Mittheilungen aus der Praxis.
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seine eigentlichen Beziehungen auf die öffentliche Gesundheit, die
sich aus unserem raschen Fortschritte hinsichtlich der Einflüsse er—
geben haben, welche die Gesundheit fördern und Krankheiten ver—
hüten, namentlich in Verbindung mit den spezifischen Ursachen der
vorherrschendsten Krankheiten, sind erst neuerdings ihrem vollen
Werthe nach gewürdigt worden. Jeue elementaren Ingenieurwerke
bilden nur einen geringen Theil eines Sanitäts-Systems, dessen
andere Theile ebenso wichtig sind, wenn man sie im Lichte von
Wahr heiten und Grundsätzen betrachtet, welche die moderne Wissen—
schaft erforscht hat. Erst durch die Untersuchungen und Erfahrungen
der Gegenwart im Bunde mit der Hygiene ist es gelungen, in
die Einzelheiten des Baues aller sanitärischen Werke zu dringen?
von denen nicht wenige sich aus verhältnißmäßiger Unbedeutend—
heit zu hoher Wichtigkeit emporgeschwungen haben. Das ravide
Wachsthum von Städten und Ortschaften während der batzten
zwanzig bis dreißig Jahre injolge der Entwickelung des Eisen—
bahn-Systems und der Zunahme von Handel und Industrie ist
ohne Zweifel ein mächtiger Hebel für die Förderung derariiger
Forschüngen gewesen, weil die Nothwendigkeit von Sanitäts-Maß—
regeln mit den Proportionen der Bevölkerungs Dichtigkeit steigt.
Das allgemeine Interesse für diese hochwichtige Sache wurde
zuerst durch die Einrichtung der britischen Sauitäts-Kommission
im Krimkriege angeregt, beit uns gab den ersten Anstoß die Grün—
dung einer gleichen Bürde während des Sezessionskrieges, worauf
sehr bald die „Boards of health,“ die sich beständig vermehren, in
verschiedenen Städten folgten. Die „School of Mines“ des Co-
lumbia Kollege war die erste Lehranstalt in Amerika, welche das
Studinm des Sanitäts-Ingenieurwesens als Unterrichtszweig für
sich in ihren Kursus aufnahm, doch ist der Beruf immer noch in
den Anfängen begriffen.
Jenes Fach umfaßt 1. die Wasserzufuhr der Städte und anderer
Ortschaften; 2. die Abzugs-Kanäle und die Verfügung übe Un—
rath und Abfälle; 3. Drainirung der Häuser; 4K. Boden- und
Untergrund-Drainirung; 5. Straßenpflasternug; 6. Heizunmg und
Ventilation der Gebäude. Die Sanitätswissenschaft berub: aus
folgenden Axiomen: 1. der Normalzustand des Lebens ist Gesund—
heiiszustand; 2. die am meisten vorherrschenden Krankheiten ent—
stehen hauptsächlich aus Einflüssen und Ursachen, die außerhalb des
individuellen Lebens und Systems wirken und liegen; 3. die
zußeren Bedingungen, unter denen die Menschen leben, soweit sie
die Gesundheit beruühren, stehen Unter der Koönrolle von Iudieidaan
oder organisirten Gemeinden
Kurzum, die Gesundheit ist Gesetzen unterworfen; nicht etwa,
daß diese Gesetze oder die Krankheitsursachen so genau bekannt
sind, daß sie eine exakte Wissenschaft bilden könnten, die sich auf
jeden einzelnen Fall anwenden ließe, aber gestörte Gesuudheit und
körperliche wie geistige Entkräftung haben ihre besonderen Ursachen,
und von diesen weiß man genug, um öffentliche sowohl, als private
Maßregeln zur Gegenwirkung und Verhütung zu ergreifea. Fast
alle bedeutenden Werke des möodernen Sanitäts-Ingenieurwesens
basiren auf dem allgemeinen Grundsatz, daß reine Luft und reines
Wasser die Hauptbedingungen für die Gesundheit sind. Fagen
wir Wärme und geeignete Naäahrung hinzu, so dürfte es schwer
sein, noch andere Bedingungen namhaft zu machen, die nicht von
den Lebensgewohnheiten abhängig sind, welche ausschlieklich unter
individueller Kontrolle stehen.
Es giebt nur wenige Ingenicur-Probleme, die mehr Urtheil
und Geschick erfordern, als die Wasserversorgung einer aufblühenden
Stadt. Diese Aufgabe hat man bisher als eine die Civil-Inge—
nieure angehende Frage betrachtet, die zum Terraiun der Hydraulik
gehört, allein sie ist in Wirklichkeit sanitärisch, insofern sie die Zu—
fuhr von reinem Wasser für den Hausgebranch und die Weg—
schaffung des Unrathes aus Häusern und von Straßen betrifft.
Gleich von Anbeginn an stößt der Ingenieur auf zwei Punkte:
das Wasser soll rein und hinreichend sein, und der eilte ist gesund—
heitlicher Natur. Alle übrigen Fragen: über das waährscheinliche
Tagesquantum von Wasser, um die Bedürfnisse einer steng an—
wachsenden Bevölkerung zu befriedigen, über die Größe der Re—
servoirs und Leitungen, uͤber die Vertheilung der ersteren nud der
Röhren, über die Filtrir-Vorrichtungen, über den Bau von Dammen
und Leistungen u. s. w. — das sind Dinge, mii denen sich die
Mechanik beschäftigt. Natürlich kann Mangel an Wasserversorgung
die schlimmsten Kalamitäten für die Gesundheit zur Folge haben.
Die Hauptschwierigkeiten in dem gewöhnlichen System sani—
tärischer Aulagen beginnen da, wo die Wasserfrage endigt, nämlich
in den Plänen und Arrangements für die Abzugskanäle, für die
Wegschaffung des Unraths und für die Verbindung der Kloaken
mit dem Hause und der Bodendrainirung. Dieses wichtige Pro—
jekt läßt sich nur nach gewissenhaftem ünd gründlichem Studium
der meteorologischen, geologischen und topograäphischen Eigenthüm—
—
zrund-Orainirung, der voraussichtlichen Bevölkerungs-Zunahme,
der sanitärischen Fragen betreffs der Kloakenausmündungen und
der Verfügung über den Unrath oder Wegschaffung desselben auf
eine sichere Eutfernung hin durchführen. Manche dieser Fragen
hieten oft Hindernisse dar, die nur mit großen Schwieriakeiten und
Kosten überwunden werden können.
Mit dem Wachsthum der ländlichen Bevölkerung wird die
Verunreinigung der Wasserläufe durch Hineinschütten von Unrath
und Abfällen ein solcher Uebelstand daß es oft gesetzgeberischer
Maßnahmen zur Reinhaltung derselben bedarf. Schon ietzt ge—
rathen die amerikanischen Biuneunstädte bei der Frage in Verlegen—
heit: „Was sollen wir mit unserem Unrath anfangen?“
Eine der neuesten Flugschriften über diesen Gegenstand
stammt nicht aus dem daran reichen England, sondern aus einer
der ersten Sommerfrischen unserer Repablik und lautet: „The
Sewage Question in Saratoga“. Das mit großer Sachkenutniß
»erfaßte Schriftstück werst die drohenden Gefjahren nach, denen alle
Sommergäste Saratoga's ausgesetzt sind, bis man die von den
Bade-Kommissären vorgeschlagenen Maßregeln verwirklicht hat.
Zzugleich liefert dasselbe einen schlagenden Beweis für die Schwie—
igkeiten, die der gegenwärtige Sanitäts-Ingenieur infolge legis—
ativer Gleichgültigkeit und vorherrscheader Ignoranz selbst in in—
elligenten Gemeinwesen bei einer Frage zu überwinden hat, welche
die öffentliche Gesundheit und Wohlfahrt so nahe berührt.
Es ist nicht immer so leicht und einfach, die Größe und
Schräge eines Abzug-Systems so zu berechnen, daß der Unrath
großer Bezirke rasch nach den Kloakenmündungen befoördert wird,
daß die mannigfachen Verzweigungen sich selbst reinigen, gut ven—
tilirt und auch sonst zweckentsprechend sind. Hier ist das Mißlingen
ebenso häufig wie die Erfolge. In allen Fällen ist ein umfang—
reiches Studium erforderlich; während die Resultate zum großen
Theil von der gründlichen Vorbereitung abhäugen, die der Ingenieur
in Gestalt von Fachkenntniß mitbringt, denn die ganze Frage hat
ihre besonderen Probleme, die auf Material, Fundamentirung,.
Baumethode, Erhattung und Sorgsamkeit gehen.
Ferner ist hier eine genaue Kenntuiß der Hyßraulik nöthig,
die es dem Ingenieur ermoͤglicht, die Formen und Dimensionen
der Kloaken den Bodensenkungen und den wahrscheinlichen Strö—
mungsquantitäten anzupassen, die durch jede Haupt- und Zweig—
röhre gehen. Oit wachsen die Schwierigkeiten dadurch, daß sich
die Vergrößerung eines Ortes auf eine lange Periode hin nicht
mit Bestimmtheit berechnen läßt, und daß neuere Kloaken-Systeme
nur unvollkontmen den älteren adoptirt werden können. Früher
»der später müssen Auffangs-Kanäle augelegt, neue Ausmündungen
geschaffen oder gewählt werden, vielleicht ist auch dafür Sorge zu
ragen, daß der Unrath in feiner primitiven Form nicht in die
tahen Wasserläufe gelange.
Mittheilungen aus der Praxis.
Feuchte Wände, diese Plage zahlreicher Wohnungen,
werden' seit einigen Jahren mit einem leichten Holzspangeflecht
bekleidet, welches sehr sauber aussieht, die Zimmer warm hält,
und der größten Wandnässe widersteht. Das Geflecht kann über—
tapeziert oder auch mit Oelanstrich versehen werden und ist seines
billigen Preises wegen für die einfachste Hof- oder Kellerwohnung,
wie seiner Eleganz wegen für einen herrschaftlichen Speisesaal
derwendbar. Verfertigerin ist die bekannte Hambura-Berliner
Jalousie-Fabrik hierselbst, Wassergasse 184.
In sedem eleganteren modernen Wohnhause, in Turnsälen und
üffentlichen Lokalen finden wir jetzt Warquetfußboden. Seine
Massencinführnna in neuerer Zeit verdanken wir den Eichenwäl—
dern südlich der Tonau in Serbien, Bulgarien und der Herzego—
wina, welche uns die geschnittenen Eicheustäbe zu einem Preise
liefern, daß trotz der hohen Eisenbahnfracht unsere heimischen Eichen
nicht damit konfurriren können
Amerikanisches Reißbrett. Ein neues Reißbrett
tindet in Nordamerihr immer mehr Aufnahme bei den Acchitekten
und Maschinenzeichnern. Dasselbe besteht aus einem Rahmen
mit rach Innen abgeschrägten Kanten und einer, in diesen Rahmen
vassenden Tafel als Füllung. Der Bogen, in der Größe des
Rahmens, wird stark angefeüchtet auf dem Rahmen ausgcebreitet.
Dierauf wird die Tafel, deren Ecken abgerundet sind, aufgelegt und
den Rahmen eingedrückt. Die überstehenden Räuder des Bo—
gens werden umgelegt, durch eine höchst einfache Schraubenvorrich—
ung festgepreßt, und der Bogen ist mit einem, Zeitaufwand von
nicht mehr als 5 Minuten aufgespannt. Das lästige Kleben mit
all' seinen Uebelständen wir dierdurch auf eine vorzügliche Ar—
enthehrlich gemacht. (Industrieblätter.)