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Nicht explodirende Cirkulations-Defen-⸗Dampf-Kessel.
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der spezifischen Gewichte drängen die sich bildenden Dampfblasen
nach oben, steigen durch die vordere Heizkammer aufwärts und
reißen eine Menge Wasser mit sich. Um nun ddie vollständige
Trennung des Wassers vom Dampfe zu bewerkstelligen, wird
dieses Gemenge von Dampf und Wasser oberhalb des Wasser—
spiegels im Oberkessel in einen langen, horizontal eingebauten
Apparat geleitet, dessen Boden durchlöchert ist. Durch diese Löcher
zälli das Wasser, vermöge seines größeren spezifischen Gewichtes,
in der langsamen Strömung, in diinne Strahlen vertheilt, auf
den Wasserspiegel zurück, während der Dampf ruhig entweicht.
Das nunmehr von“ Dampfblasen freie Wasser fließt durch die
hintere Verbindung in das Röhrensystem zurück, und drängt diese
dichte Wassersäule, die vorne sich bildenden Dampfblasen mit
muer größerer Schnelligkeit vor sich her, wodurch eine rapide
Cirkulation eintritt, welche den gesammten Inhalt des Kessels
nachgewiesenermaßen in wenigen Minuten an den Heizflächen vor—
—A
In Folge dieser vollkommenen und massenhaften Cirkulation
wird dem Oberkessel eine künstliche Verdampfungs-Oberfläche
erzeugt, welche unendlich größer ist, als die aller existirenden Kesse!
iind deren Dimension um so mehr zunimmt, je mehr Wasser
zirkulirt, bezw. Dampf entwickelt wird. Durch die so beschriebene
Art der Trennung des Wassers vom Dampfe im Dampfraume
und über dem Wasserspiegel, in einer ruhig fließenden Ver—
dampfungsoberfläche, ist ein Ueberreißen von Wasser aus dem
Bereich aller Möglichkeit und man erhält durchaus trockenen
dampf, was u. A. die wissenschaftliche Untersuchung auf der
Düsseldorfser Ausstellung im Jahre 1880 auf's Eklatanteste be—
tätigte.
Da sich der Wassercirkulation in diesem Kessel keinerlei
Widerstände entgegensetzen, wie das durch vielfach gewundene lange
Wasserwege, enge Rohre, Kappen ꝛc. bei anderen Röhrenkesseln
der Fall, vielmehr derselben ein ganz bestimmter Weg vorge—
schrieben ist, so ist dies der einzige Röhrenkessel, welcher mit Recht
ein wirklicher Cirkulationskessel genannt werden darf.
Während sämmtliche anderen Kessel, bei nur einigermaßen
zroßer quantitativer Leistung, bedeutende Mengen Wasser über—
reißen, bei denselben also eine massenhafte Wassercirkulation ver—
hütet werden muß, werden letztere gerade dazu benutzt, eine fließende
Verdampfungsoberfläche herzustellen, welche dem Dampi gestattet,
frocken in den Dampfraum zu entweichen,
Trockener Dampf ohne Ueberhitzung ist aber ein so wesent—
liches Moment zur Erhaltung der Dampfmaschinen ꝛc., daß dessen
Wichtigkeit nicht genug hervorgehoben werden kann.
Während uͤbergerissenes Wasser öfters zu heftigen Stößen
in der Maschine und dadurch entistehenden Bruch, somit kost—
spieligen Reparaturen und unliebsamen Betriebsstörungen Veran—
laͤssuͤg giebt, wirkt auf der anderen Seite überhitzter Dampf sehr
nachtheilig auf Schieber, Kolben, Cylinderfläche, Stopfbüchsen—
und andere Dichtungen.
Technisch troener Dampf, wie ihn der Steinmüller'sche
Kessel liefert, hingegen ist das beste Mittel, Maschinen und
Packungen zu konserviren.
Außer den vorher angeführten wichtigen Thatsachen machen
wir noch auf folgende Vorzüge besonders aufmerksam:
Der Oberkessel ist so angebracht, daß derselbe von den Heiz—
jasen nicht berührt wird, er unterliegt also gar keiner inneren
und äußerten Abnutzung und ist außerdem so widerstandsfähig
konstruirt, daß eine Explosionsgefahr undenkbar ist. Der Wasser⸗
inhalt des von den Heizgasen berührten Röhrensystems hat aber
in Folge der lebhaften Wassercirkulation nahezu die Temperatur
des Dampfes; es treten daher keine Temperaturdifferenzen und
auch keine Materialspannungen in den einzelnen Kesseltheilen auf,
die häufig Veranlassung zu einer Explosion geben.
Das Undichtwerden 'eines Rohres ist wegen des geringen
Fassungsraumes desselben von wesenloser Bedeutung, da der
Wasserinhalt des Kessels sich nur ganz allmälig entleeren würde.
Dieser Umstand sollte bei Anlage eines neuen Kessels die volle
Berücksichtigung finden, zumal die entsetzlichen Verheerungen einer
Explosion bei Großwasserraumkesseln allzeitig bekannt sind.
Wie oben beschrieben, kommen mit dem Dampfe stets neut
Wassermassen, welche sich in kontinuirlicher und rapider Cirkulation
befinden, mit den Heizflächen in Berührung, wodurch die Leistungs—
fähigkeit dieser Kessel weit über das gewöhnliche Maaß erhöhl
wird, und dieselbe bei trockenem Dampf mindestens ein Drittel
mehr beträgt, als die anderer Röhrenkessel. Die Rohre haber
eine vorzügltiche Haltbarkeit, da dieselben stets von Wasser durch—
strömt werden, und sich daher in denselben keine Dampfräume
bilden können. Ein Durchbrennen der Rohre wird dadurch ver—
hütet. In Folge der vollkommenen Cirkulation hat das Kessel—
wasser, wie gesagt, nahezu die Temperatur des Dampfes, die
Dampfproduktion findet kontinuirlich und nicht stoßweise statt, die
Verbreunung geht, mit außergewöhnlich hohen Anfangstemperaturen,
in einem großen Verbrennungsraume vor sich, und der Wasser⸗
inhalt des Dampferzeugers ist in eine große Anzahl dünnwandiger
Rohre, welche siets rein sind und allseitig von den Heizgassen be—
rührt werden, vertheilt, woraus eine besonders vortheilhafte und
tatke Dampfentwickelung resultirt; es sind also alle Bedingungen
ür eine große und ökonomische Leistungsfähigkeit des Kessels ge—
seben. Das Speisewasser wird dem Oberkessel da zugeführt, wo
zas Cirkulationswasser, also das heißeste Wasser des Kessels, aus—
trömt; es wird in Folge dessen, durch die plötzliche Erwärmuug
des Wassers eine sosortige Ausscheidung der Kesselsteinbildner be—
wirkt: letztere setzen sich vorzugsweise in dem Oberkessel und den
Schlammsammlern ab, wodurch die Haltbarkeit der Rohre be—
eutend erhöht wird.
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Den älteren Kesselanlagen gegenüber ist die Kohlenersparniß,
velche ans oben angeführten Gründen unbestreitbar hervorgeht,
eine ganz wesentliche. Des geringen Raumes wegen, den selbst
ür bedeutende Dampfproduktiou konstruirte Kessel einnehmen, sind
Transport, Montage und Einmauerung mit den geringsten Um—
tänden und den unbedeutendsten Kosten verknüpft, und ist die Auf⸗
stellung überall da ermöglicht, wo Großwasserraumkessel nicht
blacirt werden können.
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Der Kessel ist ganz aus Schmiedeeisen hergestellt, und die
rüher verwendeten gußeisernen Kästen, welche die Anwendung von
Bummidichtungen nothwendig machten, sind in Wegfall gekommen.
Das allseitig als vorzüglich anerkannte Prinzip jenes Systems ist
zasselbe geblieben, aber an den Details ist dadurch eine wesent⸗
liche Verbesserung eingeführt.