Mittheilungen über Schulwesen. — Konkurrenzwesen. — Berichte aus verschiedenen Städten.
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Werden Nachlaßgrundstücke zur Versteigerung gestellt,
ohneldaß die im Interesse der betheiligten Minderjährigen ge—
setzlich vorgeschriebenen Formen innegehalten werden, so sind
nach französischem Rechte nur die Minderjährigen zur Aufechtung
berechtigt, die volliährigen Miterben aber an die Veräußerung ge—
bunden. (vom 21. Oktober.)
Der Anspruch auf Auflassung eines Grundstücks ist ab—
tretbar. (v. 11. Oktober.)
Kulissengasse enthält 4 Freifahrten, 2 Klappen und die nöthigen
Versenkungen. Die Kuͤlissen sind auf hydraulische Pressen
oon 8 mm Länge gestellt, und die Knlissengassen können im 2
dersenkt oder um 42/3 m geyoben werden, im Nu lassen sich Berg⸗
wege oder Thalansichten herstellen; auf dem Schnürboden befinden
sich 106 Dekorationszüge mit Drahtfseilen und Prospekt—
träger aus Eisen, die durch 36 Zylinder in Bewegung gesetzt
werden. Die Bühne ist mit zweneifernen Kurtinen, zum
Abschluß der Vorder- und Hinterbühne, versehen; bei dem Bau
dieser Bühne wurde die Anwendung von Holzbestandtheilen
ängstlich vermieden. Die Proben der Maschinen fielen vor⸗
züglich aus.
Ein anderer Bericht, welcher hierüber vorliegt, bringt zur
Ergänzung Nachfolgendes:
Dem Bau-Komitee gehören auch die Unternehmer an; an
der Spitze des Ganzen steht der tüchtige Pester Architekt
Ybl, von welchem auch der künstlerische Theil des Baues
herrührt. Am 19. August 1884 fand eine Probe vor
hohen Persönlichkeiten statt ünter Leitung des Herrn Kautsky sen.
Dieselbe nahm trotz der schwierigsten Loͤsungen nur eine Stunde
Zeit in Anspruch; die Fachleute gewannen einen höchst überraschenden
Aufschluß über, die Tragweite der durch das System Asphaleia
angestrebten Bühnenreform; der allgemeine, rauschendste Beifall
ward den Erfindern zum Lohne. Es zeigte sich, daß die Arbeiten
und maschinellen Bewegungen nach altem Systeme entweder ganz
inmöglich oder nur mit außerordentlicher Kraft und Kostenaufwand
ausführbar wären; was 30 Arbeiter leisteten, leistet das Asphaleia⸗
system mit einem Mann durch Wasserkraft; und dazu kommt
die enorme Feuersicherheit des Systems. L. T-K.
Finsterwalde. Am 10. November wurde das neue Amts—
zerichtsgebäude gerichtet. An der Feier betheiligten sich sämmt—
liche höhere Gerichtsbeamte und viele Private. Ver schöne Bau,
welcher seiner versteckten Lage im Schloßgarten wegen der Stadi
leider wenig zur Zierde gereichen wird, soll in diesem Jahre nur
noch eingedacht und im nächsten Jahre erst vollendet werden, so
daß derselbe wahrscheinlich erst zu Michaelis n. J. bezogen wer—
den wird. Der Neubau, dessen Gesammtkosten zu 95 900 Mark
oeranschlagt sind, enthält die Geschäftsräume des Amtsgerichts, eine
Anterbeamtenwohnung für den Gefängnißwärter und ein dem lo—
'alen Bedarf für Untersuchungs- und ganz kurzzeitige Strafgefan—
gene, im Ganzen für 14 Köpfe entsprechendes Gefängniß. Das
neue, im nächsten Jahre hierselbst zu erbauende Postgebäude wird
)en dringenden Wuͤnschen der Einwohnerschaft entsprechend, höchst
wvahrscheinlich im Centrum der Stadt, am Marktplatz, und nicht,
vie anfänglich projektirt, in der abgelegenen Berliner Straße er—
richtet werden. Die bezüglichen Verhandlungen sind bereits einge—
leitet und werden hoffentlich den gewünschten Erfolg haben.
Köln. Das Jahr 1884 hat für Köln eine Bauthätig—
keit aufzuweisen, wie sie in keinem andern Jahre dieses Jahr—
hunderts erreicht wurde. Sie hat in den drei ersten Quartalen
dieses Jahres 426 Neubauten zu verzeichnen, von denen 237 auf
die Alt- und 189 auf die Neustadt kommen. Es befinden sich
darunter 269 Wohnhäuser. Da noch fortgesetzt Baugesuche ein—
zereicht werden, so wird sich die Zahl bis zum 1. Januar noch
erheblich steigern. Das Jahr der Schwindelperiode 1871 hatte
203 neue Häuser aufzuweisen. In der Neustadt sind in der Zeit
von drei FJahren weit über 400 Häuser errichtet worden, beaw.
in der Ausführung begriffen.
München. Bemalte Fagçaden waren in den meisten
Städten Süddeutschlands, vorzugsweise da, wo kein Material für
Quaderbau vorhanden war, fuͤr Terakotten aber keine Fertigkeit
»der Neigung bestand, schon während der Blüthezeit der deutschen Re—
naissance häufig zu finden und schreibt Lübke dies dem Einfluß der
oberitalienischen Kunst zu, welche z. B. in Augsburg und, Ulm, den
damaligen Handelsemporien, den reichen und weitgereisten Kauf—
herren nicht fremd geblieben war und haben selbst bedeutende
Künstler, wie Hans Holbein, in diesem Genre gearbeitet; doch mochte
wohl damals u⸗ die Technik des Verputzes und Farbenauftrages
eine so schwierige sein, daß nur wenige gut damit umzugehen ver—
tanden und da diese vielleicht nach damaliger Sitte ihre Praktiken
geheim hielten, so ist weitaus der größte Theil der Fagadenmalereien
dem Einflusse der Witterung zum Opfer gefallen. Die verschiedenen
Versuche, welche in den letzten Dezennien in dieser Richtung mit
Sgraffito, enkaustischer Malerei, Storeochromie ꝛc. gemacht wurden,
—
sast vollständig verschwundenen Kaulbach'schen Fresken an der
neuen Pinakothek, die Façadendekorationen an der Rückfaçade des
VPolytechnikums, die historischen Bilder unter den Arkaden des
Hofgartens hierfür traurige Beispiele. Durch das Keim'sche Ver—
auühren nun, dessen in dieser Zeitschrift früher schon Erwähnung
Mittheilungen über Schulwesen.
Wie der Berliner Magistrat mittheilt, hat der Unterrichts—
minister lant Erlaß vom 1. Oktober d. J. für das Etatsjahr 188485
die Erhöhung des Staatsbeitrages zu den Kosten der Unterhaltung
der Berliner Baugewerkschule von 8000 Mk. auf 10880 Mek
abgelehnt, indessen in den Entwurf zum Staatkhaushalts-Etat pro
1. April 1885/86 die Summe von 10880 Mk. als Zuschuß des
Staates eingestellt. Der Magistrat wird sich daher während des
laufenden Etatsjahres in den Ausgaben möglichst dergestalt be—
schränken, daß nur ein Zuschuß von je 8000 Mk. seitens des
Staates und der Stadtgemeinde erforderlich ist, wobei namentlich
die in Aussicht genommene Erhöhung der Lehrergehälter wesentlich
einzuschränken sein wird.
Konkurrenzwesen.
Das Preisgericht für die Beurtheilung der zur engeren
Konkurrenz zugelassenen Entwürfe zu einer Gedächtniß—
kirche der Protestation zu Speyer hat den J. Preis von
2000 Mark den Architekten Flügge und Nordtmann in Essen und
den 2. Preis von 1000 Mark den Architekten Vollmer und Lo—
renzen in Berlin zuerkannt.
Berichte aus verschiedenen Städten.
Berlin. Der neueste Entwurf der neuen Bauord—
nung für Berlin, so wie er nach der letzten Redaktion des Po—
lizei-Präsidiums dem Ressortminister vorgelegen hat, ist, wie schon
kurz signalisirt, dem Magistrat mitgetheilt worden und zwar zur —
Zustimmung — nicht bloß zur, Aeußerung. Zur Zeit, als der
erste Entwurf das Licht der Welt erblickte, existirte noch die alte
Bestimmung, nach welcher das Polizei-Präsidium dem Magistrat
nur über den Entwurf zu hören brauchte, jetzt muß der Magistrat
dazu Ja und Amen sagen. Allerdings hat er kein absolutes Veto,
es kann vielmehr im Verwaltungsstreit- und Beschwerdeverfahren
schließlich die Emanirung einer Polizeiverordnung auch gegen den
Willen einer Gemeinde durchgesetzt werden.
Budapest. Die neue Pester Hofoper. Die Idee des
sogenannten „Asphaleia“-Theaters, d. i. eines Theatersystems nach
den allerneuesten Prinzipien der Feuersicherheit, mit elektri—
scher Beleuchtung und hydraulischer Bewegung der
Maschinen hat im Anfange viel Spott und Anfechtung erfahren
müssen. Das kleine Modell war und ist in den Aleliers der
Unternehmung — Gwinner u. Kautsky in Wien IV., Heugasse
— ausgestellt, die erweiterte Darstellung war bei der letzten
elektrischen Ausstellung zu sehen; gewiegte Maschineningenieure,
bewanderte Baukünstler, routinirte Theaterfachleute nannten das
Ganze mindestens (oder höchstens) eine nette Spielerei!?
Die Theaterbrände des Wiener Ring- und Stadttheaters, des
Theaters in Nizza ꝛc. haben den Kurzsichtigen die Augen noch
immer nicht geöffnet; sie können sich vom altgewohnten Schlendrian
nicht losreißen.
Viele Theater wurden seitdem gebaut, besonders von den
modernen Theaterbau-Monopolisten in Wien, den Architekten und
Baumeistern Fellner u. Hellmer, welche allerdings viel technische
Fertigkeit, ja Bravour mit viel Geschmack zu verbinden wissen.
Wenn es aber der Unternehmung des Asphaleiatheaters
nicht endlich gelungen wäre, ohne von Monopolisten, seien es
welche immer, abhängig oder beeinflußt zu werden, endlich bei
einer Theater-Baugelegenheit festen Fuß zu fassen, so käme die
Welt nie dazu, etwas Neues zu sehen und Bergleiche zu
machen, zu, prüfen; mit dem Pester neuen Hoftheater nach System
„Asphaleia“ haben die rührigen geniale ünternehmer gewissen
Leuten und Zweiflern den „Befähigungsnachweis“ unter die
Nase gerieben und sich die gerechte Anerkennüng erzwungen!
Der ganze Bühnenraum der neuen Pester Hofoper ist 28 m
breit, 22 m hoch und erreicht vom Podium abwaͤrts in die Ver—⸗
senkung 12 m; dagegen aufwärts zum Schnürboden 28 mm; die
ganze Bühne ist ungemein beweglich und veränderlich ein—
gerichtet und in 6 Kulissengassen à 3 mm Breite eingetheilit: iede