Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 45, Bd. 4, 1885)

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Bautechnische Notizen. — Brief- und Fragekasten. 
wie z. B. in Wohn- und besonders Kinderzimmern, Schlaf-, Schul-, 
Büreau- und Arbeitsräumen, Restaurationen ꝛc., tritt wohl nicht 
sofort eine bestimmte Krankheit auf, um so sicherer aber, wenn 
nuch langsam, untergräbt das Einathmen verdorbener Luft die 
Besundheit. Zwingt dann zuletzt die bleiche Gesichtsfarbe, Mattig— 
'eit, Athmungsbeschwerden ꝛc. zu ärztlicher Hülfe, so ist auch oft 
die Wissenschaft nicht mehr im Stande, dem vorgeschrittenen Uebel 
Einhalt zu thun, und es weiß sich dann in der Regel Niemand 
über die Entstehung der Krankheit Rechenschaft zu geben. 
Das Unbehagen, welches in mit Menschen gefiüllten Räumen 
bald eintritt, veranlaßt zumeist das Oeffnen von Thür und Fenster. 
In einem mit stark erwärmter Luft gefüllten Raume erzengt dies 
aber naturgemäß in der Nähe der Oeffnung eine so heftige Luft— 
uuswechslung, daß die durch den Zug Getroffenen in große Gefahr 
ommen und falls es Erwachsene sind, auch sicher gegen das 
Deffnen protestiren. Was thun aber Schulkinder in einem solchen 
Falle, denen ein Protest nicht zusteht? Der Lehrer ist in der üblen 
Lage, sich entscheiden zu müssen zwischen dem Aufenthalt in einer 
rotal verdorbenen Luft oder der Zugluft, und wählt dann oft das 
etztere, weil das erstere geradezu unerträglich ist. 
Hemmend für die allgemeine Einführung der Ventilation ist 
iber auch gerade der Umstand, daß so viele nurichtige Anlagen 
rusgeführt werden. Hierzu gehören die sogenannten Dachreiter, 
offenen Oberlichte und ähnliche, in Arbeitsräumen, Treppenhäusern 
und Wirthslokalen häufig angewandten Vorrichtungen. Im Winter 
fällt die kalte Luft durch dieselben herunter und verursacht Er— 
kältungen, während im Sommer in solchen Räumen in der Regel 
tatt der erhofften Kühlung eine für Menschen geradezu unertraͤg— 
iche Hitze entsteht; oft begnügt man sich auch damit, einfach 
Deffnungen nahe an der Hecke anzubringen und hofft, natürlich 
dergeblich, daß durch diese die schlechte Luft abziehen soll. 
Die oben angedeuteten, durch Untersuchungen gewonneuen 
Resultate haben die zuständigen Behörden veraunlaßt, sich sofort 
mit der Ventilationsfrage eingehend zu beschäftigen, so daß wir 
oon dieser Seite wohl erwarten dürsen, daß bei der bekannten 
Energie unserer Regierung, wenn es sich um die Förderung einer 
zuten Sache handelt, in nicht allzu fserner Zeit eine Besserung 
icher eintreten wird. 
Wie trostlos sieht es aber noch mit der Ventilation in un— 
eren Wohnungen ꝛc. und in den öffentlichen Lokalen aus! 
Von den Ventilations-Einrichtungen in Restaurationslokalen, 
Beschäftsräumen ꝛc. ist eine große Änzahl aus den angeführten 
Bründen unwirksam, andere ebenfalls unrichtig angelegte verursachen 
zinen höchst lästigen Zug, und gerade diesem hääufigen Meißlingen 
ist es wohl zuzuschreiben, daß die Ventilation in unseren Wohn— 
räumen, insbesondere in den Schlaf- und Kinderzimmern, nur 
zanz ausnahmsweise Eingang gefunden hat. In diesen Räumen 
iber werden durch das Einathmen schon verbraͤuchter und verun— 
reinigter Luft die Krankheiten geradezu künstlich gezogen, weshalb 
nicht oft geung darauf hingewiesen werden kann, daß in einem 
stark benutzten Familienzimmer niemals die Ventilations-Einrich— 
ung fehlen sollte. 
Es ist daher im Interesse der Gesundheit, sowohl beim Bau 
eines neuen Hauses, als auch beim Miethen einer Wohnung, in 
erster Linie stets auf eine richtig funktionirende Ventilations-Ein— 
richtung Bedacht zu nehmen. 
Ist die Erkenntniß der großen Wichtigkeit der Ventilation 
erst allgemein vorhanden, so wird auch das Verständniß für ge— 
eignete Einrichtungen im Interesse unserer Gesundheit nach und 
iach sich Bahn brechen, um auf diesem leider stark vernachlässigten 
Hebiete eine Besserung zu schaffen. Wir meinen, daß man in der 
Zukunft als den Gradmesser der Kultur eines Volkes nicht nur 
hen Konsum an Seife, sondern diesen nur in Verbindung mit den 
Ventilations-Einrichtungen wird betrachten müssen. 
Sind auch die Grundprinzipien für eine Ventilationsanlage 
mit wenigen Ausnahmen stets dieselben, d. h. müssen Oeff— 
iungen für die Lufteinströmung und für die Luftausströmung 
»orhanden sein, so kann doch zur vollkommenen Erreichung des in 
sedem einzelnen Falle gesteckten Zieles, außer der richtigen Be— 
messung uünd Vertheilung der Zu- und Abzugsöffnungen, auch je 
nach den örtlichen Verhälinissen noch mancher wichtige Nebenum⸗ 
tand mit in Betracht kommen. Es ist daher immer eine genaue 
Sachkenntniß erforderlich, damit zur Lösung einer gestellten Auf⸗ 
pe und zur Vermeidung von Zugluft alle Dispositionen für eine 
nlage richtig getroffen werden denn jeder Fehler kann die Wir— 
kung der ganzen Anlage in stellen. 
In erster Linie muß einer Ventilationsanlage die schäd⸗ 
iche Wirkung des Windes und der Witterung von den Abzugs—⸗ 
cöhren fern gehalten und der Wind, gleichviel aus welcher Richtung 
er kommt, noch für die Vermehrung der Ventilationsanlagen aus— 
genutzt werden (Schluß folgt.) 
Bautechnische Notizen. 
Die feste Rheinbrücke, welche Mainz und Kastel verbindet, 
st am 30. v. M. der öffentlichen Benutzung übergeben worden; der 
Hroßherzog von Hessen war persönlich erschienen, um die Eröffnung zu 
»ollziehen Die neue Brücke ist eine der zierlichsten, welche den Rhein 
iberspannen. Sie hat eine Länge von 470 m, eine Breite von etwa 14 m, 
vovon 7, m auf die Fahrbahn kommen. Vier mächtige Pfeiler, auf 
Laissons ruhend, tragen die Brücke, welche gegen die Mitte eine Steigung 
on 1: 30 aufweist. Die Eisenkonstruktion hat ein Gewicht von 4560 6 
Die Fahrbahn liegt 18,5 m über dem Nullpunkt des Mainzer Pegels 
ind eine doppelte Rampe mit geschmackvoller Brüstung führt in mäßiger 
Steigung auf die Höhe. 
Elektrische Beleuchtung des Gotthard Tunnels. Der Gott— 
hard-Tunnel, bei welchem bekanntlich mächtige Wasserkräfte zur Verfügung 
tehen, wird nunmehr definitiv clektrisch beleuchtet. 
Brief- und Fragekasten. 
Herrn Bauunternehner V. in 8. Guter Cement kann dem Froste 
tets ohne Gefahr ausgesetzt werden, d. h. nach 24 Stunden, sicher aber 
iach 48 Stunden. Haben Sie das aus dem Cement gefertigte Fabrikat 
über sofort nach der Aniertigung dem Froste ausgesetzt, so werden Sie wohl 
ür den Schaden einstehen müssen. 
Herrn Mauermeister P. in M. Unter Gasfeuerung versteht man eine 
Feuerung, bei welcher die Brennmaterialien nicht, wie es gewöhnlich geschieht, 
auf einem Rost möglichst vollständig verbrannt — sogenannte direkte Feuerung —, 
ondern zunächst in brennbare Gase — hauptsächlich Kohlenoxyd — verwandelt 
verden, welche man in den zu heizenden Raum leitet und hier unter Zu— 
ührung von Luft verbrennt. Zwischen dem Gaserzeugungsapparat — dem 
ßenerator — und dem Raum, in welchem die Gase verdrannt werden — dem 
Zrenner — schaltet man oft noch Vorrichtungen zum Reinigen des Gases — 
Rauchsammler, Apparate zur Verdichtung von Wasser und Theerdämpfen — 
ind zum Erhitzen des Gases oder zugleich aub der Verbrennungsluft ein — 
die Regeneratoren. — Man kann zur Erzeugung des Gases geringwerthige 
Brennmaterialien benutzen, welche wegen ihrer Form, ihres Wasser- oder Aschen⸗ 
zehalts bei direkter Feuerung die für einen bestimmten Zweck erforderliche 
ditze nicht geben; die höchsten Temveraturen aber erzielt man mit Gasen, 
velche aus guten Brennmaterialien, vorzüglich aus backenden gasreichen 
Sinterkohlen oder bitumenreichen Braunkohlen, in walnuß- bis eigroßen 
Stücken gewonnen werden. Die ganze Einrichtung genau zu beschreiben, 
vurde für den hier verfügharen Raum zu weit führen, weshalb wir Sie bitten 
nüssen, sich dieserhalb an eine Firma zu wenden, welche sich mit der Ein— 
richtung von Gasfeuerungen beiaßt. 
Herrn Mauermeister R. in it. In der Regel ist es Gebrauch, daß bei 
»er Berechnung des Arbeitslohnes die Ocffnungen im Mauerwerk nicht ab— 
zezogen werden, und zwar aus dem Grunde, weil die Herstellung der Oeffnungen 
nindestens ebenso viel Zeit in Anspruch nimmt, als die verstellung des vollen 
Nauerwerks. Dagegen werden bei der Berechnung der Materialien selbstredend 
ie Deffnungen in Äbzug gebracht. 
Herrn Bautechniker St. in O. Die angelsächsische Bauweise wird häufig, 
edoch mit Unrecht, von englischen Kunsthistorikern als altenglischer oder alt— 
ächsischer Stil bezeichnet, ist aber im Grunde nichts weiter als eine Abzweigung 
»es romanischen Stils. Denn obwohl sie fast vier Jahrhunderte hindurch — 
»on 669 — 1020 — befolgt ward, so ist sie doch nicht zu einer ausgeprägten 
iationalen Entwickelung gediehen. Es zeigen noch jetzt viele Kirchen Englands, 
velche dieser Bauweise angehören, mancherlei rein romanische Elemente, wie 
die basilikenartige Hauptanlage, den aus der byzantinischen Kuppel entstandenen 
Lentralthurm, ein vortretendes, aber von außen unzugängliches Querschiff. 
Auch die Aufführung des Mauerwerks, die Form der oft paarweise verbundenen, 
nur durch ein Säulchen getrennten Fenster, die übrigens meist roh gearbeitet 
ind, ferner die schräg eingehenden Portalgewände, die Spannschichten, Bogen⸗ 
chlüsse u. s. w. erinnern mehr oder weniger an die romanische Bauweise 
Dagegen sind als eigenthümliche, wenn auch nicht überall durchgeführte Merk— 
male der angelsächsischen Bauweise unter Andern beim Kirchenbau hervorzu—⸗ 
heben: Der grade Abschuß auf der Ostseite des Chores und Querschiffes, 
owie die Anordnung, daß die Pfeiler im Hauptschiff einander nicht gegenüber 
tehen. An den Portalen bestehen die Haupt- und Gurtgesimse meist nur 
rus Streifen oder Bändern mit rechtwinkeligen Profilen; bei den Säulen 
und Wandpfeilern findet sich an Steile des Kapitäls häufig nur eine Platte. 
Auch die wenigen uns noch erhaltenen Skulpturen zeugen von einer sehr 
nangelhaften Technik; sie beftehen aus Blatt- und Knotenwerk, das hier und 
da mit rohen Thiergestalten besetzt ist. Außer dem Thurme über der Vierung 
jatten vieie Kirchen noch einen solchen am Westende. der dann meist mit einem 
sohen Dache versehen war. 
Herrn Zimmermeister T. in F. Wenn Ihnen der Bauherr die Ver— 
arbeitung eines genau vorgeschriebenen Materials zur Vorbedindung der 
Baugusführung gemacht hat, so kann derselbe mit sehr wenig Erfolg Rechte 
für sich daraus ableiten, wenn sich das Material nicht bewährte, bezw das 
aus solchem gefertigte Bauwerk den gehegten Erwartungen auf Dauerhaftig⸗ 
eit, und zwar gerade infolge mangelnder Beschaffenheit des verwendeten 
Naterials, nicht entsprach Andererseits wird Ihnen der Beweis darüber 
bliegen, daß außergewöhnliche, von dem Bauherrn verschuldete Umstände der 
cüchtigkeit des Baues Abbruch gethan haben. Der Ihrerseits mitgetheilte 
Umstand wird zweifellos ein solcher sein, der Sie vollständig von der Ersatz; 
oflicht befreit, aber er muß von Ihnen als vorliegend erwiesen werden. 
Herrn Architekt XN. in (. Eiue Schneeleiste ist bei einem Mansardedach 
urchaus unnöthig, da auf demselben — d. h. selbstredend auf dem unteren 
Theile — seiner Steilheit wegen der Schnee überhaupt nicht liegen bleibt. 
Herrn Zimmermeister M. in K. Wir hoffen, Ihren Wunsch in einer 
er nächsten Nummern erfüllen zu können. 
Herrn Bauunternehmer L. in U. Eine Garantie, daß die Hölzer vom 
Wurme nicht angegangen werden, hat man nur dann, wenn die Hölzer min⸗ 
estens 3 Monate im Wasser gelegen haben, also vollständig ausgelaugt sind, 
der gut imprägnirt werden. Das Imprägniren ist seiner hohen Kosten 
vegen aber meist unausführbar, sodaß nur empfohlen werden kann, wo— 
nöglich ausgelaugtes Holz zu verwenden, oder, wenn dies nicht mögalich sein 
ollte, jedenfalls kein im Saft, sondera nur im Wadel gefälltes Holz. Das 
etztere bietet erfahrunasmäßia bedeutend arößere Sicherheit gegen Wurmfraß 
16 ersteres
	        

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