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Ueber verbesserte Anlage für Luftheizung.
(Hierzu 7 Figuren.)
In neuerer Zeit hat sich die Ueberzengung immer mehr
Bahn gebrochen, daß bei Anlage der Heizungen für die Wohn—
räume auch durchaus Rücksicht darauf zu nehmen ist, daß mit
denselben gleichzeitig für eine gute Ventilation gesorgt werden muß.
Um zu zeigen, wie nothwendig eine gute Ventilation bei
gleichzeitiger Etwärmung der Luft der Wohnräume ist, gehen wir
zunächst in Kürze auf die Bestaudtheile dieser Luft ein. Zu den
unsere Luft verunreinigenden Gasen und Stoffen gehören ins—
besondere die Kohlensäure, Kohlenoxydgas, Stickstoff-⸗, Schwefel—
und Phosphor-Wasserstoffe und alle durch den Stoffwechsel des
gesunden und krauken Menschen und der Thiere bedingten Aus—
stoßungen und Ausschwitzungen der Mauserstoffe durch Lunge und
Haut, ferner die im Leben überall anzutreffenden auf mechanischem
Wege oder durch chemische Prozesse in Küchen, Fabriken und La—
boratorien entstehenden Zerstäubungen, Verdunstungen und Ver—
gasungen. Wie schädlich uns diese Beimischungen sind, geht daraus
hervor, daß unsere Luft, welche auf 1000 Liter nur , Liter
Kohlensäure enthält, durch den Zuwachs von noch ,, Liter, also
in Summa 1 Liter pro Kubikmeter, für uns absoölut untaug—
lich wird.
Ein gleicher Prozentsatz Schwefelwasserstoff in einen ge—
schlossenen Raum eingefuͤhrt, genügt nicht nur, um bei Gesunden
Ohnmachten hervorzurufen, sondern kann auch den Tod zarter
Personen herbeiführen; ganz ähnlich und fast noch schlimmer steht
es mit den auderen genaunten Gasen. Dabei ist noch zu erwägen,
daß ein Erwachsener in einer Stunde 500 Liter Luft einathmet,
welcher er 20 Liter Sauerstoff entzieht und dafür 20 Liter Kohlen—
säure abgiebt, also mindestens 20 kbm Luft in einen für uns
unbrauchbaren Zustand versetzt.
Zu diesen Ausscheidungen tritt noch die Ausdünstung durch
die Haut, die dem Gewicht nach ungefähr das Doppelte wie die
Lunge, aber andere Produkte, ausscheidet. Wie viel eine gesunde
Haut und Lunge in nicht sichtbarer Form ausscheiden, läßt sich
am besten vergegenwärtigen, wenn man erwägt, daß nur die
knappe Hälfte unserer Nahrungs- und Genußmittel in sichtbarer
Form als Urin oder feste Fäkalstoffe abgesondert wird. NRimmt
man die gesammte tägliche Ausscheidung des gesunden und er—
wachsenen Menschen auf nur 6 Pfund an, während sie meistens
größer ist, so muß die wesentlich größere Hälfte, also mindestens
3 Pfund täglich, in Gas- oder mikroskopischer Form zur Aus—
scheidung gelangen und die uns umgebende Luft schwängern. Welch'
rein widerliches Bild müßte sich vor unseren Blicken entwickeln,
wenn wir, anstatt nur durch unsere Augen, durch ein millioneufach
oergrößerndes Mikroskop die Ausdünstung eines Menschen sehen
könnten.
Wenn schon ein Mensch in einer Stunde 20 kbme Luft
mittelst der Lunge total, durch die doppelt große andersartige
Hautausdünstung aber ein weiteres erhebliches Quantum verderben
kann, so ist ersichtlich, wie kurze Zeit in einem hermetisch abge—
schlossenen Raume von der Groͤße unserer Wohnräume die Luft
für die Menschen brauchbar bleiben kann. Die Möglichkeit, daß
wir selbst bei geschlosseneu Thüren und Fenstern unser Leben
fristen können, beruht auf der spontanen Ventilation, d. h. der—
jenigen, welche durch Temperatur-Differenzen, Windströmungen
durch die Mauern, Holztheile und Fugen hervorgerufen wird, und
welche nahezu 50 pCt. des Inhalts pro Stunde ausmacht! Es
wird also dadurch stündlich die Hälfte der vorhandenen Luft durch
frische Luft verdrängt und ersetzt.
Man sieht heute mit gerechter Verachtung den Menschen an,
der sich in Wasser wäscht, welches bereits von einem Anderen ge—
braucht ist, oder der sich nicht von Unrath rein hält oder gar
Nahrung zu sich nimmt, die schon Anderen gedient hat.
Betrachtet man nun eine Winterstube, wo sich Alles in der
Nähe des Ofens gruppirt, wo die Thüren und Fenster ängstlich
geschlossen gehalten werden, geschieht da wohl etwas Appetitlicheres?
Nimmt da nicht der eine' zum größten Theil die von seinem
Nachbar verbrauchte Luft ohne Bedenken ein?
Verdient unsere Lunge vielleicht eine geringere Berücksichti⸗—
zung, als unsere Hände, die oft ängstlich vor der Berührung jedes
nicht appetitlichen Gegenstandes bewahrt werden? So wichtig auch
unsere Haut ist, da von ihrer Pflege und Leistung hauptsächlich
unsere Gesundheit, unser Wohlbefinden und unsere Widerstands—
fähigkeit mit abhängt, nicht minder wichtig ist für uns die Lunge.
Ja, sie hat eine noch größere Berechtigung auf Aufmerksamkeit.
Bei dem geringen Reinlichkeitssinn für Luft und bei der
geringen Berücksichtigung der Bedürfnisse für das so wichtige
Organ der Lunge in unserer Zeit ist es kein Wunder, daß nahezu
ein Drittel aller Menschen an Krankheiten der Athmungsorgane
Ueber verbesserte Anlage für Luftheizung.
tirbt, d. h. bei einem Drittel der Gestorbenen ist als Ursache
drankheit der Athmungsorgane konstatirt.
In dieser Zahl ist nicht enthalten die Anzahl der Kinder,
velche im ersten Lebensjahre wieder scheiden. Von diesen geht
iahezu die Hälfte durch zu warmes Einpacken im Sommer und
»as „vorsichtige“ Abschließen der guten Luft zu Grunde. Es ist
»emnach nicht zu viel behauptet, daß die Hälfte aller Menschen
in Erkrankung und Zerstörung der Athmungsorgane oder durch
diese herbeigesührte Schwäche stirbt.
Durch naturgemäße Lebensweise kann man derartige Erkran-
'ungen nicht nur verhüten, sondern man kann selbst da, wo erb⸗—
iche Disepositionen zu befürchten sind, diese durch eine von der
rsten Jugend an richtige Pflege, Aufwachsen in quter Luft und
Ztärken der Lunge durch tägliche Lungen-⸗Gymnastik paralysiren.
Während des Sommers sind nun die nunzivilisirten Zustände
»der wissentlich gepflegten Unreinlichkeiten der Stubenluftseltener
zu finden, einmal weil der Aufenthalt in den Stuben nicht so
interhaltend und angenehm wie im Freien ist, dann aber, weil
elbst die verzogenste, verweichlichste Natur oft ein unwiderstehliches
Zehnen nach naturgemäßer Speisung der Lungen hat nud ohne
Bedenken dem Gefühl Rechnung tragend der gesunden Luft anädig
die Pforten öffnet.
Anders ist es dagegen im Winter, wo sich das Unwesen des
Schlürfens unreiner Luft in seiner ganzen Ausdehnung breit
nacht. Zunächst wird häufig dadurch gesündigt, daß man im
Herbst zu früh anfängt die Stuben zu heizen, und dadurch leicht
»ie Luftwärme über die Nothwendigkeit erhöht, die Haut von
vornherein verweichlicht und durch diese Verweichlichung den eigent—
ichen Feind gegen die Benutzung der guten Luft erzeügt.
Der Gesunde befindet sich ohne doppelte Kleider bei einer
Temperatur von 130 R. zu allen Jahreszeiten im Freien noch
vohl; warum macht man in der Stube, wo allerdings die Be—
vegung fehlt, man dafür aber auch keinen Windströmungen aus—
jesetzt ist, so hohe Anforderungen an die Lufttemperatur?
Es ist einzig und allein die Verwöhnung. Je wärmer
nan sich hält, desto mehr steigert man das Bedürfniß nach Wärme.
Der Grund hierfür ist, daß erhöhte Lufttemperatur unsere Um—
sebung in den Zimmern austrocknet. Findet die Luft zu ihrer
Zättigung keine Feuchtigkeit mehr in den Wänden. Möheln ꝛc.
o müssen wir dieselbe allein hergeben.
Die Verdunstung der Hautfeuchtigkeit geht aber auf Kosten
inserer Eigenwärme vor sich. Hierzu kommt noch, daß wir bei
einer warmen ausgedehnten Luft weniger Sauerstoff einnehnien,
nithin der Verbreünungsprozeß langsamm wird und wir weniger
kigenwärme produziren.
Auf diese Art schädigen wir uns doppelt, und statt das Ver—
langen nach Wärme zu befriedigen, verdoppeln wir nur das Be—
dürfniß, und wenn dies fortgesetzt wird, werden wir mit der Zeit
empfindlich, schwächlich und krank.
Je wärmer die Stube ist, desto größer ist die Differenz mit
der Außenluft, desto mehr provozirt man die Zugluft da, wo sie
törend ist, desto leichter ist die Haut und die Lunge in empfind—
ichen Zustand zu versetzen und seder plötzliche Uebergang in das
ältere Freie muß Erkältungen im Gesolge haben. Die Stuben⸗
värme soll durchaus in der Regel 150 R. nicht übersteigen, während
ie andererseits nicht viel unter 130 R. betragen soll. Durch lang—
ame Gewöhnung wird man es aber leicht dahin bringen können,
daß man sich bei 110R. noch vollkommen wohl und munter be—
iindet und durchaus keine Kälte verspürt.
Zur Gewöhnung an solche Temperatur gehört allerdings
eine rationelle Hautpflege und tägliches Bewegen, welches möglichst
nach dem Verlassen des Bettes in frischer Luft, ohne unnöthige
und überflüssige Einhüllung vorzunehmen ist. —
Wir lassen nun eine kurze Vergleichung der perschiedenen
deizsysteme folgen mit dem Hinweis auf das rationellste.
Man theilt die Heizungssmsteme ein in „lokale“ und „zen—
trale“.
Bei dem ersteren befindet sich der Wärmeerzeuger in dem
zu heizenden Lokale selbst, während bei dem letzteren ein gemein—
chaftlicher Wärmeerzeuger für alle zu heizenden Räume vorhanden
ist. Bei den lokalen Wärmeerzeugern, unterscheidet man wieder
olche, welche die Wärme sofort, abgeben und solce, welche die
Wärme erst aufspeichern und dann allmälig abgeben.
Kamine und eiserne Oefen gehören zu den Wärmeerzeugern,
velche die Wärme sofort abgeben. Erstere sind nur ausnahms—
veise zu empfehlen, haben aber den Vortheil einer guten Venti—
ation; sie sind unbrauchbar für Räume, in denen auf eine regel⸗
näßige, ruhige Thätigkeit Rücksicht zu nehmen ist. Eiserne Oefen
jeben die Wärme ebenfalls fast unmittelbar ab, wirken, wenn, sie
hne Mantel konstruirt sind, nur mit strahlender Wärme und sind
zürchaus unstatthaft, wenn sie zum Glühen gebracht werden können