Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 45, Bd. 4, 1885)

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Ueber die Verbreitung des Hausschwammes. 
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der Probepfahl auf 20 Schläge mit dem 11 Centner schweren 
Rammklotz noch 4 Zoll (1010, cm) eindrang. Dieser Bau 
zeigte keine Spur einer Senkung.“ 
Bei allen diesen, noch sehr schwankenden Annahmen über die 
Stand- und Tragfähigkeit der Rostpfähle wird der praktische Bau— 
meister wohl stets am sichersten gehen, wenn er die Pfähle unter 
allen Umständen bis zur positiven Standfestigkeit einrammen läßt. 
Man darf daher auch die Berechnungen (von denen wir alsbald 
prechen werden), welche aus der Belastung der Pfähle abgeleitet 
werden, nicht in allen Fällen als vollkommen sicher annehmen und 
anach verfahren. 
Erfahrung ist auch hierbei der zuverlässigste Rathgeber; eine 
Mißachtung derselben hat oft die nachtheiligsten Folgen für den 
orojektirten Bau und bestraft sich zuweilen sehr hart. Ein sehr 
ehrreiches und warnendes Beispiel hiervon giebt die Erfahrung, 
welche seiner Zeit bei der Ausführung des Pfahlrostes zum neuen 
Museumsgebäude in Berlin gemacht wurde. Hierbei wurde durch 
Berechnung ermittelt, daß, wenn die Pfähle so tief eingeschlagen 
vwvürden, daß sie in der letzten Hitze nur noch Iu/, Zou (4 cmn) 
anzögen, dieselben einen so festen Stand hätten, um die Last des 
vprojektirten Baues zu tragen. Die Pfähle wurden auf Grund 
dieser Berechnung eingerammt; nach einiger Zeit, als es Niemand 
nehr vermuthete, zeigten sich in den bereits aufgeführten Mauern 
an vielen Stellen Risse, so daß der ganze Bau durch maͤchtige 
Anker gefaßt werden mußte. 
Theoretische Berechnung der Tragfähig— 
keit der Rostpfähle. 
Will man die Tiefe x, bis zu welcher der Pfahl bei einer 
vestimmten Belastung in der letzten Hitze von meSchlägen noch in 
den Boden eindringen darf, durch Berechnung ermitteln, so müssen 
folgende Größen gegeben sein: 
1. das Gewicht P des Rammklotzes; 
2. das Gewicht p des einzurammenden Pfahles; 
3. die Fallhöhe des Rammklotzes; 
4. die Belastung L des Pfahles, und 
5. der Sicherheitscoeffizient im für die zulässige Belastung 
des Pfahles, die nach Gilly zu /, seiner Tragfähigkeit 
anzunehmen ist. 
Einleitend bemerkte der Vortragende nach den „Mitthei⸗ 
ungen für Grundbesitz“, daß die interessantesten wissenschaftlichen 
Probleme auf den Grenzgebieten der verschiedenen Wissenschaften 
zu suchen und es daher, nur natürlich sei, daß ihre Lösung je 
iach den verschiedenen Gesichtspunkten und mit den, den betreffen— 
»en wissenschaftlichen Disziplinen eigenthümlichen Untersuchungs— 
nethoden in Angriff genommen werde. So gehöre auch die 
RNatur- und Entwickelungs-Geschichte des Hausschwammes einem 
olchen Grenzgebiete an und ihre Klarlegung sei wesentlich durch 
zie gemeinsame Arbeit der hier einschlagenden Disziplinen gefördert 
rorden. 
Die auffallende Thatsache, daß der Hausschwamm in den 
etzten Dezennien durch ganz Deutschland immer größere Ver— 
seerungen in den Häusern veranlaßt, sein Umsichgreifen in Städten, 
vo man ihn früher kaum kannte, und der Umstand, daß gerade 
ie älteren und ältesten Häuser von ihm verschont bleiben, wäh— 
end viele, kaum fertig gestellte private und öffentliche Bauwerke 
hm zum Opfer fallen, fordert zu einer ernsten, eingehenden Unter— 
uchung der Bedingungen auf, an welche seine Entwickelung und 
eine Verbreitung geknüpft ist, und ebenso zu einer Kritik der 
Mittel, durch welche man seiner Verbreitung entgegenzutreten und 
eine Vernichtung herbeizuführen sucht. 
Die Lösung dieser Aufgabe liegt in erster Linie auf dem 
Bebiete der Botanik; da es sich aber hier bei der Zerstörung des 
dolzes und unter Umständen des Mauerwerks um tief eingreifende 
hemische Prozesse handelt, welche in direkter Beziehung zur Ent— 
vickelung und zu den Bestandtheilen des merulius stehen, und 
indererseits bisher jede chemische Untersuchung derselben fehlt, so 
purfte man von einer solchen einigen Aufschluß über die Natur 
ind die Ursachen dieser Verheerugen erwarten. 
Das Umsichgreifen des Hausschwammes in dem neuerbauten 
Museum für bildende Künste zu Breslau, sowie seine Verheerungen 
neinigen anderen öffentlichen und vielen Privatgebäuden gestaltete 
ich hier in Breslau zu einer Kalamität, welche zunächst den ver— 
wigten Geheimen Rath Professor Dr. Göppert veranlaßte, der 
Zache auf's Nene näher zu treten. Dabei wurde sofort eine chemische 
AUntersuchung des Pilzes und des von ihm zerstörten Holzes in's 
Auge gefaßt und diese von dem Vortragenden im Verein mit 
derrn Apotheker Thümmel im chemischen Laboratorium des phar— 
nazeutischen Instituts der Universität in Angriff genommen.' Die 
pisher gewonnenen Resultate derselben haben bereits wichtige An⸗ 
jaltspunkte für die Lösung dieses Problems gegeben, welches auch 
ür die Hygiene eine nicht zu unterschätzende Bedentung hat, da 
»ie Entwickelung des Hausschwammes an nassen Untergrund, 
euchtes Holz und Mauerwerk geknüpft ist oder trockene Mauern 
ind Wohnräume feucht macht, ganz abgesehen von dem widerlichen 
Heruch und den möglicherweise gesundheitsschädlichen Wirkunden 
der Sporen und Ausdünstungen, welche er verbreitet. 
Die Natur- und Entwickelungsgeschichte des Hausschwammes 
darf zwar im Allgemeinen als bekaunt vorausgesetzt werden, 
mmerhin erscheint es nothwendig, hier an ihre Hauptmomente zu 
zrinnern. Die ursprüngliche Heimath des Hausschwammes ist un— 
»ekannt, er hat nach der treffenden Bemerkung von Göppert, wie 
piele unserer Culturpflanzen, seinen Heimathschein verloren. Er 
entwickelt sich nicht auf lebendigem Holze und kommt daher nicht 
m Walde vor, auch nicht auf abgestorbenen Bäumen, er ist daher 
aicht die Veranlassung der Zerstörungen, welche lebende Bäume 
n ihrem Innern erfahren häben, wenn sie, anscheinend gesund, 
»lötzlich zusammenbrechen. Er vegetirt vorzugsweise auf Koni— 
erenholz; ob er sich auch auf dem Holze unserer Laubbäume 
nniwickelt, ist noch streitig. Er entwickelt sich, wie alle anderen 
Pilze, aus Sporen, wie in dieser Pflanzen-Familie die Samen 
jsenannt werden, welche hier bei einem Durchmesser von nur ein 
jundertstel Millimeter und zimmtbrauner Farbe dei der Reife der Spor— 
ingien (Fruchtbehälter) mit großer Energie auf weite Ent— 
ernungen fortgeschlendert werden. Im Bildhauer-Atelier des 
Museums waren alle Gypsmodelle von ihnen bedeckt, die Sporen 
ießen sich geradezu abkehren und waren auch in der Luft der 
»beren Räume vorhanden, da sie hier auf mit Glycerin 
vestrichenen Obiektaläsern mit Leichtiakeit eingefangen werden 
onnten. 
Aus diesen Sporen entwickelt sich bei Ausschluß des Lichtes 
uuf feuchtem Holz zuerst das aus zarten, zylinderischen Zellen 
hestehende Pilzgewebe, das Mycelium; es wächst rasch, indem es 
nlangen, spinnengewebeartigen Fasern die Holz- und Mauer— 
lächen oft mit fächerförmiger Ausbreitung überzieht. Ehe aber 
asselbe an die Oberfläche tritt, haben seine Fäden bereits ihre 
Zerstörung im Holze begonnen, wobei sie die Gefäße und Zellen 
zurchbohren und hier die chemischen Prozesse einleiten, durch 
velche das Holz in eine leichte brüchige Masse verwandelt wird. 
In rascher Entwickelung klettert dieses Mucel in dem Mauerwerk 
ge l dann und die letzte Hi 
xEs ist dann — —ILi Aye und wenn die etzte Hitze 
rus meSchlägen besteht: 
P, 
4LRL6P p 
Beispiel: Ein Pfahl von 300 8 Gewicht soll eine Last 
»on 12000 Kkg mit Sicherheit tragen; Re Zugramme zum Ein— 
reiben des Pfahles hat einen 500 Kg. hweren Rammklotz, die 
Fallhöhe sei — 1,3 m. Wie tief darf der Pfahl in der letzten 
Hitze von 25 Schlägen noch eindringen, um die erwähnte Last zu 
ragen? Es ist: 
25. 1,3. 56002, 300 F 
7 — . 12000 600 4 300 — 0,0793 m — rot. 8 cm. 
. —n b. Pe. p 
Aus der obigen Gleichung x — ⸗ folgt: 
. . 
4. X(P- py 
Auf das vorstehende Beispiel angewendet ist: 
25. 1,3. 5002. 300 F 
—— —— G00 B800. — 12005 oder rot. ⸗ 12000 kæ 
Bei diesen Berechnungen ist von der Zusammenpressung des 
Pfahles bei erfolgtem Schlage des Rammklotzes abgesehen und 
ein durchweg gleichmäßiges Erdreich angenommen, unter welchen 
Voraussetzungen allein dieselben die möalichste Zuverlässigkeit ge— 
währen können. 
Ueber die Verbreitung des Hausschwammes. 
In der Sitzung der naturwissenschaftlichen Sektion der 
Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur zu Breslau 
sprach Herr Prof. Dr. Poleck jüngst über gelungene Kultur-Ver— 
uche des Hausschwamms (merulius lacrimans) aus seinen Sporen, 
weiche die größte Beachtung verdienen und nehmen wir gleichzeitig 
hierbei Veranlassung, auf die in wenigen Wochen in J. U. Kern's 
Verlag erscheinende, von Göppert vorbereitete und von dem Vor— 
ragenden ergänzte Schrift „Ueber den Hausschwamm und seine 
Verhütung“ hinzuweisen.
	        

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