Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 44, Bd. 3, 1884)

den nächsten Sommer noch nicht zu erwarten. Es steht zu hoffen, 
daß diese neue Frist nicht abermals zu einer überstürzten Bau— 
'ampagne — dann der dritten — den Anstoß geben wird. Das 
gegenwärtige Michaelisquartal hat einen Ueberfluß an unver— 
niethet gebliebenen Wohnungen genugsam dokumentirt. Daß in— 
zwischen das Polizei-Präsidinm bemüht gewesen ist, einige der 
empfindlichsten Uebelstände des hiesigen Bauwesens durch Spezial— 
berordnungen zu beseitigen, haben wir schon früher mitgetheilt. 
Wahrscheinlich wird auf diesem Wege demnächst Weiteres geschehen. 
Bernburg. Es darf als eine erfreuliche Erscheinung 
tirchlichen Sinnes angesehen werden, daß seit mehreren Jahren in 
»ielen Gemeinden des Herzogthums das Verlangen nach Er— 
nenerung der Gotteshäuser sich kund giebt. Die Stadt 
Bernburg will sogar ihre vorhandenen Kirchen noch um eine ver— 
nehren. Am 10. November soll dort der Grundstein zu einer 
neuen Kirche gelegt werden, für welche der Geheime Oberbaurath 
daase in Hannover den Plan entworfen und dessen Ausführung 
ruch ein dortiger Architekt übernommen hat. Die Vorstadt Bern— 
yurgs, das frühere Dorf Waldau, geht jetzt ebenfalls damit um, 
sich eine neue Kirche zu erbauen, da die vorhandene einestheils zu 
ilt und baufällig geworden, anderntheils auch für die stark an— 
gewachsene Gemeinde jetzt zu klein ist. Dazu kommt noch, daß 
in unmit elbarer Rähe derselben die Eisenbahn vorübergeht, wo— 
)zurch sowohl für den Besuch der Kirche, wie für den Gottesdienst 
elbst maucherlei Unbequemlichkeiten erwachsen. Um den von der 
Bemeinde aufzubringenden Drittelbeitrag — zwei Drittel der 
irchenbaukonen trägt der Staat — zu beschaffen, hat die Ge— 
neinde beschlossen, jährlich drei Einheiten der Kommunalsteuer als 
Kirchensteuer so lange zu erheben, bis ihr Baukostenantheil an— 
gesammelt ist 
München. (Die Privatbauten König Ludwigs.) 
Die Krisis in der sich die königlichen Baunnternehmungen be— 
inden, hat ihr Ende noch lange nicht erreicht. Kaum war Re— 
zierungsrath Pfister seiner Funktion als Hofsekretär ohne An— 
uchen, jedoch in Gnaden, enthoben, so folgte vor Kurzem die 
Inruhestandversetzung des bedeutenden Architekten v. Dollmann, 
»er sechszehn Jahre die Königlichen Privatbauten in aus— 
zezeichneter Weise geleitet hatte. Herr von Dollmann wurde 
veder auf Ansuchen, noch mit irgend einem Ausdrucke der Zu— 
riedeuheit des königlichen Bauherrn, somit in Ungnaden, quies— 
iirt; gegentheilige Mittheilungen Münchener Lokalblätter sind un— 
ichtig. Hatte Regierungsrath Pfister, dem es gelungen war, zur 
Schuldentilgung ein Anlehen von 79,, Millionen Mark unter 
zünstigen Bedingungen zu Stande zu bringen, die Unzufriedenheit 
eines Herrn dadurch erregt, daß er nicht auch gleichzeitig die 
HDdittel zur Fortsetzung der Bauten, wovon allein der Palastbau 
in Herren-Chiemsee für dieses Jahr nahezu 2 Millionen Mark 
olos für innere Ausstattung erfordert, beschafft, so ging Herr 
o. Dollmann des Vertrauens seines Bauherrn dadurch verlustig, 
daß er nicht mehr bestellte und verbauen wollte, als für dieses 
Jahr Geldmittel vorhanden waren. Früher, unter Leitung des 
Hossekretairs Ministerialdirektor v. Bürkel, wurde allerdings bei 
den königlichen Bauten nicht nach den disponiblen Mitteln, sondern 
nur nach dem bestehenden Befehle und nach der technischen Aus— 
führbarkeit gefragt. Inzwischen sind Hofsekretär v. Bürkel und 
Hofgarten-Direktor v. Effner, gerade weil sie den Allerhöchsten 
Befehlen allzu williährig waren, in Form eines längeren Urlaubes 
zefallen; und jetzt wurde Herr v. Dollmann, der sich das Schicksal 
einer Gefährten zur Warnung sein ließ und mit den Finanzen 
rechnen zu sollen giaubte, als „ungehorsamer Beamter“ quieszirt. 
Offenbar befinden sich die Verhältnisse der Kabinetskasse, deren 
unsichere Lage schon lange das Landesgespräch bildet, in einem 
neuen, höchst bedenklichen Dilemma, dessen Lösung nach Lage der 
Dinge — neue Ueberraschungen bringen wird, von denen schon 
die nächsten Tage zu berichten haben dürften. 
Kiteraturbericht. 
Die Reform des Submissionswesens bei baulichen 
Verdingungen und die Reorganisation des Zuschlagsprinzips nebst 
positiven praktischen Vorschlägen, sowie einer kritischen Beurthei— 
lung der vom Verbande deutscher Baugewerksmeister preisgekrönten 
Konkurren,-schriften über die uneingeschränkte Submission im Bau— 
wesen von Gustav Freudenstein, Doktor der Rechte. Minden 
. Westfalen. J. KC. C. Bruns' Verlag. 1884. Preis 4 M. 
Dieses neueste Werk des Autors, welcher diesmal das poli— 
ischvkoubmische und sozial-politische Gebiet beschritten hat, bietet 
in der erschöpfenden Behandlung dieser hochbedeutungsvollen Fragen 
den betheiligten Submissionsinteressenten eine Leistung, wie sie 
hisher auf diesem Felde noch nicht dagewesen ist. Nachdem im 
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Literaturbericht. 
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ersten Theile schonungslos die Verwerflichkeit der staatlichen, kom— 
nunalen ꝛc. Submissionspraxis unwiderleglich bewiesen und das 
norsche Submissionsgebäude niedergerissen, nachdem die Gemein— 
chädlichkeit jener Praxis in das hellste Licht gestellt und der kon— 
equente Ruin des gesammten Baugewerbes prophezeit ist — 
alls nicht Wandel geschaffen wird — welches von der Groß— 
Entreprise und Generalunternehmung aufgesogen werden müsse, 
vobei der selbständige Meister entweder zum Aufseher oder Ge— 
ellen (Polier ꝛc.) oder Proletarier werde, baut Dr. Freudenstein 
inen zweiten positiven Theil auf und entwickelt neue, originelle 
Hesichtspunkte, nach denen die Satzungen des Submissiousver- 
rages zwischen dem Bauherrn und dem bauunternehmenden Meister 
u requliren seien. Auch wer den gesundenen Resultaten seine 
zustimmung versagte, würde schwerlich etwas Besseres an die 
Stelle setzen und müßte zugestehen, daß die Arbeit des Verfassers 
inen sehr erheblichen Beitrag enthält, das im Submissionswesen 
zipfelnde Stück sozialer Frage in ethischer, juristischer, national— 
kfonomischer, politischer, sozialer, polizeilicher, sanitärer und auch 
isthetischer Beziehung zur Aufklärung zu bringen. Etwas zu weil 
cheinen uns die Schlüsse im ersten Theil zu gehen, jedoch em— 
»fehlen wir unseren Lesern das Werk als einen Beitrag zur Lö— 
ung der Submissionsfrage sehr angelegentlich. —s 
Der Ornamentenschatz. Ein Musterbuch stilvoller Orna— 
nente aus allen Kunst-Epochen. 80 Tafeln mit erläuterndem Text 
»on H. Dolmetsch, Bauinspektor, Vorstand der Kunstbibliothetk 
ꝛer Königl. Centralstelle für Gewerbe und Handel zu Stuttgart. 
Stuttgart, Verlag von Jul. Hoffmann. 
Von diesem kunstgewerblichen Prachtwerke liegen uns nun— 
mehr wieder neue Lieferungen, und zwar Nr. 8S11, vor, in 
welchen uns die Ornamentik des byzantinischen, romanischen und 
zothischen Stils vorgeführt und durch eine Menge trefflicher und 
arbenreicher Muster veranschaulicht wird. Mit dem elften Hefte 
»eginnen die Darstellungen aus der Renaissance, deren Kunst⸗— 
rzeugnisse sich bekanntlich das heutige Kunstgewerbe mit Vorliebe 
um Muster nimmt. Die 36 für diesen mannigfaltigen Stil in 
Aussicht genommenen Tafeln beginnen mit der italienischen Re— 
iaissance und zwar ist die reiche Auswahl prachtvoller Motive, 
velche auf den Tafeln des elften Heftes abgebildet sind, namentlich 
»en Gebieten der Glasmalerei, der Fayencefabrikation, der Wand— 
nalerei und der Holzarbeiten — Intarsien und Niello — ent— 
iommen. 
Der äußerst mäßige Preis — ein Heft mit 4 vorzäglichen 
Farbendrucktafeln kostet 1 Mark — ermöglicht es auch dem we— 
niger Bemittelten, sich das schöne Werk auzuschaffen; dasselbe ist 
daher dazu berufen, der Förderung des guten Geschmacks im deut— 
chen Kunstgewerbe sehr wesentliche Dienste zu leisten. — er. 
Entwürfe zu ländlichen Wohngebäuden oder 
däuser für den Bauer, Arbeiter und Handwerker, sowie Pfarr-⸗, 
Schul- und Gasthäusern, mit den dazu erforderlichen Stallungen. 
Hebst der ausführlichen Angabe des zu deren Erbauung nöthigen 
Aufwandes an Materialien und Arbeitslöhnen. Von Andreas 
dönig, w. Maurermeister in Koburg. Zweite Auflage, voll⸗ 
tändig neu bearbeitet, verbessert und vermehrt von Paul Gründ— 
ring, Architekt zu Leipzig. Mit einem Atlas enthaltend 12 Folio— 
tafeln. Weimar, 1884. Bernhard Friedrich Voigt. 
Das vorliegende Werk bildet den einhundertvierundvierzigsten 
Band von „Neuer Schauplatz der Künste und Handwerke. Meit 
Berücksichtigung der neuesten Erfindungen“. Der Herr Verfasser 
dieser neuen Auflage hat sich im Großen und Ganzen dem Zwecke 
und der Tendenz seines Vorgängers angeschlossen, praktische Wohn— 
gzebäude aller Gattungen, wie sie auf dem Lande vorkommen, in 
zjuten Vorbildern vorzuführen. Es muß anerkannt werden, daß 
die Grundrißgestaltungen den aufgestellten Prinzwppien treu ge— 
olieben sind. Diese sind. Raumersparniß mit möglichster Bequem— 
ichkeit und Kommunikation der passenden Räume unter sich, bei 
ingemessenen Treppenanlagen und Berücksichtigung der Bequem— 
ichkeit und des Gesundheitszustandes der Bewohner. Die Dar— 
tellungen der verschiedenen Vorder- und Seitenansichten zeigen 
eschmackvolle Architekturformen bei einfachster Durchbildung. 
Die beigegebenen Berechnungen, welche die erforderlichen 
Materialien und die Tagesschichten der Handwerker ergeben, sollen 
nur einen gewissen Anhaitepunkt für den spezielleren Kostenanschlag 
hieten, und letzterem nur als Unterlage dienen. Das Werk ent— 
Jjält 18 vollstuͤndige Entwürfe der oben angegebenen Art, bei 
zenen zu bemerken ist, daß in einer Anzahl Stallung für Ziegen 
ind Kuͤhe im Wohnhause mit enthalten ist. 
Druck und Ausstattung des Werkes sowie der Tafeln sind 
»urchaus lobenswerth, und können wir die Anschaffung desselben 
inseren Lesern nur empfehlen, zumal in den Grundrissen eine 
Anzahl von Motiven gegeben ist, die beim Entwerfen derartiger 
Bebäude von großem Nutzen sein wird. — r.
	        

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