Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 45, Bd. 4, 1885)

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Betrachtungen über Ventilation und den Universal-Windhut von Alexander Huber. 428 
wahrscheinliche Senkung eines Brückengewölbes leicht ermitteln und 
die äußere Begrenzungslinie des Lehrbogens bestimmen. 
Bei der Berechnung der Stärke der Kranzhölzer und der 
übrigen Konstruktionstheile eines Lehrbogens handelt es sich um 
den Druck, welcher von jeder einzelnen Gewölbelatte durch die 
auf ihr ruhende Last auf die Kranzhölzer ausgeübt wird. Dieser 
Druck, welcher bei der Form gewisser Gewölbelinien anfänglich 
gleich Null ist, wird immer größer, je weiter das Wölben nach 
dem Scheitel hin vorrückt. Diejenigen Wölbschichten, welche keinen 
Druck auf das Lehrgerüst ausliben, nennt man „ruheude Lagen“ 
Ueber diesen Lagen fangen die Wölbsteine an zu gleiten und üben, 
je weiter das Wolben zu vorschreitet, einen immer zunehmenden 
Druck auf das Lehrgerüst aus. Nach vielfachen Erfahrungen und 
Beobachtungen fangen die Wölbsteine, gute Bearbeitung der Lager— 
fugen vorausgesetzt, an zu gleiten: 
a) bei Granit sin einem Winkel mit der Horizontale von 25 bis 
26 Grad: 
b) bei Sandstein mit 332534 Grad; 
e) hei Kalkstein von sehr feinem Korn mit 30 Grad; 
) bei Kalkstein mit rauher Bearbeitung bei 38 Grad. 
Da der Druck auf die Kranzhölzer nach dem Scheitel zu, wie 
bereits gesagt, immer stärker wird, so bestimmt man die Stärke 
der Kranzhölzer nach dem am stärksten belasteten resp. gedrückten 
Kranzholz im Scheitel des Lehrbogens. 
Das Aufstellen der Lehrgerüste und Lehrbogen bezw. das Zu— 
sammensetzen der auf dem Werkplatze zugerichteten einzelnen Theile 
an Ort und Stelle findet in der Regel bei den festen und den sehr 
zroßen schwebenden Lehrgerüsten statt, während das Aufstellen der 
fertigen, mit den nöthigen Schraubenbolzen versehenen Lehrbogen 
im Ganzen gewöhnlich bei den schwebenden Lehrgerüsten, deren 
Spannweite ca. 18 m enicht übersteigt, zur Anwendung kommt. 
Bei dem letzteren Verfahren werden die Lehrbogen aus einem 
aus mehreren Schiffen konstruirten schwimmenden Gerüste unter 
die Brückenöffnung gefahren, wo das Schiffsgerüst fest verankert 
wird; auf jedem der Schiffe steht ein Richtebaum mit einer eisernen 
Zugwinde, mittelst welcher dann der Lehrbogen aufgerichtet und 
auf seine Unterlager an die richtige Stelle gehoben wird. Auf 
diese Weise werden alle Lehrbogen nach einander anfgestellt bis das 
qganze Lehrgerüst vollendet ist. 
Schluß folat.) 
Betrachtungen über Ventilation und den 
Universal-Windhut von Alexander Huber. 
(Hierzu 4 Fig.) 
Es würde ein thörichtes Beginnen sein, wollte man in Bezug 
auf die Ventilation nach einer bestimmten Schablone arbeiten, 
denn bei jeder einzelnen Anlage müssen die lokalen Verhältnisse 
genau berücksichtigt und geprüft werden. Viele mit großen Kosten 
ausgeführte Anlagen versagen aber gerade deshalb den Dienst, 
weil die die Wirkung bedingenden Nebenumstände nicht verssanden 
werden. 
Aber gerade das Erkennen und richtige Beurtheilen der 
scheinbaren Nebenumstände erfordert ein eingehendes Studium aller 
in Betracht kommenden physikalischen Faktoren, und dadurch ist, 
wie schon bemerkt, von einer Arbeit nach der Schablone ein qün— 
stiger Erfolg nicht zu erwarten. 
Eine Ventilations-Aulage ohne Kraftmaschine auszu— 
führen, mit vollkommener Sicherheit für die richtige Funktion, 
zeigt sich somit als eine von der Wissenschaft vernachlässigte Spe— 
zialität, denn trotz aller theoretischen Abhandlung sind selbst die 
ersten Vertreter der Wissenschaft nicht in der Lage, eine solche 
Veutilationsanlage mit positiver Sicherheit für den Erfolg zu 
projektiren; geräth in einzelnen Fällen eine solche Anlage, so ha— 
cicher ein günstiger Zufall seinen Antheil daran. 
Wir machen hier besonders aufmerksam auf die so sehr 
gesundheitsschädlichen Luftverhältnisse in Schulen, Arbeitsräumen 
und in den Schlafräumen der Kasernen und verweisen auf die im 
Jahre 1884 zur Veröffentlichung gelangten Resultate, der in Schul— 
räumen zu Berlin vorgenommeuien Luftprüfungen. So erschreckende 
Verhältnisse hatte man doch nicht erwartet. 
Ferner möchten wir daran erinnern, wie rathlos oft der 
Baumeister der Frage gegenübersteht, den Latrinengeruch aus 
einem Hause zu entfernen, besonders, wenn kein warmer Küchen— 
schornstein zur Verfügung steht; aber auch die Verwendung eines 
solchen hat oft seine schweren Bedenken. 
Es muß also konstatirt werden, daß die Wissenschaft die 
hohe Gefahr festgestellt hat, die durch den Aufenthalt' —in schlechter 
Luft für die Gesundheit entsteht, daß sie aber nicht in der Lage 
ist, alle bei der Ventilation in Betracht kommenden Punkte nach 
ihrer Wirkung und ihrem Wetthe festzustellen und so zuͤ 
erklären, daß dem Techniker dadurch die Mittel geboten werden, 
eine Ventilationsanlage mit voller Sicherheit für die richtige Wir— 
kung in jedem Falle und zu jeder Jahreszeit — ohne' Kraft— 
maschine — auszuführen. 
Die nachgewiesene Luftauswechselung durch die Poren der 
Wände wird man bei einer Ventilationsanlage kaum in Berech— 
nung ziehen können. Daß aber zu Ventilatioduszwecken so vielee 
oft geradezu unsinnige Apparate konstruirt und so ganz verfehltt 
Anlagen ausgeführt werden, ist nur durch den in der Wissenschaf 
nach dieser Richtung herrschenden Defekt möglich. 
Die Entfaltung von geschmackvollem Vuxus in unserer Um— 
gehung bietet dem Besitzenden Annehmlichkeit, bildet den Geschmack 
und ist durch die Belebung und Hebung des Gewerbestandes von 
zroßer wirthschaftlicher Bedeutung. Aller Schmuck der Umgebung 
kaun uns aber nicht dafür entschaädigen, daß wir gezwungen sind, 
einen großen Theil unseres Lebens in Räumen zuzubringen, welche 
eine Luft enthalten, deren Einathmen nahezu gleichbedeutend ist 
mit einer langsamen Vergiftung, ohne daß ein Gesetz uns vor— 
läufig dagegen schützt. Daß ein so gefährlicher Zustand so langçe 
bestehen konnte, läßt sich nur dadürch erklären, daß der Körper 
sich scheinbar an den Genuß der schlechten Luft gewöhnt, weshalb 
die Gefahr früher nicht in ihrem vollen Umfange erkannt wurde. 
Bei Menschen, die gezwungen sind, sich dauernd in stark 
henutzten, schlecht oder gar nicht ventilirten Räͤumen aufzuhalten. 
Ausführung und Aufstellung der Lehrgerüste. 
Zur Anfertigung der Lehrgerüste ist ein Schnür- oder Reiß— 
boden erforderlich, auf welchem nach einer gegebenen Zeichnung 
alle Hölzer zugerichtet, abgebunden, zusammengesetzt und passend 
bezeichnet werden: die Kreislinien werden mit einem Stangen;zirkel 
gezogen. 
Ausrüstung mit Sand in 
Blechcylindern. 
—75.7 
Fig. 2. 
ßrundriß. 
Fiq. 3. Durchschniftt 
Der Reißboden muß vollkommen eben, horizontal und so groß 
angefertigt sein, daß sämmtliche Radien und Mittelpunkte auf dem— 
selben verzeichnet werden können. Haben die Zeichnungen, die man 
aufreißen muß, keine zu große Ausdehnung, so fertigt man den 
Reißboden nach Art eines gewöhnlichen Fußbodens von Brettern 
auf Unterlagshölzern an. Ist jedoch für das herzustellende Lehr— 
gerüst ein Reißboden von sehr großer Ausdehnung erjorderlich, der 
längere Zeit benutzt und stets, horizontal und vollkommen eben 
bleiben soil, dann ist es am zweckmäßigsten, ein festes Ziegelpflaster 
mit einem ganz ebenen Gipsüberzug zu versehen, auf welchem dann 
die Zeichnung aufgetragen und das Lehrgerüste abgebunden wird. 
Die Reißböden sollen jederzeit leicht überdacht und von allen Seiten 
möglichst gegen Wind und Regen geschützt werden. wozu man sich 
der Strohmatten bedienen kann. 
Ist ein Lehrbogen fertig gezimmert, so werden die einzelnen, 
vorher bezeichneten Hölzer entweder auseinander genommen, um 
später an Ort und Stelle wieder zusammengesetzt und aufgesteilt zu 
werden, oder jeder fertig gestellte Lehrbogen wird einstweilen zur 
Seite gebracht und seiner Zeit im Ganzen auf seine richtige Stelle 
gehoben. 
Zum Aufstellen der Lehrbogen sind Pfahl- oder schwimmende 
Schiffsgerüste, sowie Hebemaschinen verschiedener Art, wie der zwei. 
beinige Bock und ver einfache Richtebaum nöthig; in geeigneter 
Fällen können auch die zum Versetzen der Steine bestimmten Lauf 
und Bockgerüste benutzt werden
	        

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