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Das Recht der Grenzzeichen. — Die Konstruktionen von Tribünen, Triumphbögen und Aehnlichem. 360
theiligten Grenznachbarn, sei es durch die zuständige Behörde, ge—
setzt find. Die einseitige Willkür eines Grenznachbarn kann einem
Verkmal nicht die Befstimmung eines Grenzzeichens geben“.
Die Qualität als Grenzzeichen entsteht indeß nicht schlechthin
uind ohne Weiteres dadurch, daß es eine Behörde ist, welche dessen
Setzung verfügte, oder daß ein Beamter, z. B. ein vereideter Feld—
messer, ein solches Zeichen angebracht hat. Ist z. B. eine Grenze
zwischen Nachbarn streitig und einer von diesen requirirt einen
beeidigten Geometer, um sie nach der Karte zu ermitteln, geschieht
es und setzt er alsdann einseitig das Zeichen, so hat dies keines—
wegs die Eigenschaft eines Grenzzeichens, welches unter dem
Schutze des 8 274 Ziff. 2 stände. In dem zitirten Reichsgerichts—
erkenntniß war die Grenze zwischen Vater und Sohn bestritten
und der Sohn ließ durch einen Katasterkontroleur die Grenze er—
mitteln, worauf er sie mit Pfählen absteckte. Indessen dadurch
konnte eine für den Vater des Angeklagten maßgebende Grenze
nicht hergestellt werden, da der Katasterkontroleur R. weder als
jolcher, noch als beeideter Feldmesser befugt war, die Grenze in
einer beide Grenznachbarn bindenden Weise herzustellen. So
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mit dieser Grenzbestimmung ausdrücklich einverstanden gewesen ist,
oder doch dieselbe stillschweigend anerkannt habe, lag in der Hand—
lung des L. lediglich die Kundgebung seiner Ansicht, wie in Zukunft
die Grenze zu bestimmen sei. Da nun der erste Richter ferner
uinnimmt — und diese Annahme entzieht sich als eine rein
thatsächliche einer Nachprüfung in dieser Justanz — daß der Vater
des Angeklagten weder ausdrücklich noch stillschweigend der neuen
Grenzbezeichnung zugestimmt habe, so kann es für rechtsirrthümlich
nicht erachtet werden, wenn im vorliegenden Fall den von L. ein—
seitig gesetzten Pfählen der Charakter eines zur Bezeichnung der
Grenze bestimmten Merkmals abgesprochen ist. Lag aber dieses
obiektive Merkmal des Thatbestandes des 8 274 Ziff. 2 a. a. O.
nicht vor, so müßte die Freisprechung des Angeklagten von diesem
Vergehen erfolgen.
Was nun weiter den Charakter eines ächten Grenzzeichens
anbetrifft, so kann dasselbe entweder von Menschenhand gefertigt,
oder ein durch die Natur schon erzeugtes Objekt sein, z. B. ein
Baum, eine Verschiedenheit der Erdoberfläche, wie ein Graben,
eine zwischen zwei Grundstücken freigelassene Bodenfläche (Grenz—
sain, Grenzgrabens. So entschied das Preuß. Obertribunal am
3. April 10666. Immer aber wird für das fragliche Zeichen eine
urkundliche, dem Beweise dienende Bestimmung vorausgesetzt
und dieser urkundliche Charakter muß ihm in einer rechtsgültigen
Weise beigelegt sein, z. B. durch Verfügung einer zuständigen
Obrigkeit. Demgemäß erlangt durch eine Amtshandlung ein
Begenstand die Bedeutung eines Grenzmerkmals nur in dem Falle,
daß dem betreffenden Beamten auch die Befugniß beiwohnte, eine
derartige Bestimmung in einer für die Grenznachbarn maßgebenden
Weise zu treffen.
Damit nun — um auch dies kurz zu berühren — die Be—
strafung aus 8 274 Ziff. 2 Platz greife, ist erforderlich, daß die
fragliche Grenzverletzung geschehe in der Absicht, einem Andern
Nachtheil zuzufügen. Dieser Nachtheil, der nicht schon in der
sormalen Rechtsverletzung, welche durch die Grenzveränderung
bewirkt wird, gefunden werden darf, braucht übrigens kein ver—
mögensrechtlicher zu sein, auch kein bleibender und wird durch die
Absicht späteren Ersatzes nicht beseitigt. Es genügt die Absicht,
durch die Handlung dem Andern diejenigen Vortheile zu entziehen,
velche für ihn aus einem rechtlich begründeten Besitze« oder Rechts—
zustande entspringen, also namentlich ihm das Beweismittel des
Grenzzeichens zu verkümmern. Ob der Besitzstand rechtsbegründet
war, darauf kommt es nicht an. Der Thäter ist mithin auch
trafbar, wenn er sich durch die Handlung den Beweis eines Rechtes
sichern will, denn die Selbsthilse schließt jene Absicht nicht aus,
und ebensowenig erfordert das Gesetz, daß noch über sie hinaus
ein weitergehender Schaden gestiftet worden ösei—
daß es auch unter Umständen ein großes Unglück geben kann; man
ieht also, daß die Sache nicht ohne Verantwortlichkeit ist. Was
die Wetterbeständigkeit anbelangt, so muß doch bedacht werden, daß
»as Bauwerk aus Vorsicht möglichst einen halben bis ganzen Tag
venigstens vor dem Festgepränge schon fertig ist; andrerseits
'ann sich die Ankunft der zu Erwartenden (z. B. des Landes—
ürsten) durch unvorhergesehene Zwischenfälle verzögern; inzwischen
st vielleicht Regenwetter, wenn auch vorübergehend, eingetreten,
ind macht einigen recht sonnigen Tagen Platz. Leichte Brettver—
chaalungen springen bei solchen Gelegenheiten leicht ab, die Tünche
vird vom Regen abgewaschen und das Ganze sieht dann, wenn
es ohne jede Sorgfalt ausgeführt wurde, ganz desparat aus, man
hat am Ende eine Karrikatur vor sich! Der dritte Vunkt ist auch
richt zu verachten; gewöhnlich werden bei solchen Bauwerken Wachen
»estellt; aber es kann auch einmal nicht der Fall sein; es giebt sehr
»öswillige Leute, dumm und schlecht, deren höchstes Vergnügen
darin besteht, Anderen alle Freude zu verderben; gegen solche Feinde
muß man sich, so gut es geht, schützen.
Diese Bauten richten sich natürlich nach der Bedeutung des
Festes, nach dem Range der zu ehrenden Persönlichkeit und nach
»em Range der Ortschaft, von welcher das Bauwerk herzustellen
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zroßen Marktflecken beanspruchen darf; was für ein kleines Provinz—
tädtchen etwa genügt, ist für die Provinzhauptstadt unzulänglich;
ind was für die Letztere passend erscheint, dürfte jedenfalls für die
Residenz oder Reichshauptstadt primitiv oder lächerlich erscheinen.
Ich bin öfters auf dem Lande bei solchen Gelegenheiten um
Rath gefragt worden und habe denselben nach besagten Maß—
iahmen vertheilt; wir haben in Wien in letzten Jahren mehrfach
Helegenheit gehabt, solche Arbeiten von A—Z kennen zu lernen
ind hierin nach bewährten Mustern Erfahrungen zu sammeln;
vir haben in Wien Zimmerleute, Banmeister und Architekten, die
ich in diesem Fache zu förmlichen Spezialisten ausgebildet haben.
Selbstoerständlich kann die Konstruktion und das ganze
Arrangement eines sogenannten „Triumphbogens“ (Fest-Durchfahrts-
oiforte) vom Allereinfachsten bis zum Prächtigsten und Komplizirte—
ten gehen; für ein Dorf z B. gelegentlich etwa eines Bischofs—
ubiläums, oder Schul- und Kirchenvbisitation, Inspektionsreise eines
Statthalters, oder selbst des Monarchen wird selten etwas Anderes
gemacht, als einfacher Bogen mit zwei Nebendurchgängen; dazu
sind erforderlich zwei hölzerne Hauptsäulen und zwei Nebensäulen
aus langen Holzbalken“). Die Bögen werden lehrgerüstartig her—
zestellt und die Längsbalken (als Säulen) mit Querbalken und
eisernen Klammern gut verbunden.
Das Ganze wird dann mit Tannenreisig oder Eichenlaub
sapeziert (belegt). Darauf bringt man eventuell noch Tafeln mit
Inschriften, Wappen, sowie Fahnen an. Die Weite der Durchfahrt
muß immerhin ca. 82V9 22/3 —3 meähaben:; die Höhe des
Bogens betrage ca. 1I5-16 55 .
Die Balkensäulen müssen selbstverständlich gut und verläßlich
eingerammt werden; man macht eine ca. 23—1m tiefe, ent—
prechend weite Grube, stellt die Säule hinein und macht sie durch
Erde, Holzkeile, Steine und mittelst der Handramme fest.
Was die Lokalisation anbelangt, so soll sie immer so gewählt
werden, daß bei eventuellem Brande kein Obiekt in der Naͤhe da—
durch Schaden leidet.
Für Marktflecken und kleine unbedeutende Städtchen
nacht man gewöhnlich die Sache doppelt, wodurch sie mehr
dörper bekommt; danun wählt man auch größere Dimensionen; die
Durchfahrt erhält hierhei eine Breite von ca. I0 -12 — 314m;
die Höhe ca. 1821 - 6—-7 w. Dementsprechend sind unatürlich
ruch die Seitenöffnungen zu halten; die Tiefe des Bauwerkes be—
xägt mindestens 153m. Die Vorder- und Rückschablone, d. h. das
»ordere und rückwärtige Gerüst, werden mit einander durch horizon—
'ale Oner- und obendrein noch meistens mit Kreuszverstrebungen
) verbunden.
Dekorationsweise wie oben, selten mehr und schöner.
Für Provinzstädte größerer Art, Hauptstädte xc.
nuß dagegen schon mehr geschehen; jeder Fall erheischt seine be—
onderen Einzelheiten, auf welche hier natürlich nicht eingegangen
verden kann; auch kann man den Baukünstlern, welche mit derlei
Aufträgen betraut werden, nichts vorschreiben, weil sie das selbst
vissen werden, was sie zu thun haben; daher kann man nur die
Zache im Allgemeinen besprechen.
Die Dimensionen für derlei Bauten sind unter erwähnten
Amständen folgende:
Breite der Hauptdurchfahrt ca. &,—7m; Höhe derselben
»om Straßenniveau bis zum Scheitel des Bogens ca. 61/, —9/, m;
Seitendurchlässe ca. 223 m breit, 31/ —5 m hoch, Tiefeé
ca 3—88 m.
*Gerüsthäume“
Die Konstruktionen von Tribünen, Triumph—
bögen und Aehnlichem.
Die in neueren Zeiten wieder häufig vorkommenden festlichen
Gepränge bei Ankunft, Abfahrt, Ruͤckkehr, oder bei Jubiläums—
Aufzügen zu Ehren höher und höchster Persönlichkeiten haben eine
eigenthümliche Art von Bauten nothwendig gemacht, die mehr für
den momentanen Zweck, auf den Tag und fuͤr das Auge berechnet
sind, dennoch aber und immerhin Liner gewissen Solidität in
Bezug auf Stabilität, Wetterbeständigkeit, ja selbst Feuer
sicherheit nicht gänzlich entbehren sollen; welche Blamage wäre
es, wenn ein solcher Bau in dem Moment einstürzte, als eben
der hohe Gast ꝛc. vorbei- oder durchführe! Abgefehen davon.