Literaturbericht. — Brief- und Fragekaiten.
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der große Festsaal ec. sind licht, freundlich und sehr geräumig. Sie
sind'auch im Großen und Ganzen sehr zweckmäßig angelegt und
Hefriedigen durchwegs. Weitaus übertroffen jedoch wird all das
bon dem großen Universitätshofe, der an die herrlichsten ähnlichen
Räume italienischer Universitäten, und namentlich an den Hof der
Sapienza“ in Rom erinnert. Gigantisch in seiner Ausdehnung,
vird er von einem Korridor umspannt, der ebenfalls seines Gleichen
ucht. a6 riesige Arkadenbögen von 12 Fuß Spannweite, die auf
Pfeilern ruhen und von geradem Gebälke eingespannt sind, bilden
FZiesen Korridor, in den die Treppenhäuser münden. Im zweiten
ud dritten Stockwerke sind Halbsäulen der jonischen und korinthischen
Ordnung angebracht. Die Treppenhäuser, die sich an den Korridor
mnschließen, entsprechen dem Raume und der Anlage nach voll⸗
kommen dem großartigen Hote und dem Korridor.
Das Ganze aber ist“ von einer ausgesuchten Einfachheit, die
»on Fachmännern eine „bramanteske“ genannt, wird. Nichts als
Stuck an den Decken, soust lediglich einige Blindfenster in Marmor—
iusführung — das ist alle Dekoration. Doch genügt auch das
ollkommen, weil die großartige räumliche Anlage durch sich selbst
mponirend wirkt. Man kann Alles in Allem füglich sagen, daß
das neue Universitätsgebäude zu den gelungensten architektonischen
Werken gehört und auch unter den zahlreichen herrlichen Neubauten
Wiens einen hervorragenden Platz einnimmt. Die oben erwähnten
einen Mängel sind freilich nicht die einzigen, die vorhanden sein
ollen. Man behauptet beispielsweise, — was übrigeus hier nur
nit Vorbehalt wiedergegeben sein mag — daß auch bei der neuen
Universitaäͤt jener Fehler vorgekommen sei, der bei dem Rathhause
ind bei dem Parlament seiner Zeit gerügt worden ist
Es soll nämlich auf der kinen Seite eine große Raumver—
ichwendung statigefunder haben, während andererseits einzelne noth—
wendige Räume zu klein ausgefallen, einige andere wiederum ganz
bergessen worden sein sollen. So heißt es u. A., daß nicht die
zJauze Bibliothek in der neuen Universität werde untergebracht
perden können und daß es auch an einigen Wohnräumen, die er—
forderlich gewesen wären, gänzlich mangle.
Noch ist im Innerne des Hauses nicht alles so vollständig
sertig, daß man es genau prüfen und konstatiren könute, ob sich
die vorstehenden Angaben auch bewahrheiten. Dieselben müssen
also zunächst dahingestellt bleiben. Was den Kostenpunkt anbetrifft,
io gehört die Universität unter den öffentlichen neuen Pracht—
„auten absolnt und relativ zu den wohlfeilsten, während bei—
pielsweise das räumlich kleinere Rathhaus ungefähr 17 Millionen
und das sehr viel kleinere Parlament 13 Millionen Gulden ge—
zostet haben soll. Allerdings würde sich die kleinere Kostensumme
hei der Universität dadurch erklären, daß diese im Innern sehr
venig Ausschmückung besitzt und weniger innerer Einrichtung als
die vorgenannten Bauten bedarf.
Nun wird, wie oben erwähnt, der Schlußstein zu dem Gebäude
zelegt und dasselbe, das schon seit einem Jahre zwei Fakultäten
zeherbergt, wird bald vollständig benutzt werden können. Mit den
Studenten aber zieht leider auch der Unfrieden unter der Studenten—
cchaft in das neue schöne Haus ein. Die traurigen politischen und
zationalen Zwistigkeiten, die in Oesterreich seit Jahren in Permanenz
ind, haben sich auch in der studirenden Jugend eingenistet, und
es muß gut gehen, wenn dieselben nicht bei der Feier der Schluß—
teinlegung zum Ausdruck gelangen. B. Tg.
Kegelräder — uund auf Blatt 25 bis 26 ist ein Ueberblick ein—
eluer Konstruktionstheile in verspektivischer Darstellung gegeben.
Brief- und Fragekasten.
Herrn Maurermeister U. in A. Ein Werkmeister hat nach dem All—
gemeinen Landrecht J. 1, 8* 839, 925 und 932 das bedungene Werk nach
den Regeln seiner Kunst innerhalb der vertra gsmäßigen Frist fertig zu stellen
ind dem Befteller zu übergeben. Wird die Uebernahme des fertigen Werks
zoͤn dem Besteller ohne rechtlichen Grund verzögert, so muß Letzterer alle
Zefahr tragen und Verzögerungszinsen zahlen, F 939 und 940. Dennoch
zefreien diese Vorschriften den Werkmeister nicht davon, auch über den Ueber⸗
gabetermin hinaus für die gegen die Regeln seiner Kunst begangenen Fehler
u haften, betreffs deren er nach 8 954 auch geringes Versehen vertritt, und
Fei Bauten auch für den Fall, daß der Bau von dem Bauherrn übernommen,
vegen solcher Fehler, die aus der Bauart und weil dabei die Regeln der
zunst angeblich nicht beobachtet worden, entstanden sein sollen, noch drei
daͤhre vom Tage der Uebergabe ab in Anspruch genommen werden kann;
968. Weigert der Bauherr oder verzögert er, grundlos die Uebernahme
es fertigen Werkes am festgestellten Termine, so kann er rechtlich dazu zwar
ingehalten, es darf dabei aber nicht übersehen werden, daß nach 8 943 jedem
ion beiden Theilen das Recht zusteht, daß das Werk auf seine Kosten von
Zachverständigen besichtigt wird, woraus folgt, daß eine Verzögerung pro—
essualisch so lange ais eingetreten nicht angenommen wird, als dem Besteller
nicht angeboten war, unter Wahrung dieses Rechtes das fertige Werk au be⸗
ichtigen und zu übernehmen
Herrn Bautechniker C. in XN. Wir bedauern, Ihnen auf Ihre Anfrage
teine Antwort geben zu können, da dieselbe jedenfalls nicht in den Rahmen
des Brief⸗ und Fragekastens eines Fachblattes paßt.
Herrn Maurermeister Seh. in R Da Sie selbst der Ansicht sind, daß
der Grund für das Abfallen des Putzes nur in den salpeterhaltigen Mauer—
teinen zu suchen ist, so wird es wohl kein anderes Mittel zur gründlichen
Beseitigung dieses Uebelstandes geben, als die salpeterhaltigen Mauersteine
zurch aͤndere gute Mauersteine zu ersetzen.
Herrn Zimmermeister P. in 8. Die Mososbildung auf den Ziegel⸗
teinen eines Daches entsteht dadurch, daß sich Staub auf den Dachflächen
iblagert und durch den Regen in die Risse und Poren der Dachsteine gespült
vpird. Die in der Luft schwebenden pflanzlichen Keime kommen auf diese
Art mit in den Staub und entwickeln in demselben dann die Moosgewächse,
velche den grünslichen Ueberzug bilden. In der Nähe belebter staubiger
Kerkehrsstrahßen wird diese Moosbildung besonders begünstigt. Das beste
Mittel dagegen ist ein öfteres Reinigen des Daches, jedoch sind wir der
Ansicht, daß unter Umständen diese Reinigung nicht nöthig ist, weil die
Moosdecke dem Dache in den meisten Fällen kaum schädlich sein dürfte, wenn
ie nicht etwa überhand nimmt. Es sind uns Dächer bekannt, weiche seit
angen Jahren mit einer leichten Moosdecke überzogen sind, ohne daß sich
der geringste Schaden für die Dichtigkeit des Daches gezeigt hätte.
Serrn Vaumeister V. in D. Das beste Baulerikon, wel hes uns be—
kannt ist, ist dasjienige von Mothes, welches Sie durch jede Buchhandlung
beziehen können. Wenn wir nicht irren, so begann vor ca. 2 Jahren eine
reue Auflage in Lieferungen, aber wir wissen nicht, ob dieselbe schon beendet
st, jedoch giebt Ihnen jede Buchhandlung darüber genaue Auskunft.
Herrn Architekt H. in F. Lange Wellen, wie solche zur Fortleitung
der Arbeit eines Motors in den Fabriken dienen, müssen aus einzelnen
Ztücken zusammengesetzt werden, deren Verbindungsglieder Kuppelung ge—
dannt werden. Man unterscheidet feste, bewegliche und lösbare oder Aus—
ückkuppelungen. Die ersteren stellen zwischen je zwei Wellenstücken eine
tarre Verbindung her. Man stellt an sie hauptsächlich zwei Anforderungen,
rämlich einfache Konstruktion und Vermeidung aller vorstehenden Kanten
ind Ecken, an welchen die Arbeiter mit den Kleidungsstücken hängen bleiben
können. Die gebräuchlichsten festen Kuppelungen sind die Muffenkuppelung,
die Scheibenkuppelung und neuerdings die Kernaul'sche Kuppelung
Bewegliche Kuppelungen sind sorche, welche eine Veränderlichkeit, der
gegenseitigen Laͤge der gekuppelten Wellen gestatten. Unter diesen ist beson—
zers das Universalgelenk — Kreuzgelenk, Hookscher Schlüssel — zu nennen,
velches eine Winkeistellung der Wellen zuläßt. Es besteht aus einem recht—
vinklig gleicharmigen Kreuz, an den Enden mit Zapfen versehen, deren je
wei gegenüberliegende in den Enden einer Gabel gelagert sind. Eine dieser
vabeln'ist nun an dem einen der Wellenenden, die andere an dem zweiten
o befestigt, daß ihre Arme parallel den Wellenachsenlinien stehen. Die so
»erbundenen Wellen können aus der geraden Linie bis nahezu unter einen
rechten Winkel gestellt werden, ohne daß dadurch ihre gemeinschaftliche Dreh—
zarkeit verhindert würde; doch ändern sich ihre Winkelgeschwindigkeiten um
o mehr, je größer der Wellenwinkel wird und zwar so, daß das mitgenom—
nene Wellenstück sich mit ungleichförmiger Geschwindigkeit, wenn das mit—
rehmende gleichförmig rotiert. Diese Ungleichtörmigkeiten lassen sich dadurch
»ermeiden, daß man das Gelenk in bestimmter Weise doppelt anbringt.
Die lösbaren Kuppelungen können während des Ganges der verbun—
denen Wellen aus- und eingerückt werden. Bestehen sie aus zwei Scheiben
nit seitlichen Vorsprüngen — Klauen, Zähnen —, deren eine auf dem
Wellenende unwandelbar befestigt ist, während die zweite auf dem Wellenende
im die Länge der Klauen verschoben werden kann, so daß diese bald inein⸗
inder greifen, bald aneinander vorbeistreifen können, so nennt man fie
lauenkuppelungen oder Zahnkuppelungen. Beim Einrücken solcher Kuppe—
ungen während des Ganges entsteht ein heftiger Stoß, welcher bei einer
inderen Art der beweglichen Kuppelungen, den Reibungs- oder Friktions—
tuppelungen vermieden wird. Eine sehr einfache und vielfach verwendete
seibungskuppelung ist die Kegelkuppelung. Eine besondere Art der lösbaren
kuppelungen bilden, die Kraftmaschinenkuppelungen, die zur Anwendung
ommen, wenn zwei Kraftmaschinen, z. B. eine Dampfmaschine und ein
Wasserradd auf ein und dieselbe Wellenleitung treibend einwirken. Sie be—
stehen aus einem Sperrad und einem Sperrkegel.
Die geehrten Leser unseres Blattes bitten wir, den Brief- und Frage—
kasten in ausgedehnter Weise benntzen zu wollen, jedoch können nur solche
Fragen von Abonnenten Beantwortung finden, welche an uns mit Au—
gabe der vollen Adresse gestellt werden. Die Antwort erfolgt stets unter
Chiffre, im Falle dieselhe aber au umfangreich ausfallen sollte, auch brieflich.
DBie mdafftion.
Literaturbericht.
Gewerbliche Maßformen. Zeichen-Vorlagen für Hand—
verker und Mittelschulen, sowie zum Selbstunterricht von
I Graberq. Druck und Verlaa von Orell Füßli u. Co. in
ürich.
Das vorliegende Werkchen ist eine Fortsetzung der Vorlagen
‚um geometrischen Zeichnen desselben Verfassers, sowie auch seiner
defte „Werkzeichnen“. Diese und die früheren Sammlungen
sollen eine Vermittelnng zwischen dem rein geometrischen und dem
zewerblichen Fachzeichnen herstellen, was wir als durchaus ge—
ungen bezeichnen müssen.
Die 26 Tafeln, denen ein erläuternder kurzer Text beigegeben
st, enthalten auf Blatt 1 bis 3: Gerade Linien, Kreis, Risse;
auf Blatt 4 bis 6: Gesimse, Fenster, Säulen und Giebel; auf
Blatt 7 bis 9: Schreinerarbeit, und zwar: Schemmel, Rahmen,
Hestell; auf Blatt 10 bis 12: Maurer- und Steinhauerarbeit —
Brundplan und Lothschnitt, Rundbogen, Treppe —; auf Blatt
13 bis 15: Zimmerarbeit — Scheerblatt und Büge, Satteldach,
Zeltdach —; auf Blatt 16 bis 19: Schlosserarbeit — Kloben und
Schlüssel, Riegel, Falle, Eingriffe —; auf Blatt 20 bis 24:
Mechanikerarheit — Träger, Rolle. Ksammerschraube. Gotricho
wedaktion: D. Diesener in Berlin. — Verlag von Julius Engelmann in Berlin. — Druck von H. S. Hermann in Berlin
Unter Verantwortlichkeit des Verlegers