Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 44, Bd. 3, 1884)

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Japanische Wohnungen. 
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halten sollte, so ist die Ausmitteluug des Daches und denigemäß 
die Dachkonstruktion eine ziemlich komplizirte geworden. Wir geben 
»eshalb die Grundrisse des Erdgeschosses, des Kellergeschosses, des 
J. Stockwerks, die Balkenlage des J. Stockwerks, die Dachbalken— 
age — das Dachgeschoß —, die Sparrenaufsicht, zwei Schnitte, 
»en obersten Grundriß des Thurmes, die Thurmbalkenlage mit der 
Aufsicht der Spitze und einen Schnitt der Spitze, sowie die nach 
dem Gutshofe gerichtete Ansicht und die Ansicht links nach dem 
Barten zu 
Die Facçaden sollten durchaus möglichst einfach in gothi— 
irender Renaissance ausgeführt werden, um einmal nicht zu große 
Kosten zu verursachen und andererseits das neue Gebäude dem vor— 
jandenen in Bezug auf seine Architektur möglichst anzupassen. 
Die Ausführung ist in Kalkputz erfolgt. 
Sämmtliche Dachflächen, auch die Thurmspitze, sind mit 
Schiefer gedeckt. — r. — 
(Weitere Figuren folgen in den nächsten Nummern unseres 
Blattes. Die Red.) 
zinem Thurm von mehreren Stockwerken, der wegen der Viel— 
ältigkeit seiner Dächer eine gewisse Analogie mit den chinesischen 
Pagoden zeigt. Ein breiter Wallgraben und eine hohe krenelirte 
Mauer mit zählreichen Wachtthürmchen verdecken dem Feinde diese 
Art von Gitadelle. 
Die japanischen Wohnhäuser haben nur zwei Geschosse, von 
henen das erste Läden oder Werkstätten nach der Straße hinaus 
sat. Um die Kaufleute und Handwerker sowohl, als auch ihre 
Waaren, die sie mit nicht weniger Geschmack wie die Chinesen 
russtellen, vor den hrißen Sonneunstrahlen oder dem Regen zu 
chützen, sind nach der Straße heraus große Schirmdecken aus 
einwand, Binsengeflecht oder Segeltuch gespannt. Diejenigen 
Zäuser, welche keine Läden haben, sind von der Straße durch eine 
Art Mauer, die einen Hof bildet, abgetrennt und mehr zurück— 
gebaut, so daß sie also nicht in der Fluchtlinie liegen. Dieser 
dof dient zur Aufnahme und Beherberaung des Gefolages der Be— 
ucher und Freunde. 
Die Wohnungen der reichen Leute und Großgrundbesitzer 
ind schöner in ihrer Bauart und großartiger angelegt, erheben 
ich aber auch nicht über diejenigen des kleinen Bürgerstandes; 
zurch die an der Vorderfront des Hauses gemalten oder in Stein 
jehauenen Familienwappen sind diese Wohnungen außerdem auch 
für jeden Fremden leicht erkeuntlich. Die japanischen Gebäude, 
die im Allgemeinen vollständig aus Holz aufgeführt, mit Mörtel 
»eworfen und mit Kalk abgeputzt sind, haben das Aussehen von 
rachwerkbauten und sind mit schweren Ziegeln bedacht. Die 
dächer stehen weit über das eigentliche Gebäude hervor und haben 
nicht selten einen Vorbau zur Bedeckung einer schmalen, vor den 
Fenstern (ihnlich wie bei den Schweizerbauten) hinlaufenden 
Ballerie. Häufig findet man an diesen Gebäuden auch Jalousien 
ius Binsengeflecht angebracht, die, wie bei uns, nach Belieben auf— 
sezogen oder herabgelassen werden können. Sie haben einen drei— 
achen Zweck; zunächst sollen sie die Bewohner vor neugierigen 
Blicken Vorübergehender, sodann auch vor dem Regen schützen, 
ind endlich sollen sie den nur mit feinem Papier bekleideten Fen— 
tern Schutz gegen den Einfluß der Witterung gewähren. Obgleich 
die Civilisation große Fortschritte in Japan macht, so findet man 
neist doch noch Fensterscheiben aus durchsichtigem Papier, wenn 
iuch das Glas allmälig den Vorzug vor dieser mangelhaften Fen— 
terbekleidung gewinnt. Jedes Hauptgebäude besteht nur aus 
inem großen Raum, der jedoch nach Geschmack und Bedürfniß 
»es Besitzers in mehrere kleinere abgetheilt werden kann. Die 
Wände bestehen aus einem mit feinem, transparentem Papier 
iberzogenen Holzrahmen, welcher sich leicht in den am Boden be— 
indlichen Fugen so stellen und schieben läßt, wie es gewünscht 
vird. Die Personen nun, die diese Räume bewohnen, koͤnnen sich 
illerdings durch die wenn auch transparenten Wände nicht genau 
rkennen, — hören können sie dagegen das leiseste Geräusch im 
Nachbarraum. 
Wir sehen hier das System der sogen. „spanischen Wände“ 
»ollkommen ausgebildet, und mich will es bedünken, als würden 
vir diese bei uns ja hin und wieder auch gebräuchlichen Zimmer— 
cheiden richtiger: „japanische Wände“ nennen. 
Die Wände und Decken der Zimmer sind mit Papier bedeckt, 
velches reiche und vom japanischen Standpunkt entschieden künst— 
erische Malerei von Blumen und Fantasiegegenständen schmückt. 
damine sind völlig unbekannt, und erfordert es einmal die Witte— 
rung, daß geheizt wird, so setzt man mitten in das Zimmer eine 
zroße kupferne Vase, die mit glühenden Kohlen gefüllt wird. Der 
derd in der Küche besteht aus einem viereckigen Loch in der 
HRitte des Raumes, welches mit Steinen bekleidet und von Bin— 
enmatten umgeben ist; zum Abzug des Rauches dient eine im 
dache befindliche Oeffnung. 
Das obere Geschoß dient zur Aufbewahrung der Möbel oder 
ils Getreidespeicher und ist nur selten bewohnt. 
Die Wohnungen hochgestellter Persönlichkeiten sind in zwei 
Abtheilungen getheilt: gauf der einen Seite sind die Gemächer der 
Frauen, die niemals öffentlich erscheinen, — auf der andern die 
ser Männer resp. des Hausherrn. Die Kinder halten sich bei der 
Mutter auf, bis sie ein gewisses Alter erreicht haben, nach welchem 
zann die Erziehung der Söhne dem Vater obliegt. Eine ganz 
»esondere Auszeichnung ist es, wenn in solchen Familien der 
rxremde die Ehre hat, der Hausfrau vorgestellt zu werden. — 
Hehr Freiheit genießen die Krauen des Bürgerstandes und der 
daufmannschait. 
Jedes Haus hat seinen kleinen, mit Bäumen und Blumen 
hepflanzten Hof, so daß die nach diesem gelegenen Zimmer die 
veliebtesten sind. Schließlich will ich noch erwähnen, daß es fast 
ein Wohnhaus giebt, in welchem nicht auch ein Da ener 
„orhanden wäre, das sich jedoch stets im Hinterhause befin 
Tꝗb. 
Japanische Wohnungen. 
Dem Briefe eines zur Zeit in Jeddo weilenden deutschen 
Landsmannes entnehmen wir über das Kapitel „Wie man in 
Japan wohnt.“ folgende interessante Mittheilungen: 
Das schönste und großartigste Bauwerk Japans ist natürlich 
»er Palast des regierenden Kaisers zu Jeddo. Er bildet für sich 
allein eine kleine Stadt, welche von Wällen und Wallgräben um— 
geben ist, über die zur Erleichterung der Passage zahlreiche Zug⸗ 
hrücken führen. 
Der Umfang des ganzen Komplexes beträgt ungefähr sechs 
Kilometer und birgt außer dem Palast des Kaisers denjenigen des 
Thronfolgers in sih. Andere Gebäude werden von den land— 
ässigen Fürsten, den Großwürdenträgern, verschiedenen anderen 
hochgestellten Persönlichkeiten aus der Umgebung des Kaisers und 
den Familien der die Provinzen regierenden Prinzen-Gouverneure 
zewohnt. 
Der Palast des Kaisers selbst ist auf einer Anhöhe erbaut, 
und trotzdem er nur ein Stockwerk hat, so dominirt er dennoch 
ille umliegenden Gebäude. Er besteht aus einer beträchtlichen 
Anzahl einzelner, getrennter Baulichkeiten, deren Dächer meistens 
nit vergoldeten Drachen geschmückt sind. Der haupfsächlichste 
Raum in diesem Palast ist der sen-sio-siki (der Salon der 
100 Matten), welcher eben seinen Namen von diesen hundert 
Matten erhälten hat, die nach dortigem Gebrauch seinen Fußboden 
bedecken. Der sen-sio-siki ist 200 Meter breit und 100 Meter 
ang; die ihn stützenden Säulen, sowie die Decke sind aus dem 
hdolze von Cedern, Campherbäumen und anderen seltenen und 
verthvollen Holzarten gefertigt; die einzigen Mobilien, die der 
Saal enthält, sind diese hundert weißen mit Goldfranzen einge— 
fjaßten Matten. Hier versammeln sich bei feierlichen Gelegenheiten 
die Prinzen, die Hofstaaten und die Spitzen der Militär⸗— und 
Tivilbehörden des Reiches, während der Kaiser selbst seine Audienzen 
in einem weniger geräumigen Saale ertheilt, wobei er auf einem 
höchst kostbaren Teppich ruht. Der Palast wird von einem sehr 
hohen, viereckigen Thurm überragt, der das Zeichen der höchsten 
Würde ist und in Jeddo allen anderen Prinzen auf ihre Paläste 
zu bauen streng untersagt ist. Dagegen genießen Letztere die Ge— 
rechtsame, ähnliche Thürme auf ihrem Grund und Boden führen 
zu dürfen. Der Thurm des kaiserlichen Palastes besteht aus zahl⸗ 
eichen Stockwerken, die alle prächtig verziert sind. 
Nach diesem Palast erster Klasse, wenn ich so sagen darf, 
ist wohl derjenige von Onnay der bewunderungswertheste, da er 
sich nicht allein seiner herrlichen und berühmten Gartenanlagen, 
der schönsten in ganz Japan, sondern auch besonders seiner groß⸗ 
artigen Konstruktion, seiner Größe und seines Reichthums wegen 
auszeichnet. Der Palast von Onnay besteht aus vier Haupt— 
gebaͤuden, welche einen Hof von rechtwinkeliger Form bilden, in 
dessen vier Ecken sich Thürme von vier Stockwerken erheben, von 
denen immer das nächst höhere kleiner und zurückgezogener gebaut 
ist, als das untere, auf welchem es ruht, so daß wir hierdurch 
die in Europa unter dem Namen „japanischer Thurm“ bekannte 
Bauart erhalten. Vor der Hauptfront liegt eine ungeheuere Frei— 
treppe, welche auf ihrer Häljste von einem Triumphbogen geziert 
und überwölbt wird, dessen Bauart zu den schwierigsten und be— 
deutendsten japanischer Baukunst gehört und jedem Baumeister das 
arößte Lob eintragen würde. 
Der größte Theil der Paläste der Prinzen-Statthalter bildet 
leine Festungen für sich. Der merkwürdigste dieser Art mag der 
Palast von Firando sein, der in ganz Japan als ein Wunder—⸗ 
»au angesehen wird. Er ruht auf der hoͤchsten Spitze eines ein⸗ 
elnstehenden Felsblockes von bedeutender Höhe und besteht aus
	        
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