Springbrunnen. — Berichte aus verschiedenen Städten.
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an der Decke draußen an dem Aufzugsschachte. Der Behälter
faßt 1 Tonne Kohlen. Im Reller oder Erdgeschoß werden die
Kohlen auf den Aufzug geschüttet, der dann emporsteigt, bis er
die obere Oeffnung des Behälters erreicht, worauf er seinen In—
halt in letzteren eutleert und den Kasten bis an die Decke füllt.
Der Kochofen ist derart eingerichtet, daß man auf demselben ebenso
qut mit Dampif kochen kaun, wie mit Kohlen; selbst ein Braten
kann mittelst Dampf hergestellt werden.
Der Eiskühler ist etwas noch „Niedagewesenes“'. Es be—
finden sich davon im Ganzen 67 im Gebäude, und jeder einzelne
wird mittelst eines Röhrenknänels, das von einem Baisin im
Keller einen Strom gefrierender Flüssigkeit empfängt, kühl er—
halten. Es beruht dies auf demselben System, wie die Dampf—
heizung, nur mit dem Unterschiede, daß dem Eiskühler anstatt der
Hitze Kälte zugeiührt wird. Es wird koutraktlich gewährleistet,
daß, wenn es gewünscht wird, Wasser im Eiskühler gefriert, und
der Kältegrad wird, gerade wie bei der Tampfheizung, mittelst
eines Hahnes requlirt. Der Betrieb dieses Kühlapparates kostet
edem Meiether nur 8 Pfennige pro Tag, was fünf- bis zehnmal
so billig ist, als der Preis für den täglichen Eisbedarf, abgesehen
bon der Muhe und Unbequemlichkeit bei der Hantirung des Eises
die dadurch erspart wird.
Die Miethe für die Läden, das Restauraut und einige
Maler-Ateliers im elsten Stockwerk deckt die Betriebskosten und
Stenern. Die ganze RKapitalaulage beträgt ca. 3000000 Mk.,
sodaß jeder der 1000 Miether im Durchschnitt ca. 30300 Mik.,
Einige für kleinere Wohnungen unr 15000 Mk., Andere für
größere bis 54000 Mäk., zum Baufond beigesteuert hat.
Dies ist die neueste Entwickelung in der Miethshausmanie,
die inuerhalb der nächsten hundert Jahre New-York zu einer
Stadt von zwanzigstöckigen Gebäunden umzugestalten verspricht und
schon jetzt in Bzug auf Anlage, Einrichturg, Thurmhöhe und
Kostenpunkt gerad zu phänomenal genannt werden muß. — r.
Hauptbüreau in das Zimmer des Herrn Oberbürgermeisters führt,
das Wappen des schön genannten Ungarnkönigs Matthias Cor—
ninus. Es ist ein vierfach getheilter mit dem Zeichen von Ungarn,
Böhmen, Schlesien und der Lausitz und einem Herzschilde inmitten
mnit dem persönlichen Wappen des Herrschers, dem Raben, der
etnen Ring im Schnabel hält. In den Malereien außen ist nun
ein anderes Wappen angebracht, ebenfalls viergetheilt, mit den—
selben Länderzeichen, wenn auch in anderer Reihenfolge, aber mit
einem gänzlich auderen Herzschilde, nämlich dem weißen polnischen
Adler im rothen Felde. Es ist das Wappen von König Wladis—
aus (1490 1516). Damit sind die Fagçadenmalereien nahezu
in den Anfang des 16. Jahrhunderts verlegt, mit welchem in
Dentschland die Renaissance ihren Einzug begann. Von dieser
Ztilart haben die Mealereien auch Anklänge, wenngleich in ihnen
pätgothiiche Motive noch vorherrschen. Ziemlich lange mögen
»ie Rathhausfacçcaden ohne Mörtelüberzug und ohne Malerei schon
»estanden haben — ich meine 10 bis 15 Jahre — ehe man sich
utschloß, dieselben mit reichen Freskomalereien zu schmücken. Daß
dazu nun ein Mörtelüberzug auf dafür recht uupassendes Material
gebracht werden mußte — auf glasig hartgebrannte Ziegel — das
ist wohl der Grund, daß sehr viel von den Malereien unter—
gegangen, d. h. mit dem schlecht haftenden Putze herabgefallen ist.
Inimerhin ist aber noch genug da, um das ganze System dieser
Malecreien erkennen zu lassen; interessant genug, um es des Näheren
hier zu schildern.
Zunächst sind die ganzen Mauerflächen unter den Giebeln
netzförmig wie zu einer Quaderung abgetheilt. Eigentliche Qua—
dern sind aber nur in dem je dritten Felde markirt; sie hakten
jewissermaßen die Ruhe der Mauerfläche fest Diese Fläche soll
iber belebt und ihre Eintönigkeit unterbrochen werden. Das ge
schieht durch perspektivisch gemalte Vor- und Rücksprünge: durch
heraustretende Balken mit gothisch profilirtem Kopf, durch Nischen
anderfeits daneben, die sich in das Mauerwerk zurückziehen. Qua—
dern, imitirte Balkenköpfe und desgl. Nischen vertheilt die Malerei
rhytmisch in bestimmten Wiederholungen, aber auch mit kleinen
Varianten. Hier sind die Quadern mit fazettirtem Kopf versehen,
da wieder rundlich wulstig mit einem Ringe daran (Versatzring
am Woif). Hier sind die Nischen leer, dort ist allerhand Gethier
darin; ein Fuchs, ein Eichhörnchen ꝛc.; Doylen haben ihr Nest
in einer Nische und umflattern dieselbe u. s. f. Ebenso ist auch
die Form der imitirten Balkenköpfe gruppenweise variirt. J
or detartig belebte Fläche schalten sich nun die Feitster ein, welch
die innere Einrichtung des Baues so verlangte, daß dieselben nach
außen hin oft recht unregelmäßig und unsymmeetrisch vertheilt er—
scheinen. Wahrscheinlich hat die reiche Malerei diese Unregel—
mäßigkeiten verdecken resp. das Auge davon ablenken sollen. Die
zu den steinernen Einfassungen (Gliederuugen) nun noch gemalten
Rahmen verfoigen bezeichneten Zweck noch weiter. Bei zu nie—
drigen Fenstern ist dies gemalte Rahmenwerk höher geführt, an—
derswo der Rahmen verbreitert, wo das Fenster zu schmal ist ꝛc
Schlanke Säulchen, die ein Giebelwerk (Wimperge) in geschweiften
Formen und mit Fialen seitlich tragen, bilden durchweg diese
Imrahmungen, die den in Stein ausgeführten Einfassungen der
Fenster aun der Südseite des Rathhauses durchaus nicht unähnlich
ind. Nur sind diese Scheingebilde der Mealerei beweglicher als
ihre Nachbarn aus Stein, die eben einfach ihr Thenia wieder—
holen, indem sie im besagten Giebelfelde Theile des Breslauer
Wappens bringen. Im Uebrigen immer daszn denselben Apparat
von Fialen, Krappen und Kreuzblumen. Unsere gemalten Ein—
assungen variiren und bereichern dies Thema.
Im Erdgeschoß führen die Giebelfelder Brustbilder von
Männern, die in Schriftrollen lesen. Die oberen Fenster führen
nur Maßwerk, aber durchwebt von freiem Blattwerk.
Ueberhaupt waltet bei allen diesen Umrahmungen — ja bei
der ganzen Façadenmalerei — die Tendenz vor, die Architektur
im Grundthema noch einmal vorzuführen und dies in kräftig kon—
urirter, und schattirter Zeichnung; danu aber die Malerei als
olche sich freier bewegen zu lassen. Diese nun begleitet mit
hren Rauken ꝛc. hier gleichlaufend die architektonischen Linien,
dort länft sie in Schlangenlinien hin und her, um zu verknüpfen;
jier durchkrenzt sie die architektonischen Linien absichtlich und
aildet;, maßwerkähnliche Formen innerhalb des Rahmens, dort
überschreitet sie wieder deren Rahmen zu selbständigem Ausklingen.
Alle diese Gegenstände sind breit und flott, flüchtig, ja mitunter
roh gemalt, müssen aber doch ehemals, wo die Farben noch klarer
zu sehen waren, von großem Reiz gewesen sein. Für die großen
Flächen wechselte ein tiefes Rostbraun mit helleren, kühleren Stein—
tönen. Mehr bronzefarben war dann die phantastische Einfassung
der Fenster; die Durchbrechungen vorstellenden Tiefen darin blau;
Gethier ꝛc. in natürlichen Farben. Zu diesen ornamentalen Ma—
sereien kommt nun weiter oben am mittleren Hauptgiebel in den
Springbrunnen.
(Hierzu 2 Fig.)
Auf der Basis, zu welcher vier Treppenanlagen (in der
Form des griechischen Kreuzes) führen, erhebt sich ein etagenweise
fonstruirtes, mit einer Figur gekröntes Monument. Das Erd—
geschoß ist mit Deluhmen verziert, die das Wassen nach denm Uutet—
halb befindtichen Bassins auswerfen, während die erste Etage mit
inzelnen Figuren sowie gauzen Gruppen dekorirt ist.
Das Ganze ist in Sandstein und zwar in italienischer früherer
Rengissance ausgeführt.
Witoltdrzesinski, Architekt.
Berichte aus verschiedenen Städten.
Vreslau. Die Wiederherstellungsarbeiten am
jiesigen Rathhause. Von dem Urheber des Ylenovations—
Projektes des Rathhauses und dem Leiter der Renovatiounsarbeiten,
Herrn Baurath Lüdecke, wird der „Bresl. Morgenzta.“ in dan—
kenswerther Weise geschrieben:
„Nach Rufstellung der Gerüste an der Ostseite des hiesigen
Rathhauses finden jene speziellen Aufmessungen statt, die eine sorg—
fältige Wiederherstellung des im Laufe der Jahrhunderte ver—
witterten und zerstörten Steinwerks und Mauerwerks verlaugt.
Es ist dies eine sehr mühsame Arbeit, da niemals mehr von den
alten Baustücken entfernt werden darf, alg, unbedingt nothwendig
ist. Außerdem ist so vorsichtig vorzugehen, daß die Spuren der
bessernden Hand möglichst wenig im Totaleindruck des Ganzen
wahrzunchmen sind. Ergänzungen durchaus im Sinne und nach
dem Muster des Alten, Ausbesserungen und Einschaltungen zum
Einhalt weiteren Ruines — das sind vorläufig die Ziele der nun
hatsächlich in Angriff genommenen Wiederherstellungsarbeiten.
Durch die Gerüste ist nun gleichzeitig die Gelegenheit er—
schlossen, alle Theile der Facçadeuflächen ganz in der Rähe zu
sehen. Eine weit ausgedehnte Bemalung dieser Flächen, die voön
unten aus schon sichtbare Reste vermuthen ließen, bestäͤtigt sich jetzt.
Die ursprünglich im Rohbau, d. h. im nackten Steinwerl
ohne Mkörtelputz, gedachten Façcaden wurden etwa 1481 unter
Matthias Corvinus vollendet. Sie sowohl, als auch der größte
Theil des inneren Ausbaues tragen das Gepräge spätgothischen
Stils. Giebt es keine Urkunden oder lapidaren Inschriften mit
Datirungen, so bestimmen solche Stilformen die Erbauungszeit,
und es ist sehr willkommen, auch heraldische Zeichen daneben zu
finden, die ebenfalls zu Zeitbestimmungen dienen können. So
findet sich im Innern des Rathhauses über jener Thür, die vom