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Berichte aus verschiedenen Städten. — Literaturbericht.
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Verfügungen des Polizei-Präsidinums vom 27. November 1883
ind 24. März 1884 bewenden müsse. In Folge dessen klagte Sch.
gegen den Ober-Präsidenten auf Aufhebung des Bescheides desselben
ind der beiden Verfügungen des Polizei-Präsidiums, und führte
zur Begründung an, daß das Polizei-Präsidium durch die ange—
zriffenen Verfügungen, zu dereun Erlasse die thatsächlichen Voraus—
etzungen fehlen, seine Befugnisse überschritten habe, weil einestheils
der Ranch nicht gesundheitsschädlich sei und auch nicht mehr als
olcher von manchem anderen Gewerbebetriebe das Publikum be—
ästige, anderntheils sein Gewerbebetrieb seiner Zeit polizeilich
gestattet worden sei und daher nach 8 26 der Reichsgewerbe—
Ordnung den Nachbarn event. die Klage auf Schadloshaltung gegen
hn, den Kläger, zustehe. In dem Verhandlungs-Termine vor dem
Oberverwaltüngs-Gerichte am 18. Septbr. bekundete der Sachver—
tändige, Bezirks-Physikus und Sanitätsrath Dr. R.: „Die Rauch—
»elästigung finde nur zeitweise (Morgens zwischen 324 und Abend
‚wischeu 9—10 Uhr; und auch nur stellenweise statt, und sei nicht
o bedeutend, wie bei vielen Fabrikschornsteinen. Durch die Kohlen—
Verbrennung in der Sch.'schen Bäckerei werden nicht, wie bei
yemischen Fabriken ꝛc. giftige Gase hervorgerufen, sondern nur
mechanische Produkte niedergeschlagen, welche beim Ostwinde in
dem Buggenhagenschen Gartenlokale, beim Westwinde im Mosolf—⸗
ichen Gartenlokale den Gästen als Flocken in die Getränke fallen
und insofern eine grobe Belästigung bewirken, sonst aber die An—
vohner, welche meist die Fenster oͤffnen können, nicht belästigen.
NRach dem Umfange und Beschaffenheit des Rauches sei eine Ge—
ährdung der Gesundheit sowohl der Nachbarn, als auch der Passan—
en ausgeschlossen.“ Das Oberverwaltungsgericht erkannte hierauf
dem Bäckermeister Sch.'schen Klageantrage gemäß aus folgenden
Bründen: Das Polizei-Präsidium sei berechtigt gewesen, im Interesse
)er Nachbarn, einer Quote des Publikums, die augebrachte Beschwerde
seiner Kognition zu unterziehen, dasselbe habe aber angenommen,
daß durch den dem Schornsteine der Sch'schen Bäckerei entsteigenden
Rauch eine Gefahr für die Gesundheit des Publikums entsteht,
diese Annahme sei aber nicht aufrecht zu erhalten, denn der Rauch
»ewirke nach dem Gutachten der Sachverständigen sowohl hinsicht⸗
ich seines Umfanges als auch seiner Beschaffenheit keine Gefahr
ftür das Publikum, der Gerichtshof habe aber bei seiner Recht—
prechung stets angenommen, daß ein polizeiliches Einschreiten wegen
einer Belästigung des Publikums nicht gerechtfertigt ist.
Entscheidung in Patentsachen. Von Seiten des
daiserl. Patentamtes und des Reichsgerichts sind in Patentsachen
olgende principielle Entscheidungen getroffen worden:
Die Zurücknahme eines Patentes nach 8 11 Nr. J des Patent—
zeseßes (Unterlassen der Ausführung) ist ausgeschlossen, wenn der
patentirte Gegenstand im Wesentlichen zur Ausführung gebracht
vorden ist: Abweichungen in konstruktiven Einzelheiten kommen
nicht in Betracht (Patentbl. 1884, S. 321).
Liegt die wirthschaftliche Bedeutung einer durch Patent ge—
chützten Vorrichtung sür das In land vornehmlich in der Anwendung
ind nicht in der Herstellung derselben, so erscheint die Zurücktnahme
des Patentes nur um deßwillen, weil die Herstellung im Inlande
in beschränktem Maße erfolgt ist, nicht als gerechtfertigt (Patent—
»latt 1884, S. 321).
ein. Man führte den am ganzen Leibe bebenden Mann, dessen
Hesicht mit Blut überlaufen war, nach dem Krankenhause. Die
itternde alte Dame wurde von mehreren Leuten in eine Droschke
ehoben und in Ermangelung von Bespannung von den braven
dettern selbst fortgezogen. Das entstandene Feuer hat nur wenig
Schaden angerichtet, die Explosion selbst aber viele Fensterscheiben
der, Nachbarhäuser zertrümmert. Die ganze Stadt ist in großer
lufregung. Bauarbeiter sind beschäftigt, die Mauern zu stützen
ind die Trümmer, unter denen recht werthvolle Sachen, unter
inderen ein neues total zerschmettertes Pianino, fortzurääumen.
New-York. Bauthätigkeit New-York's. Während
er ersten sechs Monate dieses Jahres sind in New-York 1639
Pläne im Bauamte registrirt worden; in der nämlichen Zeit vori—
jen Jahres sind es nur 1482 und im vorhergehenden nur 1364
Jewesen.
Literaturbericht.
Lehrbuch der Heiz⸗ und Lüftungstechnik. Nach
eicht faßlichen Theorien und mit besonderer Rücksicht auf die Be—
ürfnisse der Praxis verfaßt von Friedrich Paul, Baurath des
Viener Stadtbanamtes. Mit über 300 Abbildungen. Erste Ab—
heilung (enthaltend Bogen 1 bis 13). Wien. Pest. Leipzig.
I. Hartleben's Verlag.
Die Bedeutung, welche eine gute Heizung und Lüftung der
Vohnräume auf das Wohlbefinden des Menschen hat, hat den
hderrn Verfasser veranlaßt, das vorliegende Lehrbuch der Heiz- und
Lüftungstechnik herauszugeben. Es muß anerkannt werden, daß
»s ihm gelungen ist, ein Werk zu schaffen — soweit sich dies aus
»er bis jetzt vorliegenden ersten Abtheilung übersehen läßt —,
velches, leicht faßlich und übersichtlich gehalten, in hervorragender
Veise geeignet erscheint, dem ausübenden praktischen Baumeister
end Baugewerksmeister ein Mittel an die Hand zu geben, um
hne großen Zeitverlust die genügende Belehrung über den Gegen—
tand sich anzueignen
Wir glauben dem Interesse unserer Leser am besten zu
»ienen, wenn wir hier kurz eine Uebersicht über den Inhalt der
ersten Abtheilung geben. Der J. Abschnitt, Vorbegriffe, ent—
sält: Verhalten fester, tropfbar flüssiger und gasförmiger Stoffe
jegen die Wärme; Mariotte'sches Gesetz, Messung des Luftdruckes;
Wirkung kontinuirlicher Kräfte. Im II. Abschnitt, die Be—
vegung des Wassers in Leitungs-Systemen, sind auf—
zeführt: Allgemeine Entwicklungen; verschiedene Arten der Be—
vegungswiderstände; Geschwindigkeitsberechnung mit Einbeziehung
»er Bewegungswiderstände; Geschwindigkeitsberechnung bei ver—
chiedenen temperirten Wassersäulen. Im III. Abschnitt, die Be—
vegung der Luft in Ventilationskanälen, Saugesssen
ind Rauchzügen, ist enthalten: Allgemeine Formel, Bewegungs—
viderstände und Druckerforderniß; Bewegung der Luft, hervor—
zerufen durch Temperatur-Differenzen; Abzug der Verbrennungs—
zase durch Heizapparate und Rauchfänge; über Rauchfänge von
Stubenöfen; Beispiel über die Ventilationswirkung eines Warm—
wasser-Röhrenofens; Ursachen des Rauchens, störende Wirkung des
Windes auf den Zug von Rauchfängen ꝛc.; Luftwechsel durch un—
dichte Fenster und Thüren; Betrachtung verschiedener Ventilations—
fälle. Der IV. Abschnitt, der Verbrennungsprozeß und die
in ihm thätigen Stoffe, führt auf: Einleitung; Eigenschaften
der chemisch einfachen und zusammengesetzten Stoffe; Apparate
zum Messen des Feuchtigkeitszustandes der Luft; der Verbrennungs—
drozeß im Allgemeinen; Ermittelung des Heizeffektes der Breun—
toffe. Der V. Abschnitt, die Brennmaterialien, enthält:
kigenschaften der Brennstoffe; Ermittelung sämmtlicher Ver—
zrennungs-Effekte nach den Formeln des IV. Abschnitts; Berech—
iung der Schichthöhen und Flächen für die verschiedenen Brenn—
toffe. Im VI. Abschnitt, Erwärmung und Abkühlung,
ind aufgeführt: Die Wärme und Fortpflanzung derselben; Er—
nittelung der Wärme-Abgabe von Heizflächen; Anwendungen der
illgemeinen Transmissions-Formeln; Windanfall, Mauerporen,
zann Fenster- und Thürfugen als Ursache einer größeren Trans—
nission; Transmission ohne Empfang einer Wärmestrahlung; Trans—
nission der Fensterrahmen und Feustergewände; Wärmedurchgang
urch Fußböden, gewöhnliche Decken und Glasdecken. —en —
Die Bau⸗ und Nutzhölzer oder das Holz als Roh—
naterial für technische und gewerbliche Zwecke, sowie als Handels—
vaare. Nebst Beschreibung von über 200 europäischen und fremden
holzarten. Ein Hand- und Nachschlagebuch für Baumeister,
Technologen, Holzhändler, Waldbesitzer, Forstbeamte ꝛc. Heraus—
gegeben von Eduard Printz, Ingenieur in der k. k. Kriegs⸗
marine zu Pola. Mit 42 in den Text gedruckten Abbildungen.
Weimar, 1884. Bernhard Friedrich Voigt.
Berichte aus verschiedenen Städten.
Grünberg. Am 19. September geßen 8 Uhr Morgens
vurde die Stadt Grünberg durch den Einsturz eines zweistöckigen
Bebäudes sowohl buchstäblich als bildlich gewaltig erschüttert, die
Vorderfront des betreffenden, dem Kaufmann Kärger gehörigen
Hauses total niedergestürzt, die Gewölbe zertrümmert, eine Seiten—
nauer derartig geborsten, daß noch jeden Augenblick ein neues
Unglück zu befuürchten ist. Der Einsturz wurde durch eine Benzin—
Explosition herbeigeführt. Wie verlautet, soll ein Benzinballon
durch Unvorsichtigkeit eines Kindes, welches thörichter Weise den
Fall verschwieg, gestern Abend zerschlagen worden sein. Der Ballon
lag in einem gewölbten Keller, der mit einer etwas tiefer gelegenen
höheren Kellerung des Nebengebäudes durch eine Thür in Verbin—
dung steht. Zur oben angegebenen Zeit hatte nun ein Arbeiter
in dem ersten, Keller zu thun und trat nichts ahnend mit einem
rennenden Lichte ein, sofort explodirten die entstandenen Gase,
varfen den Unglücklichen zu Boden und zertrümmerten alles Um—
herliegende. Die Gase warfen die Vorderfront des Hauses total
ieder, so daß die Decken des Parterres und 1. Stockwerkes zum
Theil bis in den Keller hinab sanken, mit ihm eine Dame nebst
Dienstmädchen aus dem 1. Stock und eine 80jährige Matrone
uus dem Parterre. Doch blieben diese sowohl wie alle Bewohner
)es Hauses mit Ausnahme des erwähnten Arbeiters glücklicher⸗
weise unbeschädigt. Der Arbeiter soll nicht unwesentlich verletzt