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Mittheilungen über Ausstellungen. — Reichsgerichts-Entscheidungen.
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in Soroga edificavit“. Für die Uebertragung des Backsteinbaues
aus Deuͤtschland nach Daͤnemark lassen sich umgekehrt vielfache
persönliche und politische Beziehungen anführen.
Für die Geschichte des Backsteinbaues in der Mark nun geht
Adler Auf die historische Vorentwickelung derselben zurück und be—
zieht sich hauptsächlich auf die älteren Kolouisationsversuche, zu
welchen Holländer, Seeländer und Flamänder in's Land gezogen
wurden. Im Jahre 1150 giebt Konrad III. zu Würzburg dem
Bischof Anselm von Havelberg das Recht, in den entvölkerten
Gegenden seiner Diözese Kolonisten einzuführen, aus welchem
Voiksstamme immer er dieselben haben wolle oder haben könne.
Nach Helmold (Chronik der Slaven) hatte sich 1170 die
Zahl der Kirchen schon sehr gemehrt, für deren Entstehung in
dieser Zeit die Daten von Erfurt (1150), Bitterfeld (1153),
Jüterbogk (1157), Dessau (1158) sprechen.
Treffen wir nun mit einem Meale hier auf Kirchen, die nicht
in landesüblicher Weise in Holz oder Stein, sondern in Ziegeln
ausgeführt sind, so kann diese Konstruktionsweise nur jenen Ein—
wanderern aus Holland und Seeland zugeschrieben werden, da die
gleichfalls eingewanderten Sachsen, Thüringer und Westfalen auch
nur den Holz- oder Steinbau kannten.
Solcher Backsteinbauten zählen wir die Kirchen Kloster Dies—
dorf (1161 geweiht), Groß-Bouster (nach 1150), S. Martin vor
Osterburg (115059, S. Johannes zu Werben vor 1160, S. Jacob
zu Seehausen (bald nach 1150) und Jerichow (1149 bis 1159).
Ein Rückblick auf die ältere Baukunst der Nordmark ergiebt, daß
man in Leitzkau 1102 noch in Holz baute, dann aber trat der
Steinbau ein, wie beispielsweise Leitzkau 1147 — 1155, Havelberg
1131 - 1135 und 1136 -1170. Aus Granit sind die Peters—
kapelle zu Brandenburg (1130), St Godehard zu Brandenburg
(1139), St. Jacob zu Stendal, S. Georg zu Arneburg. Auch
später finden sich neben dem Backstein noch Granitbauten bis
zum Schluß des XIII. Jahrhunderts, so Kloster Zinna und die
Westfront der Marienkirche zu Prenzlow. Aelter jedenfalls, wie
die dänische Kirche zu Soroe (1161) ist die Klosterkirche Krewese,
deren Baubeginn in 1158 feststeht; älter noch aber als Krewese
sind die Pfarrkirche S. Nikolaus zu Luckeberg und die Klosterkirche
von Jerichow, von denen die erstere wahrscheinlich bis 1150 zu—
rückgeht und Jerichow gar bis 1149. Bezüglich dieses Datums
besteht bekanntlich eine ziemliche Meinungsverschiedenheit zwischen
Adler und Professor Carl Schäfer, der die Kirche später setzt, wo—
für die betreffenden Auseinandersetzungen in dem „Centralblatt der
Bauv.“ nachzusehen sind. Der Nachweis der älteren Einführung
des Ziegelbaues in der Mark gegen Dänemark wird dadurch
—
die alte Klosterkirche in Neumünster in die Zeit der ersten Kolo—
nisation Wagriens (1143) verlegen. Indessen bieten die noch vor—
handenen Abbildungen des 1812 abgerissenen Denkmals dafür
nicht genügenden Auhalt. An der Kirche zu Segeberg ist die aus
Granit hergestellte Ostmauer des Chors erhalten, die um 1135
entstand und einem Backsteinbau (um 11652) vorangegangen ist.
Aus weiteren Forschungen kommt Adler zu dem Resultat, daß die
Ziegelkirchen in Wagrien sämmtlich jünger sind, wie die ältesten
in der Mark, eine Annahme, die auch durch die Krypta des Domes
von Hamburg nicht erschüttert wird.
Gilt die Einführung des Backsteinbaues in den Gebieten
rechts von der Elbe durch die Niederländer im XII. Jahrhundert
als erwiesen, so ist noch die Frage, ob die Technik der Nieder—
länder eine originale sei, oder ob sie als die Fortsetzung römischer
Tradition anzusehen ist. Adler bejaht das Letztere auf Grund zu—
verlässiger Mittheilungen des Architekten Nienwenhuis in Utrecht
und auf Grund anderweiter Zeugnisse niederländischer Archäologen.
Charakteristische Einzelheiten der Außenarchitektur schließlich unter—
ftützten den Beweisversuch, in den ältesten Backsteinkirchen Nord—
deutschlands die engste Anlehnung an friesisch-holländische Bauten
zu erblicken. (Vgl. Adler „Die niederländischen Kolonien in der
Mark“ im VII. Bande der märkischen Forschungen.)
(Wochenbl. f. Arch. u. Ing.)
Stadtbahn zeigt die Anwendung der Dachpappe zum Schutze der
Bewölbe gegen eindringende Nässe; die Bauschlosserei ist durch
mehrere Firmen bestens vertreten; besonders hervorhebenswerth
sind die Kunstschlosserarbeiten.
Schließlich sesseln noch die zahlreichen Hilfsmotoren für
gewerbliche Zwecke, worunter für das Bauhandwerk besonders
interessant die Dampf-Wasserhebemaschinen mit den direkt
wirkenden Dampfpumpen und den herzartigen Pulsometern,
welche automatisch im Gange bleiben. L. T-kK.
Reichsgerichts⸗Entscheidungen.
Verstoß gegen die allgemein anerkannten Regeln
der Baukunst. Nach 8 330 des St.G.B. wird mit Geld—
strafe bis zu 900 Mark oder Gefängniß bis zu einem Jahre be—
traft, wer bei Leitung oder Ausführung eines Baues wider die
allgemein anerkannten Regeln der Baukunst dergestalt handelt, daß
gieraus für Andere Gefahr entsteht. Auf Grund dieser Bestim—
mung wurde der Zimmermeister Johann August Gottlieb Tschirley
in Hamburg vom dortigen Landgerichte am 19. September zu
50 Mark Geldstrafe verurtheilt. Tsch. hatte einen Nenbau aus—
ühren und dazu die Fensterrahmen nebst Pfosten von seinem
Werkführer herstellen lassen. Am 27. Juni stürzte nun der Maurer
dofmann aus einem Fenster des zweiten Stockes hinab in den
Hof. Es stellte sich dabei heraus, daß der Fensterpfosten mitten
durchbrochen und mit hinabgefallen war. Weun auch der Unfall
'n seiner Kausalität sich nicht hat feststellen lassen, so war doch
oviel als sicher anzunehmen, daß der Verunglückte sich an dem
Pfosten festhalten wollte. Bei Besichtigung des Pfostens ergab
ich aber, daß er an der Bruchstelle einen Ast hatte, welcher das
Brechen ermoͤglicht hatte. Da nach Aussage eines Sachverständigen
zu Fensterpfosten kein Holz mit Aesten benutzt werden darf, so er—
achtete das Landgericht ein Verschulden des Angeklagten im Sinne
des 8 330 für nachgewiesen. — Die Revision des Angeklagten,
welche am 17. November vor dem 3. Strafsenate des Reichsgerichts
ur Verhandlung kam, wurde vom Reichsauwalt für begründet er—
ichtet. Es sei sehr bedenklich, so führte derselbe aus, hier einen
Verstoß gegen die allgemeinen Regeln der Baukunst anzunehmen,
da es sich nur um Schreinerarbeit handle. Es scheine im Gesetz
nicht ansgedrückt und mit der Tendenz desselben nicht in Ucber—
einstimmung, daß diese Strafbestimmung auf alle Einzelheiten eines
Baues ausgedehnt werde. Der Bauleiter könne z. B. nicht jeden
einzelnen Dachziegel auf seine Güte untersuchen. Durch den Bau
sabe hier keine Gefahr gedroht, denn der Pfosten war nicht zum
Festhalten von Menschen, sondern zum Halten der Fenster be—
stimmt. — Das Reichsgericht verwarf aber trotzdem die Revision,
da die allgemeinen Regeln der Baukunst sich auch auf einen Theil
des Gebäudes bezögen.
Ist das vierte Stockwerk eines Hauses dem polizeilichen
Baukonsense zuwider zu vier gesonderten Wohnungen abgetheilt,
so ist dieser Zustand nicht ein die Sache betreffender natürlicher
Fehler, vielmehr ruht auf dem Hause die rechtliche Last, die
ehlerhafte Einrichtung auf Erfordern der Polizei abzuändern.
Für die dem Käufer in solchem Fall gegen seinen Verkäufer zu—
sttehenden Gewährleistungsansprüche laufen die Fristen von Zeit
der erlangten Kenntniß, daß die Einrichtung polizeiwidrig ist. —
vom 18. Oktober.)
Der Kaufvertrag über ein Preußisches Grundstück war
mündlich abgeschlossen. Verkäufer hatte das Grundstück übergeben
und später aufgelassen. Die Verjährung des Anspruchs auf
Wiederaufhebung wegen des vom Käufer aufgefundenen Schwam—
mes läuft vom Tage der Auflassung. (vom 15. Oktober.)
Der Veräußerer eines Grundstücks, welcher zur Herunter—
schaffung der aufhaftenden Hypotheken verpflichtet ist, kann,
wenn die Exnexuation zur Zeit nicht zu beschaffen ist, von
einem Mitkontrahenten auf Hinterlegung der Beträge belangt
werden, welche die Hypothekengläubiger aus dem Grundstück zu
fordern haben, damit der Mitkontrahent gedeckt ist, wenn die Gläu—
biger das Grundstück in Anspruch nehmen. (v. 11. Oktober.)
Der Känfer eines Grundstücks hatte die Hypotheken—
schulden in Anrechnung auf den Kaufpreis seit Antritt des
Hrundstücks übernommen. Dieser war erfolgt, der Uebergang des
Eigenthums hing aber nach dem örtlichen Recht (Altona) von der
nicht ertheilten Zustimmung der Gläubiger ab, ohne welche die
Amschreibung nicht vorgenommen wird. Der zur Gewährung des
Eigenthums verpflichtete Verkäufer wurde auch für verpflichtet
rrachtet, die Zustimmung der Gläubiger zu beschaffen, der
Käufer aber, seine Gegenleistung bis dahin zurückzuhalten. (vom
A
Mittheilungen über Ausstellungen.
Teplitzer Ausstellung. Die keramische Industrie
ist baulich vertreten durch solide mid zugleich künstlerisch — stylgerecht
— ausgeführte Leistungen in Terracotta-, Majolika- und Siderolith—
Ornamenten, Friesen, Kacheln, Rosetten ꝛc., ferner in Oefen. Salon—
Kaminverkleidungen, Garten-Beiwerk ꝛc.
Die Gruppe für Bauwesen zeigt die Pläne von Prof.
Siegmund über die Neueindämmung der Teplitzer Stadtquelle;
dann sind ausgestellt Cementproben, Dachpappe, Kunststeine ec. von
zahlreichen Expositeuren in allen Quanti- und Qualitäten; ein
sehr hübsches Modell der viergeleisigen Arkadengänge der Betliner