Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 44, Bd. 3, 1884)

Mittheilungen über Schulwesen. — Konkurrenzwesen. — Berichte aus verschiedenen Städten. 
766 
Werden Nachlaßgrundstücke zur Versteigerung gestellt, 
ohneldaß die im Interesse der betheiligten Minderjährigen ge— 
setzlich vorgeschriebenen Formen innegehalten werden, so sind 
nach französischem Rechte nur die Minderjährigen zur Aufechtung 
berechtigt, die volliährigen Miterben aber an die Veräußerung ge— 
bunden. (vom 21. Oktober.) 
Der Anspruch auf Auflassung eines Grundstücks ist ab— 
tretbar. (v. 11. Oktober.) 
Kulissengasse enthält 4 Freifahrten, 2 Klappen und die nöthigen 
Versenkungen. Die Kuͤlissen sind auf hydraulische Pressen 
oon 8 mm Länge gestellt, und die Knlissengassen können im 2 
dersenkt oder um 42/3 m geyoben werden, im Nu lassen sich Berg⸗ 
wege oder Thalansichten herstellen; auf dem Schnürboden befinden 
sich 106 Dekorationszüge mit Drahtfseilen und Prospekt— 
träger aus Eisen, die durch 36 Zylinder in Bewegung gesetzt 
werden. Die Bühne ist mit zweneifernen Kurtinen, zum 
Abschluß der Vorder- und Hinterbühne, versehen; bei dem Bau 
dieser Bühne wurde die Anwendung von Holzbestandtheilen 
ängstlich vermieden. Die Proben der Maschinen fielen vor⸗ 
züglich aus. 
Ein anderer Bericht, welcher hierüber vorliegt, bringt zur 
Ergänzung Nachfolgendes: 
Dem Bau-Komitee gehören auch die Unternehmer an; an 
der Spitze des Ganzen steht der tüchtige Pester Architekt 
Ybl, von welchem auch der künstlerische Theil des Baues 
herrührt. Am 19. August 1884 fand eine Probe vor 
hohen Persönlichkeiten statt ünter Leitung des Herrn Kautsky sen. 
Dieselbe nahm trotz der schwierigsten Loͤsungen nur eine Stunde 
Zeit in Anspruch; die Fachleute gewannen einen höchst überraschenden 
Aufschluß über, die Tragweite der durch das System Asphaleia 
angestrebten Bühnenreform; der allgemeine, rauschendste Beifall 
ward den Erfindern zum Lohne. Es zeigte sich, daß die Arbeiten 
und maschinellen Bewegungen nach altem Systeme entweder ganz 
inmöglich oder nur mit außerordentlicher Kraft und Kostenaufwand 
ausführbar wären; was 30 Arbeiter leisteten, leistet das Asphaleia⸗ 
system mit einem Mann durch Wasserkraft; und dazu kommt 
die enorme Feuersicherheit des Systems. L. T-K. 
Finsterwalde. Am 10. November wurde das neue Amts— 
zerichtsgebäude gerichtet. An der Feier betheiligten sich sämmt— 
liche höhere Gerichtsbeamte und viele Private. Ver schöne Bau, 
welcher seiner versteckten Lage im Schloßgarten wegen der Stadi 
leider wenig zur Zierde gereichen wird, soll in diesem Jahre nur 
noch eingedacht und im nächsten Jahre erst vollendet werden, so 
daß derselbe wahrscheinlich erst zu Michaelis n. J. bezogen wer— 
den wird. Der Neubau, dessen Gesammtkosten zu 95 900 Mark 
oeranschlagt sind, enthält die Geschäftsräume des Amtsgerichts, eine 
Anterbeamtenwohnung für den Gefängnißwärter und ein dem lo— 
'alen Bedarf für Untersuchungs- und ganz kurzzeitige Strafgefan— 
gene, im Ganzen für 14 Köpfe entsprechendes Gefängniß. Das 
neue, im nächsten Jahre hierselbst zu erbauende Postgebäude wird 
)en dringenden Wuͤnschen der Einwohnerschaft entsprechend, höchst 
wvahrscheinlich im Centrum der Stadt, am Marktplatz, und nicht, 
vie anfänglich projektirt, in der abgelegenen Berliner Straße er— 
richtet werden. Die bezüglichen Verhandlungen sind bereits einge— 
leitet und werden hoffentlich den gewünschten Erfolg haben. 
Köln. Das Jahr 1884 hat für Köln eine Bauthätig— 
keit aufzuweisen, wie sie in keinem andern Jahre dieses Jahr— 
hunderts erreicht wurde. Sie hat in den drei ersten Quartalen 
dieses Jahres 426 Neubauten zu verzeichnen, von denen 237 auf 
die Alt- und 189 auf die Neustadt kommen. Es befinden sich 
darunter 269 Wohnhäuser. Da noch fortgesetzt Baugesuche ein— 
zereicht werden, so wird sich die Zahl bis zum 1. Januar noch 
erheblich steigern. Das Jahr der Schwindelperiode 1871 hatte 
203 neue Häuser aufzuweisen. In der Neustadt sind in der Zeit 
von drei FJahren weit über 400 Häuser errichtet worden, beaw. 
in der Ausführung begriffen. 
München. Bemalte Fagçaden waren in den meisten 
Städten Süddeutschlands, vorzugsweise da, wo kein Material für 
Quaderbau vorhanden war, fuͤr Terakotten aber keine Fertigkeit 
»der Neigung bestand, schon während der Blüthezeit der deutschen Re— 
naissance häufig zu finden und schreibt Lübke dies dem Einfluß der 
oberitalienischen Kunst zu, welche z. B. in Augsburg und, Ulm, den 
damaligen Handelsemporien, den reichen und weitgereisten Kauf— 
herren nicht fremd geblieben war und haben selbst bedeutende 
Künstler, wie Hans Holbein, in diesem Genre gearbeitet; doch mochte 
wohl damals u⸗ die Technik des Verputzes und Farbenauftrages 
eine so schwierige sein, daß nur wenige gut damit umzugehen ver— 
tanden und da diese vielleicht nach damaliger Sitte ihre Praktiken 
geheim hielten, so ist weitaus der größte Theil der Fagadenmalereien 
dem Einflusse der Witterung zum Opfer gefallen. Die verschiedenen 
Versuche, welche in den letzten Dezennien in dieser Richtung mit 
Sgraffito, enkaustischer Malerei, Storeochromie ꝛc. gemacht wurden, 
— 
sast vollständig verschwundenen Kaulbach'schen Fresken an der 
neuen Pinakothek, die Façadendekorationen an der Rückfaçade des 
VPolytechnikums, die historischen Bilder unter den Arkaden des 
Hofgartens hierfür traurige Beispiele. Durch das Keim'sche Ver— 
auühren nun, dessen in dieser Zeitschrift früher schon Erwähnung 
Mittheilungen über Schulwesen. 
Wie der Berliner Magistrat mittheilt, hat der Unterrichts— 
minister lant Erlaß vom 1. Oktober d. J. für das Etatsjahr 188485 
die Erhöhung des Staatsbeitrages zu den Kosten der Unterhaltung 
der Berliner Baugewerkschule von 8000 Mk. auf 10880 Mek 
abgelehnt, indessen in den Entwurf zum Staatkhaushalts-Etat pro 
1. April 1885/86 die Summe von 10880 Mk. als Zuschuß des 
Staates eingestellt. Der Magistrat wird sich daher während des 
laufenden Etatsjahres in den Ausgaben möglichst dergestalt be— 
schränken, daß nur ein Zuschuß von je 8000 Mk. seitens des 
Staates und der Stadtgemeinde erforderlich ist, wobei namentlich 
die in Aussicht genommene Erhöhung der Lehrergehälter wesentlich 
einzuschränken sein wird. 
Konkurrenzwesen. 
Das Preisgericht für die Beurtheilung der zur engeren 
Konkurrenz zugelassenen Entwürfe zu einer Gedächtniß— 
kirche der Protestation zu Speyer hat den J. Preis von 
2000 Mark den Architekten Flügge und Nordtmann in Essen und 
den 2. Preis von 1000 Mark den Architekten Vollmer und Lo— 
renzen in Berlin zuerkannt. 
Berichte aus verschiedenen Städten. 
Berlin. Der neueste Entwurf der neuen Bauord— 
nung für Berlin, so wie er nach der letzten Redaktion des Po— 
lizei-Präsidiums dem Ressortminister vorgelegen hat, ist, wie schon 
kurz signalisirt, dem Magistrat mitgetheilt worden und zwar zur — 
Zustimmung — nicht bloß zur, Aeußerung. Zur Zeit, als der 
erste Entwurf das Licht der Welt erblickte, existirte noch die alte 
Bestimmung, nach welcher das Polizei-Präsidium dem Magistrat 
nur über den Entwurf zu hören brauchte, jetzt muß der Magistrat 
dazu Ja und Amen sagen. Allerdings hat er kein absolutes Veto, 
es kann vielmehr im Verwaltungsstreit- und Beschwerdeverfahren 
schließlich die Emanirung einer Polizeiverordnung auch gegen den 
Willen einer Gemeinde durchgesetzt werden. 
Budapest. Die neue Pester Hofoper. Die Idee des 
sogenannten „Asphaleia“-Theaters, d. i. eines Theatersystems nach 
den allerneuesten Prinzipien der Feuersicherheit, mit elektri— 
scher Beleuchtung und hydraulischer Bewegung der 
Maschinen hat im Anfange viel Spott und Anfechtung erfahren 
müssen. Das kleine Modell war und ist in den Aleliers der 
Unternehmung — Gwinner u. Kautsky in Wien IV., Heugasse 
— ausgestellt, die erweiterte Darstellung war bei der letzten 
elektrischen Ausstellung zu sehen; gewiegte Maschineningenieure, 
bewanderte Baukünstler, routinirte Theaterfachleute nannten das 
Ganze mindestens (oder höchstens) eine nette Spielerei!? 
Die Theaterbrände des Wiener Ring- und Stadttheaters, des 
Theaters in Nizza ꝛc. haben den Kurzsichtigen die Augen noch 
immer nicht geöffnet; sie können sich vom altgewohnten Schlendrian 
nicht losreißen. 
Viele Theater wurden seitdem gebaut, besonders von den 
modernen Theaterbau-Monopolisten in Wien, den Architekten und 
Baumeistern Fellner u. Hellmer, welche allerdings viel technische 
Fertigkeit, ja Bravour mit viel Geschmack zu verbinden wissen. 
Wenn es aber der Unternehmung des Asphaleiatheaters 
nicht endlich gelungen wäre, ohne von Monopolisten, seien es 
welche immer, abhängig oder beeinflußt zu werden, endlich bei 
einer Theater-Baugelegenheit festen Fuß zu fassen, so käme die 
Welt nie dazu, etwas Neues zu sehen und Bergleiche zu 
machen, zu, prüfen; mit dem Pester neuen Hoftheater nach System 
„Asphaleia“ haben die rührigen geniale ünternehmer gewissen 
Leuten und Zweiflern den „Befähigungsnachweis“ unter die 
Nase gerieben und sich die gerechte Anerkennüng erzwungen! 
Der ganze Bühnenraum der neuen Pester Hofoper ist 28 m 
breit, 22 m hoch und erreicht vom Podium abwaͤrts in die Ver—⸗ 
senkung 12 m; dagegen aufwärts zum Schnürboden 28 mm; die 
ganze Bühne ist ungemein beweglich und veränderlich ein— 
gerichtet und in 6 Kulissengassen à 3 mm Breite eingetheilit: iede
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.