Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 44, Bd. 3, 1884)

Arbeiter-Wohnhäuser. 
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Arbeiter Wohnhäuser. 
(Hierzu 11 Fig.) 
werden, so soll selbstverständlich ein Baugewerksmeister der heutigen 
Zeit auch hierauf sein Augenmerk richten. 
Hauptfehler der früheren und auch vieler der jetzigen Arbeiter— 
wohnuͤngen sind der große Mangel an Luft und Licht und die 
geringe Höhe der Wohnräume. Sehr häufig findet man solche 
Wohnungen aus Stube, Kammer und Küche bestehend, in welchen 
Familien von 6 bis 8 bis 10 und noch mehr Personen wohnen, 
deren Höhe oft nicht viel mehr als 2,0 m beträgt und wo jeder 
Raum nur mit einem kleinen Fenster versehen ist. Die Wände 
sind häufig aus Lehm oder sonstigem billigem Material hergestellt, 
während der Fußboden nur aus Lehmestrich oder, wenn es hoch 
kommt, aus Ziegelsteinen besteht. 
Es ist uns oft der Einwand gemacht worden, daß ländliche 
Arbeiter sich den ganzen Tag in der freien Luft bewegen und ihre 
Wohnungen nur als Schlafstelle betrachten. Ein solcher Einwand 
ist aber durchaus nicht stichhaltig. Jedem gebildeten Menschen ist 
bekannt, daß der Mensch gerade während des Schlafes die meiste 
frische und gesunde Luft nöthig hat, und nun denke man sich in 
In neuerer Zeit ist immer mehr und mehr die Nothwendig— 
keit anerkannt worden, den Arbeitern, besonders auch den ländlichen, 
Wohnungen zu schaffen, die eines Menschen würdig und den hy— 
gienischen Anforderungen entsprechend eingerichtet sind. 
Wer Gelegenheit hatte, die Wohnungen der ländlichen und 
anderer Arbeiter, welche ihnen von den Arbeitgebern hergestellt 
werden, in vielen Gegenden Deutschlands eingehend in Augenschein 
zu nehmen, dem wird sich unwillkürlich häufig ein Vergleich dieser 
menschlichen Wohnungen mit den Viehställen derselben Besitzer 
aufgedrängt haben. In wie vielen Fällen wird aber dieser Ver— 
gleich zu Ungunsten der menschlichen Wohnungen ausgefallen sein! 
Glück licherweise sind aber die Besitzer großer Güter ꝛc. in 
neuerer Zent zu der Ueberzeugung gekommen, daß es zur Erhal— 
tung eines ikräftigen und leistungsfähigen Arbeiterstandes durchaus 
nothwendig ist, demselben vor allen Dingen gesunde und menschen— 
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würdige Wohnungen zu schaffen. Wir nehmen zwar an, daß 
mancher Besitzer durch allgemeine Menschenliebe veranlaßt ist, 
seinen Arbeitern bessere Wohnungen herzustellen, im Großen und 
Ganzen aber ist wohl nur der eigene Vortheil die Triebfeder für 
deraleichen Verbesserungen. 
Gleichviel nun, welches der Grund für die Verbesserung der 
Arbeiter-Wohnungen ist, jedenfalls können wir dieselbe mit Freuden 
begrüßen. Auch der praktische Bangewerksmeister, welcher ein 
warmes Herz für seine Mitmenschen hat und dem es nicht gleich— 
gültig ist, ob er eine Hütte für Menschen erbaut, welche für die 
meisten Zuchtthiere durchaus unbrauchbar wäre, oder ein Wohn— 
haus, welches den Bewohuern ein wirkliches Heim bietet, kann 
uͤber diesen Fortschritt im Kulturleben nur erfreut sein. Er soll 
aber unserer Meinung nach auch, soviel in seinen Kräften steht, 
bestrebt sein, die Arbeiterwohnungen nicht nur möglichst billig 
herzustellen, sondern auch die Besitzer zu veranlassen, wenigstens 
zesunde, wenn auch einfache und jeder architektonischen Schoͤnheit 
baare Wohnungen zu erbauen. Kann außerdem etwas architekto— 
nische Schönheit, wenn auch nur in bescheidenen Grenzen, erreich! 
2 kleinen, niedrigen Räumen die ganze Nacht hindurch 6 bis 10 
und noch mehr Mienschen auf beschränkten Lagerstätten zusammen— 
gepfercht; kein Wunder, wenn dann der Schlaf, anstatt Erquickung 
und Kräftigung oft Mattigkeit und Schwäche hervorbringt.4 
Es sind in neuerer Zeit von Privaten, Kommunen, land⸗ 
wirthschaftlichen Vereinen ꝛc. Konkurrenzen ausgeschrieben worden 
zur Beschaffung gesunder, zweckmäßiger und billiger Arbeiter-Woh— 
nungen. Es sind diese Bestrebungen gewiß anzuerkennen, aber 
vir meinen, es müßte, wie dies in einzelnen Fällen geschehen ist, 
die Billigkeit nicht zu sehr in den Vordergrund gestellt werden. 
Wir sind gewiß der Ansicht, daß sich mit zweckeutsprechender Ein— 
richtung auch möglichste Billigkeit verbinden muß, aber wir sind 
nicht der Ansicht, daß die Billigkeit auf Kosten der menschenwür— 
digen Einrichtung in den Vordergrund gestellt werden darf. Es 
kann der Einfluß des ausführenden Baumeisters oder Baugewerks— 
meisters nach dieser Richtung hin recht wohl geltend gemacht 
werden, ohne daß der Schein auf ihn fällt, als wolle er den Bau 
unnöthigerweise vertheuern. 
Bir kheilen nun einige Beispiele von Arbeiter-Wohnhäusern
	        

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