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Mittheilungen aus der Praxis.
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beschmutzten Maschinentheile in vielen Fällen durch Behandeln mit
Natronsauge. In 5 1 Wasser werden 30 bis 40 8 Aetzuatron
aufgelöst. die Lösung erhitzt und in die heiße Flüssigkeit die zu
reinigenden Gegenstände, nachdem man sie oberflächlich durch
Schaben ꝛc. von dem größten Schmutz befreit hat, eine halbe bis
wei Stunden hineingelegt. Nach dem Herausnehmen läßt sich
uiller Schmutz leicht abwijschen oder abspülen. Die Wirkung beruht
darauf, daß die alkalische Lauge mit dem verharzten Oel Seife
bildet, diese aber im Wasser leicht löslich ist. In Jolge dessen
erschoͤpft sich die Flüssigkeit allmälig und muß von Zeit zu Zeit
neues Aetznatron zugeführt werden.
Die innere Ausschmückung unserer Häuser hat,
schreibt die „V. Ztg.,“ in letzter Zeit sowohl in Bezug auf Eleganz
wie Soliditaͤt ganz bedentende Fortschritte gemacht. Während noch
vor zehn Jahren selbst in den besseren Wohnhäusern Berlins die
Treppenhäuser nur im nüchternsten Weiß prangten und die Zimmer
faum eine anständige Velourstapete, geschweige denn eine Holzdecke
oder ein hohes Holzpannel aufwiesen, sind heutigen Tages Marmor—
denn unsere Architekten, ihn so reizwoll wie möglich zu gestalten
und auszuschmücken. Das Portal ist in den meisten Fällen, ent—
prechend der herrschenden Vorliebe für die deutsche und holländische
Rengissance des 16. und 17. Jahrhunderts, aufs Reichste ausge—
ildet, und zwar als Portikus mit vorgesetzten Säulen und phan—
astisch aufgesetztem, vielfach verkröpftem Giebelgebälk, bekrönt mit
innvollem figuralen Schmuck. Eine kunstvoll geschnitzte Pforte
nit hohem, durch schönes Eisenwerk geschütztem Oberlicht, oft noch
lankirt von schmalen durch Butzenscheiben geschlossenen Guckfenster—
hen, öffnet sich und man tritt in das Vestibül ein. In ihm liegen viel—
jach eine Anzahl Marmorstufen, welche zum Hochparterre hinanführen,
während zu beiden Seiten dieser Treppe volle, dunkelfarbige Mar—
morsäulen emporragen und auf ihren Bronzekapitellen die reich
drnamentirte, in duͤnklen Farben und in Gold gehaltene Decke
tragen. Zwischen den Seitenwänden und den Sänlenreihen sind
schmale Raumstreifen vorhanden, und dort stehen einige plastische
Kunstwerke in dunkelfarbiger Bronze. Geradeaus fällt der Blick
über die Stufen der Vestibülireppe hinweg in den mit dunkelglänzendem
Villa in Kruscy.*“) Fiag. 12. Text siehe
Seite 566 u. ff. Nr. 36. (Vorderansicht.
treppen, Glasgemälde, bunt glasirte Kachelöfen, Eichenholzdecken,
bemalte und vergoldete Stuckodekorationen nichts mehr Seltenes.
Die gewaltigen, für Miethzwecke errichteten Neubauten im Westen
der Stadt legen von dieser Umwälzung das ansprechendste Zeug—
niß ab. Besonders die Vestibule und Treppenhäuser dieser Paläste,
in welchen mit Vorliebe die Büreaukratie ihr Heim aufschlägt,
sind als Interieurs behandelt, die in ihrer Farbenbracht würdig
wären, durch den Pinsel eines Kasper Netscher oder Pieter Neefs
verewigt zu werden. Nicht zum Mindesten hat zu dieser künst—
lerischen Behandlung jene baupolizeiliche Verfügung beigetragen,
welche sich gegen das Bewohnen der unter dem Straßenniveaun
liegenden Kellerräume richtet: man war in Folge derselben ge—
zwungen, ein hoch gelegenes Souterrain und ein hohes Parterre
anzulegen, und gelangte man dazu, die übliche Durchfahrt von dem
früher damit verbundenen Treppenhause völlig zu trennen und für
letzteres ein eigenes, nur für die herrschaftlichen Bewohner des
Hauses bestimmtes Vestibül und Eingangsportal zu schaffen. Daß
dieser Ein- und Ausgang seiner vornehmeren Bestimmung ent—
sprechend dekorirt werden mußte, war unabweisbar. und so bedannen
Stuckomarmor bekleideten Vorraum des Hochparterre, von dort in
das Haupttreppenhaus und über seine in Marmor schimmernde
Treppe bis zum ersten Podest, durch dessen buntes Glasfenster
mildes, farbiges Licht in den dämmrigen Raum eindringt. In
kunstvoll verarbeitetem Schmiedeeisen, dessen Reiz durch stellenweise
Kergoldung noch erhöht ist, zieht sich das mit rothem oder grünem
Zammet versehene Treppengeländer von dem mächtigen, in einen
Zandelaber ausmündenden Pfosten zur Höhe hinan. Schmale
Streifen farbensatten Läuferstoffes heben sich von den Marmor—
tufen wirksam ab, und zuweilen erhöht noch eine schwere, falten—
reiche Portiere, die vor dem Podest seitlich zurückgeschlagen ist, den
»ornehmen Eindruck dieses Ensembles. Besonders Abends, wenn
die Flamme des Kandelabers oder die von der Decke herabhängende
chmiedeeiserne Laterne ihr Licht erstrahlen läßt, ist die Wirkung
eine entzückende. Neuerdings gehen aber unsere Architekten noch
weiter: die Bekleidung der Wände mit Stucko-Marmor genügt
nicht mehr, statt dessen hat man auf die durch Pilaster getrennten
Wandflächen des Vestibüls al fresco gemalt oder große, flott ge—
malte Oelgemälde augebracht. Dieselben stellen in faft lebensgaroßen
*) Die am 1. Oktober 1884 neu hinzutretenden Abonnenten machen wir darauf ergebenst aufmerksam, daß der Text und die vorangegangenen
u1 Illustrationen bereits in den letzten Nummern des vorigen Quartals zum Abdruck gelangten, wir empfehlen daher die Nachbestellung desselhen