekorationsarchitekt Ludwig v. Vintschger in Wien,
Bildhauer Reinhold Völkel in Wien, Architekt Richard Völkel
in Wien, Baurath Alexander v. Wilemans in Wien Mit
erläuterndem Text von Dr. Albert Ilg, Kustos an den kunst⸗
historischen Sammlungen des A. H. Kaiserhauses in Wien. Lie—
erung III und IV. Wien 1884. Eduard Hölzel.
Die Lieferung III enthält auf:
Blatt IX und X: Eingelegter Holzplafond in der Franzensburg
in Laxenburg. (Deutsche Renaissance) Aufgenommen durch
Architekt R. Völkel jun.
Blatt XI: Plafond eines Salons. (Modern.) Entworfen und
gezeichnet von R. Völkel sen.
Blatt XII: Bemalter Holzplafond im Schlosse Reifenstein in
Tirol. (Spätgothisch.) Aufgenommen von Acrchitekt Direktor
Johann Deininger in Innsbruck.
Die Lieferung IX enthält auf:
Blatt XIII: Wandpartie aus der Franzensburg in Laxenburg.
(Deutsche Renaissance.) Aufgenommen von R. Völkel jun.
Blatt XIV: Holzplafond im Regierungsgehäude zu Salzburg.
Aufgenommen von Prof. C. Mell in Salzburg.
Blat XV: Wandpartie aus der Franzensburg in Laxenburg.
(Deutsche Renaissance.) Aufgenommen von M. Kropf, Architekt.
Blatt XVI: Stuckplafond, moderner Entwurf. (Moderne Re—
naissance.) Entworfen und ausgeführt von R. Völkel sen.
Die beiden vorliegenden Hefte sind in derselben mustergül—
tigen und wahrhaft prachtvollen Ausstattung hergestellt wie die
ersten Lieferungen, sodaß wir nur wiederholt unseren Lesern die
Anschaffuna des Werkes auf's Wärmste empfehlen können. —n.