Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 44, Bd. 3, 1884)

Mittheilungen aus der Praxis. 
Je 
des Hausbaues ohne Beihülfe anderer Techniker vorgenommen 
verden. 
Somit ist, wenn sich das Verständniß für gesunde Luft und 
der Reinlichkeitssinn in dieser Richtung bei dem Volke geho— 
hen haben werden, die Einführung dieses Systems für Familien— 
häuser zu erwarten. Mögen zuerst die in dieser Richtung zur 
Belehrung des niederen Volkes berufenen Aerzte das Ihrige zur 
Aufklärung und Einführung thun. Die Technik hat das Ihrige 
zgethan und damit hat der Stadtrath Jungfer zu Görlitz sich 
mehr als ein nationales Verdienst erworben. 
Das Recht der Uebertragung der Ausführung dieser Oefen 
ür einzelne Orte oder Kreise kann an geeignete Techniker erfolgen. 
Der Auftrag hierzu ist von dem Patentinhaber an Herrn Civil— 
Ingenieur ünd Patentanwalt Lüders in Görlitz ertheilt worden, 
in welchen man sich zu diesem Zwecke zu wenden hat. 
Bei Vollziehung des Vertrages ist an den vermittelnden 
Anwalt eine mäßige, nach Größe und Bedeutung des Ortes fest— 
zusetzende Anzahlung zu leisten. 
Die stipulirte Lizenzgebühr ist ebenfalls eine mäßige, welche 
die Abgabe pro Ofen selten höher als auf 100 Mek. bedingen 
dürfte. — er. 
zeigen, nachzueifern. Es entstand ein größerer Bedarf an Ver— 
»lendmaterial. Die Gründerjahre vollends steigerten diesen 
Bedarf zu einer Höhe, die man vorher kaum geahnt. Die Re— 
sierung erließ fast in allen Ressorts Anordnungen gegen den 
Putzbau, und es durften fortan nur Rohbanten zur Ausführung 
gelangen. 
Damit schien eine goldene Zeit für die Ziegelfabrikanten 
gekommen, und jeder, ob berufen oder nicht, ob sein Material 
hrauchbar oder nicht, machte nun Verblendsteine und — wurde sie 
auch los. 
Das reizte immer mehr. Es entstanden neue Werke für Ver— 
hlendstein-Fabrikation, die alten wurden vergrößert, und in der That 
var einige Jahre hindurch Absatz genug vorhanden. Die Regierung 
interstützte und förderte sichtlich die Bestrebungen der Industriellen. 
die Erzeugnisse an Terrakotten, Verblend- und Formsteinen wurden 
zuu den hervorragendsten Bauten verwendet, und die Fabrikanten 
vurden zu weiteren Fortschritten, zu großartigen Versuchen u. s. w. 
ingeregt. 
Man sieht daher auch aus dem vorigen Dezennium eine große 
Zahl sehr guter Ausführungen aus den älteren Fabriken, z. Th. 
eider auch recht mißlungene, der jüngeren Generation ent— 
tammend. 
Wie sieht es nun aber heute aus? 
Es gehört kein besonderer Scharfblick dazu, um Folgendes zu 
onstatiren: 
Das Anwachsen der Konkurrenz ist geblieben. Nicht nur, daß 
die bereits vorhandenen Fabriken sich vergrößerten, es wurden 
ruch noch neue angelegt, und Ziegelei-Besitzer, die sich durch den 
cheinbar hohen Preis guter Verblendsteine bestechen ließen, fangen 
elbst jetzt noch an, Verblendsteine zu fabriziren. Es ist ein Jagen 
und Drängeun, sein Material los zu werden, es wird mit den 
Breisen geschleudert, daß es unbegreiflich ist für jeden, der solide 
rechnet. Jedes, auch das unvollkommenste Material wird an den 
Markt gebracht und zur Konkurrenz gestellt. Durch diese Umstände 
vird den älteren Fabriken, die ihre Erfahrung theuer bezahlen 
nußten und bei solider Fabrikationsweise, sowie bei solider Preis— 
tellung verbleiben müssen, das Arbeiten erschwert. Aber nicht 
die zum Theil unwürdige Konkurrenz allein war es, welche ändernd 
auf die Verhältnisse einwirkte, es sind vielmehr noch zwei andere 
Faktoren, welche entscheidend ins Gewicht fallen. 
Zunächst hat dieselbe Regierung, welche die Kunstziegel-Industrie 
groß gezogen und in unglanhlich kurzer Zeit mittelbar eine riesen— 
safte Konkurrenz veranlaßt hatte, ihr System in der Ausbildung 
hrer Bauten geändert und eine Schwenkung gemacht, welche die 
Berwendung der Terrakotten fast ausschließt und dieselben durch 
Zandstein ꝛc. ersetzt. Es ist möglich, daß einzelne mißlungene 
lusführungen Veranlassung gewesen sind, die allgemeinere Ver— 
vendung der Terrakotten zu beschränken, zum Theil liegt die 
Ursache aber auch in dem Geschmack und in den Ansichten der 
eitenden Persönlichkeiten. Der Umschwung, welcher dadurch her— 
vorgebracht, ist ein ganz enormer, und es scheint fast, als ob der 
Terrakottenbau bei öffentlichen Bauten auf einmal verpönt wäre, 
venigstens ist die Verwendung der Terrakotten auf ein so geringes 
Maß beschränkt worden, daß jetzt etwan, der bestehenden Fabriken 
»en Bedarf zu decken im Stande wären. Die Kunstziegelfabrikanten, 
velche früher reichlich beschäftigt waren, sind damit in ihrer Pro— 
duktion ganz erheblich zurückgedrängt. 
Der zweite Faktor ist der, daß durch die übergroße Sparsamkeit 
»ei an sich bedeutenden Bauwerken und die Furcht vor den 
Streichungen gewisser Abgeordneten viele der Herren Bau-Beamten 
in den großen Fehler verfallen sind, den Unterschied in der Qualität 
zer Verblendsteine nicht genügend zu beachten, ein Umstand, der 
aicht nur für den Augenblick die Fabrikanten besseren Materials 
chädigt, sondern der seine Rückwirkungen und ganz unberechenbaren 
Folgen für die gesammte Industrie und für das Bauwesen selbst 
erst in künftigen Jahren äußern wird. 
Das ist die augenblickliche Lage unserer Industrie. 
Als ein Glück ist es noch anzusehen, daß wenigstens in der 
Privat Bauthätigkeit die Ueberzeugung Platz gegriffen hat, daß das 
zeste Material unter allen Umständen, trotz des höheren Preises, 
den Vorzug verdiene, dadurch ist wenigstens für einen Theil des 
hesseren Fabrikates Absatz gesichert. 
Wie weit bei den staatlichen Lieferungen das Submissions— 
vesen Schuld an vielem Unheil ist, soll hier nicht näher unter— 
ucht werden. Thatsache ist es aber, daß Lauban in den letzten 
bbis 5 Jahren gezwungen gewesen ist, in den Submissionen 
nit dem geringsten Fabrikat zu konkurriren, nur um überhaupt 
Lieferungen zu bekommen, und darin liegt der Grnnd des geschäft— 
ichen Mißerfolges. 
Es ist einfach nicht möglich, ein vorzügliches Fabrikat zu 
zleichen Preisen wie ein maugelhaftes, unedles herzustellen, und 
Mittheilungen aus der Praris. 
Die geschäftliche Lage der Verblendstein— 
fabrikation. 
An die Auflösung der Aktiengesellschaft vorm. Augustin in 
Lauban knüpft Ernst Hotop, Dirigent der Siegersdorfer Werke, 
nachstehende Betrachtungen: 
Die älteste und renommirteste Verblendstein- und Terrakotten— 
Fabrik hat den finanziellen Untergang erlitten. 
Wer von unseren ehrlichen Konkurrenten wird nicht mit 
Wehmuth im Herzen die Nachricht lesen, daß die Aktiengesellschaft 
vorm. Augustin in Lauban sich auflöst, weil der finanzielle Stand 
des Geschäfts ein Weiterbestehen unmöglich macht? Wer fühlt bei 
dieser Nachricht nicht mit dem Manne, der als der Schöpfer, der 
VBater unserer Verblendstein-Industrie uns allen als ideales Vorbild 
»ekannt ist? Wer fühlt nicht mit ihm seinen Schmerz, angesichts 
dieser trüben Thatsache, die er erleben muß? 
Gewiß Jedermann, der Herrn Augustin persönlich und in 
einen Leistungen kennt, wird ihm die größte Hochachtung und 
Anerkennung zollen für seine technischen Erfolge, für die Voll— 
sommenheit, die er in hervorragender Weise in unserem Fabri— 
ations Zweige aufzuweisen hat. Möge es ihm als Trost 
m Unglück gelten, daß ihm von seiner Konkurrenz diese An— 
erkennung im vollsten Maße und ohne jede Einschränkung zu 
Theil wird. 
Für jeden Fabrikanten ist es ein Unglück, wenn er sehen 
muß, wie sein Werk, an dem er mit Mühe und Liebe zur Sache 
zearbeitet hat, zu Grunde geht, weil seine Kraft äußeren Ein— 
virkungen gegenüber nicht ausreicht. 
Wie viel größer muß aber der Schmerz sein, wenn jemand 
nit dem Untergang seines Werkes, in welchem er sein ganzes Leben 
nit größter Hingebung und opferbereit bis zum letzten Augenblicke 
hätig war, gleichzeitig den Untergang seines Ideals betrauern muß? 
In dieser traurigen Lage befindet sich leider Herr Augustin. Er 
satte sich als Fabrikant stets eine ideale Auffassung gewahrt, er 
'and seine einzige Befriedigung seit Jahren nur in seinen technischen 
Frfolgen, während die geschäftlichen leider immer mehr und mehr 
urückgingen. 
Die technischen Leistungen des Herrn Augustin stehen unerreicht 
da, sie werden auch noch viele Jahre ein Muster und ein Maß— 
itab für uns alle, seine Nachfolger, sein. Wenn man sich nun 
ragt, wie es zugehe, daß ein Werk, welchem diese Vorzüge 
zuerkannt werden müssen, dennoch geschäftlich zu Grunde gegangen, 
o führt uns die Antwort auf ein Thema, welches zu besprechen 
etzt gerade Gelegenheit und der Zweck dieser Zeilen ist, es ist die 
allgemein empfundene Nothlage unserer Industrie, und der Unter— 
zgang Laubans ist der lauteste Rothschrei, der aus unseren Reihen 
ertönen konute. 
In Nachstehendem will ich versuchen, die Verhältnisse unserer 
Industrie darzulegen, und wird sich ergeben, daß es die Konsequenz 
der augenblicklichen allgemeinen Geschäftsverhältnisse ist, welcher 
Lauban zum Opfer gefallen. 
In erster Linie muß ich da die Lage unserer im Ganzen noch 
zungen Industrie stizziren. 
Nachdem, üviele gelungene Ausführungen von Augustin die 
Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hatten, fsand man Gefallen an 
schönen Rohbauten und dersuchte sich, den schönen Mustern, welche 
Länder milden Klimas, Italien, Griechenland ꝛc., uns noch erhalten
	        
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