Mittheilungen aus der Praxis. — Bauprozesse und Entscheidungen.
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ist dabei hauptsächlich die Verschiedenheit des Quautums der Ar—
beitsleistung zu berücksichtigen und bleibt es unverständlich, warum
ein kräftiger Mann in Hannover z. B. jedesmal 10-15 Normal—
steine auf einem Sack auf der Schnulter aufträgt und z. B. in
Halle a. S. 50 Stück des gleichen Formats an Voll- oder Hohl—
steinen.
Fassen wir nun zunächst die verschiedenen Methoden des
Aufbringens von Steinen in's Auge, so haben wir zu unterscheiden
zwischen:
1. Aufbringen der Steine durch Menschen,
2. durch maschinelle Vorrichtungen.
Was ersteres anbetrifft, so geschieht dasselbe in sehr ver—
schiedener Weise und haben wir hier wiederum nach der Leistung
resp. dem Lohnsatz zu unterscheiden: 1. Auftragen durch Kinder
und Frauen, 2. durch ausgewachsene Männer und durch diest
wieder im Tagelohn oder Akkord.
Das Auftragen durch Kinder und durch Frauen können wir
als gleichwerthig hinstellen und dasselbe wohl ganz außer Acht
lassen, da es nur noch au wenigen Orten geschieht, so z. B. in
Helgoland, in Halle a. S. (in letzterem Ort werden die Frauen
hauptsächlich zum Wasser- und Mörteltragen auf die Bauten und
nur nebenher zum Steinetragen verwendet). Das Auftragen ge—
schieht in diesem Falle mittelst eines Querholzes über den Schul—
tern, an dem beiderseits an Strängen ein Sack oder Holzbrett, je
mit õ oder mehr Steinen beladen, hängt; die Hände bleiben frei
für die Leiter. Es werden somit bei geringem Lohn 10 bis
20 Steine jedesmal (je nachdem Voll- oder Hoͤhlsteine) befördert.
Das Aufbringen durch die Männer geschieht auf zweierlei
Art. Entweder tragen dieselben Quanten von 10 bis 15 Steinen.
von einem Tragband oder Sack umwunden, auf einer Schulter,
oder aber auf einem Traggestell, das auf dem Rücken liegt und
sich auf die Schultern hackt, Ouanten von 25 bis 50, ja selbst
mehr Steinen auf einmal. Die zweite Art ist die Kette. Eine
Reihe von billigen Arbeitskräften steht auf der Leiter und reicht
sich über Kopf die einzelnen Steine in schnellem Tempo zu und
befördert sie in gleicher Weise weiter; oder eingeübte Arbeiter
werjen und fangen mit ziemlicher Geschicklichkeit auf gewisse Ent—
fernung, selbst bis auf 3Z und 4 Meter die einzelnen Steine und
geben sie in gleicher Weise weiter. Doch ist letztere Art immer
mit etwas Gefahr verknüpjt und an manchen Orten polizeilich
verboten. Sie dürfte auch wohl die langsamste und theuerste Be
förderungsmethode sein, da sie gewisses Geschick, also geübte Ar—
beiter erfordert, die sich besser bezahlen lassen.
Uns will eine in Leipzig seit längerer Zeit eingebürgerte
Methode als die beste erscheinen. Dort wird das Aufbringen
der Steine auf sämmtliche Neubauten durch fliegende Kolonnen
besorgt, die aus eingeübten Arbeitern mit einem Führer an der
Spitze bestehen, welch' letzterer sozusagen der Unternehmer oder
Meister der Kolonne ist und die Abschlüsse für einen Gesammtpreis
für jeden Bau mit dem Miaurermeister entrirt. Er übernimmt die
Verantwortung dafür, daß das richtige Quantum der nöthigen
Steine jeder Art bei jedem Maurergesellen stets vorräthig ist, da
mit keine Störung in dessen Arbeit eintritt und setzt sich dieserhalb
mit demselben oder dem Polier in Verbindung, er arbeitet nicht
selbst mit, sondern leitet nur das Ganze. Die Kolonne arbeitet
im gemeinsamen Interesse, „Einer für Alle, Alle für Einen“! und
veginnt ihr Tagewerk meist schon um 2 oder 3 Uhr früh und
wändert von Bau zu Bau, bis alle ihren nöthigen Vorrath für
24 Stunden haben, resp. bis die Kolonne zum zweitenmal zu dem—
selben Bau kommt, und nehmen selbst die Nacht zu Hülfe, wenn
nöthig. Falls die Kolonne an einer Stelle nicht die noͤthige Quan—
tität oder die richtige Sorte Stein angelicfert hat, sodaß dem
Maurermeister dadurch Schaden entstanden, so hat sich der Unter—
nehmer der Kolonne am Sonnabend einen diesbezüglichen Abzug
zefallen zu lassen, den dann die Kolonne gemeinsam trägt, oder der
dem einzelnen Schuldigen zur Last fällt. Der verdiente Lohn wird
nach Maßgabe der Leistung unter die Kolonne vertheilt und ist
leicht zu begreifen, daß bei einem derartigen Betriebe sowohl die
Mitglieder der Kolonne, als auch der Maurermeister ihren Vor—
theil finden, da eine große Leistungsfähigkeit und doch ein billiger
Akkord erzielt wird. Es dürfte deshalb woht diese Methode für
andere große Städte zur Nachahmung zu empfehlen sein.
Das Aufbringen der Steine durch maschinelle Kräfle richtet
sich in seiner Anordnung nach der Größe des Baues. Bei sehr
großen Bauwerken dürften hydraulische Anfzüge und Schienen—
gleise nebst Kippfarren vorhanden sein, durch die natürlich auch
die Mauersteine befördert werden. Bei anderen Bauten empfiehlt
sich eine in Amerika seit einiger Zeit in Anwendung befindliché
Vorrichtung. Die auf eiserne Tragkasten aufgesetzten Steine, wie
solche sonst von Holz beim Menschenhetriebe bei uns auch ange—
wendet und die 50 und mehr Steine fassen, werden vom Arbeite—
herangetragen und in eine leiterartige Kette ohne Ende, die in fort—
vährender Bewegung, eingehängt, so daß der Kasten fest an der
dertikalen Leiter ruht, angepreßt durch die Last der Steine, und
wandern mit diesen nach oben und können jeden Augenblick von
einem Arbeiter auf dem Gerüst abgenommen und nach dem Ort
seiner Bestimmung hingetragen werden. Die entleerten Tragkasten
werden auf der niedergehenden Seite der Kette eingehängt und
Jelaugen so nach unten und werden gefüllt dem aufsteigenden Theil
ieder angehängt u. s. w. Eine solche Aufzugsmaschine kann na—
türlich auch zum Aufbringen aller anderen Materialien, selbst der
Balken verwendet werden, wird sich also trotz der kostspieligen An—
cchaffung bald reutiren. Dieser Aufzug bildet gleichzeitig eine
Leiter, auf der die Measchen mit doppelter Geschwindigkeit auf—
und abwärts befördert werden, nämlich mit der Geschwindigkeit
der Leiter vermehrt um die des selbststeigenden Menschen. V..
Verfahren, um Holz zu maseriren. Das Maseriren
don Gegenständen, das heißt das Imitiren des natürlichen Maser—
holzes durch Farbenauftrag, erfoxdert, wenn es von Hand aus⸗
geführ: wird, nicht geringe Geschicklichkeit und geschieht sehr häufig
in schablvnenhafter Weise, so daß das Aussehen des betreffenden
Begenstandes in der Regel nur, wenig, Aehnlichkeit mit dem natür⸗
lichen Holze hat. Um dergleichen Arbeiten zu erleichtern, bedient
nan sich besonderer Hilfsmittel. 8. B werden aus einem voll
aufgetragenen, noch feuchten Austrich bestimmte Theile wieder ent—
jerut, so daß an den betreffenden Stellen der Grundton erscheint
und dadurch ein bestimmtes Muster erzeugt wird. Ein anderes
Verfahren benützt eine Druckwalze, welche an ihrem Umfange ein
erhabenes Muster trägt, das sich in den noch feuchten Anstrich ein—
drückt, wenn man über diesen die Walze fortrollt. Von dem er—
sjabenen Muster wird, dann der betreffende Theil des Anstriches
zur Seite gedrückt, theils bleibt er auch an der Walze haften.
luch benützt man Platten mit erhabenem Muster, welche einfach
rufgedrückt werden und deshalb ähulich wirken wie die Walzen ꝛc.
Abgesehen davon, daß diese Apparate steter Reinigung bedürfen,
ritt bei den Platten noch der Uebelstand hinzu, daß die einzelnen
Felder an den Stellen, wo sie zusammenstoßen, uachgebessert
verden müssen. Die Druckwalzen besitzen andererseits den Uebel—
tand, daß sie in Folge ihrer runden Form die Eckentheile der zu
masernden Gegenstände nicht erreichen können, so daß die Maser—
arbeit hier wieder von Hand ergänzt werden muß, wis den Vor—
theil dieser Hilfsmittel erheblich einschränkt. Ein nenes Verfahren
Anstriche aus Firnissen oder Farben zu maseriren, besteht nur
darin, daß man das der Maserung entsprechende Muster erhaben in
einem aufsangenden Stoffe herstellt und denselben dann auf den
noch frischen Anstrich drückt zu dem Zwecke, um die dem Muster
ntsprechenden Stellen des Anstriches durch Berühren des Musters
nit dem letzteren aufzusaugen. Dieses Verfahren unterscheidet sich
von den oden angeführten also dadurch, daß die fortzuschaffende
Farbe nicht weggestrichen oder bei Seite gedrängt, beziehungsweise
rujgehoben wird, sondern daß eine Aufnahme derselben durch einen
Absorptionsstoff stattfindet, welcher beim Auflegen auf den frischen
Anstrich, ähnlich wie Löschpapier wirkend, in jedem Falle genau
entsprechend der Größe der Fläche, welche gemasert werden soll,
urechtgeschnitten werden kann. Zu diesem Zwecke wird das be—
reffende Muster erhaben auf einem absorbirenden Stoffe herge—
tellt, der am besten ein Papierstoff, ähnlich dem Löschpapier, nur
dicker als dieses sein muß. Ein solches Papier, beziehungsweise
Absorptionsstoff kann in größeren Längen hergestellt und in jedem
Falle entsprechend der zu masernden Fläche zugeschnitten werden.
Das Masern geschieht dann einfach in der Weise, daß man die das
ꝛrhabene Muster tragende Seite des Absorptionsstoffes auf den
rischen Anstrich der Fläche passend auflegt und nun mit einer
)rehbaren Walze über die Rückseite fährt. Dabei werden von den
ezrhabenen Stellen des Stoffes die betreffenden feuchten Farben—
heile aufgenommen und in dem frischen Anstrich wird das Muster
ohne Weiteres gebildet. Das Aufpressen des erhabenen Musters
auf solchen Absorptionsstoff kann in jeder passenden Weise vorge—
nommen werden. Meistens empfiehlt es sich, denselben durch ein
Walzenpaar gehen zu lassen, von welchem eine derselben das be—
treffende Muster eingravirt enthält. So hergestellte Stoffe können
mehrmals nacheinander benützt werden, da sie längere Zeit ihre
aufsaugende Eigenschaft behalten. Nach völliger Verstopfung der
Poren kann man durch Lösungsmittel ein Reinigen der Stoffe vor—
nehmen. — Dieses Verfahren wurde von J. A. Meainn in Liper⸗
pool angegeben und dem'elben patentirt.
Bauprozesse und Entscheidungen.
Der Kaufmann X. hat dem Bauunternehmer Y. eine Bau—
stelle verkauft, welche, wie sich später herausstellte, einen schlechten
Bauarund hatte. Der Käufer verlangte Minderung des Kauf—